33. Der Tag danach
"Some people are worth melting for." – Olaf, Frozen
Ich kam mir gefangen vor in einer Welt aus verzerrten Bildern, Schrecken, Angst und dem Gefühl, verloren zu sein. Ich sah Kellin vor mir, sah Scott, wie er blutüberströmt auf dem Boden lag, glaubte Reed wäre bei mir, ehe ich Haydens besorgtes Gesicht erkennen konnte. Ich war verwirrt, schlief unruhig, kam mir mehr tot als lebendig vor und war einfach nur froh, als ich meine Augen endlich wieder öffnen konnte, feststellte, dass ich in meinem Bett lag, bei mir daheim.
Die Sonne schien schwach durch das Fenster, die Nacht war vorüber und benebelt setzte ich mich aufrecht hin, versuchte mich an alles, das gewesen ist, zu erinnern, aber es war schwer. Es war ein wenig, als ob meine letzten Erinnerungen ausgelöscht worden sind, sie irgendwo in meinem Kopf verloren gegangen sind, doch alles war einfach schräg.
„Du bist wach. Wie fühlst du dich?" Ich sah zu Daisy, die auf meinem Sessel in der Ecke meines Zimmers saß, die Beine hochgezogen, irgendeiner meiner Bücher auf dem Schoß. Hatte sie die Nacht hier verbracht?
„Was ist geschehen?", fragte ich, hatte nur diese Fetzen an Erinnerungen, wusste von der Party, wusste, dass Scott irgendwas passiert ist, Kellin da gewesen ist, aber irgendwie ergab nichts viel Sinn.
„Offenbar hat Scott Harvey dir irgendwas ins Glas gegeben, dir wird es besser gehen, wenn du etwas Wasser trinkst und eine Dusche nimmst", sagte Daisy, stand auf und reichte mir schon ein Glas Wasser vom Nachttisch, das ich dankend annahm, gierig fast in einem Zug leerte. Ich kam mir ausgetrocknet vor, wollte mehr. Es war, als ob ich letzte Nacht Sand gegessen hätte, mein Magen war flau, ich war durstig und mir war einfach unwohl.
„Ich fülle es dir auf", sagte sie belustigt, bemerkte eindeutig, dass ich mehr wollte, lief ins Bad und befüllte das Glas neu.
„Kellin hat mich gerettet", sagte ich, erinnerte mich vage an ihn, was er Scott angetan hatte.
„Ja, Scott ist in eine Spezialklinik gekommen, wenn ich es richtig verstanden habe. Er liegt im Künstlichen Koma, da sein Gehirn stark angeschwollen ist von den Schlägen und sein Schädel wohl gebrochen ist." Entsetzt sah ich sie an, als sie das sagte, nahm das Glas dankend entgegen. „Wird er sterben?"
„Ich habe, um ehrlich zu sein, keine Ahnung", seufzte sie und setzte sich zu mir aufs Bett.
„Ich meine, er ist kein guter Mensch, widerwärtig und abscheulich, aber sterben... ich weiß nicht", murmelte ich, war mir so unschlüssig über die Sache, wollte nicht, dass jemand meinetwegen starb, dachte aber daran, was er mir antun wollte und verspürte nichts als Hass ihm gegenüber.
„Es ist schrecklich, aber gerade sollte er uns nicht interessieren. Wie geht es dir psychisch?" Besorgt sah die Blondine mich an und ich schüttelte den Kopf, hatte keine Ahnung im Grunde. „Ich weiß nicht. Ich bin verwirrt, verstört, aber ich werde es überleben", meinte ich, fasste mir an den Hals, erinnerte mich, wie Scott mich dort geküsst hatte und wollte nur noch Duschen gehen, kam mir so schäbig vor, als mir jedoch auch was anderes auffiel. Reeds Jacke.
Ich trug noch meine Sachen von der Party, war auf der Fahrt ja eingeschlafen und Reeds Jacke roch so herrlich beruhigend nach diesem, kein Wunder, dass ich im Traum dachte, er wäre hier gewesen.
