41. Der letzte Plan

"The relief of giving in to destruction". - Franz Kafka

Operation 'Sperre Rowan auf ewig weg' hat begonnen.

Die Planung dafür hat zumindest begonnen.

Ich fand es eigenartig, wie viele wir mittlerweile waren. Kellins Haus war zwar riesig, der Salon, in dem wir die Besprechung hielten, war riesig, und doch waren wir mittlerweile so viele, dass ich nicht glauben konnte, dass ich zu Beginn mal allein war – abgesehen von Elin, die ich nur übers Telefon als Kontakt bei mir gehabt hatte. Anfangs war ich in London angekommen und mit all dem Drama ganz allein gewesen. Ich hatte mich allein mit den vielen Geheimnissen und merkwürdigen Ereignissen plagen müssen. Nun waren wir ein richtiges Team, alle mit dem gleichen Ziel. Zumindest war eines unserer Ziele gleich. Jeder hier hatte noch ganz andere Absichten und Pläne, aber diese wären erst wichtig, wenn Rowan besiegt oder wenigstens weggesperrt wäre.

Ich kam mir vor wie Teil einer kriminellen Bande, so umgeben von all diesen Leuten, die mit Waffen und Messern durch die Gegend liefen. Abgesehen von Elin und mir hatte vermutlich jeder hier im Raum schon einmal jemanden umgebracht. Jeder hier war gefährlich.

Kellin war ein Mafiaboss, Hayden war Soldat gewesen und ausgebildeter Krieger der Wächter. Von Reed wollte ich nicht anfangen und Sam war mal ein verdammter Pirat gewesen.

Wir waren also ein Haufen an Verbrechern, die den ultimativen Überfall planten, nur dass wir nichts stehlen wollten. Wir wollten jemanden einsperren.

Das war fast wie in einer dieser Actionfilme, wenn man das Unmögliche plante. Hoffentlich würden wir genauso wie die Charaktere solcher Filme am Ende es auch schaffen, egal wie übel es manchmal aussehen mochte. Wir mussten einfach. Siegten die Guten nicht immer? Leider war das kein Film und in der Realität gewann das Böse deutlich öfters. Trotzdem würden wir kämpfen. Es wäre vielleicht unsere letzte Chance, aber wir würden nicht aufgeben.

„Ich weiß es klingt unmöglich jemanden einzusperren, der besonders gerade durch Malia so enorm viel Kraft besitzt", sagte Acyn, der in der Mitte des Raumes stand, uns alle reihum ansah, während er erklärte, was Riley und er sich überlegt hatten. „Die Zellen des Quartiers genauso wie die Zellen von dem Gefängnis in Athen sind so gebaut worden, dass sie die Kräfte von einem blockieren können, egal welche Kräfte. Selbst göttliche Kräfte werden bis zu einem gewissen Grad blockiert. Landet Rowan in einer dieser Zellen, ist er wie ein normaler Mensch."

„Und wie kriegen wir ihn dorthin?", fragte Paul schnaubend und sah meine Brüder abschätzend an. „Locken wir ihn an? Er wird kaum so blöd sein dort einfach hineinzulaufen."
„Wir schalten ihn vorher aus", sagte nun Riley grinsend.

„Wie?" Fragend und mit einem grimmigen Ausdruck sah Kellin meine Brüder an. Er war glücklich über jeden neuen Vorschlag, der ihm Malia zurückbringen würde, auch wenn er meinen Brüdern nicht wirklich traute. Sie arbeiteten für das Quartier, das, was sie hier taten, war ein Verrat an Warren. Wären die zwei nicht meine Brüder und würde ich ihnen nicht mit meinem Leben vertrauen, hätte ich sicher auch meine Zweifel über ihre Absichten gehabt, aber ich wusste, dass sie nur helfen wollten.

„Es gibt Handschellen, die aus dem gleichen Material wie die Zellen gefertigt wurden. Sie sind von den Wächtern der Magie vor langer, langer Zeit erschaffen worden für Leute wie ihn, die schwer zu kontrollieren sind. Während der Dunklen Tage sind die meisten zerstört worden, aber es soll noch welche geben."
„Und wo?", fragte nun Kate, die dabei auf der Armlehne von Kellins Sessel saß, genauso misstrauisch war. „Würden solche Handschellen überhaupt noch existieren, wüssten wir es. Wir haben oft nach solchen Relikten gesucht."

