26. 995
"The gods envy us. They envy us because we're mortal, because any moment may be our last. Everything is more beautiful because we're doomed. You will never be lovelier than you are now. We will never be here again." – Achilles, Troy
Victoire Bardeaux. Linie der Götter. Eingesperrt für das Opfern von Kindern an die Götter.
Richard Hellen. Linie der Unterwelt. Eingesperrt für einen geplanten Angriff auf das Quartier in Norwegen.
Aurora Wentworth. Linie der Zeit. Eingesperrt für die Mithilfe in den Dunklen Tagen, darunter das Töten, Entführen und Foltern Dutzender.
Das waren nur ein paar der Gefangenen, die beim Ausbruch entkommen konnten. Ich hatte mir von Acyn Informationen zu ihnen allen schicken gelassen und die Taten dieser Leute waren abscheulich. Das waren wahre Monster, die Jahre eingesperrt waren und nun wieder frei in der Welt herumirrten, sonst was für Schrecken verbreiten würden.
„Richard Hellen soll angeblich alles im Namen des Dunklen Reiters getan haben", merkte Hayden an, der die Informationen mit mir zusammen durchlas. „Also ein Gefolgsmann von dir, Bruder?" Er sah Reed an, der die Augen verdrehte.
„Ich habe nie irgendwen zu so erbärmlichen Taten angestiftet."
„Es könnte aber helfen, ihn auszuschalten", merkte Sam an. „Wenn er ein Fan von dir war, hört er vielleicht auf dich."
„Ich werde nicht versuchen, vernünftig mit einem Verrückten zu reden. Der Typ sitzt seit Jahrzehnten im Gefängnis, dem ist nicht mehr zu helfen", spottete Reed.
Ich lauschte, wie Hayden, Sam und Reed sich über die entwischten Gefangenen unterhielten. Selbst beteiligen tat ich mich nicht. Mir schwirrte der Kopf von dem vielen Grauen, das derzeit um uns herum geschah, ich wollte nicht an noch mehr Probleme denken.
„Was ist eigentlich mit dem Gefangenen, der angeblich seit tausend Jahren eingesperrt ist?", fragte Elin, die mit einer Wasserflasche zu uns lief. Wir saßen gerade zusammen auf dem Dach von Chris' Haus, wo der Pool lag und in dem gerade lediglich Holly ganz sorglos am Schwimmen war. Der Rest der derzeitigen Bewohner war irgendwo unten im Haus.
Ich war froh über die frische Luft, die Sonne. Nach all der Zeit im Haus kam ich mir erdrückt vor. Mir fehlte die Natur. Mir fehlte die Freiheit. Ich hasste einfach alles an der aktuellen Lage.
„Es ist ja eigentlich nur ein Gerücht, dass so jemand wirklich existiert", sagte Hayden zweifelnd und suchte dabei die Unterlagen durch. Ich hatte auch nichts über so einen Gefangenen finden können. Manche Geschichten waren eben doch nicht wahr. Besser so. Wir hatten genug Bedrohungen, noch eine weitere konnte nun wirklich niemand gebrauchen.
„Wenn es aber wahr ist, wäre das unheimlich. Die Person muss übel gewesen sein, oder nicht?"
„Sicher, aber keiner hat irgendwas dazu gehört." Sam zuckte mit den Schultern.
„Das alles ist gerade eh irrelevant. All diese Gefangenen, all ihre Taten. Wir sollten uns mehr Gedanken über Rowan machen. Wenn wir ihm so nicht schaden können, müssen wir die Sache weiter hinten angehen", sagte Reed und fragend sahen wir ihn alle an.
„Wir müssen mehr über seine Vergangenheit herausfinden. Er ist der Mann der vielen Namen. Kellin und Malia haben wahnsinnig viel über ihn erforscht, aber sie haben sich wegen Rowans Obsession nie getraut, selbst in die Vergangenheit zu springen und ihn zu treffen. Er würde Malia nur sofort aufspüren und das ist gefährlich."
„Und das willst du nun dafür machen?", fragte ich leicht schrill. Das war lebensmüde.
„Nein, aber wir sollten zumindest weiter hinten anfangen. Viel weiter hinten. Geschichten über einen Dämon wie ihn gibt es seit Jahrhunderten. Wir sollten einen Zeitzeugen befragen. Wir brauchen mehr Informationen über ihn. Wann genau tauchte er das erste Mal auf? Was will er? Was sind seine Schwachstellen? Er hat vorher bereits alles verloren. Die Zeit vor den Dunklen Tagen da war er ein Niemand. Er war von den Reitern abgetrennt, hatte kaum Kraft, lebte getarnt als ein normaler Mensch... oder eher Wächter. Wie konnte es also dazu kommen? Wie könnte man ihn erneut so schwächen? Wenn wir ihn vielleicht nur schwach genug kriegen, könnte es reichen. Wir brauchen ihn nicht zu töten, wir müssen herausfinden, wie man ihn von seiner Macht fernhält."
„Dann brauchen wir einen verdammt alten Zeitzeugen aus der Zeitlinie, wenn wir schon nicht selbst in die Vergangenheit für Spurensuche wollen", merkte Hayden an und ich kannte die Antwort. Ich kannte eine Person, die aus der Linie der Zeit stammt und sich schon sehr lange in den tiefen Reihen der Wächter aufhielt.
„Wie wäre es mit einem Besuch bei meinem Mentor?"
Um nicht zu viel Aufmerksamkeit auf uns zu ziehen und um Mr Spencer nicht zu bedrängen, gingen nur Reed und ich los, um diesen im Quartier aufzusuchen. Malia hatte es zwar in Versuchung gebracht, ihren alten Mentor zu treffen, aber da außer Rowan und unserer Familie noch keiner von der Rückkehr weiß und wir nicht bereit waren, das alles an die große Glocke zu hängen, gingen wir ohne sie. Ganz zu schweigen davon, dass Kellin noch verwundet war und sie niemals allein gehen gelassen hätte. Die zwei müssten dringend darüber reden, wie ungesund ihre Anhänglichkeit war, aber das war nicht mein Problem. Ich war froh, dass Reed nicht ganz so schlimm war. Wenn ich nicht einmal allein aufs Klo gehen könnte ohne ihn, würde ich wahnsinnig werden.
Das Quartier wirkte von außen auf den ersten Blick normal, aber kaum fiel mein Blick auf die Glastüre oder besser gesagt das, was die Glastüre mal gewesen war, merkte ich, dass wir wirklich im Krieg waren. Es gab nämlich keine Glastüre mehr. Stattdessen gab es einen Metalldetektor vor dem Eingang und die Türen wurden durch sehr massives Material ersetzte. Sie wirkten im Grunde so sicher wie der Eingang zu einem Bunker. Es war eine enorme Veränderung zu dem zerbrechlichen Glas. Der Angriff während der Feier der Götter hatte wohl alle schockiert.
Nachdem wir kontrolliert wurden, durften wir rein. Keine Mrs Flores wartete auf uns und es war erstickend still im Gebäude. Keiner wollte sich hier aufhalten, wenn man es nicht unbedingt müsste.
