18. Frei von Sorgen

"I feel like a part of my soul has loved you since the beginning of everything. Maybe we're from the same star." - Emery Allen

Für die Feier im Quartier würde ich ein Kleid brauchen und Elin sowieso, die nur mit leichtem Gepäck nach London gereist war. Da ich nicht allein durch die Gegend wandern sollte, Hayden meinte, lieber zu sterben als mit uns Kleider zu kaufen, mussten meine Brüder herhalten, um uns in die Stadt zu eskortieren.

Meine unschöne Begegnung mit Olivia gestern hatte ich brav für mich behalten. Hayden war zwar immer noch besorgt gewesen, ob ich wirklich gesund war und hatte mich eindeutig lieber zu den Heilern schleppen wollen, aber er hatte immerhin nichts an Reed gesagt und sich mit meinen Antworten, mir würde es gutgehen, letztendlich zufriedengegeben. Hätte er es Reed trotzdem auch nur in irgendeiner Weise gesagt oder angedeutet, dann hätte ich es bemerkt. Sicher wäre Reed nur durchgedreht hätte er erfahren, dass ich umgekippt und zu Atmen aufgehört hatte.

Ich wusste nicht, was ich über diese skurrile Begegnung mit Olivia denken sollte, was ich von der Botschaft halten sollte. Was war der Eingang der Welten? Selbst wenn ich es wüsste, würde ich jemanden wie sie gewiss nicht aufsuchen. Ich traute ihr nicht. Sie hatte ja selbst zugegeben, Reed und mich beseitigen zu wollen. Eine weitere Person, um die man sich sorgen müsste. Wunderbar.

Nein, ich würde gewiss keine Suiziden Tätigkeiten unternehmen und sie um Hilfe bitten. Ausnahmsweise war ich nicht so lebensmüde oder bescheuert. Ihre Hilfe würde nur mit einem Preis kommen und ich war nicht bereit noch mehr zu zahlen.

„Wie wäre es mit Rot?", fragte Elin und hielt sich ein hübsches und doch auch sehr reizvolles Kleid vor den Körper.

„Du würdest auffallen."
„Bisschen zu sehr, oder?" Sie war glücklich, dass sie mit ins Quartier durfte. Da jedem bekannt war, dass sie eine Eingeweihte war und wir das Fest als Schutz ansahen, würde sie dabei sein dürfen. Es war eine seltene und ehrenvolle Ausnahme. Es gab zwar viele Eingeweihte im Dorf, die mittlerweile nicht mehr direkt von Wächtern abstammen, aber um zu einer Feier wie dieser eingeladen zu werden, brauchte man schon die richtigen Kontakte. Es hatte eben seine Vorteile, eine Noir zu sein.

„Vielleicht sollten wir diskret und süß aussehen. Ist das nicht angemessener, wenn man Götter um Segen bittet?" Ich hatte ehrlich keine Ahnung, was angemessen war. Manche Götter hatten das Wort Diskretion sicher nicht gekannt. Ich wusste nicht besonders viel zu den Mythologien, doch hatte die Hälfte aller Gottheiten sich nicht durch die Geschichte gehurt und Inzest betrieben? Was man da von Diskretion halten sollte, wusste ich wirklich nicht zu sagen.

„Kann sein, auch wenn das langweilig wäre." Traurig begutachtete Elin die etwas schlichteren Kleider. Sie waren auch ziemlich hübsch, nur eben etwas prüder und dadurch vermutlich angemessener. Wir würden immerhin nicht auf irgendeiner wilden Party sein, sondern im Quartier. Das wildeste, was dort passieren könnte, wäre dass Mr Norbert zu tief ins Glas schaut und anfängt, alte Götter Balladen zu singen.

„Das sieht doch süß aus", sagte ich und reichte ihr ein dunkelblaues Kleid, das bis zu den Knien reichte, keinen Ausschnitt besaß, dafür jedoch ganz luftig geschnitten war, etwas Märchenhaftes an sich hatte.

„Ja, das hat was", sagte sie und begutachtete das Kleid genaustens, schien Gefallen daran zu finden.

Ich lächelte wissend, dass ich sie überzeugt hatte. Also musste ich nur noch für mich eines finden. Ich wollte kein dunkles Kleid tragen. Ich wollte fröhlicher gekleidet sein, es sollte immerhin ein fröhliches Fest werden.

Mein Blick fiel auf ein Kleid, das weiß war, weiß vermischt mit einem Hauch von der Farbe frisch blühendem Lavendel. Es sah ähnlich aus wie Elins. Es präsentierte nicht unnötige Reize und sah doch so märchenhaft aus. Wir könnten in den Kleidern aussehen wie Elfen.

„Uh, deines ist auch hübsch. Wir würden aussehen wie Schwestern." Elin trat zu mir, begutachtete staunend das Kleid, das ich mir ausgesucht hatte.

„Dann haben wir wohl eine Entscheidung getroffen."
„Wird deine Brüder freuen."