„Das ist das einzige Problem bei der Angelegenheit. Diese Handschellen sind in der Gegenwart zu rar. Sie zu finden könnte schwierig werden. Wir haben keine Anhaltspunkte. Wir haben oft selbst versucht, welche aufzuspüren, aber es ist beinahe unmöglich." Acyn sah dabei nun zu Reed, der neben mir saß.

„Ihr wollt, dass wir welche aus der Vergangenheit holen."
„Gegenstände aus der Vergangenheit in die Zukunft zu bringen ist so gesehen verboten", merkte Sam an, als ob es ihm eigentlich egal wäre. Es war ihm sicher egal.

„Es sind Handschellen und nicht die Baupläne zur Atombombe. Die Zukunft kann nicht grundlegend deswegen verändert werden... zumindest sollten wir es hoffen. Es kann keiner so genau wissen", sagte Reed.

„Und um sicherzugehen, bringt ihr sie einfach anschließend zurück." Acyn lächelte zufrieden mit seinem Plan. „Wir brauchen sie nur für einen kurzen Zeitraum und sie werden in keiner Weise beschädigt hierbei. Bestenfalls suchen wir welche, die kurz vor der Zerstörung stehen, so kann ihr Fehlen in der Vergangenheit keinen zu großen Schaden anrichten."

„Gut, wir besorgen also diese Handschellen und sperren ihn weg. Wie wollen wir es nur überhaupt schaffen, ihm die Handschellen umzulegen? Wir müssen in seine Nähe kommen, was allein schon unmöglich sein wird, und selbst wenn sie umgelegt sind, wären seine Leute in der Nähe, die uns erschießen könnten. Außerdem ist er denke ich auch ohne Kraft stark." Laut stellte Hayden all diese Fragen und Acyn sah nun zu mir, wo mir gleich etwas mulmig wurde. Ich ahnte, worauf das hinauslief, und es gefiel Acyn genauso wenig wie mir, aber es war vermutlich der einzige Weg.

„Alice bittet ihn um ein Treffen."
„Wieso Alice?", fragte Reed, dem das nicht zu gefallen schien und der sofort schützend einen Arm um mich legte, mich enger an seine Seite zog.

„Weil er sie höchstwahrscheinlich nach wie vor wollen könnte und Alice diejenige ist, die vorher schon Deals mit ihm eingegangen ist. Er rechnet mit einem Versuch ihrerseits Kontakt aufzunehmen, vermutlich um Iran zu retten. Wenn er dann kommt, schlagen wir zu."
„Malia darf nichts geschehen", sagte Kellin.

„Ihr wird nichts geschehen. Sobald wir die Handschellen haben und ein Treffen ausgemacht wurde, werden wir unser Vorgehen weiter planen."



Reed würde mit Sam in die Vergangenheit reisen für die Mission Handschellen. Beide haben nicht unbedingt glücklich gewirkt zusammen losziehen zu müssen, aber es würde nicht schaden, wenn sie sich mal besser anfreunden. Währenddessen wurde mir geholfen, Rowan zu kontaktieren, was sich als nicht unbedingt leicht herausstellte. Keiner wusste immerhin, wo er sich aufhielt. Unser Vorteil war nur, wie gut vernetzt Leute wie Kellin oder meine Brüder in der Stadt waren. Schneller als zu Beginn angenommen, fanden sie jemanden, der wusste, wie man jemanden kontaktieren konnte, der Rowan kannte. Es würde eine Flüsterpost an Nachrichten werden, aber besser so als gar nicht. Die Nachricht wurde herausgeschickt und nun blieb zu hoffen, dass Rowan sich melden würde.

Damit wir alle schnell bereit wären zu handeln und uns nicht unnötig voneinander entfernen wollten, blieben wir in Kellins Anwesen, wo wir auf die Rückkehr von Reed und Sam warteten und auf die Nachricht, dass Rowan ein Treffen möchte.

„Was ist, wenn er keines will?", fragte Elin mich, während wir zusammen in der Bibliothek saßen, dort mal wieder vermutlich sehr unnötig Infos suchten. Noch hatten wir es nicht aufgegeben. Noch hofften wir, dass wir einen Weg finden würden, ihn zu stoppen, ihn zu töten. Uns würde es allen besser gehen, wäre Rowan tot, beseitigt, nicht mehr von Bedeutung. Eingesperrt wäre besser als nichts, aber er wäre erst dann keine Bedrohung mehr, wenn er einfach nur eliminiert wäre.