Die Türen zum Großen Saal waren geschlossen. Wie es dahinter aussah, wusste ich nicht und ich wollte es auch gar nicht wissen. Ich hatte den Saal immer sehr hübsch gefunden, nun war er kaputt. Die Erinnerungen an die Feier schwirrten frisch in meinem Kopf herum. Die Explosion, wie Riley erstochen wurde... Rowan.
Ich erschauderte.
„Das Quartier hat Schlimmeres überstanden", versuchte Reed mich aufzumuntern. „Die Bomben der Deutschen haben einen größeren Schaden angerichtet als diese kleine Explosion."
„Beruhigend", schnaubte ich und er nahm meine Hand in seine, drückte sie beruhigend.
Mr Spencer war in seinem Büro und war überrascht uns zu sehen, jedoch auch erfreut. Zumindest bei meinem Anblick.
„Mein liebes Mädchen, wo hast du gesteckt? Ich habe ja erfahren, dass du den Händen dieses Dämons entkommen bist, vorerst, aber deine Eltern hatten nicht sagen wollen, wo du Zuflucht gefunden hast. Allgemein gibt es kaum mehr Kontakt von den Noirs."
„Es ist sicherer so. Ich vertraue Ihnen, aber je weniger alles wissen, desto sicherer ist es", sagte ich.
„Hierherzukommen ist ziemlich riskant. In den Reihen des Quartiers gibt es zu große Konflikte. Alle Versammlungen wurden aufgelöst. Warren weiß kaum mehr, was er zu unternehme hat, wem er vertrauen kann. Es muss also einen dringenden Grund dafür geben, dass ihr beide nun hier seid, nehme ich mal an?"
„Es geht um Rowan", sagte ich, brachte es gleich auf den Punkt. „Sie wissen, was er ist?"
„Mittlerweile weiß jeder, was er ist, aber wir sind wohl alle etwas überrascht davon, wie schlimm es wirklich um ihn steht. Es hat immer Gerüchte über den Mann der vielen Namen gegeben, dass sie so wahr sein könnten, dass er ausgerechnet Rowan ist, sich so direkt vor unseren Augen getarnt hatte, ist erschütternd. Ich habe vor allem in der Vergangenheit viel von ihm gehört."
„Wissen Sie etwas über Ihn, das man nutzen könnte, um ihn zu stoppen?", fragte Reed und mein Mentor sah ihn einen Moment kritisch an. Er mochte ihn nicht. Vielleicht wegen seiner Taten, vielleicht wegen Grace, ich wusste es nicht.
„Ich habe Mythen nie viel Interesse geschenkt, aber ich bin einst vor langer, langer Zeit jemanden begegnet, der sich als den Mann der vielen Namen ausgegeben hatte. Ich hatte sie nie in Verbindung gebracht. Ich hatte immer angenommen, Rowan hätte den Titel geklaut. Ich denke eher, er kann sich sehr gut anpassen." Das konnte er.
„Wann war das?", fragte ich interessiert und er setzte sich auf seinen Stuhl, rieb sich nachdenklich die Stirn und grübelte wohl. Wenn man so alt war wie er, war es sicher schwer, sich an alles zu erinnern.
„Das müsste vor über tausend Jahren gewesen sein. Es war eine schreckliche Zeit gewesen und eine so wunderschöne zugleich." Er lächelte traurig, erinnerte sich wohl an die längst vergangene Zeit.
„Können Sie es genauer sagen? Vielleicht auch mit einer Ortsangabe?"
Kritisch sah Mr Spencer Reed wieder an, ehe er ein Buch aus seiner Schublade zog. Es wirkte uralt und so, als ob es bei der kleinsten falschen Berührung zerbröseln würde. Vorsichtig blätterte er in diesem herum.
„Ein festes Datum kann ich nicht nennen. Aber es war Frühling, hier in London im Jahre 995."
995. Die Zahl als Jahr zu hören war irgendwo absurd.
Reed sah zu mir und ich wusste genau, was er plante. Es war verrückt, aber ich wusste auch, dass uns die Möglichkeiten ausgingen. Wenn Mr Spencer uns keine weiteren Informationen geben konnte, müssten wir sie selbst suchen, und nun hätten wir immerhin einen Ansatz.
„Also reisen wir ins Jahr 995."
Zurück bei den anderen waren die wenigsten begeistert von dem Plan. In den Augen von ihnen war es riskant, so weit zurückzureisen und nach jemanden wie Rowan Ausschau zu halten. Es würde definitiv riskant werden. Wir wollten immerhin einen Wahnsinnigen aufsuchen, der uns womöglich erkennen könnte oder zumindest die Macht von uns erkennen könnte. Leider war es der einzige Anhaltspunkt zu seiner Vergangenheit. Die Alternative wäre nur ins 19. Jahrhundert zu reisen und ihn dort zu beschatten, während er sich als Schüler und Freund Reeds getarnt hatte, doch das wäre noch riskanter. So müssten wir obendrein aufpassen, nicht von Reeds Vergangenheit entdeckt zu werden, was unmöglich werden würde.
Mr Spencer hatte den Namen Rowans in der Vergangenheit nicht mehr gewusst oder er hatte ihn einfach nicht preisgeben wollen, da er absolut nichts von dieser ganzen Idee hielt, es würde also schwer werden, ihn zu finden, vor allem, da wir nicht einmal einen festen Tag ausmachen konnten. Dennoch ließen wir uns nicht davon abbringen. Wir suchten selbst nach Informationen zum Frühling 995 und hofften, dadurch schlauer zu werden.
Es wurde darüber gesprochen, wie wir vorangehen würden und weil wir so stur waren das durchzuziehen, würde Hayden mit Elin nachforschen, welches Datum am besten passen würde. Sam würde Reed und mich in die Vergangenheit begleiten. Kellin wollte eigentlich mit, aber da er noch nicht zu hundert Prozent gesund war, würde er bleiben. Mehr Zeitreisende gab es nicht unter uns.
„Das ist so abgefuckt", staunte Dawson, als Sam eine Woche später mit einem Haufen an Klamotten für das passende Jahr die Wohnung betrat.
Sie wirkten so skurril.
„Man hat sich damals im Quartier und unter uns Gleichgesinnten noch anders gekleidet als die einfachen Menschen", sagte Sam, der Reed und mir die passenden Kleidungsstücke reichte. Ich bekam ein dunkelgrünes Kleid, das sich schwer anfühlte. Reed bekam einen Haufen an schwarzen Kleidungsstücken. Immerhin kannte er seinen Stil.
Ich konnte kaum glauben, dass wir bereit waren, das wirklich durchzuziehen. Das war alles so unglaublich waghalsig und nach nur einer Woche des schlechten Planens kam ich mir nicht sehr wohl hierbei vor, aber die Zeit lief uns davon. Rowan könnte jeden Moment hier auftauchen und dann wäre ich am Arsch und alle anderen sicherlich auch.
