12. Im Wald
"Our souls were lost in the sky where the stars came out." — John Gould Fletcher
Als ich aufwachte, war ich allein.
Gehüllt in meinem Umhang und mit dem Umhang Reeds wie eine Decke über mir, lag ich auf dem Waldboden. Es war nicht mehr dunkel, aber der Himmel hinter dem Blätterdach leuchtete rötlich. Ging die Sonne auf oder wieder unter?
Ein Blick zu den Überresten eines alten Lagerfeuers ließ mich eher vermuten, dass es wieder Sonnenuntergang war. Das Lagerfeuer sah aus, als sei es schon vor einer kleinen Ewigkeit erloschen.
Wie erschöpft war ich bitte gewesen?
Ich hatte den ganzen Tag verschlafen. In dem Tempo würden wir die zwei niemals retten.
„Du bist wach."
Ich sah zu Reed, der mit einem Stapel frischem Holz aus dem Wald auf die winzige Lichtung trat, in der wir unser Lager aufgeschlagen hatten. Er warf das Holz auf die Überreste des alten Feuers und half mir aufzustehen, als ich Anstalt machte, mich aufzurappeln.
„Ich fühle mich etwas... schlecht", sagte ich und reichte ihm seinen Umhang, den er ordentlich zur Seite legte, während er für mich meinen Umhang etwas richtete, bevor er meine Stirn fühlte.
„Du siehst aber deutlich gesünder aus und du hast kein Fieber."
„Wegen mir verlieren wir wertvolle Zeit." Ich wollte gar nicht darüber reden, wie furchtbar peinlich ich mich benommen hatte, bevor ich eingeschlafen war. Ich hoffte nie wieder auf Reeds Kraft angewiesen zu sein.
Das Verlangen, das ich dabei gespürt hatte, es war beinahe gruselig gewesen. Ich war so furchtbar peinlich gewesen, ich wollte gar nicht wissen, wie sehr sich Reed über mich amüsiert hatte. Aber er hatte durchgehalten, meinen gierigen Händen zu entkommen. Beeindruckend.
„Wir können niemanden retten, wenn wir selbst halb tot sind. Wir bleiben noch diese Nacht hier und ab morgen geht es weiter. Uns hat hier keiner bemerkt und vielleicht kommen wir ja an und sehen, dass man die zwei längst gerettet hat."
„Glaubst du das echt?" Skeptisch hob ich meine Brauen und er lachte.
„Nein, aber ich versuche optimistisch zu bleiben."
Er ging zu dem Holz und bemühte sich, dieses zum Brennen zu bringen. Wäre ich nicht so erschöpft, hätte ich geholfen, aber ich wollte mich am liebsten nur weiter ausruhen.
„Dort drüben ist ein Fluss, wo du dich frisch machen kannst, wenn du Lust hast. Das Wasser ist eigentlich ziemlich angenehm, vielleicht hilft es dir, wieder einen klaren Kopf zu kriegen, bevor du nur erneut über mich herfallen willst."
Ich wurde von seinen Worten rot und hätte gern etwas gekontert, aber leider hatte ich mich nun einmal superpeinlich benommen und hatte wie irgendeine Verrückte versucht, ihm die Kleider vom Leib zu reißen. Ich verdiente seinen Spott und würde ihn verkraften.
Der besagte Fluss war eiskalt, aber es tat gut sich mit dem frischen Wasser aufzufrischen und vor allem was zu trinken. Ich war halb am Verdursten gewesen von dem komischen Fieber und der Tatsache, einen Tag lang verschlafen zu haben.
Ob das Wasser sauber genug zum Trinken war, wusste ich nicht, aber ich hoffte einfach mal, dass man als Wächter auch vor solchen Dingen geschützt war. Ich wusste ehrlich nicht, wo da die Grenzen gezogen wurden.