„Dann werden wir ihn herauslocken müssen", sagte ich. Dieses Gespräch, dieses Treffen musste irgendwie zustande kommen. Wenn nicht, wären wir wirklich verloren, dann würden wir nichts unternehmen können.

Das war sowieso schon der letzte und schlechteste Plan, den wir bisher hatten. Es war ja nicht einmal wirklich ein Plan. Es war mehr eine absurde Idee, bei der gewiss zu viel schiefgehen konnte. Der Monat war nur fast vorbei. Wir hatten nur noch knapp eine Woche Zeit und das war nichts. In einer Woche würden wir zwar Malia wieder haben, aber zu welchem Preis? Was würde Rowan bis dahin erreicht haben? Laut Reed wäre an dem Tag Neumond, was wichtig für viele Rituale wäre, die die Unterwelt betreffen. Leider hatte keiner von uns eine Ahnung, was Rowan an diesem Tag schaffen wollte. Für die Rituale, an die wir dachten, fehlten ihm immer noch Zutaten, eine davon war ich. Nasrin lebte in Sicherheitsschutz und solange wenigstens einer von uns nicht in seine Hände fällt, müssten wir sicher sein, dennoch war keiner beruhigt.

Wenn Rowan also kein Treffen zustimmte, waren wir am Arsch. Mehr als je zuvor.


So weit kam es jedoch nicht. Rowan willigte nach nur zwei Tagen des quälenden Wartens einem Treffen ein, jedoch nur unter besonderen Voraussetzungen. Er traute uns nicht, er gab uns die Schuld an dem letzten großen Fiasko in der Lagerhalle damals und sicher ahnte er wohl, dass wir irgendwas planen. Er war nun einmal leider nicht dumm. Wäre er es, wäre all das hier einfacher. Wir steckten nur so tief in der Scheiße, weil Rowan leider verdammt gerissen war. Es erschwerte einfach alles.

Das Treffen würde bei der alten Waldstraße stattfinden. Er erlaubte mir nur, Reed und Kellin mitzunehmen, dafür würde er selbst auch nur zwei seiner Männer dabeihaben. Es war gar nicht einmal so dumm gewählt. Würde er versteckt Leute in den Büschen halten, könnten diese alle unbemerkt Wache halten. Genau das würden wir natürlich auch machen, aber in diesem Gebiet zu entkommen wäre leichter als in einer Halle, wo man schnell festsitzen könnte.

Mir machte es dennoch Angst in so geringer Zahl Rowan gegenüberzutreten. Ich sorgte mich weniger um mich als um Reed. Ich hatte Angst, ihm könnte was passieren. Ich hatte Angst, irgendwem könnte was passieren. Wir drei würden auf offener Straße schutzlos sein. Rowan mochte mich vielleicht lebend haben wollen, aber Reed wäre ihm egal. Kellin war ihm egal.


Als Reed mit Sam erfolgreich zurück aus der Vergangenheit kam und das mit den Handschellen, hatte er keine Sorgen wegen des Plans gehabt. Falls er sie doch hatte, ließ er es sich nicht anmerken. Sicher glaubte er, im Notfall mit mir einfach verschwinden zu können. Das Problem war, so viele würden es nicht können. In dem Wald um uns herum würden viele von Kellins Männern warten. Sasha, Teddy und Holly würden warten. Hayden würde mit Sam warten. Außer Sam würde keiner von ihnen einfach fliehen können. Sicher, Hayden konnte für sich die Zeit verlangsamen, aber was war mit dem Rest? Ich wollte nicht, dass sie sterben.

Darüber zu grübeln und in Sorge zu sein, würde die Sache nicht leichter machen. So war ich nun schneller als es mir lieb war im Auto mit Kellin und Reed zusammen. Ich saß auf der Rückbank und sah nach vorne durch die Windschutzscheibe zu dem Auto Rowans, das sicher gute 100 Meter von uns entfernt stand. Wir warteten auf ein Zeichen, dass es losgeht, und während wir warteten, dachte ich an das letzte Mal, als ich hier gewesen bin. Die kaputte Straße, das Rennen hier, wie Reed und ich uns das zweite Mal geküsst hatten. All das kam mir wie ein anderes Leben vor. Alles war so lange her. Alles war so anders gewesen. Das waren mehr die Probleme einer Jugendlichen gewesen, einer magischen Jugendlichen, aber es war noch deutlich normaler gewesen als das hier. Als Rituale, die Mafia, Götter und verdammten Seelensammlern.