„Also, ihr kennt den Plan?", fragte Holly derweil und das sicher zum hundertsten Mal. Er war nicht perfekt, er war sogar eher sehr riskant, aber wir konnten keine festen Pläne machen. Keiner hatte in dem Jahr gelebt, keiner wusste, womit wir zu rechnen hatten. Holly und Teddy hatten versucht, uns Informationen zu Rowan zu bringen, aber viel wussten sie nicht über seine Vergangenheit. Er war schon immer da gewesen, getarnt. Wir würden ihn nur erkennen müssen und aufpassen, dass er dafür mich und meine Macht nicht erkennt. Am besten wäre es immer noch, wir finden jemanden dort, der mehr über ihn weiß. Ihn selbst anzutreffen war einfach zu gefährlich und so würden wir das gar nicht versuchen. Wir brauchten einfach nur bessere Kontakte.
„Wir schauen uns um, schauen, ob wir herausfinden können, wer genau Rowan in dieser Zeit ist. Wir versuchen, näher an seine engsten Vertrauten zu gelangen und hauen ab, sobald auch nur irgendwie Ärger im Anmarsch ist", sagte Sam, verdrehte dabei die Augen.
„Es wird schon gutgehen. Bei Ärger sind wir sofort weg", sagte ich beruhigend an alle und vor allem mich selbst gerichtet. So weit in die Vergangenheit zu springen stimmte mich nervös. Wir waren bisher nur bis ins 18. Jahrhundert gesprungen, dazwischen lagen nochmal fast tausend Jahre. Mir wurde schwummerig, wenn ich es mir nur versuchte vorzustellen. Das würde ein langer Sprung zurück werden.
„Komm, ich helfe dir beim Ankleiden", sagte Elin und zog mich in mein Zimmer, das ich mir hier mit Reed zusammen teilte. Chris hatte vielleicht viel Platz, aber ein Zimmer für jeden war nicht dabei. Er selbst hatte sein Zimmer Holly überlassen und schlief auf dem Sofa, wo auch recht oft Dawson schlief, wenn dieser nicht nach Hause wollte.
„Hast du Angst?", fragte sie, kaum waren wir allein. Ich nickte, während ich mich aus meinen Klamotten schälte, bis ich nur noch in Unterwäsche vor ihr stand.
„Die Vergangenheit kann gruselig sein und bewusst eine vergangene Version von Rowan aufzusuchen, ist ebenso gruselig."
„Reed ist ja da und Sam", munterte sie mich auf und half mir in das schwere Kleid.
„Ich weiß, aber Ausflüge in die Vergangenheit neigen dazu, irgendwie dramatisch zu werden."
„Es wird gut gehen. Mr Spencer ist ja auch da", sagte sie und ich lachte auf. Ja, er war auch da, nur dass es seine vergangene Version war, die mich noch gar nicht kannte und ich würde ihm auch kaum sagen können, wer ich war. Das würde die Zukunft garantiert sehr zerrütten.
„Ich hoffe, wir finden was Brauchbares", seufzte ich und ließ mir von Elin das Kleid am Rücken zuschnüren.
„Irgendwas findet ihr sicher", sagte sie zuversichtlich. „Diese Kleider der Wächter sind viel hübscher als die von den normalen Menschen der Zeit. Ich habe mal in einem Museum gesehen, wie die Klamotten in dem Zeitraum ausgesehen hatten und so fein und hübsch hatten die Teile nicht ausgesehen."
„Wächter eben", sagte ich grinsend.
Ich ließ mein Haar offen und steckte mir lediglich die vordersten Strähnen nach hinten. Ich sah etwas albern aus. Das Kleid war zwar hübsch aber eben auch zeitlich alles andere als passend. Die Ärmel waren sehr breit, das Kleid betonte nicht wirklich viel meiner Figur, aber das lag mehr daran, dass die Kleiderkammer aus dem Jahr 995 noch keine Angaben zu den Größen der Kleider gemacht hatten. Sam hatte also schätzen müssen, was uns allen passt und er hatte etwas falsch geschätzt. Ich war seit meinem Aufenthalt bei Rowan stark abgemagert und dass ich seitdem nicht so viel aß, wie ich es sollte, half dabei nicht. Reed versuchte schon regelrecht mich zu mästen, doch der ganze Stress und die Nachwirkungen dieser Drogen hatten mich zu kaputt gemacht. Diese Planung hatte mich endlich etwas ablenken können, hatte mir einen Teil meiner Ängste nehmen können, dennoch wachte ich jede Nacht mehrfach panisch auf, musste von Reed beruhigt werden und übergab öfters mein Essen als es auch nur irgendwie gesund war. Es war hilfreich Malia hier zu haben. Sie hatte das auch durchstehen müssen. Länger, dafür jedoch weniger grausam als ich. Mit ihr zu reden half mir. Sie machte mir Mut und zu sehen, wie glücklich sie war, wie befreit und offen und voller Leben sie war, gab mir Hoffnung, dass ich auch irgendwann wieder glücklich sein könnte, dass all das irgendwann vielleicht vorbei sein würde.
„Du siehst witzig aus", kicherte Elin, als sie mich begutachtete und ich musste auch lachen. Ich sah wirklich witzig aus. Nicht schlecht, aber das Kleid war so eigenartig, dass ich mir schon etwas albern vorkam.
„Mal sehen, wie witzig die Jungs aussehen."
Wir verließen das Zimmer und ich war etwas enttäuscht, dass die Klamotten von ihnen zwar auch schräg aussahen aber gar nicht mal so scheiße. Reed war in schwarzem Leder gehüllt und sah irgendwie gefährlich aus. Sam hatte sich für eine hellere Variante entschieden und schien sich super wohlzufühlen, ließ seinen Hintern gerade von Hayden begutachten, der nicht genug davon bekam, diesen in der hautengen Hose zu begrabschen.
„Ich komme mir beinahe wie ein Pirat vor", sagte Sam und zog einen imaginären Säbel.
„Wir reisen nur Gott sei Dank auf keinem Schiff", sagte ich und er schmollte leicht.
„Die Piratenzeit gehört uns, irgendwann können wir sicher zurück", sagte Malia aufbauend an Sam gerichtet, der lachen musste und ihr einen Kuss auf die Wange drückte, woraufhin er einen finsteren Blick von Kellin abbekam. Ich würde diese Reise nutzen, ihn mal auszufragen, was damals bitte geschehen ist, dass ausgerechnet die drei sich als Piraten getroffen hatten.
„Dann sind wir ja bereit", sagte Reed, der zu mir lief, mich in meinem Kleid musterte und lächeln musste.
„So bereit wie man es wohl sein kann."
„Wir schaffen das. Du siehst übrigens wunderschön aus", schnurrte er und küsste mich liebevoll auf die Wange.
„Genug davon, Turteltauben. Auf auf", rief Dawson, der uns zu dem Punkt fahren würde, von wo aus wir springen. Es würde in der Nähe des Quartiers sein aber nicht direkt in diesem. Wir wollten nicht auffallen. Wir wollten mit den Leuten der Vergangenheit verschmelzen und deswegen etwas abseits in der Zeit reisen, vor allem, da das Quartier und Dorf in der Vergangenheit noch anders bebaut waren. Es hatte sich alles stark verändert in den letzten tausend Jahren.
Ich umarmte Elin und Malia, sah zu, wie Hayden Sam küsste, woraufhin Teddy angeekelt wegsah, und Reed verabschiedete sich von Kellin mit einem Nicken, ließ sich von Chris einen Schulterklopfer geben, ehe seine Hand meine fand und wir zu viert das Haus verließen.