Reed schaffte es derweil ein Feuer zum Brennen zu bringen und die Wärme von diesem war wohltuend, besonders als die Sonne am Horizont verschwand und es wieder kälter wurde. Ich kam mir etwas so vor, als ob ich einen netten Campingtrip machen würde. Es war einfach so surreal mit Reed im Wald bei einem Feuer zu sitzen als sei es das normalste auf der Welt.
Was kommt als nächstes? Wir halten Marshmallows über das Feuer und erzählen uns Schauergeschichten?
Ich musste kichern von der Vorstellung, so dass Reed mich neugierig ansah.
„Was ist so komisch?"
„Einfach alles", kicherte ich weiter. „Wir beide hier außen bei einem blöden Lagerfeuer."
„Erwartest du jetzt ein paar tiefe Geheimnisse von mir zu hören, während ich gleichzeitig ein Lied auf einer Gitarre spiele?" Er musste grinsen und ich lachte laut los.
„Kannst du überhaupt Gitarre spielen?"
„Kann schon nicht so schwer sein." Er zuckte mit den Schultern, ehe er sich verschwörerisch näher zu mir lehnte. Im Licht des Feuers leuchtete seine Haut regelrecht. Er sah beinahe aus, als wäre er von einer anderen Welt. Zu hübsch, zu perfekt. Oh, ich war wirklich hoffnungslos verloren, wenn es um ihn ging.
„Und? Was sind deine tiefsten Geheimnisse, Herzblatt?"
Ich schnaubte. „Als ob ich die dir verraten würde. Du erzählst mir selbst nie irgendwas."
„Ich erzähle dir genug. Ich kann nichts dafür, dass du dir die Antworten nicht selbst zusammenreimen kannst. In meinen Augen gebe ich dir hier und da genug Tipps, du musst deinen Geist etwas trainieren." Er versuchte eindeutig mich zu ärgern, nur war ich zu müde, um mich darauf einzulassen.
„Vielleicht interessieren mich deine ganzen blöden Geheimnisse auch gar nicht mehr. Mach was du willst, halte mich da einfach nur raus", schnaubte ich und erschauderte, als ein eisiger Wind aufzog.
„Ich versuche dich so gut es geht herauszuhalten, nur warst du immer zu neugierig und genau dann fängt immer an alles ins Chaos gestürzt zu werden", sagte er und sprach weiter, bevor ich empört antworten konnte. „Ich weiß, dass es sicher leichter wäre, wenn ich ehrlich wäre, aber es hat alles seine Gründe. Ich will dich nicht ärgern oder quälen oder ausgrenzen, ich passe nur auf dich auf."
„Ich brauche niemanden, der auf mich aufpasst", merkte ich an, auch wenn es nicht gänzlich stimmte. Ich hatte Hilfe gebraucht und er hatte sie mir gegeben, aber genauso hatte er auch schon meine Hilfe gebraucht. Keiner von uns beiden war unverwundbar und supermächtig.
„Jeder braucht jemanden. Ich brauche dich. Ohne dich wäre ich noch im Gefängnis, ohne dich hätte ich den Verstand verloren, ohne dich wäre meine Welt ewig grau und traurig geblieben", sagte er leise und ich sah ihn sprachlos an. Ich hatte mit einer spöttischen Bemerkung gerechnet und nicht mit so süßen Worten, die mein Herz erwärmten.
„Wir sollten anfangen, uns immer gegenseitig zu helfen, wir sollten anfangen zu akzeptieren, dass wir nur so erfolgreich sein können, stark sein können."
Er streckte seine Hand nach mir aus und ich konnte nicht anders, als sie zu ergreifen und mich von ihm zu sich ziehen zu lassen. Er zog mich vor sich, so dass mein Rücken an seine Vorderseite lehnte, wo er die Arme um mich legte und mich vor dem kalten Wind schützt, seinen Umhang um uns beide zog.
Ich seufzte leise, so war es viel angenehmer.
