6| Kylie

Vorsichtig nippte ich etwas an meinem Weinglas, bevor ich es wieder auf die Lehne meines Sessels stellte und meinem Bruder dabei zu schaute, wie er seinem Sohn das Handy aus der Hand riss.
„Du hockst den ganzen Tag an diesem Teil Enrico. Jetzt reichst Mals. Wir gaben Freitagabend. Geh raus feiern, klär dir ein paar Mädchen...aber sitz nicht den ganzen Tag an diesem Ding", dabei pfefferte er das Handy einfach hinter sich, nachdem er es seinem Sohn, der ihn nun mehr als empört anschaute, weggenommen hatte.

„Aiden! Er ist 13", konnte man Eira darauf ihren Ehemann warnend sagen hören. Worauf dieser nur mit den Schultern zuckte und sein Weinglas leerte.
Wahrscheinlich war das nicht sein erstes gewesen.
„Na und! Selbst mit 13 habe ich meiner Fantasie mehr freien Lauf gelassen"

„Wer hätte gedacht, dass genau er mal solche Reden schwingen wird", murmelte ich Angelo gerichtete, der es sich neben mir gemütlich gemacht hat.
Dieser schmunzelte nur etwas.

„Habt ihr schon was von Aviana gehört? Sie ist doch heute geflogen oder?", hakte Eira nach, worauf ich nur mit meinem Kopf schüttelte. „Sie sitzt wahrscheinlich gerade noch im Flieger"

„Dad? Dad?", wurde unser Gespräch aber von unserer jüngsten Tochter Valentina unterbrochen, worauf ich vernehmen konnte, wie Angelo neben mir einmal genervt aufstöhnte.
Den Abend hatten wir uns eigentlich etwas anderes vorgestellt gehabt.

„Ja?"

„Das Büro ist am Telefon. Sie wollen dich sprechen", hörte man sie rufen, bevor man klackende Schritte vernahm und Valentina anschließen in einem kurzen Kleid sowie High Heels im Wohnzimmer stand und ihrem Vater das Telefon hin hielt.
Ohne sie groß zu mustern nahm er nur das Telefon entgegen und verschwand aus dem Raum.

Stattdessen blickte nun ich meine Tochter fragend an.
Sie kam deutlich mehr nach Angelo. Insbesondere die dunklen Augen bei denen man die Pupille so gut wie gar nicht mehr erkennen konnte, hatte sie von ihm.
Auch das eher scharfe Kinn stammte von ihm. Trotzdem sah man ihr die Ähnlichkeit zu ihrer älteren Schwester an. Auch wenn diese mit ihren eher weicheren Gesichtszügen deutlich lieber aussah.

Das Temperament hatte sie aber beide definitiv von ihrem Vater.

„Wo willst du heute Abend denn noch hin?", fragte ich sie, wobei ich erkennen konnte, wie sie einen genervten Blick aufsetzte.
Die Pupertät war bei ihr definitiv im vollen Gange. Aber was erwartet man auch anderes von einem 16 jährigen Mädchen.

„Raus", antwortete sie nur knapp, worauf Aiden sich anfing einzumischen.
„Na das ist doch super, da kannst du den hier gleich mitnehmen"
Dabei deutete er auf seinen Sohn Enrico, der sofort anfing seine schwarze Mähne zu schütteln.

„Oh Gott auf keinen Fall", entfuhr es Valentina aber auch schon.
„Ich spiel doch nicht den Babysitter"

„Ich bezahl dich auch", erwiderte Aiden darauf mit einem Zwinkern, worauf Valentinas Miene nachdenklicher wurde.

„Wo willst du überhaupt hin? In den Club kommst du doch noch gar nicht rein", mischte ich mich wieder in das Gespräch ein.
„Zu Freunden", erhielt ich wieder nur eine knappe Antwort.
„In so einem Kleid?"

„Ach komm schon Mum", fing sie auch schon zu betteln, als sie merkte, dass ich nicht nach ließ.
„Es sind nur ein paar Freund mit denen wir unterwegs sind mehr nicht. Außerdem ist es Freitagabend"

Mit einem Schmunzeln ergriff ich wieder mein Weinglas. Zu oft kamen mir in solchen Situationen Gedanken hoch, wie ich meine Eltern angebettelt hatte, dass sie mich raus lassen würden. Wobei man dazu sagen musste, dass diese um einiges entspannter waren manchmal.
„Na gut, geh raus. Aber pass auf, dass dein Vater dich nicht erwischt wenn du wieder so spät Heim kommst"

Nun breitete sich ein Lächeln auf ihren Lippen aus.
„Danke Mum"

Anschließend wollte sie auch schon aus dem Wohnzimmer staksen, wobei sie aber erschrocken stehen blieb, als man die laute Stimme ihres Vaters durch das Haus vernahm.
Diese rief aber nicht ihren Namen sondern meinen.

Verwunderte richtete ich mich etwas im Sessel auf und konnte auch schon sehen, wie ein ziemlich gestresster Angelo wieder den Raum betrat.
Sein Blick wanderte erst zu mir, bevor er anschließend zu seiner Tochter huschte, die ihn mindestens genauso verwirrt anschaute.
„Aviana! Wir haben ein Problem", entfuhr es ihm nur, worauf ich mich automatisch versteifte.

Anschließend war ich auch schon aus meinem Stuhl aufgesprungen.
„Ein Problem? Was meinst du damit?"

