B for Buddy
LIAM ➜ 14. April 2016 London, England
„Na, wo ist denn deine bessere Hälfte?" Schon deutlich angeheitert kam Louis auf mich zu. Das Bierglas in seiner Hand schwankte verdächtig und in weiser Voraussicht nahm ich ihm jenes aus der Hand und stellte es auf dem Tisch neben mir ab. Seinen blöden Kommentar ignorierte ich hingegen einfach gekonnt. Wenn er wüsste...
Statt also darauf einzugehen, fragte ich ihn, wo sich Eleanor aufhielte. Mit einem Schnauben wandte er sich ab, nahm das Glas sogleich wieder – mehr oder minder – fest in die Hand und ließ mich in der Ecke stehen. So wie es aussah, herrschte immer noch Ärger im Paradies.
Seit dem 28. März wohnte Briana nicht mehr in Los Angeles, sondern keine halbe Stunde entfernt von Louis' und Eleanors gemeinsamer Wohnung in London. Und seit genau diesem Tag, war Eleanor stiller, als gewöhnlich. Auch wenn sie laut eigener Aussage völlig verstehen konnte, warum Louis sie gebeten hatte, nach London zu kommen, sah ihr selbst ein Blinder mit Krückstock an, dass ihr die neue Situation viel mehr zusetzte, als sie es je zugeben würde. Ich hingegen ließ es gepflegt bleiben mich für eine der beiden Seiten zu entscheiden.
Briana, die nach ihrer Rückkehr in die USA derart von Paparazzi belagert wurde, dass sie sich zusammen mit Freddie beide weinend in einer schmierigen Kabine der Flughafentoilette eingeschlossen hatten. Hinzu kamen Vorfälle, wie Eier vor der Haustür, Spuke in ihren Haaren und wundervolle Drohbriefe in einem Postfach, was sie eigentlich für eine Art Brieffreundschaft zusammen mit Olivia eröffnet hatte. Die Grundidee mochte gut gewesen sein. Beauty-Tipps und sämtliches Gedönse in dieser Richtung. Doch dass einige auf falsche Idee kommen würden, hätte ihr vorher klar sein müssen.
Eleanor, meine beste Freundin, hingegen befürchtete, dass ihre neue – alte Beziehung zu Louis erheblich ins Wanken geraten könnte, dadurch, dass die Chance auf eine völlig intakte Familie quasi direkt vor seiner Haustür nur danach verlangte ergriffen zu werden.
Somit verstand ich beide Parteien nur allzu gut.
Hielt mich aber dennoch lieber aus allem gepflegt heraus. Das Letzte, was beide gebrauchen konnten, war ein zwei Frontenlager.
Welches sich allerdings ohne hin schon gebildet hatte, wie ich mit einem rund schweifenden Blick feststellen musste.
Während Eleanor zusammen mit Hannah, Sarah und Perrie das Kuchenbuffet plünderten, standen Briana und Sophia abseits des Trubels und schienen sich köstlich zu amüsieren. Für einen kurzen Moment verlor ich mich im Anblick ihres dunklen Haares, welches offen und in leichten Wellen über ihre Schultern fiel. Der Anblick ihrer weichen, rot geschminkten Lippen beamte mich sofort zurück zu Hannahs Geburtstag. Doch bevor sich das wohlig, warme Gefühl in meiner Magengegend verbreiten konnte, spürte ich Nialls Hand auf meiner Schulte rund hörte ihn lachen.
„Na, Kumpel? Du hast nicht zufällig Andy gesehen."
Leicht geistesabwesend schüttelte ich mit dem Kopf. Der eigentlich Grund Nummer eins für diese kleine Party, der sich seltsamer Weise in einen typisch englischen- Tee verwandelt hatte, weshalb es nur umso verwunderlicher war, dass Louis schon deutlich einen im Tee hatte, befand sich immer noch auf dem Weg. Grund Nummer zwei sollte die Verabschiedung von Marius und Alicia werden, welche ab dem morgigen Tag zurück in Alicias Heimat Schweden ziehen würden. Die beiden befanden sich in einem Kreis ihrer Freunde und erfreuten sich ihres Lebens.
Und ich saß hier wie der letzte Depp.