Dawson fuhr uns in den Wald, besser gesagt der Wald, der sich hinter meinem Haus befand und der geradewegs auch ab einem gewissen Punkt mit dem Quartier und dem angrenzenden Dorf verbunden war.
„Hier gab es 995 auch nur Wald, aber ein Trampelweg führt mehr oder weniger ins Dorf hinein", erklärte Sam uns, der Dawson genaustens anwies, wie er zu fahren hatte. Er hatte in den letzten Tagen immer wieder kleinere Ausflüge in die Vergangenheit gemacht, um die Gegend genauer zu erkunden. Wir mussten wissen, womit wir es zu tun haben würden. Wir wollten auf gar keinen Fall auffallen. Aufzufallen war nicht gut. Rowan dürfte uns niemals bemerken. Er war zu gut darin, Leute zu erkennen, die Macht in einem zu erkennen. Das musste zu jedem Preis verhindert werden.
„Dann ist es wohl so weit", sagte Reed, nachdem Dawson das Auto am Straßenrand hielt. Wir stiegen aus und Dawson sah uns alle besorgt der Reihe nach an.
„Wenn ihr zurück seid, meldet euch irgendwie. Bleibt einfach zusammen, ok?"
„Es wird gut gehen", sagte ich, mehr um mich selbst zu beruhigen. Reed zog mich in seine Arme und ich vergrub mein Gesicht an seiner Brust, als es auch schon losging und wir in der Zeit verschwanden.
Das war das erste Mal, dass ich wirklich glaubte, ich würde während der Reise ohnmächtig werden müssen. So weit in die Vergangenheit zu reisen machte etwas mit einem. Mir wurde schlecht. Alles drehte sich und es kam mir vor, als ob man Loopings schlagen würde, immer und immer wieder, wie in einem nervigen Karussell auf dem Jahrmarkt. Ich schrie vor Angst, weil es nicht enden wollte und als es das dann doch tat und wir wieder festen Boden unter den Füßen hatte, zitterte ich wie verrückt.
„Geht es euch gut?", fragte Sam und ich schüttelte den Kopf und presste mein Gesicht auch weiter gegen Reeds Brust.
„Langes Reisen ist unschön", murmelte Reed, der mich feste bei sich hielt, mir beruhigend über den Rücken streichelte.
„Das war furchtbar."
„Es ist vorbei", besänftigte er mich und ich traute mich zaghaft aufzusehen. Die Straße war fort, der Wald um uns wirkte dichter, wilder und obwohl es auch hier Tags war, schaffte die Sonne es schwerer durch die Baumkronen zu scheinen.
„Alles gut?", fragte Sam mich erneut und dieses Mal nickte ich zaghaft. Der Schwindel war erträglich, dennoch war ich froh, dass Reed seinen einen Arm noch um mich gelegt hatte.
„Dann sind wir also da. 10. April 995", sagte Reed. Nach den vielen Nachforschungen hatten wir uns schließlich auf den Tag geeinigt. Heute Abend würde nämlich bei irgendeinem reichen Bewohner des Dorfes eine Feier stattfinden, ehe diese durch einen Angriff sabotiert wird, und wir hofften, dort Informationen finden zu können. Wenn ein Angriff dort stattfindet, könnte Rowan dahinterstecken, der in dieser Zeit sich dort ja aufhielt und vermutlich irgendwie dort verwickelt war, selbst wenn keine Quelle was dazu geschrieben hatte. Während diesem Angriff wollten wir nicht da sein müssen, doch vielleicht würden wir vorher irgendwas mitkriegen, das uns helfen könnte.
„Wir sollten los", sagte ich leise und Sam ging den Trampelweg voraus. Der Trampelweg war nicht wirklich ein Trampelweg. Es war mehr eine feine Linie, die einem halbwegs zeigte, wie man laufen könnte, ohne sich ständig in Pflanzen zu verfangen, dennoch hatten wir es alle schwer. Die Jungs mit ihren Umhängen und ich mit meinem Kleid. Wir mussten schauen, dass wir nicht ganz zu zerzaust aussehen, wenn wir ankommen.
Der Weg bis zum Dorf dauerte. Es dauerte länger als ich es erwartet hätte. Wir wanderten Stunden, machten nur kurze Pausen, die nicht viel brachten, da es kein Wasser gab und auch nichts, das man essen konnte.
Mein Schwindel hatte nachgelassen und missmutig stampfte ich Sam hinterher, der bestens gelaunt war. Ihm machte so etwas nicht aus. Er hatte im Gegensatz zu mir sicher auch keine katastrophale Ausdauer.
„Wir sind sicher gleich da", sagte Reed hinter mir. Er versuchte seinen amüsierten Ton zu verbergen, ich hörte ihn dennoch. Wieso waren sie alle so entspannt?
„Ich habe Hunger", grummelte ich und Sam vor mir lachte.
„Merkt man. Du bist ja richtig gereizt. Fast so schlimm wie ein Büroarbeiter vor seinem ersten morgendlichen Kaffee."
Ich verdrehte die Augen, antwortete jedoch nicht. Ich war wirklich gereizt und am Ende würde ich nur gemein werden, was ich nicht wollte.
„Was hat es nun mit der ganzen Piratensache auf sich? Du hast bisher nichts dazu gesagt, dass du Malia und Kellin von dort kennst. Was ist geschehen?", fragte ich und wollte abgelenkt werden.
„Nicht viel. Du weißt ja ich habe damals lieber dort meine Zeit verbracht als in der Gegenwart. Ich habe dort auf Lia... Malia getroffen und eben Kellin."
„Was für einen Spitznamen hat er sich gegeben?", fragte Reed belustigt.
„Captain Blackheart... wobei man erwähnen muss, dass er sich nicht selbst so nannte. Die Crew taufte ihn so, weil er ein verdammtes Arschloch war und offenbar auch immer noch ist. Ich hatte ja gehofft, er hätte sich ein Herz wachsen lassen in der Zwischenzeit..."
„Du hast erstaunlich wenig Angst vor ihm", merkte ich an.
„Wieso sollte ich Angst haben?"
„Weil er furchteinflößend ist. Wenn ich ihn nur sehe, kriege ich eine Gänsehaut, ich weiß nicht, wie Malia das schafft", sagte ich und beide Männer lachten.
„So schlimm ist er nun auch nicht", versicherte Reed mir. „Vor allem da du zu mir gehörst. Er würde dir nie was antun, weil er wüsste, dass ich anderenfalls Malia ausweiden lassen würde."
„Würdest du nicht!", sagte ich entsetzt und er zuckte mit den Schultern.
„Er sollte es nicht darauf anlegen und das wird er auch nicht."
Ich seufzte und schüttelte den Kopf, sah wieder zu Sam. „Weißt du, wieso die zwei im Zeitalter der Piraten sich als welche getarnt hatten?"
„Absolut keine Ahnung. Sie waren auf Schatzsuche... das war aber so ziemlich jeder damals, deswegen war es nun wirklich nichts Besonderes. Wir wurden getrennt, bevor ich herausfinden konnte, ob sie das gefunden haben, wonach sie gesucht hatten."
