2 | Kylie
Fragend schaute ich Angelo an, als er keinen weiteren Schritt nach vorne machte, sondern nur die Treppe hinaufschaute in die nächste Etage.
„Doch anders überlegt?", fragte ich, worauf er sich herumwandte und ein kleines Schmunzeln seine Lippen zierte.
„Ich wollte nur, dass sie hoch in ihr Zimmer verschwindet. Ein bisschen Privatsphäre kann man ja verlangen", entgegnete er und kam zu mir an den Esstisch zurück, wo noch immer die Haufen an Papieren ausgebreitet waren.
„Sie?", fragte ich verwundert und schaute etwas an ihm vorbei, aber hinter ihm lag nur die Dunkelheit der Treppe, welche in die zweite Etage führte.
„Aviana", murmelte Angelo als Antwort und fing an die Zettel zusammen zu räumen und wieder in den Ordnern abzuheften.
„Ich hab vorhin ein Auto über den Parkplatz rollen gehört und da Valentina vorhin noch durchs Haus gegeistert ist und unser einziger Sohn lieber am Abend zockt als rauszugehen, bin ich davon ausgegegangen, dass sie es war"
Verwundert zogen sich meine Augenbrauen in die Höhe und ich spürte, wie sich ein kleines Schmunzeln auf meinen Lippen breit machte.
„Jetzt sag nicht du bist deswegen genervt? Du weißt, dass wir ihnen ihre Freiheiten lassen sollten. Außderdem sind zwei von ihnen schon volljährig, also was sollen wir noch groß machen?"
Nun schaute Angelo auf, wobei seine dunklen Augen auf mich trafen und ich den genervten Ton in ihnen erkennen konnte.
Irgendwas passte ihm mal wieder nicht und ich bezweifelte, dass es unser Job war, der sich mal wieder als eine Überstunde entpuppte.
„Sie war wieder mit diesem Typen aus", murmelte er, wobei es sich eher so anhörte, als würde er es an sich selbst richten.
„Wie hieß er noch? Matt?"
„Nate", korriegierte ich ihn, worauf sich sein Blick nicht gerade entspannte.
„Ich mag diesen Jungen nicht", konnte man ihn anschließend auch schon grummeln hören, was mich wieder etwas schmunzeln ließ.
„Ich glaub, dass ist uns allen mittlerweile bewusst. Aber denk daran, wie es bei uns früher war. Du fandest es auch nicht toll dich andauernd vor meinem Vater zu verstecken.
„Na ja, wenigstens habe ich auch etwas auf die Reihe bekommen und nicht bei jeder Kleinigkeit den Schwanz eingekniffen sowie das Weichei"
„Angelo", probierte ich ihn zu ermahnen, worauf ich aber nur einen genervten Blick erhielt.
„Du wirst es nicht ändern können. In dem du dich einmischst"
Wieder kam nur ein Grummeln von ihm.
Trotzdem erwiderte er nichts.
Stattdessen durfte ich ihm nur dabei zuschauen, wie er die Sachen zusammen sammelte und in den großen Ordnern verstaute.
„Anderes Thema mal...", probierte ich ein neues Gespräch zu eröffnen.
„Valerio hatte mich gefragt, wann er nun einen Posten im Büro erhält, denkst du nicht es ist langsam Zeit ihn mal mit einzuweihen und ihm einen Posten zu geben. Ich meine er ist alt genug"
Nun schaute Angelo auf, wobei seine Augen den gleichen Ton hatten, wie als wir über das Thema Nate geredet hatten.
„Auf keinen Fall"
Nun war ich diejenige, die seufzte.
„Wir können sie nicht auf ewig aus der ganzen Sache heraushalten"
„Tun wir ja auch nicht. Sie bekommen doch Aufträge, die sie erledigen dürfen. Außerdem geht Schule und eine gute Ausbildung vor"
„Ich weiß, aber wir verwehren ihnen zu viel. In dem Alter hast du früher schon fast die halbe Mafia geleitet", probierte ich es erneut, aber er brach abermals ab.
„Ja, aber das war der Wunsch meines Vaters und ich werde die Dinge nicht wie er handhaben. Die Kinder bekommen keinen Posten im Büro und erst recht nicht werden ihre Namen irgendwo hinterlegt"
Ein erneutes Seufzen kam von mir.
Ich wusste, das Angelo nicht wollte, dass auch nur irgendjemand von den Kindern wusste. Er wollte sie nicht verlieren, dass konnte ich verstehen, aber meiner Meinung nach war er etwas übervorsichtig mit der Sache.
Schließlich besaßen wir ein gutes Schutzsystem und konnten sie beschützen.
Selbst von dem Kampf, der sich vor Jahren abgespielt hatte, sollten sie nichts wissen.
Laut ihm sollte diese Sache in Vergessenheit geraten.
Wir hatten es geschafft einen Vertrag auszuhandeln und dieser wurde schon seit mehreren Jahren eingehalten.
Seitdem gab es keinen Streit zwischen der Familie Montaro und uns, was auch gut so war.
„Denkst du nicht, dass es mal langsam Zeit ist sie einzuweihen und mehr in die Mafia aufzunehmen. Sie werden irgendwann unsere Posten übernehmen und bis dahin sollten sie vielleicht mal etwas Ahnung haben"
Wieder schaute er nur auf, wobei er kurz mit dem Sortieren der Blätter stoppte.
„Damit unsere Feinde uns noch leichter angreifen können? Auf keinen Fall"
Für einen kurzen Moment musste ich ein Augenrollen unterdrücken.
„Du solltest aufhören unsere Kinder als eine Schwachstelle der Mafia anzusehen. Sie alle sind gut ausgebildet und können dir bestimmt beweisen, dass sie aus brenzlichen Situationen kommen...", entgegnete ich.
„...wenn du sie dann mal lassen würdest"
Diesen Satz fügte ich etwas leiser hinzu.
Erneut erntete ich darauf aber nur einen bösen Blick.
„Es geht mir nicht darum, dass sie nicht kämpfen können. Es geht mir einfach darum, dass so wenige Menschen wie möglich von unserer Familie wissen sollen. Es ist schon anstrengend genug, wenn man uns auf dem Kicker hat, da müssen nicht noch die Kinder mit reingezogen werden. Es ist sicherer für sie und für uns. Je weniger Angriffsfläche wir bieten, desto weniger kann man uns schaden. Und dabei bleibt es auch"
Für einen kurzen Moment schauten wir uns nur an, bevor ich mit einem Kopfschütteln mich wieder dem Tisch zu wandte.
Wir könnten nicht auf ewig so weiter machen, aber gegen seinen Beschützerinstinkt konnte ich momentan nichts machen. Seitdem das mit seiner Mutter passiert war, hatte er eine ziemliche Vorsicht entwickelt gegenüber alles was er liebte.
Und sein eigenes Fleisch und Blut stand da natürlich an erster Stelle.
Mal ein Kapitel aus Kylies Sicht zum Anfang, aber keine Sorge die restlichen Kapitel werden überwiegend aus Avianas Sicht sein :)
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