„Nein, noch nicht. Aber sag" – da ich absolut keine Lust auf Niall hatte und eigentlich doch lieber wie der letzte Depp alleine rumsitzen und nachdenken wollte, versuchte ich die Louis-Taktik auch bei ihm anzuwenden: „Wo ist denn Dana?"
Doch hier hatte ich die Rechnung eindeutig ohne Niall gemacht. Er ließ sich keinesfalls so einfach vertreiben, wie Louis. „Hast du mir bei unserem Fifa-Abend nicht zugehört? Das hat sich erledigt. Dass du mir nicht zuhörst, bin ich ja mittlerweile gewohnt"- „Hey!" protestierte ich sogleich. Das stimmte nicht! Ich hatte mich geändert und fuhr mit meiner neuen alkohol- und schlechte Laune- freien Linie ziemlich gut!
„Kleiner Scherz. Aber egal, was ich sagen wollte: Dass du Sophia nicht zuhörst ist ja was ganz neues."
Und schon hatte er meine völlig schmollfreie Aufmerksamkeit. „Was meinst du?"
„Dana wird ausziehen. Dafür hat sie diesem Aiden angeboten Danas Zimmer zu übernehmen" – Und weg war meine Aufmerksamkeit. Dieser Schmierlappen zeckte sich für meinen Geschmack viel zu sehr an Sophia ran, seit seine komische, zickige Alte ihn abserviert hatte.
Das erschreckendste an der Tatsache?
Er erinnerte mich zu sehr an mich zu Beginn des Jahres.
Wenn ich zurück dachte fiel mir auf, dass ich genauso abgefuckt und scheiße ausgesehen hatte, wie Aiden nun.
Und Sophia hatte sich zur Aufgabe gemacht mir zu helfen. Genau, wie sie nun Aiden ihre Hilfe anbot. Verständlicherweise. Immerhin hatte sie das Sozialprojekt Liam erfolgreich abgeschlossen. Ich hatte einen Song geschrieben, der nicht zum Kotzen war, hatte mich bei meinen Freunden entschuldigt, meine Wohnung wieder auf Vordermann gebracht und dem Alkohol abgeschworen. Jetzt konnte sie sich guten Gewissens neuen Opfern zu wenden.
Erst Nialls Faust, die kräftig gegen meinen Oberarm klatschte, ließ mich zurück in das Jetzt fliegen. „- Sag mal, hörst du mir überhaupt zu?"
„Huh?" Leicht neben der Spur registrierte ich erst jetzt, dass ich Sophia die ganze Zeit beobachtet hatte, nur um fest zu stellen, ob sie ihr neues Opfer mit zu Andys Feier gebracht hatte. Immerhin kannten sich Aiden und Andy aus Wolverhampton und er war es gewesen, der Sophia zu Andy gebracht hatte. So viel hatte sie mir immerhin erzählt.
„Ich hab dich gefragt, ob du eifersüchtiger Hammel noch nicht gesehen hast, dass Aiden kräftig an Briana rum gräbt. Was meinst du, wieso Briana die ganze Zeit lächelnd am Handy hängt." Niall schien die ganze Sache unheimlich zu amüsieren. Er nippte lachend an seinem Kaffee und schien überhaupt nicht verstehen, warum mich die ganze Sache so fuchste.
Bis ich ihm erzählte, was an Hannahs Geburtstag noch passiert war. Irgendwie hatte ich gehofft, dass sich die Mädels einiges erzählten und es ihm so vielleicht irgendwie zu Ohren gekommen war. Hauptsache, ich musste nichts erzählen. Doch Fehlanzeige. Also redete ich einfach gerade heraus und wartete gespannt auf seine Reaktion.
Es schien einen Moment zu dauern, bis die Information wirklich bei Niall ankam. Als dies der Fall war, starrte er mich an, als hätte ich ihm gerade erzählt, dass ich mir den Schwanz gepierct hatte. „Hast du nicht ernsthaft gemacht? Alter?"
„Ja was?", versuchte ich mich kläglich zurechtfertigen. „Es ist halt einfach so passiert. Aber sie tut jetzt so als wäre der Kuss niemals passiert."