Gemeinsam wären wir wirklich ein unschlagbares Team. Er hatte dahingehend sicher recht und im Grunde war es längst zu spät, einen Rückzieher zu machen. Ich hatte ihn aus dem Gefängnis befreit und Wachen angegriffen. Ich gehörte zu ihm. Wir waren beide auf der Flucht. Solange ich mich hoffentlich nicht ganz in ihn getäuscht hatte, würde ich bei ihm bleiben, dann war sein Weg von nun an mein Weg.
Es war eigenartig das zu akzeptieren, wo ich doch so lange dagegen angekämpft hatte, doch wir waren nun hier und ich musste einsehen, dass wir zusammengehörten und Reeds Pläne gewiss nicht durch und durch böse waren. Das hier gerade war nicht böse. Er wollte seinen Freunden helfen. Er wollte unseren Freunden helfen.
„Erzähl mir von der Vergangenheit." Meine Stimme war nur ein Flüstern, aber ich wusste, dass es kein leichtes Thema war. Er wollte jedoch nichts von seinen jetzigen Plänen aufklären, dann könnte er wenigstens über vergangene Dinge sprechen, oder nicht? Ich wollte mehr wissen, mehr verstehen dürfen.
„Was willst du wissen?" Er klang ruhig, widmete sich lieber anderen Beschäftigungen, so wie er nun mit seinen Händen meine Oberschenkel sanft streichelte, mir gleich noch wärmer wurde.
„Du willst mir ja keine Beweggründe deinerseits verraten, also... wie war deine Zeit so auf der Schule damals? Hayden meinte, ihr wärt alle in die Schule im Quartier gegangen, bevor... naja, du weißt schon."
Er lachte leise. „Hayden und seine vielen Geschichten." Schwer seufzte er, würde jedoch keinen Rückzieher machen. „Es waren andere Zeiten. Damals war mir alles so viel leichter vorgekommen, so viel sorgenfreier. Ich hatte an meine ewig lange Zukunft gedacht, daran, wie viel ich noch erleben kann. Ich hatte meine Familie stolz machen wollen, Spaß mit meinen Freunden haben wollen. Vermutlich war das die einzige Zeit meines Lebens gewesen, in der ich wahrhaftig glücklich gewesen bin und das so lange am Stück."
„Mache ich dich nicht glücklich?" Meine Stimme klang leicht brüchig, aber das Gefühl seiner Hände lenkte mich ab.
Selbst durch den Stoff meiner Hose irritierten sie mich, brachten meinen Körper zum Kribbeln.
„Wenn du bei mir bist und mich nicht gerade verachtend anschaust, dann machst du mich so glücklich, dass ich auf die Knie fallen und allen Sternen im Universum danken will, dass sie dich zu mir gebracht haben, aber das mit uns ist nicht einfach." Vorsichtig glitten seine Finger immer höher und höher. Oh, wie sehr ich mir doch wünschte, ein Kleid zu tragen oder einen Rock, irgendwas, um ihn besser spüren zu können.
„Ich hasse es, dass wir nicht immer glücklich sein können", sagte ich zittrig.
„Ich auch, aber ich verstehe es. Ich wäre enttäuscht, wenn du mich alles machen lässt, ohne sauer zu sein, ohne Fragen zu stellen, ohne mich zu verachten. Ich verdiene nichts anderes." Er lachte trocken auf und seine Worte lenkten mich für einen Moment von seinen Berührungen ab. Nur ganz kurz, nur für einen ganz unschuldigen Moment. „Aber genug von dem Drama. Damals war die Zeit schöner. Vor den Dunklen Tagen war alles besser. Die Bündnisse, die Welt. Meine Taten haben der Welt einen gewissen Glanz genommen."
„Und doch bereust du es nicht." Das hatte er öfters betont. Auf irgendeine Weise war er sich seiner vielen Fehler bewusst und er wusste, sie waren falsch. Gleichzeitig hatte er oft gesagt, dass alles notwendig gewesen ist, dass er vieles erneut genauso angehen würde. Was war es nun?