Ich seufzte leise, versuchte nicht ganz so hibbelig auf meinem Sitz zu sein und kratzte nervös an meinem Handrücken herum, bemühte mich die Fassung beizubehalten.

Kellin war wie Reed auch ausreichend bewaffnet. Ich nicht. Ich würde, wenn es losgeht, auf meine Kräfte setzen.

„Egal was auch geschieht, bleibt ruhig. Die anderen sind da, es wird alles gut", sagte Kellin, der seine ganze Hoffnung darauf setzte, Malia heute zurückzubekommen. Wir vertrauten darauf, dass sie da sein würde. Wäre sie es nicht, würden wir ein Problem haben. Ist Rowan in unserer Gewalt, war es keine Garantie, dass wir herausfinden, wo Malia war und dann würde es unschön werden. Kellin würde durchdrehen.

Da Rowan nur regelrecht besessen von ihr war, vertrauten wir darauf, dass sie hier sein würde, dass sie bei ihm sein würde.

„Du weißt, was du sagen musst?", fragte Reed mich, der sich zu mir drehte und meine Hand in seine nahm, mich zwang, mit dem Kratzen aufzuhören. Die Berührung beruhigte mich. Etwas zumindest. Ich sah auf unsere verschränkten Hände, zu dem Armband an meinem Handgelenk und ich versuchte wieder einen klaren Kopf zu kriegen.

„Ja." Ich hatte dieses Gespräch geübt. Wir waren die Details durchgegangen. Kate, Elin und ich hatten uns auf so ziemlich jede Möglichkeit vorbereitet und trainiert, wie dieses Gespräch ausgehen könnte. Von Schüssen bis hin zu einem Verrat oder bis zu einem letzten rettenden Zeitsprung. Wir waren alles durchgegangen, auch wenn wir wussten, dass in solchen Momenten dann meist alles ganz anders kommen würde.

Das Auto vor uns gab uns ein Lichtzeichen und die Türen gingen auf.

„Dann los", sagte Kellin und wir stiegen auch aus.

Ich hörte Kellin hörbar vor Erleichterung seufzen, als er Malia sah, die dicht an Rowans Seite lief. Auch wenn sie mal wieder ziemlich knapp bekleidet war, wirkte sie wohlauf und für einen Moment lächelte sie uns an, ehe sie wohl wieder in ihre Rolle fiel und sich bereitwillig nur noch enger an die Seite des Mistkerls drückte. Sie war tapfer. Tapfere als ich es gewesen wäre.

Dieses kleine Lächeln reichte, damit Kellin beruhigt war. Er würde sie heute zurückkriegen. Er war fest entschlossen und ich war fest entschlossen, Rowan einzusperren und das für die Ewigkeit.

Wir blieben gute acht Meter voneinander entfernt stehen. Neben Malia hatte Rowan noch Marek bei sich und einen anderen Mann, der auch schon bei unserem letzten Treffen gewesen war.

„Ich hoffe Malias Anwesenheit stört euch nicht. Sie zählt ja nicht direkt als Begleitschutz. Ich dachte nur, Kellin wäre sicher so interessiert daran, sie zu sehen und zu sehen, wie glücklich sie bei mir ist", sagte Rowan und presste Malia selbstgefällig einen Kuss auf ihre Wange.

Ekelhaft.

„Bringen wir das hier hinter uns", sagte ich scharf. „Keiner von uns will länger hier sein als notwendig."

„Oh, du sprichst mittlerweile wie eine richtige Geschäftsfrau. Ich vermisse es ein bisschen dich panisch und verängstigt zu sehen, kleine Alice. Fühlst du dich sicher zwischen den Wentworth-Brüdern? Du hast meine Geschichten doch noch nicht etwa vergessen, oder?"
„Keine Spiele!", warnte Reed ihn und Rowan lachte.

„Würde ich niemals wagen. Alice will einen Deal vorschlagen und ich bin ganz Ohr. Was willst du mir anbieten, kleine Noir?"

Ich trat etwas weiter nach vorne, so wie wir es geplant hatten. Rowan beobachtete das erst, ehe er mit Malia zusammen auch etwas weiter auf mich zulief, seine beiden anderen Männer zurückließ. Jetzt trennten uns nur noch knapp drei Meter.