„Ja und jetzt?" fragte mein bester Freund. Sehr geistreich.
„Wie und jetzt?"
„Na wie gedenkst du das gerade zu biegen?" An seinem Kaffee schlürfend sah er mich an. Dieser nüchterne Gesichtsausdruck erinnerte mich an meinen alten Mathelehrer. Diesen Blick hatte er mir immer zugeworfen, wenn ich in der Matheförderstunde irgendeinen Mist zusammen gerechnet hatte. Dieser Blick half mir damals genauso viel, wie jetzt. Nämlich absolut gar nicht.
„Weiß ich doch nicht", seufzte ich ehrlich auf. „Sie hängt ja ständig bei Briana und kümmert sich um das Modedesigner Studium. Ihr Dad weiß auch noch nichts von seinem Glück, dass weder Zoé noch Sophia Lust drauf haben, sein blödes Autohaus zu übernehmen."
„Das erklärt immer noch nicht, was du jetzt vorhast. Ich meine, dass du dich verliebt hast, ist ja wohl klar. Den beste Freunde Kram kannste dem Osterhasen erzählen. Aber jetzt musst du wirklich erst mal in die Pötte kommen."
Völlig verdattert sah ich ihn an. Wie kam er denn auf das schmale Brett? „Ich hab mich nicht verliebt!" Zu meinem Leidwesen klang meine Stimme nicht einmal halb so sicher, wie ich es gerne gehabt hätte. Hoch und quietschig á la Teenie-Fan traf es eher.
„Alter", meinte Niall schlicht und einfach und sah mich noch eindringlicher und durchbohrender an, als zuvor. Falls das überhaupt möglich war.
Sein Ziel erreichte er trotzdem.
Ich ließ meinen Blick erneut zu Sophia schweifen und musterte sie. Angeregt unterhielt sie sich mit Briana. Sie verzog ihre Lippen zu einem Lächeln und automatisch tat ich es ihr nach. Sicher, Sophia war eine wirklich hübsche Frau. Mit all ihren Ecken und Kanten. Aber konnte ich hier wirklich von verliebt sprechen? Verwechselte ich die Gefühle nicht vielleicht doch eher mit Dankbarkeit? Andererseits, wenn sie mir so egal wäre, wie ich es mir hier einzureden versuchte, wo war mein Schnaps und der Joint? Wobei ich diese beiden doch eher Andys Wohl zu liebe aus meinem Leben verbannt hatte. Aber, was wenn- Plötzlich drehte Sophia ihren Kopf und meine Richtung, lächelte mich schelmisch an und winkte. Sie hatte mich also starren sehen, super. Möglichst cool zwinkerte ich ihr zu und lachte mit ihr.
Meine Wangen glühten trotzdem, wie Feuer.
Wem machte ich hier eigentlich etwas vor?
„Ja okay vielleicht ein bisschen. Aber geht das nicht viel zu schnell?"
„Alter... du bist so ein Mädchen ey."
„ Danke. Super. Echt klasse Hilfe." Beleidigt wollte ich mich abwenden, denn Niall half mir in diesem Moment absolut überhaupt nicht.
„Sag ich doch", goss er noch zusätzlich Öl ins Feuer.
„Arsch", keifte ich und wollte beleidigt abdampfen. Vielleicht half mir frische Luft, mein weibliches Hirn durchzublasen? Doch Nialls Hand kam mir zuvor.
Sanft und dennoch eindringlich sah er mich an. Das war doch nicht etwa Mitleid in seinem Blick? „Man ich weiß doch auch nicht wie ich dir helfen soll, Liam. Bei mir und Sarah war das einfacher."
Nun lachte ich erleichtert auf. Und ein wenig amüsiert, denn das war Bullshit. „Erzähle mir doch nichts."
„Doch", erklärte Niall völlig selbstverständlich. „Ich wusste ja, dass sie auf mich steht. Aber Sophia ist nicht so ein offenes Buch, wie Sarah es damals war. Warum fragst du Hannah nicht einfach? Die ist doch Meisterin im Strippen ziehen", plapperte Niall leichthin weiter. Dieses Mal brauchte ich ein wenig, um das Gesagte umzuwandeln.