Auf Schatzsuche.
Was hatten die zwei bitte gesucht?
Ich grübelte den restlichen Weg darüber nach, während Sam von seinen kleinen Abenteuern der Vergangenheit erzählte. Nur wenige hatten mit meiner Cousine zu tun, weswegen ich nur habherzig zuhörte. Würde ich irgendwann je alles verstehen können?
Wir hörten irgendwann endlich das Leben des Dorfes. Nach und nach drang Musik zu uns durch, wir hörten Stimmen, das Bellen von einem Hund und das Lachen mehrerer Kinder.
Endlich.
Hätte ich noch mehr laufen müssen, wären mir bald die Beine abgebrochen.
„Die Luft sieht rein aus", sagte Sam, der vorsichtig durch das Gestrüpp sah, ob wir unbemerkt auf den Weg stoßen könnten, und so verließen wir den Trampelweg und landeten auf einer der Nebenwege, die ins Dorf führten.
„Am besten suchen wir uns ein Zimmer in einer Herberge, ruhen uns vor dem Ball etwas aus und dann schauen wir uns um", sagte Reed und ich war ganz dafür. Herberge bedeutet Essen und Trinken und eine Pause.
„Denkt nicht einmal daran, hier zu vögeln. Wir teilen uns ein Zimmer. Wenn ich auf Sex verzichte, müsst ihr das auch", mahnte Sam uns und Reed grinste frech.
„Sollte uns das von irgendwas abhalten?"
„Ja", sagte ich und Reed lachte, nahm meine Hand in seine und wir liefen mehr ins Dorf hinein. Es sah ganz anders aus als in irgendeiner Zeit, die ich zuvor gesehen hatte. Die Wege verliefen anders, die Häuser waren allesamt erneuert worden in der Gegenwart. Das hatte ich mir schon gedacht, aber es war dennoch seltsam. Es wirkte wie ein ganz anderer Ort und nicht wie einer, den ich eigentlich so gut kannte.
Den Jungs ging es ähnlich. Sie sahen sich fasziniert um, waren etwas verloren darüber, wo sie hingehen mussten. Die Leute waren alle so gekleidet wie wir, keiner beachtete uns wirklich und ich war froh darüber. Dann fielen wir immerhin schon einmal nicht wirklich auf.
Neugierig sah ich mich um. Es war viel belebter als gedacht. Es gab so viele Häuser, so viele Leute und auch in dieser Zeit gab es andere Wesen. Elben und Zwerge und Wesen, die ich auf dem ersten Blick gar nicht deuten konnte.
„Das sind Nymphen", erklärte Reed mir bei meinem fragenden Blick auf eine Gruppe Frauen, deren Haut teilweise grünlich oder bläulich wirkte und die so magisch schön aussahen, dass ich sie mit einem offenen Mund anstarrte. „Enge Verwandte der Elben. Heutzutage findet man sie nur in bestimmten Wäldern. In London kannst du vergeblich nach ihnen suchen. Sie sind nachtragend geworden durch die Ereignisse der Dunklen Tage."
„Vermutlich besser so. Nymphen streiten gern", sagte Sam und deutete uns an, dass wir weitergehen sollten. Am liebsten wollte ich den ganzen Tag einfach durch die Wege wandern. Ich wollte den Menschen zusehen bei ihren Leben. Ich wollte den Musikern zuhören, ich wollte sehen, was für unterhaltsame Spiele die Kinder mit einem Ball aus Stoffresten spielten. Ich konnte kaum aufhören die Elben in ihrer vollen Pracht anzusehen. Mit offenem Mund lief ich mich im Kreis drehend umher und Reed musste von meinem Blick schmunzeln und mich feste an der Hand halten, damit ich nicht wie ein Kleinkind davoneilen würde. Es war so befreiend ein Dorf zu sehen, das so sorglos und voller Leben war. Ich beneidete jeden einzelnen hier. Ich wollte auch ein Teil dieser Welt sein. Ich wollte auch ohne Angst und Sorge leben, ich wollte dazugehören.
In dem Augenblick sah ich sie. Wie erstarrt blieb ich stehen und sah zu einem Weg, der fast parallel zu diesem verlief und wo ich ganz erstaunt das Mädchen ansah, das meine Aufmerksamkeit so viel mehr ergattern konnte als irgendwas oder irgendwer sonst. Sie war in Begleitung zweier Männer unterwegs, die mir fremd waren, nur sie selbst war es nicht. Sie konnte es gar nicht sein. Ich hatte sie gesehen. In meinen eigenartigen Träumen und selten in Fetzen von irgendwelchen Halluzinationen hatte ich sie gesehen. Das war das Mädchen von der Blumenwiese, das Mädchen, das zu hübsch aussah für diese Welt und das tat sie immer noch in der realen Welt.
Sie fiel auf zwischen uns allen gewöhnlichen Leuten, sie fiel selbst neben den Elben und Zwergen auf. Von ihr ging eine Art Leuchten aus, auch wenn ich mir nicht sicher war, ob andere das auch sehen konnten... vermutlich schon. Ich war nicht die einzige, die sie so anstarrte, fast jeder um sie herum drehte den Kopf in ihre Richtung. Sie lachte wegen irgendwas, das einer der Männer gesagt hatte und ich verspürte das Bedürfnis, zu ihr zu gehen. Ich wollte mit ihr reden, ich wollte wissen, wer sie war, wieso ich von ihr geträumt hatte, aber Reed zog mich weiter.
„Das ist nicht die Zeit für neue Bekanntschaften", sagte er und sein Blick war ebenso auf die Frau gerichtet. Ich konnte absolut nicht deuten, was er dachte oder empfand. Er sah sie eigenartig an, als ob er überrascht wäre sie zu sehen.
Ich verstand es nicht.
„Wer ist das?"
„Keine Ahnung", murmelte er und log mich dreist an, aber bevor ich mehr fragen konnte, winkte Sam uns in die Herberge hinein und der Geruch von Essen lenkte mich ab, kurzfristig zumindest. Ich würde darauf noch zurückkommen!
Sam hatte offenbar genug Geld aus der Zeit besorgt, dass wir uns ein Zimmer holen konnten und auch Essen, das wir im unteren Bereich der kleinen Herberge verspeisten. Es war laut hier, roch stark nach Bier und ich war froh, dass ich die beiden Jungs bei mir hatte, aber hier waren ziemlich viele Männer anwesend, die gruselig aussahen, wie richtige Krieger.
Ein Zwerg stand auf einer der Tische und sang lautstark ein Lied in einer Sprache, die ich noch nie gehört hatte. Eine junge Frau gewann gerade eine Runde nach der anderen bei einem ziemlich kompliziert aussehenden Kartenspiel und verdiente dabei Berge voll Gold und verärgerte so manch finsteren Mann damit.
„Das ist so eigenartiges Essen", sagte Reed, der fasziniert den Eintopf begutachtete, den wir mit etwas Brot bekommen hatten. Ich wusste ehrlich auch nicht, was in diesem drinnen war. Er war bräunlich und ich sah Karotten, aber da waren auch andere Zutaten drinnen, die ich nicht deuten konnte. Es schmeckte, das war die Hauptsache. Mehr Informationen wollte ich vermutlich auch gar nicht in Erfahrung bringen. Hier aß jeder die seltsame Speise und keiner wirkte bisher so, als ob es schlecht wäre.