„Ich bereue vieles. Ich bereue verdammt vieles und ich werde nichts davon je wieder gutmachen können. Der Preis der Zeitlinie. Ich werde tausende Jahre mit dieser Schuld leben, sollte ich vorher nicht sterben." Er ließ seine Hände weiter über die Innenseiten meiner Oberschenkel wandern, immer weiter hinauf, aber nie weit genug. Es fiel mir schwer auf seine Worte zu achten, aber ich tat es dennoch. Ihn über vergangene Ereignisse sprechen zu hören, war mir wichtig, wichtiger als das berauschende Gefühl zwischen meinen Beinen, das sich allmählich in ein unerträgliches Ziehen verwandelte.
„Du hast mir mal gesagt, dass wenn ich deine vielen Beweggründe verstehe, ich Angst von dir haben werde, dass ich dich hassen werde. Meintest du das ernst?"
„Ich hoffe nicht, aber ich bin auf das Schlimmste gewappnet, auch wenn ich immer noch hoffe, dass manche Geheimnisse sicher bewahrt bleiben. Nicht weil ich mich schützen will, sondern weil du geschützt bleiben sollst."
„Ich werde das alles nie verstehen", seufzte ich wohlig von dem Gefühlt seiner Hände an mir.
Sein Atem streifte meinen Hals, mein rechtes Ohr und ich hätte beinahe gestöhnt, als er zeitgleich ganz unschuldig zwischen meine Beine glitt, mit einer Hand über meine empfindlichste Stelle wanderte, als ob nichts dabei wäre.
„Ich will dir vertrauen können, Reed. Also verrate mir einfach, ob ich dir vertrauen kann, dass du keine bösen Absichten hast, mehr will ich nicht wissen." Meine Stimme war brüchig und ich schmiegte mich enger an ihn. Seine Lippen berührten meinen Hals und einer seiner Hände glitt unter meinen Pulli, wo er einer meiner Brüste umklammerte, ich jedem Gott dort draußen dankte, dass ich mich gegen einen BH entschieden hatte.
„Ich verspreche es dir", erwiderte er und ich stöhnte leise, kam mir wie in einem Rausch vor. Seine Antwort und sein Handeln brachten mich beinahe zum Dahinschmelzen.
Hatte er eine Ahnung, was er mir da antat?
„Wir sollten nun aber schlafen, Herzblatt."
„Ich will nicht schlafen."
„Warst du nicht so müde?"
„Nicht mehr."
„Vertrau mir, ich will nichts lieber, als dich nackt unter mir liegen zu haben und von dir zu kosten, als ob du mein Festmahl wärst, aber es ist zu kalt, egal wie sehr ich dich zum Schwitzen bringen würde", sagte er und schmollend drehte ich mein Gesicht zu ihm um, wo er meine Schläfe behutsam küsste.
„Alles mit der Zeit. Ich werde dich schon noch zum Schreien bringen."
Um uns vor der Kälte zu schützen, schliefen wir aneinander gekuschelt neben dem Feuer. Reed hatte dabei seinen Mantel feste um uns gelegt, hielt mich in seinen Armen fest, als ob er versuchen würde, mich zu umhüllen und vor jedem kalten Luftzug zu beschützen. Ich fror tatsächlich nicht, ich schlief friedlich und ohne einen einzigen Albtraum und wachte nur auf, weil er irgendwann in der Früh angefangen hatte, meinen Rücken zu streicheln und kleine Muster über meinen Pulli zu streichen.
„Wir müssen weiter. Ich will von hier weg und ich will so schnell wie es geht die beiden retten", sagte Reed, so dass wir uns aus unserem Knoten befreiten.
Das Feuer war so gut wie erloschen und während ich mal wieder zum Fluss lief, verwischte er die Spuren unseres kleinen Lagers.
