Q für Qualle

LIAM ➜ 31. Januar 2016 Buenos Aires, Argentinien – London, England


Noch im Flugzeug hatte sich die Situation sichtlich entspannt und Harry ließ es sich nicht nehmen eine Flasche Champagner zu köpfen. Woher der plötzliche Sinneswandel kam, konnte ich mir nicht direkt erklären. Über meinen Song hatte niemand ein Wort verloren, was ich als stille Akzeptanz der Neiderlage einfach hinnahm. Auch das Thema Zayn blieb unausgesprochen und darüber war ich mehr als froh, denn mir stand nicht der Sinn danach mich mit Schampus einzugießen nur um seinen Verrat zu vergessen. Dass ich unglaublich stur war, war mir durchaus bewusst. Doch ich war eben auch mindestens genauso verletzt. „Versprechen sind wie Perlenketten, sie sind schön aber sie reißen." Diese Ansicht wurde zu meinem Mantra.

„Also, Jungs! Auf eine gelungene Schreib-Session! Möge das sechste und vor der Pause letzte Album einschlagen, wie eine Bombe!" Die Weiber-Plörre runterkippend, ignorierte ich das anschließende Geschlabber von Harry und seiner Flamme. Die Gläser klirrten und wir entspannten uns schließlich komplett. Im Laufe des Fluges erfuhr ich nebenbei, dass Niall meinen Song an Demi Lovato verscherbelt hatte, da sie das Album schon komplett gefüllt hatten. Ich wurde also übergangen. Mal wieder. Die Jungs konnten verdammt froh sein, dass es a) mitten in der Nacht war und wir uns b)irgendwo im Luftraum über dem Ozean befanden, sonst hätte ich sie der Reihe nach geköpft.

„Reg dich nicht so auf, Liam. Die Jungs haben es schließlich nicht böse gemeint. Es war nur-" „Um mich aus meinem Loch zu holen, schon klar." Unwirsch unterbrach ich Hannah, nachdem sie sich einfach zu mir gesetzt hatte. Der Sinn von Wegsetzen hätte eigentlich sogar ihr klar sein müssen. Doch wie so oft hatte ich mich in ihr getäuscht, wenn sie nicht einmal einfache Gesten wie diese richtig deuten konnte. Aber noch bevor ich mir die Kopfhörer wieder aufsetzen konnte, griff sie schnaubend in ihre Jackentasche und bewies mir erneut, dass ich mich in ihr getäuscht hatte.

„Harry hat mir sein Handy gegeben, weil er in dieser wirklich scheußlich, engen Hose keine Taschen hat. Gott wir müssen dringend einmal einkaufen gehen und dem Kleinen beibringen sich richtig anzuziehen." Mit meinem typischen ‚Ist das dein Ernst'- Blick sah ich sie an. „Entschuldige. Lies einfach." Irgendwie verwirrt nahm ich das Handy entgegen und sah auf den Bildschirm. Zunächst zeigte sie mir Screenshots des Verlaufs zwischen Niall und Demi. Miss Lovato war restlos begeistert, dankte Niall, dass er ihr den – wie ich zugeben musste ziemlich knackigen- Hintern gerettet hatte und schwor beim Leben ihres Hundes, dass sie nicht eine Note verändern würde, da sie sich so unsterblich verliebt hatte. Nur ungern gab ich zu, wie geschmeichelt ich mich fühlte. Zwar würde ich es nie öffentlich zugeben, doch Lovato war eine großartige Musikerin und ich bewunderte sie für ihr unglaubliches Stimmvolumen. „Und jetzt schau dir das an." Nun hielt sie mir Harrys Notizen unter die Nase: „Endgültige Setlist", lautete der Titel der offenen Seite in seiner App.

On The Way ➳ Album №-06

1. Who I Am

2. Journey

3. For Sun And Rain

4. You

5. Brightest Of Colors

6. On The Way

7. Numbers

8. Thousand Miles

9. Hate That I Fell For You

10. Fall

11. Stolen Moments

12. Risk It All

13. (Vielleicht; Diskussion mit Louis abschließen!) Some Day Maybe

Mit großen Augen starrte ich auf den flachen Bildschirm des Handys. Im ersten Moment konnte ich nicht sehr viel mit den Informationen anfangen, bis Hannah mir Harrys iPhone aus der Hand nahm und es mir keine zehn Sekunden später wieder reichte. „Das sind Bilder, die Niall Harry geschickt hat. Versprich mir, dass du nicht sauer wirst."