Amüsiert folgte ich ihrem Blick zu einer Sitzecke, wo Riley und Acyn saßen. Riley hatte seinen Kopf auf Acyns Schulter fallen gelassen und schlief, während Acyns Kopf auf dem von Riley ruhte. Sein Mund stand leicht offen und er war eindeutig auch in den Schlaf gesunken. Tolle Beschützer.

Ich stupste beide vorsichtig an und ganz verschreckt standen sie auf, knallten mit ihren Köpfen aneinander und ich musste lachen, so witzig sah es aus, wie sie versuchten, die Orientierung zu finden, sich zu erinnern, wo sie waren, gleichzeitig dabei sichergingen, dass keine Gefahr in der Nähe war.

„Na, gut geschlafen?", fragte Elin und lief zur Kasse, wohin ich ihr kichernd folgte.

„Wir waren jederzeit gewappnet", rief Acyn uns nach.

Ja, das glaubte ich ihm sofort.



Nachdem wir zurück im Haus zusammen aßen, unterhielten Elin und ich uns noch ein bisschen über das Fest und wie es weitergehen würde mit Rowan, mit Reed und der Krise, die wir erlebten.

Ich war versucht gewesen ihr von meiner Begegnung mit Olivia zu berichten, ihr von dem gruseligen Haus zu erzählen oder dem Zettel mit der kryptischen Botschaft, aber da ich nicht versucht war Olivia wirklich aufzusuchen und ich mich nicht in Gefahr begeben wollte sie aufzusuchen, beließ ich es dabei. Wir hatten wahrlich genügend Probleme. Irgendwann reichte es auch. Olivia konnte mich gern aufsuchen, wenn sie was von mir wollte, doch da sie es wohl aus irgendeinem Grund nicht konnte – sonst hätte sie mich nicht zu sich bestellt – konnte sie meinetwegen in der Hölle schmoren. Ich wollte nichts von ihr wissen, vor allem wenn ihre Art den Kontakt zu suchen daraus bestand, mich zu erwürgen.

Irgendwann ist Elin müde in ihr Zimmer gegangen und ich hatte mich in die Dusche gedrängt. Ich musste den Tag einfach von mir spülen, bevor ich schlafen würde.

Das Wasser half mir, meinen Kopf wieder etwas frei zu kriegen. Ich versuchte Olivia und den Anblick des alten Hauses von meinem Kopf zu verbannen, was schwer war. Ich hatte die letzte Nacht von nichts anderem geräumt, vor allem da Reed mich nicht aufgesucht hatte, so wie ich es mir eigentlich erhofft hatte. Sicher war er beschäftigt...womit auch immer. Nun wollte ich jedoch nicht darüber nachdenken. Ich versuchte kurz alles zu vergessen. Ich musste einfach kurz alles vergessen.

Als ich das Wasser irgendwann zudrehte und mich in einem weißen Handtuch einwickelte, fühlte ich mich besser. Ich kam mir müde und doch auch so entspannt von der Wärme vor.

Ich verließ das Bad, wo ich auch schon überraschenderweise Reed auf meinem Bett sitzend vorfand.

Wäre er heute Nacht nicht gekommen, wäre ich wirklich beleidigt gewesen, gleichzeitig überraschte es mich, dass er nun tatsächlich hier war.

„Oh, was ein nettes Geschenk", schnurrte er fast schon, als er mich eingehüllt in dem Handtuch erblickte und dabei langsam meinen Körper musterte.

„Ich hätte wissen müssen, dass du auftauchst." Es war als könnte er riechen, wenn ich mal halbnackt durch mein Zimmer schlendern wollte.
„Also hast du dich nicht absichtlich so in ein Handtuch für mich gewickelt?" Reed klang ein wenig enttäuscht und ich musste lächeln.

Er erhob sich und lief mit zwei großen Schritten auf mich zu, ließ mich dabei nicht einen Moment aus den Augen. Sein Blick glitt meinen Körper auf und ab, hungrig.

„Ich muss dich wohl leider enttäuschen."
„Oh, Herzblatt, ich nehme dich gern an, auch wenn du dich nicht extra für mich so präsentierst", sagte er verführerisch, zog an meinem Handtuch, so dass es zu Boden fiel.

Er sah mir dabei nur in die Augen, selbst als das Stück Stoff zu Boden gefallen war.

Woher er nur immer diese Selbstbeherrschung hernahm? Ich wäre nicht so stark geblieben und hätte ihn sicher längst mit Blicken verspeist.

Langsam dirigierte er mich zum Bett, seine Hände an meiner Taille. Die kühlte Luft hier drinnen brachte meinen Körper zum Kribbeln. Ich bekam eine Gänsehaut.

Die Nähe zu Reed fühlte sich an, als ob die Luft geladen wäre. Ich glaubte es knistern zu hören und in seinen grünen Augen kam ich mir einen Moment lang wie eine Gefangene vor.

Ich setzte mich aufs Bett, wo er meine Beine spreizte und sich auch schon vor mich auf den Boden kniete.