Mir gefiel es nicht, kein richtiges Bad nehmen zu können und sicher sah ich fürchterlich aus, aber ich wusch mir mit dem kalten Wasser das Gesicht, spülte meinen Mund aus, ehe ich ein paar Schlucke trank, meine Haare zu einem Zopf band und wieder zurück zu Reed lief. Ich wartete, bis er sich nun selbst beim Fluss herrichtete und hoffte, der Weg würde nicht zu lange dauern.
„Bereit für unseren Weg?", fragte er mich, als er zu mir zurückkam und mir andeutete, wo es langgehen würde.
„Nein. Ich bin ein unsportlicher Mensch, der schnell müde wird", quengelte ich, aber wenn er vorhatte einen ganzen Tag zu laufen, würde ich sterben.
„Dann wird es Zeit, dass wir was daran ändern." Er zwinkerte mir zu und wir liefen los.
Es war anstrengend. Durch den Wald zu laufen und die Natur zu genießen war zwar herrlich, aber spätestens nach zwei Stunden des Wanderns wollte ich mich gern ins Bett legen.
Unterwegs sammelte Reed Beeren ein, die wir als Frühstücksersatz essen konnten. Sie schmeckten süß und gaben mir für ein paar Minuten etwas mehr Schwung und Elan. Wenn man jedoch nur Beeren zum Essen bekam, nachdem ich einen Tag lang nichts gegessen hatte, war das eindeutig zu wenig.
Das Einzige, was meine Laune hob, war mit Reed unterwegs zu sein. Dieser ließ fast nie zu, dass sich Stille um uns ausbreitete. Ständig zog er mich auf, weil ich langsam war oder genervt schaute. Ständig erzählte er mir unnötige und doch so interessante Fakten über Pflanzen und den Wald.
Welche giftig sind, welche man essen konnte, wie hier vor 50 Jahren noch ein beliebter Wanderweg gewesen ist, der zugewachsen war, nachdem ein allgemeines Jagdverbot erteilt wurde. Wir sprachen über alles und auch nichts. Dinge wie die Reiter, seine Pläne, Kellin, nichts davon wurde erwähnt und ich hatte kurz wirklich das Gefühl, wir wären ein Paar, das einfach einen Spaziergang im Wald unternahm.
„Schwächelst du schon wieder?" Spöttisch hallte Reed Stimme zu mir. Er hatte einen kleinen Vorsprung eingelegt und sah nun vergnügt zu mir zurück.
„Ich bin müde."
„Wir laufen noch gar nicht so lange, Herzblatt. Wenn wir alle paar Stunden eine Pause machen, werden wir Tage brauchen und ich würde gern morgen ankommen."
„Wir werden erst morgen ankommen?", fragte ich schrill. Wie lange würden wir noch laufen müssen? Nein, er sollte mich einfach zurücklassen.
„Und ich dachte, wenn man ein Zimmer im dritten Stock hat, ist man etwas sportlicher." Grinsend lief er auf mich zu und nahm meine Hand in seine, zog mich vorwärts.
„Nein, ich werde nie sportlich sein. Meine Brüder wollen mir Selbstverteidigung beibringen, das wird eine Katastrophe werden."
„Es ist aber eine gute Idee", merkte er an. „Du musst dich verteidigen können, auch ohne Kraft."
„Ja, ja, das sagt jeder, aber ich bin nicht für solche Dinge geeignet. Nicht jeder kann eine Black Widow sein."
„Ich würde dir bei dem Training ja helfen, aber ich denke, bei uns würde das nur ganz anders enden."
Genervt zog ich meine Hand weg. Ich brauchte eine Pause. Und das jetzt!
„Ich setzte mich jetzt erst einmal hin", erklärte ich meinen Plan und er verdrehte die Augen. „Wir haben gerade erst eine Pause gemacht."
„Das ist schon Stunden her."
„20 Minuten höchstens", schnaubte er und ich verdrehte nun auch die Augen, wollte mich schon auf ein Stück Gras setzen, da hielt er mich fest.