Sofort erkannte ich die zerknüllten Zettel mit meiner Handschrift. „Diese Ratte war an meinem Mülleimer?"

„Sie hatten Angst, dass sie mehr finden als nur leere Flaschen."

„Was zur Hölle hätten sie finden sollen?"

„Du weißt genau, was ich meine, Liam. Sie haben sich Sorgen gemacht. Ich bin vermutlich die Letzte, die dir irgendetwas sagen sollte. Aber ich denke hier vor allem an Harrys Wohl. Hast du auch nur den geringsten Hauch einer Ahnung, wie oft er schlaflos im Bett gelegen hat? Und aus erster Hand weiß ich, dass es Niall und Louis nicht besser ging. Ich kenne dich schon eine ganze Weile, Liam. Und auch Danielle kannte ich gut- glaubte ich jedenfalls. Und ich weiß auch, dass es das Letzte ist, was du hören möchtest, aber das Leben geht weiter, verdammt! Dir ist in letzter Zeit eine Menge Scheiße passiert, Scheiße, die jeden nicht kalt gelassen hätte aber bitte tu mir nur einen Gefallen: Pass auf dich auf! Ich weiß wie viel Zayn und Danielle dir gedeutet haben aber bitte schau dich um. Das Flugzeug ist voll von Menschen, die nichts anderes wollen, als dir zu helfen. Stoß sie nicht weg." In diesem Moment würde ich Hannah furchtbar gerne hassen, würde ihr schlimme Dinge an den Kopf knallen und sie dort sitzen lassen. Würde mich in die Toilette einschließen oder die beinahe schon sabbernde Stewardess aufreißen. Doch ich konnte nicht weiter tun, als dem Kloß in meinem Hals wortwörtlich beim Wachsen zuhören und auf den Boden starren. „Niemand meint es böse, dass musst du mir glauben." Ihre Hand strich über meinen Oberarm und nach langer Zeit sehnte ich mich irgendwie nach einer Umarmung. Mehr als ein Festkrallen im Schlafzimmer. „Und nur unter uns, alleine sechs Songs stammen zum größten Teil aus deiner Feder und weißt du was? Sie sind großartig!" Ohne ein weiteres Wort stand sie auf, wurde von Harry mit einem „Hey Baby" begrüßt und schmiegte sich in seine Arme. Alleine blieb ich in der hinteren Ecke sitzen und beschloss die Leere in meinem Magen einfach mit Häppchen und Schampus zu füllen.

Irgendwann, mitten in der Nacht, ich wusste nicht genau wann, gab ich es einfach auf. An Schlaf war einfach nicht zu denken. Egal wie oft ich in meinem las, welche klassische Musik ich laufen ließ. Mein Kopf ließ sich nicht abstellen. Sophia, Dana, Niall und vor allem Hannahs Worte geisterten in meinem Kopf umher und egal welchen Teufel ich dazu schickte, es ließ sich nicht abstellen. Also begann ich mein Handy mit sämtlichen sinnlosen Einstellungen zu versehen. Angefangen bei den Erinnerungen an Geburtstage. Bei dem heutigen Datum stockte ich. Sämtliche Geburtstage, angefangen bei meiner Familie hinweg über die Jungs bis hin zu alten Freunden hatte ich eingespeichert. Doch in dem Moment, als die Uhr auf null sprang und somit den neuen Tag einläutete, stockte ich. Andy.

Am heutigen Tage wurde er vierundzwanzig und schnellst möglich versuchte ich die Erinnerungen an unser Gespräch im letzten Jahr zu verdrängen. Dennoch hörte ich ihn in meinem inneren Ohr lallen, als wäre es erst gestern gewesen: „Weißt du, Buddy? Nächstes Jahr, da mache ich so eine richtig fette Fete! Kostüme, Barbecue, Pool, heiße Chicks; das volle Programm! Und weißt du was das geilste an der Fete wird? Mein bester Kumpel wird für blechen!"

Kurz lachte ich auf, verstummte aber augenblicklich, als Louis murmelnd von der einen zur anderen Seite rollte. An jenem Abend war er so unglaublich betrunken gewesen, dass ich noch heute Gott dankte, dass wir ihn unfallfrei in sein Bett bekommen hatten. Insgeheim die Schuld auf Hannah schiebend, erlag ich meiner Sentimentalität, öffnete WhatsApp und hoffte, dass Andy seine Nummer noch nicht geändert hatte. Um 23:56 Uhr sollte er zuletzt online gewesen sein. Lange überlegte ich, bis ich um fünfzehn Minuten nach zwölf eine Nachricht absendete in der Hoffnung, dass er sie nicht ignorieren würde.