Aber jetzt verstand ich diesen ganzen Zirkus. Keiner hatte Zeit mich aufzunehmen, mir zu helfen. Hannah und Harry, die sonst ein Herz und eine Seele waren, eine feste Einheit bilden, stritten sich. Jetzt machte alles mit einem Male Sinn.
Hannah hatte die ganze Zeit über Schicksal gespielt. Es war kein Zufall, dass ich immer wieder auf Sophia gestoßen war. Sie hatte es so gewollt!
„Was", fragte ich noch einmal nach. Doch die Bestätigung hätte ich eigentlich gar nicht gebraucht. Aber ich bekam sie von Niall: „Hoppala", meinte er locker, trank einen erneuten Schluck von seinem Kaffee und stand auf.
„Wo willst du hin? Wir sind hier noch nicht fertig, ich glaube du schuldest mir noch so einige Erklärungen, Horan!"
Doch statt mir Rede und Antwort zu stehen, zum Beispiel, ob er überhaupt mit Sarah in Mullingar war, verschwand er in der Menge und tauchte nicht mehr auf.
Ich fand ihn nicht mehr, kam auch nicht an Hannah ran.
Auch nicht, als sich alle um Marius und Alicia versammelten, um die Abschiedsgeschenke zu verteilen.
Nicht, als Sophia vorschritt, um beiden selbstgeschneiderte Kleider zu schenken, an welchen ich wieder mitgearbeitet hatte.
Nicht, als Andy in die Tür trat.
Nicht, als sich die Massen von Alicia und Marius abwanden, um Andy zu begrüßen.
Wieder stand ich als ein stiller Beobachter daneben. Zwar hatte ich Andy immer wieder im Krankenhaus und auch in der Reha besucht, doch das Thema war nie auf diesen einen Abend zurück gefallen. Ich hatte mich nie wortwörtlich entschuldigt und ihm gesagt, wie schuldig ich mich fühlte.
Stattdessen stand ich nun daneben und schaute zu, wie seine Freunde sich um ihn sorgten und kurzerhand die Narben zeigen ließen.
Die Ärzte hatten sicher Recht, seine Wunden waren bestimmt gut verheilt.
Doch das konnte ich von meinen nicht gerade behaupten. Andys Anblick, die Narben der Operation, die zerstörten Tattoos, die Tatsache, dass er seinen Nebenjob als Model an den Nagel hängen konnte – und das alles wegen mir! Es war ein kräftiger Tritt in den Magen, den ich nicht verkraften würde. Ich brauchte etwas Starkes. Jetzt.
Zum ersten Mal seit einer Ewigkeit ging ich zum Buffet und griff nach der Wodka-Flasche, an welcher Louis sich vor mir schon kräftig bedient hatte. Kurzerhand nahm ich eine der leeren Kaffeetassen und goss mir einen kräftigen Schluck ein.
Nur einen Moment bevor die bittere, kalte Flüssigkeit meine Lippen berührte, spürte ich zwei Hände auf jeweils einer meiner Schultern.
„Das hast du aber nicht wirklich vor", sprach Andy. „Oder Liam?", fragte Sophia.
„Du bist ein Idiot, Liam. Du glaubst doch nicht wirklich, dass es deine Schuld war oder?" fuhr Andy fort, bevor ich auch nur irgendwie reagieren konnte. Grinsend nahm er mir die Tasse aus der Hand und nahm einen kräftigen Schluck.
„Doch glaubt er", grinste Sophia. „Aber ich hab unserem Idiot schon kräftig dafür in den Arsch getreten, aber jetzt wo du wieder da bist, können wir ihn ja gemeinsam oben halten. Wozu sind Freunde schließlich da?"
✨
Let it all out and I've depend, don't worry
Go all away, no fear, don't hide, it's over
You must feel lost and kind of scared to let go
Bring all your scars and don' pride them, here we go (here we go)
Sometimes our hearts get broken
But keep them open
'Cause when it comes
You can never be ready
Hold on, you can't let go now
This is your time
Hold the line
You can never be ready
I've been there too, you know
It made me hurt
I thought I would die, but hey,
Still here, still breathing
I felt so hard, it messed me up to the bone
But I'm not scared, no, I want more, here we go
✨
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