„Ich will, dass du uns Iran zurückgibst", sagte ich und er lächelte amüsiert.

„Und was würdest du mir für das temperamentvolle Mädchen geben? Sie unterhält uns alle so gut mit ihrer recht vulgären Ausdrucksweise." Er lachte leise und ich bemühte mich, nicht zu zornig zu werden und ihm ins Gesicht zu schlagen. Ich durfte das nicht vermasseln.

„Was willst du haben?" Die Antwort würde ihn lange genug beschäftigen, ihn nicht das Interesse verlieren lassen und uns helfen, zu verstehen, was er wollte. Er hatte Malia aber das nur noch für weniger als eine Woche. Würde er sie noch länger haben wollen oder plante er etwas, wo er schon längst sicherging, sie danach immer noch zu besitzen? Das zweite war das, was wir alle befürchteten.

Rowan sah mich einen Moment nachdenklich an. Kurz war er abgelenkt und ich wollte mich schon sammeln, meine Kräfte bündeln und das Zeichen geben, als ein Schuss fiel.

Ich hörte ihn. Laut hallte er in der beinahe gruseligen Stille des Waldes. Ich wusste nicht, wo er herkam, ich wusste nicht, von wem er stammte, ich wusste nur, dass er die Verdammnis mit sich brachte. Mit voller Wucht schmiss Reed mich mit sich zu Boden. Meine Knie und Handflächen fingen sofort an zu Bluten, als ich auf dem Asphalt aufschlug, aber der Schmerz war kurz egal. Um uns herum wurde geschossen wie das letzte Mal in der Lagerhalle, nur schien es nun nur noch schlimmer zu sein. Ich wusste nicht, wem die erste Kugel gegolten hatte, ich wusste nicht, wer getroffen wurde, ob überhaupt jemand getroffen wurde. Es war sowieso unmöglich zu sagen, was genau geschah. Die Kugeln flogen zu schnell, die Schreie kamen von allen Seiten und das war alles so unerwartet geschehen, dass ich nur irritiert war. Wir hatten mit der Möglichkeit gerechnet, dass Schüsse fallen würden, aber nicht so. Nicht einfach so.

Ich sah zu Rowan, der mit Malia und den anderen hinter seinem Auto Schutz suchte. Seine anderen Leute, die er wie zu erwarten im Wald versteckt hatte, schossen auf unsere Leute. Reed und ich waren wie auf dem Präsentierteller hier und da er mich beschützte, würde ich wohl uns beide retten müssen, bevor er meinetwegen sterben würde. Ich konnte und wollte nicht riskieren, dass er verletzt wird.

Ich legte meine Hände auf den Boden, versuchte unter der Schicht Asphalt die Erde zu spüren, das Leben zu spüren. Es war verdammt schwer und nur wegen der Hitze, die von meinen Handflächen ausging und den Boden aufweichte, schaffte ich es überhaupt etwas zu bewirken. Ich ließ die Straße in einem Graben spalten und Reed fiel mit mir zusammen in das gute drei Meter tiefe Loch hinein, wo wir wie in einem Schützengraben vor den Kugeln versteckt waren.

„Wir müssen zu ihm!", sagte Reed, der die Handschellen bei sich hatte, offenbar nicht aufgeben wollte. Das war lebensmüde. Rowan nun anzugreifen, wäre wie ein Todeswunsch, aber was blieb uns anderes übrig? Das war unser letzter Plan gewesen. Würden wir ihn nun nicht kriegen, hätten wir verloren.

Ich nickte deswegen, rappelte mich auf und lief die paar Meter in dem Graben zu dem Auto Rowans. Ich konzentrierte mich erneut auf die Natur um mich herum, wollte uns wieder aus dem Graben holen. Eine kurze Treppe erbaute sich daraufhin am Rand von diesem, deren Stufen sehr schmal herausragten. Reed lief an mir vorbei, zurück nach oben, wo er Rowan fassen wollte. Dieser war jedoch auf etwas dergleichen vorbereitet.

Kaum kam ich hinter Reed oben an, sah ich, wie Rowan alles andere als sanft seine Lippen auf Malias presste. Er raubte ihr vermutlich alles an Kraft, was er brauchte, und ließ sie einfach auf den Boden fallen, als sie geschwächt zusammenbrach. Als er sich zu uns wandte, hatte keiner von uns eine Chance. Ich sah nur wie schwarz Rowans Augen leuchteten und ich wusste, dass wir das nicht schaffen würden. Reed wollte gerade zuschlagen, da war Rowan schneller. Ich wusste nicht, wie er es tat, ich wusste nur, dass er Reed die Luft abdrückte und das, ohne ihn zu berühren.