❝Hallo Prinzessin♕

Ich wollte nur schnell vorbeischneien (bevor du wach genug bist um ein Himmelfahrtskommando auszusenden) und dir alles Gute zu deinem Ehrentag wünschen. Pass auf dich auf, Buddy♥❞

„Liam?" Erschrocken fuhr ich hoch und hoffte, dass ich im Traum nicht gerade ernsthaft meinen Wagen an Sophia gegeben hatte, damit wir durch die Prärie preschen konnten. „Wir landen gleich." Sanft strich Hannah über meinen Oberarm, schaute mich mitleidig an und zog sie wieder die gewohnte Abneigung auf sich. Sehr gut. „Hm", grummelte ich, streckte mich und brachte den Sitz in eine aufrechte Position. Wann genau ich letztendlich eingeschlafen war konnte ich nicht genau sagen. Jedoch wusste ich, dass mich ohne einen gescheiten Kaffee niemand aus der Maschine bekommen würde. Das heiße Getränk erweckte zwar meine Lebensgeister nur spärlich aber immerhin fühlte ich mich nicht mehr von einem Lastwagen überfahren.

„Du hast ganz schon geschnarcht, Kumpel", fröhlich strahlend klopfte Louis auf meine Schulter. „Sorry", gab ich bloß mürrisch vor mir. Schlafmangel, wenig Koffein und keine Dusche waren eine denkbar schlechte Kombination. Doch Louis' Laune konnte nichts trüben und in der Halle sah ich auch warum. Ein fröhlich glucksendes Baby und eine strahlende Danielle Campbell erwarteten ihn am Flughafen, zusammen mit Sarah, welche einen zappelnden Theo auf dem Arm trug, einer müden Gemma und zwei schlafenden Tomlinson-Zwillingen. Meine Eltern entschuldigten sich per SMS, wie ich in diesem Moment sah. Somit stand ich ziemlich abseits, wurde beiläufig von Gemma und den Twins begrüßt aber sonst weitestgehend ignoriert. Wie das fünfte Rad am Wagen wollte ich mich nicht länger fühlen und machte mich auf durch die Massen an umhereilenden Menschen.

„'Tschuldigung." Ein brauner, ziemlich schwangerer Lockenkopf entschuldigte sich beiläufig bei einem alten Ehepaar und stürzte sich erleichtert in die Arme eines dunkelhäutigen Mannes. Im Normalfall wären mir Vorfälle dieser Art vollkommen egal, schließlich war es für meine Verhältnisse verdammt früh, doch ich wurde das Gefühl nicht los dieses Parfum schon einmal gerochen zu haben. Es war kein handelsüblicher Duft, sondern erinnerte mich heftig an den Abend, an welchem Danielle freudestrahlend und überglücklich ins Studio gestürmt kam, um ihre „Peace, Love and Harmony" – Reihe vorzustellen. Als hätte mich ein Bagger versehentlich mitgerissen, stolperte ich durch die Halle, den Blick immer auf das Paar gerichtet. Obwohl ich nicht einmal das Gesicht der Frau gesehen hatte, sorgte diese flüchtige Begegnung für eine derartige Verunsicherung, dass es sich anfühlte, als hätte man mich brutal zu Boden gerissen. Es machte überhaupt keinen Sinn. Noch immer konnte ich ihre Worte in meinem Kopf abspielen, als wären sie keine zwei Minuten alt. Ich erinnerte mich an ihre Betonung, an ihren Gesichtsausdruck, einfach an alles. Sie wollte kein Kind, nicht jetzt und schon gar nicht mit mir. Aber jetzt, jetzt sah es verdächtig danach aus, als hätte sie mich von vorne bis hinten verarscht.

Ein kleiner, noch vernünftiger Punkt in mir schrie mich im selben Moment an. Ich wurde verrückt, eine andere Erklärung gab es dafür nicht. Oder aber der Schampus war mir einfach nur zu Kopf gestiegen. Ja, so musste es sein. Kopfschüttelnd setzte ich einen Fuß vor den anderen. Das konnte nicht sein. Das kaltnasse Wetter der englischen Hauptstadt traf mich wie ein Schlag. In kurzer Hose- dumm wie ich war, hatte ich es einfach vergessen- stiefelte ich durch den Schnee und organisierte mir problemlos und Paparazzi- frei ein Taxi. Nein, ich wurde verrückt. Ich wurde schlicht und einfach verrückt.