„Na los, spring auf." Irritiert sah ich ihn an, als er mich losließ und mit dem Rücken zu mir gerichtet in die Hocke ging.
„Du willst mich tragen?"
„Wenn du dich wie eine bockige Vierjährige benimmst, dann trage ich dich eben wie eine."
„Ich bin keine bockige Vierjährige!"
„Doch, bist du. Ich hatte ja gar nicht gewusst, dass du so etwas Bewegung so sehr verabscheust", sagte er belustigt und ich funkelte ihn zornig an, was er nicht sehen konnte.
„Ich bleibe lieber hier. Du bist fies."
„Alice, bitte! Es geht hier auch um deine Freunde, oder nicht? Willst du sie so im Stich lassen?"
Ich dachte an Reyna und Dawson und wo sie gerade waren, und fühlte mich gleich mies, weil ich ihre Rettung so hinauszögerte. Ich war schrecklich, nur mir tat jeder Muskel weh.
Ergeben klammerte ich mich an Reed fest, der meine Beine packte und sich wieder aufrichtete.
„Jetzt kommen wir langsamer voran, aber immerhin gehen wir weiter", sagte er und ich legte mein Kinn auf seine Schulter ab.
„Wenn wir zurückkommen, musst du mich zum Essen ausführen", nuschelte ich und sah ihn grinsen.
„Du solltest mich ausführen. Immerhin trage ich dich."
„Ich gebe dir den Nachtisch aus", sagte ich und lächelte breit, wo er seinen Kopf leicht zu mir drehte.
„Oh, ich weiß ganz genau, was ich haben will."
Ich musste kichern und beobachtete von meiner neuen Position aus den herrlichen Wald. Wenn man nicht selbst laufen musste, war es gleich viel angenehmer.
„Ab wann gedenkst du wieder zu laufen?"
„Bin ich dir zu schwer?", fragte ich ihn neckend.
„Ich bin vielleicht stark, aber da du nicht wirklich das Körpergewicht einer Vierjährigen hast, werde ich früher oder später selbst eine Pause machen."
„Klingt doch perfekt", kicherte ich und er schüttelte belustigt den Kopf. „Du bist unmöglich."
„Und du bist ein wunderbares Pferdchen." Ich streichelte sein dunkles Haar und drückte einen Kuss auf seinen Hals, woraufhin sein Lächeln gleich verschwand.
„Mach das nochmal."
Ich grinste und küsste seinen Hals, verteilte viele liebliche Berührungen mit meinen Lippen auf seiner Haut und konnte kaum verhindern, währenddessen mit meinen Händen nach vorn zu rutschten, ihm über seine Brust zu streichen.
„Du machst mich verrückt", murmelte er angestrengt und ich küsste ihn weiter.
„Wieso?"
„Du weißt genau wieso und jetzt ist es nicht mehr zu kalt, um dir die Kleider vom Leib zu reißen, Alice." Er sagte es, als ob mich das zur Vernunft bringen würde, mich zügeln würde. Es bewirkte eher das Gegenteil.
Wie lange war es her, seit wir uns wirklich nahe waren? Das letzte Mal war vor beinahe zwei Monaten gewesen. Es war als er mich nachts mit ins Jahr 1720 genommen hatte und wir uns im Dorf ein Zimmer für ein paar Stunden genommen hatten, zusammen gebadet hatten. Verdammt war das lange her. Das lag 300 Jahre in der Vergangenheit... wenn man es mal ganz dramatisch betrachtete zumindest.
„Damit habe ich kein Problem", schnurrte ich beinahe gegen seine Haut und ihm entwich ein sehr verzweifelter Laut.
Ganz plötzlich ließ er meine Beine los, nur um mich von hinten zu greifen, mich zu sich nach vorne zu ziehen, so dass ich mich nun von vorne an ihm klammerte, etwas überrascht war, wie mühelos er das geschafft hatte, da küsste er mich bereits stürmisch.