Nun wanderte seine dunklen Augen von mir wieder zu seiner Tochter.
„Wohin auch immer du willst, geh!"
„Was?", entgegnete sie nur verwirrt und rührte sich keinen Zentimeter von ihrem Platz.
„Nein! Auf keinen Fall! Was ist passiert? Geht es Aviana gut?"

„Valentina!", erklang nur Angelos strenge Stimme, worauf sie etwas zusammen zuckte.
„Raus, sofort! Und nimm Enrico gleich mit"

Nun schauten auch Aiden und Eira Angelo verwundert an. Zumindest bis Aiden seinem Sohn einmal zu nickte, sodass dieser seiner Cousine anschließend folgte.

Erst als die beiden aus dem Wohnzimmer verschwunden waren, wurde Angelos Miene weicher.
Nun war in ihr die Sorge zu erkennen genau so wie die Angst.
„Angelo? Was ist passiert?", fragte ich erneut, als wir vier uns für einen kurzen Moment gegenüber standen und uns nur anstarrten.

Seine dunklen Augen huschten zu mir und ich konnte in ihnen den Schmerz erkennen. „Es gab ein Angriff auf unsere Tochter", brachte er die Worte schließlich heraus, worauf ich spüren konnte wie ich die Luft anhielt.
„Es kann nicht genau bestätigt werden, ob sie noch lebt"

„Was?", entfuhr es mir auch schon panisch.
„Was meinst du damit? Wie einen Angriff? Ich dachte momentan ist alles ruhig. Gab es wieder irgendwelche Komplikationen?"

„Montaro", murmelte Angelo darauf und ich konnte erkennen, wie sich seine Zähne zusammen bissen.
Er hasste diesen Namen über alles.
„Was hat er damit zu tun?", hakte Aiden auch schon nach, bevor ich die Frage laut aussprechen konnte.

„Das Flugzeug musste in Italien landen, weil es Komplikationen am Flughafen auf Sizilien gab. Der weitere Weg sollte eigentlich mit dem Auto zurückgelegt werden und dabei..."

„...wurden Gebiete von Montaro durchquert", beendete ich seinen Satz.
Nu stockte mir der Atem.
„Scheiß! Das darf doch nicht war sein! Wer ist diesen Wagen gefahren?", entfuhr es mir auch schon wütend.

„Es sollten doch allen klar sein, welche Teile Italiens unsere Gebiet sind und welche die von Montaro"
„Offensichtlich nicht", entgegnete Angelo, wobei man hören konnte, wie er seine Wut unter Kontrolle hielt.

Wir hatten unsere Tochter anscheinend durch einen dummen Fehler ins offene Messer des Feindes laufen lassen. Und wenn wir Pech hatten, dann war sie bereits tot.

Für einen kurzen Moment herrschte Stille im Raum.

„Wir hätten ihnen die ganze Sache sagen sollen", ergriff nun Aiden wieder das Wort und nun klang seine Stimme ernst.
„All das. Die Geschichte von dem gesamten Kampf. Wir hätten es nie so weit rauszögern sollen. So eine Sache kann man einfach nicht unter den Tisch kehren. Unsere eigenen Eltern haben das bei ihrem Streit gemacht und auch das hat dazu geführt, dass wir uns letztendlich alle mit einer Knarre gegenüber standen"

„Das zwischen unseren Eltern war ein Streit. Das mit Montaro ist ein Kampf. Unsere Eltern hatten keine Leben auf dem Spiel. Montaro dagegen bringt alles um, was nur einen Fuß auf sein Gebiet setzt", konnte man Angelo spitz sagen hören.

„So ist es ihm im Vertrag schließlich auch gestattet", erwiderte Aiden.
„Seine Gebiete, seine Regeln. Unsere Gebiete, unsere Regeln"

Ein Schnauben war von Angelo zu hören.
„Wie oft...", vernahm man ihn wütend sagen. „habe ich diesem Idioten gestattet etwas von uns zu überqueren. Kein einziges Mal habe ich die Waffe heben lassen, wenn mal ein paar seiner Wägen über unsere Teile gefahren sind, aber sobald es bei ihm geschieht, fließt Blut"

Wütend kratzte er sich am Kinn.

„Was wissen wir noch über den Angriff?", probierte ich mehr über die Sache heraus zu bekommen. „Gibt es irgendwelche Aufnahmen. Hat man Leichen gefunden?"
Dabei stockte ich etwas als ich das Wort aussprechen musste.
Unvorstellbar das meine eigene Tochter eine von diesen sein könnte.

„Keine Aufnahmen, aber mehr werden wir demnächst herausfinden. Ich werde Suchtrupps dort hinschicken"

„Suchtrupps?", murmelte Aiden.
„Ist das nicht etwas riskant? Ich meine ihr wollt erneut auf ihr Gebiet. Die Chance, dass dieser Vertrag damit in die Brüche geht, ist enorm"

„Mir egal. Ich will wissen, was sie mit meiner Tochter gemacht haben. Und wenn dadurch wieder Krieg zwischen uns herrscht. Wirklichen Frieden hat es ja eh nie gegeben", vernahm man Angelo nur, bevor er aus dem Wohnzimmer verschwunden war.

Für alle die amore ardente gelesen haben...ihr wisst Bescheid. Hoffe euch hat das Kapitel aus Kylie's Sicht gefallen :)

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