„Ich habe einen Schneider gesehen. Wir sollten essen und dorthin gehen, uns Klamotten für den Ball holen. Sicher wird es schon schwer genug werden Sachen in unseren Größen zu finden bis heute Abend", sagte Sam, der seine Schüssel beinahe gierig leerte.
„Dann bezahlen wir gut", sagte Reed, der zögernd seinen Eintopf nun auch aß, wenn auch mit einem kritischen Blick.
„Wo genau ist dieser Ball überhaupt?", fragte ich nun und trank etwas Wasser.
„Tiefer im Wald sind große Herrenhäuser, dort leben die besonders reichen. Die meisten dieser Häuser gibt es in der Gegenwart kaum noch, da die Reichen lieber in die Stadt gezogen sind, aber damals, vor allem später zu der Zeit, in der ich geboren wurde, gab es enorm viele davon." So wie das Haus, das er mit Grace gekauft hatte? Ich fragte es nicht laut, aber sicher war es so.
„Wir werden es finden. Wir folgen anderen Gästen zu dem belebtesten Haus", sagte Sam schulterzuckend, als wäre das ganz einfach.
Wir gingen nach dem Essen zu der Schneiderin, die ganz entsetzt war, als sie von unserem Vorhaben hörte. Sie war jedoch sehr willig zu helfen, als sie den Beutel voll Gold in Reeds Hand gesehen hatte. So suchte sie uns passende Klamotten heraus, nahm unsere Maße und versicherte uns, dass vor Sonnenuntergang alles fertig sein würde. Da wir erschöpft von der Wanderung waren, machten wir alle derweil ein Schläfchen in unserem Zimmer. Es gab nur ein großes Bett in diesem, da Sam ja nicht bereit war, sich ein eigenes Zimmer zu nehmen, um ja zu verhindern, dass Reed und ich übereinander herfallen. Er war schlimmer als jede Anstandsdame.
„Ich schlafe nicht auf dem Boden", sagte er und warf sich bereits auf die Matratze.
„Ich schlafe nicht mit dir in einem Bett", schnaubte Reed.
„Wie gut, dass wir eine hübsche Barriere in Form von Alice zwischen uns haben. Neben dir würde ich genauso wenig schlafen wollen. Du bist der falsche Wentworth-Bruder."
„Wir passen niemals zu dritt auf das Ding", sagte ich, es würde sonst sehr kuschelig werden.
„Ach, hier ist genug Platz", sagte Sam und zog mich schon neben sich, wo ich mich kichernd hinlegte und Reed mit einem kritischen Blick das Bett und uns anblickte.
„Das kann ja was werden", murrte er, ehe er sich geschlagen gab und auf meine freie Seite legte.
Wir waren alle so erschöpft von dem bisherigen Tag, dass wir nicht weiter miteinander sprachen, uns einfach nur ausruhen wollten, immerhin hatten wir einen sehr anstrengenden Abend vor uns. Bälle sollen in der Vergangenheit ziemlich aufregend und chaotisch gewesen sein, da würden wir sämtliche Kraft brauchen.
Ich schmiegte mich dabei an Reeds Seite und genoss seine Nähe, während ich langsam ins Land der Träume fiel.
Ruhe war mir im Schlaf eher weniger vergönnt. Ich sah wieder einmal die Frau mit den braunen Locken und auch im Traum sah sie einzigartig hübsch aus, beinahe magisch. Erst saß sie wie immer auf einer hübschen Blumenwiese in einer Welt, die nicht aussah wie die Erde. Rosa Himmel, leuchtende Blumen, ein Palast, der aussah, als wäre er aus Marmor und Glas gefertigt worden. Es war ein friedliches Bild. Es sah aus, als ob nichts Schlimmes geschehen würde, als ob an diesem Ort nie irgendwas Entsetzliches passieren könnte und doch tat es das... für mich zumindest. Ganz plötzlich war ich nicht länger in dieser Welt, sondern stand in dem Kinderzimmer von Grace und ich kam mir wieder vor, als ob ich zerreißen würde, als ob Helena Aasen mich gerade erstochen hätte. Ich lag in meinem eigenen Blut und sah in die großen blauen Augen von Grace, die sich unter ihrem Bett versteckte. Neben mir lag die hübsche Frau nun und sie sah nicht mehr so leuchtend und magisch aus. Ihre Haut hatte sich bläulich verfärbt, in ihrem Haar hatten sich Eiskristalle gebildet. Es sah aus, als würde sie erfrieren. Sie berührte meine Hand mit ihrer und ich schrie.
„ALICE!" Mit großen Augen sah ich zu Reed, der meine Schultern in die Matratze drückte und besorgt zu mir hinabsah.
„Sie wird sterben", schluchzte ich und erschüttert von meinen Worten, zog er mich zu sich. Ich weinte bitterlich und wusste gar nicht so recht, wieso. Dieser Traum hatte mich tief getroffen.
„Wer?", fragte Reed mich.
„Das Mädchen. Ich habe sie gesehen. Sie wird sterben."
Ich wusste nicht, ob er verstand, was ich da sagte, ob er überhaupt verstand, von wem ich da sprach. Er hinterfragte es zumindest nicht. Er sagte nichts, hielt mich in seinen Armen, bis ich ruhiger wurde.
„Es war nur ein Traum, Herzblatt. Nur ein Albtraum", sagte er sachte und obwohl der logische Teil meines Gehirns wusste, dass es so war, wollte ein kleiner ziemlich beschränkter Teil das nicht wahrhaben. Es war albern. Ich sah nicht die Zukunft, das hatte ich noch nie... doch dieses Mädchen lebte hier in dieser Zeit und das war meine Vergangenheit. Wenn sie starb, dann würde ich es nicht verhindern können. Es war längst geschehen. Ich konnte die Vergangenheit nicht verändern... ich durfte es nicht.
„Ich will echt nicht stören, aber wir müssen dann langsam los", sagte irgendwann Sam und ich erinnerte mich da erst wieder an ihn. Ruckartig riss ich mich von Reed los und sah zu Sam, der auf dem Boden saß. Offenbar hatte ich ihn während des Schlafs vom Bett geworfen, da ich wirklich sehr am Rand saß.
„Tut mir leid", schniefte ich und er grinste schief.
„Schon ok, ich wusste zwar nicht, dass du so stark sein kannst, aber ich werde mir merken, dich nie zu verärgern oder neben dir erneut zu schlafen."
„Ja, Alice ist eine Kämpferin im Schlaf", murmelte Reed, der mich besorgt musterte. Ich war wohlauf. Immer noch durcheinander von dem Traum, aber mir ging es gut. Ich wusste gar nicht, was in mich gefahren ist, was ich da geträumt hatte, was es so recht zu bedeuten hatte. Ich hoffte einfach, dieses Mädchen erneut zu sehen, mit ihr zu reden. Vielleicht würde dann alles mehr Sinn ergeben.