Mein Körper gab sich ihm hin. Mein Geist sogar noch schneller. Wie lange war unser letzter Kuss her? Unser letzter richtiger Kuss? Mir kam es wie eine Ewigkeit vor, eine grausame, grausame Ewigkeit getrennt voneinander und nun hatte ich ihn wieder.
„Reed." Sein Name verließ meinen Mund, klang wie ein Flehen und ein Laut des Glücks zugleich. Seine Zunge drang erbarmungslos in meinen Mund ein und ich schmeckte sofort die süßen Beeren, die er die ganze Zeit gegessen hatte.
Ohne sich halten zu können, knallten wir schon gegen den nächsten Baum, wo ich aufkeuchen musste von dem Schmerz an meinem Rücken, wie sich die Rinde an meinen Pulli rieb. Das würde blaue Flecken geben und es war mir scheißegal.
„Tut mir leid", sagte Reed leise, küsste mich nur wieder, konnte sich mit seinem Verlangen nicht bremsen. Ich konnte mich ja selbst nicht bremsen.
Ich streifte ihm seinen Umhang ab, zog an seinem Oberteil herum und ließ meine Zunge nun in seinen Mund wandern. Zärtlich berührten unsere Zungen sich und am liebsten wollte ich ihm die Klamotten vom Körper reißen, aber da wir mitten im Nirgendwo waren, wäre es schlecht hier mit zerrissenen Kleidungsstücken zu enden.
„Nicht zerreißen!", warnte ich zwischen einzelnen Küssen und er grinste gegen meine Mund.
„Die Reise wäre so viel netter, wenn du nackt laufen müsstest."
„Ja, ich könnte die Reiter sicher sehr gut ablenken. Gefällt dir die Vorstellung denn, wie andere Leute mich so entblößt sehen, wie sonst nur du es darfst?" Ich lächelte ihn an und sah mit Genugtuung, wie sein Blick dunkel wurde.
„Ganz und gar nicht." Verlangend presste er seinen Mund wieder auf meinen, biss mir spielerisch in die Unterlippe, so dass ich stöhnen musste.
Ich ließ mir meinen Pulli gepflegt ordentlich ausziehen und sofort umgriff seine Hand einer meiner Brüste. Ich keuchte auf von dem Gefühl und wie kalt seine Haut sich im Gegensatz zu meiner anfühlte, aber der kleine Schock verflog schnell in einer Welle von Lust, als sein Daumen zärtlich über meine Haut strichen.
„Ich liebe die zwei", sagte Reed, der mit seinen Küssen zu meinem Hals wanderte.
„Nur die zwei?"
„Muss ich dir erst noch beweisen, wie es um mein Herz steht?" Er stellte die Frage, während seine Lippen über meine Haut glitten, seine Zunge sanft über sie leckte und ich merkte, wie mein Unterleib zog und schmerzte. Ich brauchte ihn so sehr, dass ich am liebsten betteln wollte, aber dann würde er sich eine Freude daraus machen, mich nur noch länger warten zu lassen.
„Du kannst es mir ja jetzt beweisen." Wie eine Katze schmiegte ich mich an ihn und zog weiter an seinem Oberteil, so dass er es sich endlich auszog.
Haut auf Haut. Es gab kein wundervolleres Gefühl.
Ich legte meine Arme um ihn, küsste die Stelle zwischen seiner Schulter und seinem Hals und liebkoste jedes Bisschen, das ich zu spüren bekam.
Reed ließ sich mit mir an sich klammernd langsam auf den Boden nieder, legte mich auf der Wiese ab, die sich um uns herum befand, und ich sah in seine Augen. Das Gefühl der Natur und ihm nahe zu sein war immer noch etwas, das mich in einen Rausch versetzte. Würde er jemals etwas fühlen, dem das gleichkommen könnte? Seine Kraft war das Zeitreisen, so eine Bindung wie ich besaß er nicht zu irgendwas sonst.