„Bloß nicht schreien." Er sah mich an, als ob ich ein Festmahl wäre und genauso verspeiste er mich auch.

Ich musste mir meine Hand feste auf den Mund drücken, um ja keinen Laut von mir zu geben. Meine ganze Familie war im Haus, meine Brüder und Elin waren in diesem Stockwerk und Reed hatte vermutlich mal nicht die Türe abgesperrt.

Gefährliches Spiel. Ganz gefährliches Spiel.

Ich ließ mich trotzdem fallen. Ich konnte nicht widerstehen, ich konnte ihm nur das geben, was er wollte, was ich wollte. Es war in meinen Augen schon wieder zu lange her, seit wir uns so nahe gewesen waren. Ich wusste nicht einmal mehr, wann er mich das letzte Mal auf diese Weise verwöhnt hatte. Reeds Kopf zwischen meinen Beinen war einfach magisch.

Er küsste mich, er leckte mich, er vergrub sein Gesicht zwischen meinen Schenkeln und bohrte seine Finger feste in meine Haut, um mich daran zu hindern, seinem Griff zu entfliehen, mich im Moment meiner Lust zu viel zu bewegen.

Ich wollte seinen Namen schreien und für ihn stöhnen, konnte jedoch nur in meine Handfläche beißen und die Augen feste zusammenkneifen, um mich ruhig zu halten.

Vor meinen Augen sah ich die Sterne tanzen, ich vergaß zu atmen. Jedes Lecken seiner Zunge, jedes Saugen seiner Lippen beförderte mich mehr und mehr in einen süßen Abgrund und als es um mich geschah, glaubte ich für einen Moment das Zimmer erhellen zu können.

„Nicht ohnmächtig werden."

Ich konnte aus seiner Stimme heraushören, mit was für einer Genugtuung er das sagte und ich zwang mich, zu atmen, was nicht leicht war, da er sich nun über mich aufrichtete, nur um seine Lippen auf meine zu pressen.

Endlich konnte ich stöhnen. Endlich durfte ich etwas mehr herauslassen, was ich fühlte, denn sein Mund fing jeden Laut von mir auf. Wir atmeten uns gegenseitig die Luft weg und ich konnte mich selbst auf seinen Lippen, seiner Zunge schmecken. War es sehr komisch, dass mich das nur noch mehr erregte?

Ich zog an seinem Oberteil und er zog es sich aus, wartete gar nicht weiter und streifte sich auch die restlichen nervigen Kleidungsstücke vom Körper, wo ich versuchte zu helfen, mich jedoch von jeder freien Stelle zu sehr ablenken ließ, ihn einfach berühren musste.

Kaum war er endlich nackt, lehnte er sich an das Kopfende meines Bettes und zog mich zu sich auf seinen Schoß, wo ich mich langsam und mehr als nur bereit auf ihn sinken ließ, es genoss, ihm wieder so nahe zu sein, ihn so innig bei mir zu haben.

„Schau mich an", verlangte er und ich zwang mich, die Augen offenzuhalten, sah in seine wunderschönen Augen und ich ließ meine Hüfte kreisen.

Er hielt mich fest und sah mich gebannt an, während ich uns beide in die Wolken beförderte.

Es war so viel sanfter, so viel vorsichtiger und zärtlicher als es üblich war, aber laut und wild war keine Option mit so vielen Leuten im Haus.

„Alice", hauchte er meinen Namen und ich zog zittrig die Luft ein, hielt mich an seinen Schultern fest, während er eine Hand von mir nahm, nur um meine linke Brust zu umhüllen.

Sicher konnte er meinen rasenden Herzschlag spüren, aber ich spürte seinen auch. Ich presste meine Stirn gegen seine und wir atmeten uns weiter gegenseitig die Luft weg, je intensiver es wurde. Wozu brauchte ich schon Luft? In Momenten wie diesen glaubte ich, allein von seiner Liebe zu mir leben zu können.

In mir baute sich mein nächster Höhepunkt zusammen und ich zwang mich mit aller Kraft, die Augen offenzuhalten, ihn anzuschauen, still zu bleiben, als ich erlöst wurde.

„Ich liebe dich so sehr", brachte ich hervor, bewegte mich weiter, ließ ihn tief in mich kommen, wo er mich auch schon küsste, es nicht mehr ausgehalten hatte.

„Ich liebe dich", brachte er zwischen ihnen hervor. „So sehr... in jeder erdenklichen Zeit."

Wir küssten uns noch eine ganze Weile, wir hielten uns noch viel länger und erst, als ich so müde war, dass ich meine Augen nicht länger offenhalten konnte, lösten wir uns voneinander, wo ich notgedrungen erneut unter die Dusche musste, ihn dieses Mal jedoch mitnehmen würde.

Wörter: 2014

Aloha :) Ein kurzes, einfaches Kapitel. Ich hoffe es gefällt euch trotzdem, das Nächste wird dafür dramatischer. Freitag geht es weiter xx

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