16. Schwachstellen

"I want everything back the way it was. But there is no point to it, this wanting." - Margaret Atwood

Ich schlief unheimlich gut. Ob es daran lag, wieder ein richtiges Bett zum Schlafen zu haben oder weil Reed bei mir war, wusste ich nicht. Vermutlich die Kombination aus beidem.

Ich wollte gar nicht aufwachen müssen. Ich wollte für immer hier liegen und glücklich mit ihm sein. Kurz war alles angenehm. Die Sorgen waren so weit entfernt, es gab nur ihn uns mich in diesem Zimmer. Alles war gut, alles war perfekt und ich wollte mich nicht der bitteren und anstrengenden Realität stellen müssen, aber solange man in einem vollen Haus lebte, war das keine Option.

„Gleich wird es ungemütlich, wenn wir nicht aufwachen", nuschelte Reed verschlafen neben mir.

„Wieso?"
„Du wirst es gleich sehen."

Und tatsächlich klopfte es keine Minute später an der Türe und der Krieg brach aus.

Kaum trat Acyn ein und sah Reed neben mir liegen, wurde der Frieden des Morgens zerstört.

„RAUS!", brüllte er Reed an, der sich unbekümmert aufsetzte und natürlich unbedingt zeigen musste, dass er bis auf die Boxershorts nackt war. Das stimmte meinen ältesten Bruder wie zu erwarten nicht glücklich, was Reed wiederum zu erheitern schien.

„Raus aus dem Bett meiner kleinen Schwester, du psychopathisches Arschloch!"

Ich hatte Acyn selten so wütend gesehen. Er und Riley waren eigentlich immer sehr lieb. Wenn es um die Arbeit ging, konnten sie ernst und gefährlich werden, aber so laut und wütend hatte ich dennoch keinen von ihnen je gesehen.

„Acyn", sagte ich und versuchte die Lage zu beruhigen. Ich stand auf und stellte mich zwischen die zwei, bevor sie sich gegenseitig an die Gurgel gehen konnten. Heute war nicht der Tag, an dem ich herausfinden wollte, wer von beiden stärker war.

„Was ist hier los?", fragte Riley, der Reed beim Eintreten sofort bemerkte und gleich genauso bedrohlich wie Acyn wurde.

Na toll.

„Alice, nur weil er jetzt frei sein darf, heißt es nicht, dass er ein willkommener Gast in diesem Haus ist", mahnte Acyn mich und ich verdrehte die Augen.

Reed wirkte auch weiter sehr erheitert und zog sich seelenruhig seine Klamotten wieder an.

„Außerdem will ich meine kleine Schwester nicht mit einem Typen im Bett erwischen. Das ist ja widerlich", sagte Riley angewidert und ich seufzte genervt. „Ich bin kein Baby mehr!"

Die zwei sollten ja aufhören, sich so aufzuspielen. Ich war immerhin bald 19 und damit sicher längst alt genug, eine Beziehung zu führen und auch andere Dinge zu tun.

„Was ist hier los?"

Oh, es wurde immer schlimmer.

Mein Vater trat zu meinen Brüdern, hatte Cameron im Schlepptau und ich glaubte ein morgendliches Treffen in meinem Zimmer abzuhalten. Wollten sie den Rest der Familie nicht auch noch holen?
Du!", sagte mein Vater wütend und zeigte mit seinem Finger anklagend auf Reed. „Ich hole mein Gewehr. CECILIA, WO IST MEINE WAFFE?"
Dad!" War meine Familie darauf aus, sich heute darum zu streiten, wer sich am peinlichsten benehmen konnte?

„Ich glaube, deine Familie mag mich nicht sonderlich, Herzblatt." Reed stellte sich zu mir und verzweifelt sah ich ihn an.

„Tut mir so schrecklich leid. Sie sind alle furchtbar dir gegenüber, das verdienst du nicht."

„Bitte?", schnaubte Riley empört. „Verdient er nicht?"

„Ist in Ordnung. Ich sehe dich später zu hoffentlich besseren Bedingungen, du wirst hiermit sicher auch ohne mich fertig." Er küsste meine Stirn, meine beiden Wangen, ehe er mir ganz flüchtig einen Kuss auf die Lippen presste, mit Absicht die Mitglieder meiner Familie damit provozierte, ehe er in der Zeit verschwand. Er ließ mich mit dem Rest meiner Familie allein und dieser Rest war wie zu erwarten wütend.