Die gesamte Fahrt über versuchte ich mir diese seltsame Beinahe- Begegnung einfach auszureden, versuchte sie zu verdrängen und an andere Dinge zu denken. Zum gefühlt fünfzigsten Male sah ich auf mein Handy. Andy hatte die Nachricht zwar gelesen, aber nicht darauf geantwortet. Aber was hatte ich auch erwartet? Eine fröhliche Einladung mit Blümchen und Krönchen brauchte ich in diesem Leben nicht mehr zu erwarten. Ich hatte es verkackt und das ganz gehörig. Wenn ich könnte, würde ich jedes einzelne meiner Worte zurück nehmen. Doch dafür müsste ich einen ruhigen Moment finden, indem Andy nicht die Chance hatte wegzulaufen oder mich abzustechen.

„Mister Payne?" Die Stimme des Taxifahrers erschreckte mich für den Bruchteil einer Sekunde, holte mich aber wieder aus diesem sentimentalen Gerede zurück in die Realität. Innerlich verfluchte ich Hannah schon wieder, dass sie mit diesem Emotionskram überhaupt erst angefangen hatte. „Vielen Dank." Mit ordentlichem Trinkgeld ließ ich den geschätzten Mittfünfziger von dannen ziehen um in mein leeres, heruntergekühltes und staubiges Loft zurück zu kehren. Was hatte ich mir dabei gedacht, als ich Loki bei ihr gelassen hatte? Frustriert stellte ich den Koffer ins Badezimmer vor die Waschmaschine, schob eine Packung Teiglinge in den Backofen und schmiss die Kaffeemaschine an. Der Sessel ächzte unter meinem Gewicht nachdem ich den Kamin im Wohnzimmer angezündet hatte. Die Flammen des Feuers erleuchteten als einziges den Raum. Mit auf der Brust verschränkten Armen hing ich meinen Gedanken nach und landete erneut bei dem braunen Lockenkopf und kam erneut zu der Ansicht, dass ich gewaltig eine Schraube locker haben musste. Es hatte sich heraus gestellt, dass Danielle zu einer Menge fähig war, dennoch war ich mir sicher, dass sie mich nicht derart belügen würde. Selbst ein skrupelloser Mensch, wie sie es war, besaß so viel Anstand.

Trotzdem ließ mich diese Begegnung nicht zur Ruhe kommen. Mittlerweile war es zehn Uhr morgens, die Brötchen im Backofen waren erfolgreich verbrannt und mein Koffeinlevel ins unermessliche angestiegen. Auch wenn ich nicht stolz drauf war, beschloss ich mich in meinen Wagen zu setzen und einfach an ihrer Wohnung vorbei zu fahren, bloß um mein Gewissen zu beruhigen.



Noch am selben Abend fuhr ich bei Mc Donald's vorbei, kaufte ein Happy Meal und machte mich auf den Weg zu einer exklusiven Partylocation etwas außerhalb von London. Aufgrund der Tatsache, dass ich deutlich mehr als eine Flasche Whiskey im Blut hatte, war ich furchtbar hungrig und beschloss Andys Geburtstagsgeschenk einmal vor zu kosten. Torkelnd schlich ich mich an feiernden Menschen vorbei bis ich meinen besten Freund tanzend und mit Pappkrone auf dem Kopf wieder fand. „Was willst du denn hier?" Entsetzt unterbrach er sein Gelächter und stellte seine Bierflasche beiseite. „Buddy, ichhabdichvermisst. Alles Jute!" Ich hatte ihn wirklich vermisst. Vor allem, nachdem ich heute Morgen festgestellt hatte, dass er mit allem Recht gehabt hatte. Danielle war eine famegeile Schlampe, mehr nicht. Sie hatte mich nach Strich und Faden verarscht und er war der einzige gewesen, der mir von Anfang an davon abgeraten hatte mit einer älteren Frau auszugehen. Etwas vorschnell stolperte ich ihm um den Hals und stieß dabei den Tisch an. Einige von Andys Schlampen bekleckerten sich mit ihren Drinks und schrien schrill auf. Mir sollte es egal sein. Ich wollte meinen besten Freund wiederhaben und das jetzt!

„Hab dir was mitjebracht. Happy Meal, weil du ja heute Geburtstag hast und glücklich sein muss!" Strahlend streckte ich ihm die Tüte entgegen und nahm einen Schluck aus seiner Flasche. Früher hatten wir uns oft auf ein Bier und Burger getroffen. Bevor ich meine Freundin über meine Freunde gestellt hatte. „Hab sogar schon ma probiert. Für meinen Buddy nur das Bese!"