Wie gingen zur Schneiderin, wo unsere Kleidung für den Ball fertig war. Ich war beeindruckt, wie hübsch die Klamotten aussahen. Das Kleid gefiel mir deutlich besser als mein jetziges. Es war in einem dunkelroten Ton, hatte kurze Ärmel und ging ab der Taille in die Breite. Ich hatte einen winzigen Ausschnitt und sah aus wie eine Prinzessin. Eine vermutlich sehr schlicht gehalten Prinzessin, aber das Kleid war für das Jahr sicher umwerfend. Außerhalb der Welt der Wächter würde niemand so etwas tragen. Vermutlich wäre es gar unmöglich an solche Stoffe und Farben heranzukommen in so einem Jahr.
Als ich in den Nebenraum trat, um die Jungs zu sehen, fiel mir mein Mund auf, so wunderschön sahen beide aus. Sam trug Gewänder in einem dunkelgrünen Ton, ein Umhang wurde an seinen Schultern festgemacht und er sah ein wenig aus wie ein Märchenprinz. Als ich Reed sah, konnte ich mit dem Staunen kaum mehr aufhören. Er trug alles in schwarz gehalten – oh Wunder. Er sah neben Sam aus wie der Bösewicht, der die arme Prinzessin entführen wollte. Von ihm würde ich mich gern entführen lassen. Welch Ironie, dass er das schon getan hatte. Ich musste grinsen, so albern war das.
„Du siehst so schön aus", schnurrte Reed, der mich ansah, als ob ich noch nie schöner ausgesehen hätte. Er legte beide Hände an meine Taille und platzierte süße Küsse auf meinem Gesicht, brachte mich zum Kichern.
„Genug, genug", jammerte Sam genervt.
„Du siehst auch hinreißend aus", sagte ich. „Ihr beide seht hinreißend aus."
„Weiß ich doch, weiß ich doch", seufzte Sam und ich nahm grinsend beide Jungs an meine Hände, zog sie aus dem Laden heraus.
Die Sonne war dabei unterzugehen und mit den vielen Bäumen um uns herum war es jetzt schon sehr dunkel hier außen. Die vielen Fackeln und Kerzen erleuchteten den Weg und es sah in dem dämmrigen Licht gleich mehr nach dem Dorf aus, das ich kannte. Die vertrauten Wege mit den Holzstufen waren überfüllt mit Leuten, die eindeutig zu dem Ball wollten. Sie waren extravaganter gekleidet, trugen alle hübsche Kleider und edle Gewänder.
Es war einfacher als gedacht das richtige Haus zu finden und je näher wir diesem kamen, umso verkrampfter wurde nicht nur ich, sondern vor allem Reed, denn unser Ziel war eindeutig kein Ort, den einer von uns beiden betreten wollte.
War das Schicksal wirklich so grausam? Das musste ein kosmischer Scherz sein.
„Das darf doch nicht wahr sein", murmelte Reed leise neben mir, verstärkte den Druck auf meiner Hand und ich wusste nicht, was ich machen könnte, um ihn zu besänftigen, ihm Kraft zu geben. Ich wollte ihn fragen, ob wir umdrehen wollten, aber wir hatten so viel getan, wir waren so weit gekommen, sollten wir es nicht durchziehen?
Unsicher sah ich ihn von der Seite an. Wenn er gehen wollte, würden wir gehen. Wenn er das nicht ertrug und das Weite suchen wollte, dann würden wir abhauen. Ich würde ihn niemals zwingen, hierhin zu gehen, wenn er es nicht wollte.
Reed fixierte eisern das große Haus vor uns. Er würde nicht umdrehen, er würde nicht abhauen, er würde das durchziehen, egal wie sehr es ihm Schmerzen zubereiten würde. Denn der verdammte Ball fand in dem Haus statt, das Reed gute 900 Jahre später kaufen würde, in dem er mit Grace leben würde und in dem sie sterben würde.
„Nettes Haus", sagte Sam beeindruckt, der keine Ahnung von der Bedeutung des Hauses hatte. Es sah in dem Jahr und in einem belebten Zustand wirklich beeindruckend aus. Der Garten war gepflegt und ordentlich, hinter jedem Fenster brannte Licht und ich sah jetzt schon, dass das Gebäude sicher am Platzen sein musste. Das Haus hatte sich in der Zeit verändert. Es wurde eindeutig einige viele Male renoviert im Laufe der Jahrhunderte, da es in diesem Jahr noch etwas anders aussah, ein Stück kleiner, eine andere Fassade, andere Fenster hatte und die Türe sieht in der Gegenwart auch anders aus. Es war nicht verwunderlich. Dass das Gebäude so lange nicht renoviert überstanden hätte, wäre fraglich gewesen. Dennoch war es eindeutig immer noch irgendwie gleichgeblieben. Es hatte etwas sehr Vertrautes an sich.
„Ja, sehr nett", seufzte Reed verkrampft und ich erwiderte seinen festen Druck.
„Schaffst du das?", fragte ich ihn leise und er sah zu mir, versuchte tapfer zu wirken, auch wenn er mich gleichzeitig musterte, als ob er mich packen und fliehen wollte.
„Ich schaffe das."
Wir würden einfach im Ballsaal bleiben. Wir würden die oberen Stockwerke meiden und hoffentlich würde es gutgehen.
Jeder konnte ins Haus. Es wurden keine Einladungen kontrolliert, keine Wachen waren aufgestellt worden und ich war etwas überrascht davon. Im Vergleich zu den Sicherheitsvorkehrungen in der Gegenwart war das albern.
Im Gebäude roch es muffig. Es waren zu viele Leute hier, die Musik war ohrenbetäubend laut und klang wie nichts, das ich kannte.
„Ist das zwergische Musik?", fragte Sam glücklich und sah in die Richtung des Ballsaals. Reed sah sich um, schien wohl abzuwägen, wie anders es hier aussah. Sicher musste sich viel verändert haben hier innen. Ich konnte es nicht sagen. Ich hatte das Haus in der Gegenwart nur von der Haustüre aus gesehen.
Der Boden war hölzern, die Treppe nach oben wirkte ähnlich wie ich sie gesehen hatte, aber mehr konnte ich nicht sagen.
„Also, er wird hier sein", sagte Sam, lenkte auf den Hauptgrund, wegen dem wir hier waren.
„Wenn die Berichte stimme, dann ja. Es wird schwer werden ihn zu erkennen. Wir wissen weder seinen Namen noch wissen wir, wie er in dem Jahr aussieht", sagte Reed.
„Ich glaube, wir werden ihn erkennen", sagte ich und Reed nickte.
„Ich kannte ihn in drei Versionen. Ich werde ihn auch in einer vierten Version erkennen."
„Dann lasst uns suchen", sagte Sam, zwinkerte mir zu und wir liefen in den Ballsaal.
Hier war es voll. Voll war noch eine nette Untertreibung. Es waren so viele Leute hier, dass man richtig Platzangst kriegen konnte, vor allem da die Luft so stickig war, dass ich regelrecht nach frischer Luft rang.