„Alice, man kann ihm nicht trauen!", sagte Riley sachlich, als wir wenig später gemeinsam beim Frühstück saßen. Dari wurde gerade von Cameron zur Schule gebracht und es war besser so. Wenn es darum ging, Reed zu verachten, hatte Cameron am meisten zu sagen.

Die Schule war seit dem Angriff nicht mehr wirklich geöffnet. Das Gebäude der jüngeren Schüler machte wie gewohnt weiter, das Gebäude von uns älteren Schüler blieb jedoch vorerst geschlossen. Da ich allerdings fertig mit meinen Prüfungen war und man die letzte Prüfung trotz des Angriffs zählen lassen würde, war es mir so ziemlich gleich, wie es dort weitergehen würde. Ich hatte absolut keine Ahnung, was die Polizei und alle anderen bezüglich des Angriffs dachten. Sicher klärte das Quartier das irgendwie. Zumindest sollten sie es, wenn sie keine Aufmerksamkeit erregen wollten.

„Warren vertraut Reed."
„Warren weiß nur, dass wir mit ihm bessere Chancen haben", sagte mein Vater. „Er ist nicht naiv genug, ihm richtig zu trauen."
„Mir egal. Ich weiß, dass er uns nicht hintergeht."

„Wie kannst du dir so sicher sein?", fragte Acyn, der seine Kaffeetasse gefährlich umgriffen hielt und mich ansah, als ob er mich gern schütteln würde.

„Wir sind verbunden. Ich habe ihm vorher nie ganz trauen können, aber ich weiß, dass er keine bösen Absichten hat, soweit bin ich mir sicher."
„Das ist naiv", schnaubte Acyn spöttisch und ich funkelte ihn wütend an.

„Dann bin ich eben naiv. Ich will aber nicht in ständigen Zweifeln leben, niemanden trauen zu können. Er hat die anderen gerettet, er versucht mir wegen Rowan zu helfen und er hat mich nur in der Zeit entführt, um mich zu beschützen."
„Er hat das Komitee umgebracht", merkte Riley an und ich verdrehte die Augen.

„Und wir wissen ja jetzt alle, dass es gut so war, anderenfalls wäre ich jetzt am Arsch."
„Ok, genug davon!", sagte mein Vater, bevor irgendwer noch was sagen konnte.

„Alles, was deine Brüder versuchen zu sagen, ist nur, dass du achtsam sein sollst", sagte Lilien nun, die bis dahin ungewöhnlich ruhig geblieben war. „Malia hat Kellin auch vertraut."

Am liebsten hätte ich gesagt, dass Malia lebte und es ihr gutging, aber ich schwieg. Ich hatte keine Beweise außer den Aussagen Kellins und das würde niemandem reichen. Dieses Thema war hoffnungslos.

Bevor einer dazu noch was beisteuern konnte, klingelte es an der Haustüre.

„Erwartet einer Besuch?", fragte ich und erhob mich, um zu öffnen.

Alle schüttelten die Köpfe, also schritt ich zur Türe, öffnete sie und wurde schon von Elin halb umgeworfen, als sie sich in meine Arme warf.

„Du lebst."
„Elin?"

Was tat sie hier?
Wieso.Gehst.Du.Nicht.An.Dein.Blödes.Handy?" Sie war wütend. Und wie wütend sie war. Sie sah aus, als ob sie seit Tagen kaum geschlafen hätte, mit sich führte sie einen Rucksack und sie war richtig durch den Wind.

„Mein Handy... oh." Ich hatte mein Handy ausgeschaltet, kaum war ich mit Reed geflohen und seitdem hatte ich es nicht mehr eingeschalten. Sie musste krank vor Sorge gewesen sein.

„Ich habe es geschafft, Hayden zu kontaktieren, aber er meinte nur, du seist fort. Wo warst du? Was ist geschehen? Wieso sagt mir keiner Bescheid?"

„Du bist extra hierhergekommen?" Ich war überwältigt sie zu sehen. Natürlich war ich glücklich sie zu sehen aber auch erschüttert, dass sie tatsächlich angereist war, meinetwegen.

„Natürlich! Ich dachte, dir wäre sonst was geschehen! Bei allem, was los ist, war ich krank vor Sorge!"