„Du siehst aus wie ein Stern. So wunderschön", raunte er, nachdem er mir die letzten Kleidungsstücke ausgezogen hatte. Er kniete sich zwischen meine Beine, drückte diese sanft auseinander und sah mich an, als ob er mich vergöttern würde.
„Und du siehst aus wie ein Gott."
Von meinen Worten lächelte er. „Vielleicht bin ich ja ein Gott und du eine Göttin, vielleicht waren wir das einmal in einem anderen Leben."
„Wie poetisch", kicherte ich und zog ihn wieder zu mir hinab. Ich wollte ihn küssen, ich wollte ihn berühren und ich wollte ihn in mir haben, ganz dringend.
Er gehorchte mir, er gab sich mir hin.
Er küsste mich, er berührte mich und nachdem er seine Hose ausgezogen hatte, füllte er mich aus.
Es war himmlisch.
Ich beugte ihm mein Becken entgegen, machte seine Bemühungen mich nicht zu sehr zu zerdrücken zunichte, indem ich ihn nur noch näher zu mir zog, und ich glaubte erst vollkommen glücklich zu sein, als er mich wieder küsste, mein Körper von seinem eingenommen wurde.
Tief vergrub er sich in mir und machte keine halben Sachen. Das Tempo war von Anfang an schnell, hart und genau das, was ich wollte. Ich war zu berauscht für langsamen, lieblichen Sex.
Wir teilten uns schlampige Küsse, stöhnten unsere Namen und ich krallte mich mit einer Hand an seinem Körper fest, während meine andere sich im Gras fest griff, ich Halt in der Natur fand und dadurch glaubte, die Sterne sehen zu können.
Jeder Stoß war perfekt. Wie er meine Hüfte hielt, mich zwang, ihm mit der gleichen Intensität entgegenzukommen, es war auch perfekt.
„Mehr", hauchte ich, versuchte die Augen offen zu halten, um ihn anzusehen, seine Pracht aufzunehmen, aber als er anfing, an meinem Hals zu knabbern und meine Beine mehr gegen meinen Oberkörper zu beugen, dadurch nur noch tiefer in mich eindrang, wurde mir etwas schwarz vor Augen.
Ich kam noch schneller als ich es erwartet hätte und obwohl Reed so aussah, als ob er sich nur mit verdammt viel Mühe zurückhielt, gab er nicht so schnell nach. Er machte weiter, küsste meinen Hals weiter, murmelte dabei meinen Namen. Wieder und wieder.
Ich wollte weinen so glücklich war ich. Ich wollte weinen, so gut fühlte es sich an.
In mir bahnte sich nur ein neuer Höhepunkt an und ich bog mein Rücken halb durch, so überwältigte es mich.
Reed ließ sich endlich fallen. Kaum kam ich langsam wieder runter, verkrampfte er sich umso mehr. Sein Mund fand wieder meinen und er erstickte ein lautes Stöhnen in einem Kuss, als er tief in mir kam, meine Hüfte dabei so feste packte, dass ich Blaue Flecken kriegen müsste.
Ich seufzte glücklich von dem Gefühl auf, hielt die Augen geschlossen und entspannte mich völlig, als Reed auf mir zusammenbrach, seinen Kopf auf meine Brust ablegte, nachdem er sich langsam aus mir gezogen hatte.
Wir versuchten beide zu Atem zu kommen, hielten unsere verschwitzten Körper fest.
Ich sah hinauf und war überrascht, dass die Natur uns umhüllt hatte. Wie ein Zelt gemacht aus Rosen und Sträuchern hatte sie sich um uns herum ausgebreitet. Es war fast wie damals in der Hütte, als wir uns das erste Mal geliebt hatten und Schutz unter einer Decke gesucht hatten. Unsere persönliche Höhle. Sah so aus, als hätten wir wieder eine gefunden.
Wörter: 4235
Aloha :) Ich hoffe es gefällt euch. Wieder etwas mehr Leidenschaft, hat ja lange genug gedauert. Freitag geht es weiter xx
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