Ich hatte absolut keine Ahnung, was für eine Art Tanz auf der Tanzfläche stattfand. Es war kein Walzer, so viel stand fest. Es musste irgendwas sehr altes sein und vermutlich von den Wächtern stammen oder eines der anderen Völker. Ich konnte mir schwer vorstellen, dass damals normale Menschen so eng miteinander getanzt hätten.
„Ich denke, ich schulde dir endlich einen richtigen Tanz unter Leuten, oder?", fragte Reed mich und ich lächelte schüchtern.
„Und was genau wird hier getanzt?"
„Keine Ahnung. Wir kriegen das aber sicher hin." Er nahm meine Hand in seine, zog mich durch die Menge und wir versuchten den Paaren nachzumachen.
Er hatte beide Hände an meiner Taille, ich meine dafür an seinen Schultern. Es wurde viel gedreht, viel gesprungen und die Partner wurden immer mal wieder gewechselt. Da Reed und ich uns aber nicht richtig eingereiht hatten, musste keiner von uns mit jemand anderen tanzen. Sicher fielen wir auf mit unserem Gehabe, aber wenn es so war, sagte keiner was. Die meisten waren so von der Musik eingenommen und dem Alkohol, der hier wohl literweise getrunken wurde, dass keiner uns richtig beachtete. Besser so.
„Wir sollen eigentlich Ausschau halten", merkte ich an, da ich viel zu gefangen von Reed war, um wirklich aufmerksam zu sein.
„Ich habe bisher niemanden gesehen, der verdächtig wäre."
„Ich würde gern behaupten, dass ich aufmerksam die Leute beobachte, aber ich habe nur Augen für dich", sagte ich verlegen und lächelte, als er mich daraufhin flüchtig küsste.
„Du hast mich später ganz für dich allein, Herzblatt, bis dahin sind wir Sam hoffentlich losgeworden."
„Vielleicht ist Rowan ja irgendwo anders? Glaubst du, jemand wie er tanzt gern?"
„Mit der richtigen Partnerin sicher, aber da Malia in diesem Jahr nicht lebt, weiß ich nicht, ob er sich zu etwas bringen lässt. Wir sollten vermutlich wo anders suchen, wenn er nicht hier ist."
Das Lied endete und wir beendeten unseren kleinen Tanz, der mich vor Hitze ganz rot werden gelassen hatte. Ich schwitzte und in diesem Saal war die Luft so heiß, dass ich am liebsten raus wollte, doch draußen würde Rowan garantiert nicht sein.
Wir schlichen uns aus dem Saal, wo ich Sam zunickte, der weiter den Raum im Auge behalten würde. Bevor wir den Raum richtig verlassen konnte, wurde Reed schon von meiner Seite gerissen.
„So schnell könnt Ihr nicht verschwinden. Ich habe Euch beobachtete und fordere einen Tanz ein", kicherte eine fremde Frau, die Reed an die Hand nahm und von mir zog. Ich hatte keine Ahnung, wer sie war, Reed offenbar auch nicht, aber sie war ganz scharf darauf, mit ihm zu tanzen und zog ihn geradewegs in einen neu aufstellenden Tanz Kreis. Etwas unbeholfen sah ich beiden zu. Reed war zu perplex, um abzuhauen und so tanzte er sichtlich überfordert mit, sah entschuldigend zu mir und ich verkniff mir ein Lächeln.
Ich keuchte erschrocken auf, als mich von hinten jemand anrempelte, so dass ich beinahe in dem buschigen Kleid das Gleichgewicht verloren hätte.
„Oh, Verzeihung! Ich habe nicht auf meinen Weg geachtete, geht es Euch gut?"
„Ja, alles bestens..." Ich sah dabei erstaunt zu der Frau aus meinen Träumen, der Frau von vorhin. Sie war hier und in ihrem Ballkleid sah sie hübscher aus als jeder Mensch dieser Welt.
Ihr Kleid war grün und sah vom Stil meinem nicht unähnlich. Sie war nur einfach so wunderschön, dass sie in dem Kleid nicht wie eine Prinzessin oder Königin aussah, sondern als wäre sie eine Göttin. Ihre grünen Augen sahen mich neugierig an und ich fand ja, dass ihre Augen etwas Vertrautes an sich hatten. Sie sah in mir wohl eindeutig auch etwas Vertrautes.
„Kennen wir uns?", fragte sie mich leise und ich schüttelte den Kopf.
„Nein." Die Wahrheit wäre zu schräg. Ich wollte sie gern fragen, so unfassbar gern, aber ich wüsste gar nicht, wo ich anfangen sollte.
„Alice." Ich drehte mich zu Reed, der atemlos zu mir lief, dabei nur eher die Frau ansah als mich. Nicht wirklich verwunderlich. Sie war so hübsch.
„Da bist du ja."
„Wir sollten weiter", sagte er, zog mich von der Fremden fort und ich kam mir plötzlich ganz wirr im Kopf vor.
Wer war sie?
„Was hat es mit ihr auf sich? Sie kann kein Mensch sein", sagte ich leicht unbeholfen und Reed schüttelte den Kopf.
„Sie ist kein Mensch."
„Was ist sie dann? Eine Elbin?" Elben waren hübsch, aber sie wäre eine sehr kleine Elbin gewesen. Die meisten Elben hier waren ziemlich groß gewesen und die Frau war so groß wie ich.
„Sie ist eine Göttin."
Sprachlos sah ich ihn an, rechnete fast damit, dass er einen Scherz machen würde, aber das tat er nicht.
„Göttin? Eine verdammte Göttin ist hier?" Ich sah eine verdammte Göttin in meinen Träumen?
„In unserer Zeit ist sie nicht sehr bekannt. Nur unter den Wächtern kennt man ihren Namen. Sie ist in der nordischen Mythologie die Göttin der Kinder und der Liebe. Marcy ist ihr Name, die Geliebte Lokis, eine Prinzessin Asgards."
„Wieso ist sie hier?", hauchte ich und konnte es nicht begreifen. Ich hatte von Marcy nur gehört, weil ich einst ein Bild von ihr im Dorf gesehen hatte. Wieso kannte man sie in der Gegenwart kaum mehr? Göttin der Liebe und der Kinder, das klang sehr friedlich, müsste so etwas nicht eher in Erinnerung bleiben?
„Ich weiß es nicht. Wir müssen nur verdammt vorsichtig sein. Wir halten Abstand zu den Göttern, sie haben nichts mit der Sache zu tun und wenn Marcy hier ist, ist Loki sicher auch hier und er ist sehr, sehr gefährlich. Loki hasst die Menschen, er ist ein Unruhestifter und ich will ungern von ihm bemerkt werden. Wir sollten die Zukunft nicht zu sehr ins Chaos stürzen."
Wieso hatte ich nur das seltsame Gefühl, dass wir das längst taten?
Wörter: 7831
Aloha :) Ein verdammt langes Kapitel. Ich hoffe es hat euch gefallen. Alle, die 'He will be the Death of me' auch lesen, haben vielleicht eine kleine Überschneidung bemerkt (Keine Sorge, man muss das Buch nicht lesen, um hier irgendwas zu verstehen, es gibt nur dort genauso wie hier ab und an so kleine Überschneidungen). Eure Meinung würde mich sehr interessieren xx
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