„Vielleicht solltet ihr hochgehen und alles klären", sagte meine Mutter, die zu uns getreten kam und Elin anlächelte. „Es freut mich dich aber zu sehen, Elin. Du kannst gern so lange bleiben, wie du nur möchtest. Geht es dir denn gut?"
„Danke und es tut mir leid, wie unerwartet ich hier aufkreuze, das war eigentlich nicht meine Absicht, aber ich war so in Sorge." Tadelnd sah sie mich dabei an und ich nahm sie deswegen mit mir nach oben, wo ich froh war, weg von meiner turbulenten Familie zu kommen.

„Die letzten Tage waren verrückt, du hast jedes Recht sauer zu sein, aber lass es mich erklären."

So erzählte ich ihr von allem. Sie wusste bereits, dass Dari krank gewesen war, also berichtete ich ihr von meinem Plan, Reed aufzusuchen, wie wir geflohen sind, die anderen retteten und wie Reed vorläufig begnadigt wurde. Elin wirkte entsetzt, während sie mir lauschte und Schokolade aus meinem geheimen Vorrat zu Beruhigung ihrer Nerven aß.

„Es ist gut, dass ich hier bin. Du drehst offenbar ohne meinen Einfluss gewaltig durch und brauchst mich hier", sagte sie und schüttelte fassungslos den Kopf. „Das hätte so gefährlich enden können. Was wäre gewesen, wenn du dich angesteckt hättest? Wenn Reed irgendeine Dummheit getan hätte? Wenn Rowan dich gekriegt hätte?"
„Keine Ahnung. Ich war verzweifelt und es ist ja alles gut gegangen, besser als gut. Reed ist frei."
„Was mir nicht gefällt. Der Typ hat dich entführt und nun vertraust du ihm einfach?"
„Er hatte gute Gründe, auch wenn er mir diese vorher hätte sagen können, aber er hat es nicht so mit der direkten Wahrheit, also kann ich nicht viel erwarten", sagte ich zerknirscht. Seine Geheimnisse machten alles immer so unnötig kompliziert.

„Mir gefällt das nicht. Mag ja sein, dass die wahre Bedrohung dort draußen in Form von Rowan und den Reitern ist, aber Reed ist kein heldenhafter Ritter."
„Nein", lachte ich, aber das war er sicher nicht und das würde er auch nie sein. In meinen Augen war er mehr wie ein grauer Charakter. Er war weder gut noch böse. Er befand sich irgendwo dazwischen und ich konnte nur hoffen, dass er uns am Ende nicht alle hintergehen würde.



Elin würde bei uns bleiben. Da sie auch mit der Schule fertig war und meine Familie kein Problem damit hatte, würde sie für eine Weile bleiben dürfen. Ihre Eltern fanden das weniger gut, aber Elin rebellierte ein wenig und widersetzte sich den Wünschen ihrer Eltern. Sie wollte bei allem, was hier los war, nicht länger weit weg sein und als einzige ahnungslos sein. Sie wollte helfen und ich war so dankbar dafür. Es war immerhin gefährlich und es bedeutete mir deswegen umso mehr, dass sie trotzdem bleiben wollte. Ich hätte sicher ein besseres Gefühl gehabt, wenn sie in Sicherheit geblieben wäre, aber ich musste ehrlich zugeben, dass es schön war eine weibliche Bezugsperson vor Ort zu haben.

Sie bekam dieses Mal ihr eigenes Zimmer, das letzte Gästezimmer hier oben, was besser so war, besonders wenn mich Reed nun aktiver nachts aufsuchen wollte.


Da ich nicht nur Elin in den paar Tagen vernachlässigt hatte, suchte ich mit dieser an meiner Seite Hayden und Sam auf, wo wir beschlossen, uns zu viert in einem Café nicht weit von der Nachbarschaft zu treffen. Es befand sich in der Gegend, wo ich damals das erste Mal Reed getroffen hatte. Der Tag kam mir mittlerweile vor, als wäre er in einem anderen Leben geschehen.

