Twelve

Schluchzend lies Jeongin sein Handy auf seinen Schoß fallen und vergrub seine nasses Gesicht mit beiden Händen. In den nächsten Minuten weinte er so heftig, dass er nur schwer Luft bekam. Jeongin wollte diese Toilette nie wieder verlassen. Dort draußen wartet sein Tod. Nicht nur durch die Verurteilungen der anderen Studenten sondern sein wirklicher Tod, wenn sein Vater ihn fand. Solange er hier drinnen blieb, wird ihm niemand weh tun. Nur die Putzkräfte, wenn sie merken, dass er sich noch hier befand, wenn hier alles dunkel und verlassen war. Sie würden ihn sicher erkennen von den vielen Bildern, die sie bestimmt gesehen hatten. Man wird ihn wegschicken, hinaus in ein Ort, wo er mit gehässigen Kommentaren und Morddrohungen gejagt wurden.

Wieso hatte das Chan gemacht?

Er musste ihn anrufen. Er musste es einfach wissen. Wieso hatte sein Kumpel, den er so tief vertraut hatte, weil er mit ihm über alles reden konnte, so hintergangen? Wieso hatte der Mensch, der ihn so akzeptiert wie er war mit Pokémonliebe und seinen Wissensdurst an Sex so bloßgestellt?

Was hatte er ihm angetan?

Weinend suchte Jeongin Antworten auf Chans Verrat. Lag es daran, dass er sich so sehr nach ihm sehnte, dass Jeongin keinen anderen Ausweg kannte? Er wollte einmal jemand anderes sein, jemand Begehrenwertes. Jemand, der ihn nicht wegen diesem drecks Babyface für einen kleinen Jungen hält. Er wollte nur einmal als Mann gesehen werden. Ein Mann mit sexuellen Bedürfnissen. 

Und das hätte er niemals zulassen dürfen.

Jeongin hasste sich. Er hasste sich, dass er auf diesen kleinen Funken an Lust gehört hatte, er hasste es, wie sehr er wegen Chan schwach werden konnte. Er hasste dieses aufregende Gefühl, weil er sein nacktes Sixpack angefasst hatte.

Er hasste es, dass er sexuelle Bedürfnisse hatte.

Lieber hätte er niemals auf sie gehört, hätte sie mit Videospielen betäubt. Solange er sich kindisch verhielt, sich nicht seinem Alter gerecht anzog, nichts aus seinem Aussehen machte, dann war er gerettet. Gerettet vor so einer düsteren Welt. Jeongin wählte Chans Nummer und wollte ihn zur Rede stellen. Ihm wäre es lieber wenn seine bebende Stimme voller Wut und Hass war, denn er sollte diesen Mistkerl für dein falsches Spiel ins Endlose hassen, doch er brachte nur ein fürchterliches Wimmern zustande, sobald Chan ranging. Er weinte ihm direkt in den Hörer. „Wieso...?", bekam er hin. Tränen rollten über seinen Augen. Ein Wunder, dass er noch Tränenflüssigkeit besaß, dachte alles wäre schon mit seinem letzten Stolz dahin geflossen sein.

„Wieso...Chan?"

„Es wird Zeit, dass du erfährst, was hinter der verschlossenen Tür liegt."

Dann legte er auf und lies Jeongin in dieser schrecklichen Welt zurück, in die Jeongin sich nicht länger aufhalten wollte. Dieser Kummer war so stark für seinem zerstörten Herz. Er konnte nicht antworten, als Hyunjin in die Toilette gestürmt kam und an seiner Tür klopfte. Hyunjin war wahrscheinlich der einzige Mensch auf dieser gottverdammten Erde, der vielleicht noch Sympathie für ihn aufbrachte. Wenn es nicht herausstellte, dass er ihn nur aufsuchte, um einen Therapiepartner zu bekommen. Wie er sich fühlte war ihm scheißegal, er wollte nur Erfolg aus ihm herausbekommen. Wie Chan aus einem noch unerklärten Grund. „Jeongin? Machst du bitte auf? Ich weiß nicht, was passiert ist aber wir können darüber reden. Du bist nicht alleine damit."

„Verpiss dich! Du siehst in mir nur ein nächstes Therapieopfer. Ist das nicht so, oh zukünftiger großer Doktor Herr Hwang? Verpiss dich einfach, okay? Und Chan soll sich in den Arsch ficken." Dass er so etwas ausgesprochen hatte, lag nur alleine, dass er nur noch Rot sah.. Er hasste jeden Menschen. Er hasste, zu was sie fähig waren. Hyunjin lies ihn schnell alleine. Kein Kämpfen um seine Aufmerksamkeit, kein Flehen, dass er rauskommen soll, keine Versprechen, dass alles wieder gut wird. Nichts. Er war alleine.

Zeit verstrich und der Tag schritt voran. Jeongin hatte jeden Kurs verpasst, doch ihm war es scheiß egal. Ihm war seine Zukunft egal. Wenn er dann noch eine hatte. Er musste seinen Arsch hochbekommen um Chan aufzusuchen, um ihn zu fragen, wieso er so etwas Schlimmes getan hatte. Wieso er ihn so verletzen konnte. Jeongin schaffte es sich aus der Toilette zu bekommen und trottete zu einem Waschbecken, um sich das juckende, heiße Gesicht zu waschen. Rot verquollen Augen schauten ihn an, bebende Lippen. Und er könnte auf der Stelle wieder anfangen zu weinen. Er hatte allerdings genug sich verkriechen. Hier drinnen würde er keine Antworten bekommen. Jeongin wusch sich sich das Gesicht mitsamt seinen zitternden Händen und machte sich bereit sein einziges Versteck aufzugeben.

Draußen, wo es keine schützende Wände gab, war nicht viel los. Die meisten Studenten sind nach Hause gegangen, weil es bereits Abend war. Ein paar anderen streiften noch mit Freunden über den Campus. Jeongin packte die Riemen seines Rucksacks und fing an loszurennen. So gehetzt hatte er noch nie in seinem Leben rennen müssen. Bald war das sichere Tor zu sehen. Er machte sich sofort auf den Weg zu Chan. Sobald er angekommen war, klingelte er bei Chan sturm. Was auch immer er machte, es sollte aufhören und ihm diese verdammte Tür aufmachen. Wenig später machte ihm Chan die Tür auf. Jeongin wartete nicht, bis die Tür ganz auf, sondern stürmte in die Wohnung zu. Sobald die Tür zu griff Jeongin den Musikstudent an Er wollte ihm zeigen, wie wütend er auf ihn war, wie sehr er ihn hasste. Das bekam er nur hin wenn er Blut sehen würde. Jeongin boxte ihm ins Gesicht und spürte eine wohlige Genugtuung davon. Zu weiteren Schlägen kam es allerdings nicht, weil Chan seine Schläge mit den Armen abwehrte. Aus seiner Nase tropfte Blut.

„Wieso hast du das gemacht, du Mistkerl?!"

„Lass mich von Yunai erzählen. Eine junge Frau, die den Tod zu schnell fand."

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