„Du hast sie doch nicht mehr alle! Verpiss dich!"

„Aber?"

„Nichts aber."

„Schön! Aber das Bier nehme ich mit."

Wieder einmal hatte Liam James Payne großartig verschissen! Doch so leicht wollte ich nicht klein bei geben. Auch wenn ich aus Andys Sichtfeld verschwunden war, die Musik dröhnte so laut und so viele Menschen tanzten um mich herum, dass er mich nicht bemerken würde. Ich musste bloß einen geeigneten Moment abwarten, einen bestimmten Alkoholpegel und dann würde er mit mir reden.

„Was machst du denn hier?"

Etwas desorientiert drehte ich mich um dreihundertsechzig Grad, konnte die Richtung der Stimme allerdings nicht ausmachen. „Hier." Eine weiche, warme Handfläche berührte mich am Oberarm und ließ mich das schälmische Gesicht zur lachenden Stimme ausmachen. Das konnte nicht wahr sein. Heute war ein absolut beschissener Tag. Mit zusammengekniffenen Augen trank ich den letzten Rest der Bierflasche auf Ex aus und hoffte irgendwie, dass sie verschwinden würde. Doch sie machte es noch schlimmer indem sie mir die Flasche aus der Hand nahm. „Davon hattest du definitiv genug!"

„Ach, lass mich doch in Ruhe." Heute war ein furchtbarer Tag also machte ich mich einfach auf die Suche nach mehr Alkohol. Und ich wurde fündig.

Wie ich letztendlich an dem großen Pool landete wusste ich nicht. Allerdings hatte ich eine ganze Flasche Bourbon für mich alleine ergattert und fühlte mich damit unglaublich wohl. Ich konnte sie umarmen, wenn ich wollte und sie murrte nicht. Fasziniert starrte ich immer wieder auf die Wasseroberfläche und begann schließlich mit den Füßen darin zu planschen. Es war so wunderschön einfach, wie meine Füße die Oberfläche durchschnitten, wie sie im Wasser auf und ab trieben. Alles fühlte sich einfach unglaublich leicht an.

„Weißt du, Sophia, sie hat mich verarscht. Ich hab sie am Flughafen gesehen, ich bin mir so sicher! Sie muss es gewesen sein. Ihre Wohnung war leer und da hing ein Zettel, Pakete sollen zur Nachbarin. Sie ist immer noch schwanger, es muss so sein!"

Ich hatte nicht den leisesten Hauch einer Ahnung, wann sie sich neben mich gesetzt hatte oder was sie hier überhaupt verloren hatte. Aber auch wenn ich von der Bourbon-Flasche umarmt werden konnte, wohl eher andersherum, sie konnte mir nicht antworten. Sophia tat dies jedoch, wenn auch nicht zu meiner Zufriedenheit. „Wer ist sie und was glaubst du gesehen zu haben?" Ihre Stimme klang sanft und einfühlsam und trotzdem hatte ich das Gefühl, sie würde mich wie ein kleines Kind behandeln.

„Is' auch egal." Schnaubend setzte ich die Flasche erneut an und schon wieder nahm sie sie mir weg.

„Was soll'n das?" pflaumte ich sie an und wollte nach der Flasche greifen. „Was glaubst du wer du bist? Ich weiß ja nicht mal was du hier machst?"

„Das könnte ich dich genau so fragen! Weißt du eigentlich wie Andy gelitten hat, nachdem du ihm all den Scheiß an den Kopf geknallt hast?" Schweigend sah ich sie an. Meine Augenbraunen glitten reflexartig nach oben, denn ich hatte absolut keinen Schimmer woher sie all das wissen konnte. Und Gedankenlesen konnte die Zimtzicke auch noch. „Du hast keinen blassen Schimmer, wer ich bin, richtig?"

Noch bevor ich der blöden Kuh, die meine Flasche immer noch nicht raus rücken wollte, erzählen konnte, für wie dumm ich sie eigentlich hielt, stieß irgendjemand gegen meinen Rücken. Sanft glitt ich ins Wasser.

Mit einmal mal war nicht nur alles dunkel, sondern endlich auch ruhig. Meine Gedanken hörten auf zu kreisen und mein Herz hörte auf gegen meine Brust zu hämmern. Für einen kurzen Moment hatte ich das Gefühl, als schwebte ich. Und es war okay.


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