Das Haus zu verlassen war immer noch etwas, wo mir mulmig zumute wurde und was kritisch von meiner Familie wahrgenommen wurde. Wären meine Brüder zur Verfügung gewesen, hätten sie sicher darauf bestanden, dass diese uns begleiten, aber diese waren im Quartier beschäftigt. Es wäre ja nur ein kurzer Weg zum Café und ich hatte Elin bei mir, was sicher niemanden beruhigte, aber ich wollte nicht vor lauter Furcht auf ewig versteckt leben. Wenn Rowan mich aktiv haben wollte, wäre ich nirgendwo sicher. Dann könnte er ebenso gut in mein Haus kommen und mich einfach mitnehmen. Wieso er das nicht längst getan hatte, verwunderte mich. War er mit dem Kompass nun einfach zu sehr damit beschäftigt, Malia zu orten? Er war ja eindeutig in London, aber bisher war er noch nicht scharf darauf, mich zu fangen. Ob mich das nur wirklich beruhigen sollte, war mal dahingestellt.

„Lass dich drücken." Hayden zerquetschte mich halb, als er mich in eine Umarmung zog und nur weil Sam ihn schließlich zurückzog, erstickte ich nicht in seinen Armen.

„Ich habe dich auch vermisst."
„Du bist lebensmüde unterwegs", sagte Sam, der mich kurz und weniger schmerzlos drückte, ehe wir uns alle in eine Sitzecke, weit von anderen Kunden entfernt, niederließen. Keiner sollte unsere Gespräche belauschen, die würden sich sonst nur was denken müssen.

„Wir sind der Club der Lebensmüden", merkte ich an. Wir alle hatten bereits verrückte Dinge getan, auch wenn ich wirklich die Anführerin sein könnte.

„Ja, so wie die Verrückte hier per Anhalter nach London gefahren ist", schnaubte Hayden und sah Elin an. „Du weißt, dass das scheiße gefährlich ist?"
„Mir ist ja nichts passiert. Ich bin mit einer Familie in deren völlig überfüllten Auto mitgefahren. Die Kinder haben Chips mit mir geteilt, wir haben ABBA in Dauerschleife gehört, es war ganz nett."
„Euer Umgang färbt schlecht aufeinander ab", sagte Sam amüsiert und sah zwischen Elin und mir hin und her.

Eine Kellnerin nahm unsere Bestellung auf, wo wir alle einfach Grünen Tee bestellten, der uns auch schon schnell serviert wurde. Während ich mein heißes Getränk mühelos trinken konnte, warteten die anderen noch und so erzählte ich ihnen hastig auch, was sie verpasst hatten, was mit Reed gewesen ist und wie unsere kleine Mission abgelaufen ist.

Es war vorherzusehen, dass sie auch ihre Zweifel bezüglich Reed haben würden. Keiner von ihnen fand es gut, dass er frei war und ich ihm so blind vertraute, aber sie konnten auch nur schwer nachvollziehen, wie belastend dieses hin und her und der Abstand zu ihm war. Ich wollte ihm vertrauen und keiner würde mir so schnell neue Zweifel einreden. Er hatte mir geholfen, er hatte nicht versucht, mich umzubringen, er beschützte mich und war vermutlich so ehrlich, wie er es sein könnte. Ich konnte sie wenigstens so weit überzeugen, dass Reed kein Freund Rowans war und dass er mir nicht schaden wollte. Dafür hatte er nun eindeutig genug Möglichkeiten gehabt. Was seine eigentlichen Ziele waren, das war das, was alle unruhig stimmte. Mich insgeheim ja auch, doch ich hoffte einfach, dass er uns nicht hintergehen würde.

„Gut, mal abgesehen davon, dass mein Bruder frei ist, wie geht es weiter?", fragte Hayden in die Runde. „Wir stehen im Krieg, Rowan will Alice, und Reed soll uns irgendwie helfen? Was werden wir unternehmen? Die Reiter gehen immer radikaler vor. Hätte Reed kein Heilmittel erschaffen, wären unzählige an dieser Seuche gestorben!"
„Rowan will Alice haben, weil sie wie eine Machtquelle für ihn ist. Wir sollten uns darauf fixieren, diese Bindung zu durchbrechen oder zumindest den Deal, den sie haben. Hat er sie nicht mehr, kann er geschwächt werden, dann kann er gestoppt werden und dann sollte das alles ja eigentlich vorbei sein. Ohne Rowan kein Krieg", sagte Sam.
„Und wie? Man kann solche Deals nicht einfach auflösen und beseitigen kann man Rowan auch nicht einfach so, das ist zu riskant", sagte ich. Rowan war zu anders, um gewöhnlich hingerichtet zu werden und wenn ich an ihn gebunden war, würde sonst was mit mir dabei geschehen.