Was für eine kranke Star Wars Darth Vader Scheiße lief hier ab?

Es war fast wie damals, als Reed etwas sehr Ähnliches bei Cameron getan hatte bei mir im Haus in der Bibliothek. Nur das hier wirkte brutaler, mächtiger, tödlicher. Es musste irgendeine sehr dunkle Kraft sein, irgendwas, wogegen wir so nicht ankommen würden.

Ich ließ Wurzeln aus dem Boden hochschlagen. Keine Ahnung, woher ich die Kraft nahm sie aus dem Asphalt zu schlagen, aber der Anblick Reeds machte mich rasend, machte mich gefährlich. Zu sehen, wie dieses Monster ihm schadete, ließ mich mörderisch werden. Ich wollte nicht mehr mitansehen, wie Rowan auch nur irgendwem, der mir wichtig war, wehtun würde. Die Wurzeln wickelten sich um Rowans Beine, der daraufhin abgelenkt von Reed abließ.

Hustend und nach Luft ringend sank dieser zu Boden, aber er lebte, das war das einzig wichtige.

Ich wollte Rowan schaden, ich wollte ihn schwächen, bestrafen für alles, was er uns angetan hatte. Ich wollte ihn aufhalten, lange genug, bis Reed ihn mit den Handschellen gefügig machen könnte. Seine beiden Begleiter beim Auto waren zu beschäftigt mit Schießen, um auf uns zu achten. Ich könnte es schaffen!

Offenbar hatte Rowan nur seine ganz eigenen Sicherheitsvorkehrungen getätigt und ehe ich mehr schaffen konnte, zog er eine kleine Ampulle mit einer roten Flüssigkeit hervor.

Blut.

Ich musste nicht nachfragen, um zu wissen, dass es mein Blut war. Ein kleines Bisschen zumindest von dem, das ich ihm freiwillig gegeben hatte.

Wie Kellin es einst vor langer Zeit im Garten des Quartiers getan hatte, murmelte er ein paar Worte und mir wurde augenblicklich schwummerig. Ich fiel vor Reed auf den Boden, wo ich mich mit jeder verblieben Kraft zwang, nicht das Bewusstsein zu verlieren, wach zu bleiben. Es gelang mir vermutlich nur, weil in dem Moment jemand angerannt kam, Rowan von mir ablenkte. Dieser richtete seine Konzentration auf die Person und zog fluchend seine Waffe, erschoss die Ablenkung.

Der Schuss in dieser Nähe war ohrenbetäubend. Blut spritzte mir von hinten entgegen. Ich spürte, wie es auf meine freien Arme spritzte, mich besudelte, aber ich war nicht bereit herauszufinden, wer da hinter mir lag, wer da gerade mein Leben gerettet hatte und dafür vermutlich gestorben war.

Ich schaffte es mich wach zu halten, konnte etwas klarer denken ohne den Druck von Rowans Manipulation.

Dieser hatte dafür nun die Waffe nun auf mich gerichtet. Genau auf mein Gesicht. Gern wollte ich handeln, ihn stoppen, aber meine Konzentration war dahin. Ich konnte nur Reed schützen, mich wie eine Wand vor ihm halten. Besser ich sterbe als er. Besser ich werde verletzt als er.

„Du hast Glück, dass ich noch Pläne mit dir habe. Ich kann es kaum abwarten, dich endlich begraben zu können, aber der Tod wird noch eine Weile auf dich warten müssen", sagte Rowan giftig. Er wandte sich von mir ab, schoss auf weitere unserer Leute und gab seinen Männern Anweisungen, während er Malia hochhob.

Ich konnte ihn nicht aufhalten. Ich konnte nur versuchen, wachzubleiben und Reed zu beschützen, der wie ich auch von Rowans Macht zu geschwächt wurde.

Rowan und seine Leute verschwanden, das Schießen stoppte und ich sah besorgt von Reed endlich zu der Leiche hinter uns. Ich sah zu der Person, die uns gerettet hatte.

Sasha.

Wörter: 3563

Aloha :) Mal wieder versagt. Irgendwie scheitern alle Pläne hier nur xD Mal sehen, wie sie das noch retten wollen xx

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