„Wir brauchen wohl mehr Antworten von Leuten, die mehr wissen können", sagte Hayden und sah zu mir. Ich wusste genau, wen er meinte.

„Wie finden wir Teddy und Holly?"

Das letzte Mal, als ich sie gesehen hatte, war eine Weile her. Waren sie auf der Flucht vor Rowan? Hatte er sie längst in die Finger bekommen? Wo waren sie?
„Ich habe da so eine Vermutung."



Und so war es, dass wir eine Stunde später die Wohnung von Chris betraten, wo sich nicht nur wie gewohnt Dawson aufhielt, sondern zu meinem Überraschen auch die beiden Reiter. Es sah nicht nur so aus, als ob beide hier rein zufällig zu Besuch wären, es wirkte eher so, als ob sie hier leben würden.

Teddy zockte gerade gegen Dawson auf Chris seiner Playstation, trug dabei nur eine Boxershorts, und Holly saß auf einem Sessel und lackierte ihre Zehennägel.

„Na schau mal, wer da ist", sagte Dawson, der uns alle bemerkte, das Spiel pausierte.

Teddys Augen wanderten sofort zu Hayden und Sam ließ es sich nicht nehmen, die Hand seines Freundes zu ergreifen und herablassend zu dem Jungen zu sehen.

Oh, das roch nach Drama.

„Ist das eine neue Wohngemeinschaft?" fragte ich belustigt und umarmte Dawson, der zu uns lief. Schön zu sehen, dass er sich von seiner Gefangenschaft so gut erholt hatte und das nach nur einem Tag. Er hatte immer noch ein bunt geschwollenes Gesicht, aber strahlte wie üblich.

„Die beiden haben keine Bleibe und da jemand wie Rowan niemals vermuten würde, dass sie sich hier verstecken, lasse ich sie bleiben. Holly hat irgendwelche Bilder an die Türe zum Schutz gemalt, die sollen verhindern, geortet zu werden", erklärte Chris und setzte sich neben Holly, wollte den Arm um sie legen, aber sie wich nur genervt zur Seite. Was zwischen den beiden lief, wollte ich gar nicht wissen müssen.

„Keine Bilder sondern Runen, das ist nicht dasselbe", sagte sie und verdrehte die Augen.

„Das ist ziemlich nett von dir", sagte Hayden leicht überrascht. Ich fand es selbst ziemlich verblüffend, dass er zwei Fremde bei sich aufgenommen hatte, aber Chris liebte ein volles Haus und da er offenbar Holly reizend fand, nutzte er das für sich aus.

„Und du hast mit Reed eine Rettungsmission gestartet?", fragte Holly mich derweil, wirkte nicht beeindruckt oder anerkennend, eher, als sei ich verrückt.

„Erstaunlich, dass du das überlebt hast, ohne Rowan in die Hände zu spielen", sagte Teddy, der zu uns lief, seinen Körper wohl eindeutig vor Hayden präsentieren wollte, so wie er sich halbnackt vor uns streckte. Dieser sah nicht einmal schlecht aus. Mir fiel so auch erst seine Beinprothese auf, die Hayden immer als Holzbein bezeichnet hatte, was sie natürlich nicht war. Knapp oberhalb seines rechten Knies fing diese an und ich sah, dass sie Haut an der Stelle rötliche Streifen vorwies, fast wie Kratzer, wie seltsam verheilte Kratzer. Hatte Hayden je erzählt, was geschehen war? Es sah fast so aus, als ob irgendwer oder besser irgendwas ihm das Bein ausgerissen haben müsste.

„Genau deswegen sind wir hier", sagte Elin nun. „Alice lebt in ständiger Gefahr von Rowan gesehen und dann von ihm mitgenommen zu werden. Keiner weiß, wann er zuschlägt und was seine genauen Absichten überhaupt sind. Es muss doch irgendwie möglich sein, so einen Deal aufzulösen." Hoffnungsvoll sah sie von Teddy zu Holly.

Während er sich durch sein gelocktes Haar strich, sah Holly mich skeptisch an, die Augen zu Schlitzen verengt.

„Es ist unmöglich. Ein Deal ist ein Deal. Du müsstest ihm etwas Besseres anbieten und das Einzige, was er wollen könnte, wäre Malia."
„Die nur nicht da ist und die wir auch nicht einfach eintauschen würden", sagte ich. Kellin würde uns vermutlich alle umbringen, bevor wir auch nur darüber nachdenken konnten. In der Hinsicht war ich mir absolut sicher. Er würde nicht zögern uns alle zu töten, wenn er sie damit retten würde.

„Malia hat dreimal einen Deal mit Rowan gehabt und ist ihm dreimal entkommen. Wie hat sie das geschafft?", fragte Elin und die beiden Reiter tauschten Blicke.

„Sie ist ihm nicht dreimal entkommen", sagte Teddy schließlich. „Das dritte Mal, da ist sie geflohen."

„Und er hat sie nicht aufgehalten oder gefunden?", fragte Hayden verwundert.

„Kellin hat sie da rausgeholt. Er hat versucht, sie zu kriegen, aber sie haben es irgendwie geschafft, sich vor seiner Macht zu schützen. Ich weiß nicht wie, ich weiß nur, dass Rowan damals beinahe alles um sich herum zerstört hätte vor Wut und dann verschwanden sie in die Vergangenheit, unerreichbar für ihn, und jeder glaubte, sie müsste tot sein."

„Ich sage es nur ungern, aber wenn du dich retten willst und wenn du Rowan beseitigen willst, wirst du Malia brauchen. Sie ist die einzige Person, die Macht über ihn hat, die einzige Person, die er will und die er braucht. Mit diesem letzten Deal hat sie ihm einen Teil seiner Macht geraubt. Er hat ihr zu viel von sich gegeben, mehr als ihm zu dem Zeitpunkt klargewesen ist. Dadurch hat sie ihn geschwächt und sie wird ihn immer schwächen können. Sie ist die einzige Person, die ihn stoppen kann. Die zwei sind auf eine Weise aneinandergebunden, die ich dir nicht erklären kann. Er hat sie hunderte von Jahren gesucht. Er würde viel dafür geben, sie zurückzubekommen, selbst wenn er sich damit nur wieder verwundbar machen würde."

„Und er weiß nun, dass sie lebt", merkte Hayden an. „Wenn er wirklich den Kompass haben sollte und Kellin die Wahrheit sagt, dann kann Rowan sie jederzeit finden. Kellin muss wissen, dass er niemals auf ewig fliehen kann, dass nur Malia das alles enden lassen kann."

„Dann haben wir ein Problem", seufzte Sam und sah zu mir. Ja, wir hatten ein Problem. Wie sollten wir es schaffen, Malia zu überzeugen, uns zu helfen? Oder viel eher, wie sollten wir Kellin überzeugen, uns überhaupt auch nur ein Wort mit meiner Cousine wechseln zu lassen?

„Ich rufe Reed an", sagte ich und verschwand in das Badezimmer, in dem ich damals Hayden angerufen hatte, um von hier abgeholt zu werden, nachdem ich mit Reed hier gewesen bin. Wieder eine Erinnerung, die mir vorkam wie aus einer anderen Zeit. Die Probleme von einst erschienen mir mittlerweile so albern. Damals waren meine Gefühle für Reed und eine ziemlich unnötige Angst wegen Kellin meine einzigen Sorgen gewesen. Es war beinahe lächerlich

„Vermisst du mich schon so sehr?"

Ich lächelte, kaum hörte ich Reeds Stimme.

Er hatte ja keine Ahnung, wie sehr ich ihn vermisste, auch wenn ich ihn nicht deswegen anrief.

„Bilde dir nicht zu viel ein. Ich rufe an, weil ich deine Hilfe brauchen werde."
„Was ist los?" Sorge mischte sich in seine Stimme und ich holte tief Luft, ehe ich weitersprach: „Ich muss Kellin sehen!"


Wörter: 3445

Aloha :) Weil ich morgen keine Zeit haben werde und Donnerstag auch nicht, kommt das Kapitel schon heute. Ich hoffe es gefällt euch. Samstag geht es weiter. Ich habe übrigens mal eine kleine Analyse gemacht und mir ist aufgefallen, dass Kapitel, in denen es etwas heißer zwischen Reed und Alice zugeht, unbeliebter sind als andere Kapitel. Ich persönlich mag solche Kapitel in Büchern ja immer am meisten, deswegen war ich etwas verwundert, aber ich versuche es mir für Band 4 auf jeden Fall zu merken xD (Ok, vermutlich nicht, sonst wirds öde). Na gut, genug unnötiges Gerede von mir, schreibt mir gern eure Meinung xx


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