„Ich kann verstehen, wenn es dir nicht gut geht, Ally. Das, was gestern war, war traumatisierend. Ich kam nur dazu und hatte Albträume, niemand nimmt es dir übel, wenn du etwas durch den Wind bist."
„Weiß ich doch, aber ich denke, ich habe die Hälfte noch kaum richtig verarbeitet und muss meine Gedanken wohl erst noch ordnen. Wieso bist du überhaupt hier?", fragte ich und sie lächelte. „Cameron hatte Angst dich allein schlafen zu lassen, nicht dass du am Ende an deinem Erbrochenem erstickst oder so, also habe ich angeboten, zu bleiben."
„Erbrochenem? Ich habe gekotzt?"
„Nein, aber es wäre möglich gewesen so fertig wie du warst, ich war verwundert, dass du so gut durchgehalten hast", lachte sie und ich fuhr mir durch mein wirres Haar, konnte nicht glauben, wie dieser unscheinbare Abend geendet hatte.
„Ich gehe nie wieder auf eine Party", murmelte ich und sie musste lachen. „Verständlich. Ich bin auch kein Fan von Partys und werde auch nicht so schnell wieder auf eine gehen, und ich würde auch gern noch länger bleiben und dir Gesellschaft leisten, aber meine Eltern sorgen sich schon um mich. Aber Hayden wollte gleich irgendwann dann vorbeikommen, dann bist du nicht ganz allein."
„Ok", seufzte ich, stand auf und merkte, dass ich noch etwas zittrig auf den Beinen war von allem, doch es würde vergehen. „Hat irgendwer in meiner Familie hierzu eigentlich was gesagt?"
„Du wirst mittags abgeholt fürs Quartier und naja, glücklich sind sie nicht", meinte sie zerknirscht, doch ich hatte nichts anderes erwartet. Meine Eltern würden so wütend sein, ohweh, ich durfte mich da noch auf was gefasst machen.
„Oh man, die werden mich umbringen für diese Aktion", murrte ich, sah Tante Lilien schon vor mir, wie sie mich mit einem Kochlöffel durch die Gegend jagen würde. Sie würden alle enttäuscht sein, dass ich so davonlaufe, wenn sie mich doch nur schützen wollten.
Ich kam mir scheiße vor mit meinem Benehmen, aber es hatte alles so friedlich angefangen, nie hätte ich gedacht, dass es so eskalieren würde.
„Du wirst es überleben, aber erwähne Kellin nicht, wir haben ihn aus der Geschichte ausgelassen, nicht dass hier das komplette Chaos ausgebrochen wäre", sagte sie und ich war froh darüber, sonst wäre ich wirklich Geschichte gewesen.
Nachdem Daisy weg war, duschte ich, putzte mir die Zähne, machte mein Haar etwas und zog mir einen kurzen Schlafanzug an, da alle langen Schlafsachen im Quartier untergebracht waren.
Ich kam mir besser vor mich etwas frisch gemacht zu haben, hatte das Gefühl wenigstens Scotts Berührungen und alles etwas von mir losgeworden zu sein, fühlte mich nicht mehr ganz so mulmig, auch wenn es noch dauern würde, bis ich psychisch wieder ok wäre.
Als ich das Bad verließ, sah ich überrascht zu Hayden, der auf meiner Fensterbank saß und mich amüsiert ansah.
„Haben meine Eltern dich reingelassen?", fragte ich, fand es erstaunlich, dass sie das zuließen, hatte eher gedacht, dass sie niemanden mehr herlassen würden, sicher keinen Wentworth.
„Fuck nein, ich bin durchs Fenster rein", sagte er und ich sah zu meinem offenen Fenster, sah ihn erstaunt an. „Wie hast du das geschafft? Ich bin im dritten Stock!"
„Du hast da eine nette Regenrinne, an der man hochkommt und dein Fenster von außen zu öffnen ist ein Kinderspiel, du solltest dir echt eine Alarmanlage oder Gitter besorgen, das ist gefährlich", merkte er an und ich musste lachen, setzte mich auf mein Bett. „Ich werde es mir merken, und bevor du fragst, mir geht es gut", versicherte ich ihm, kam mir schrecklich vor alle so zu beunruhigen nur weil ich so blöd sein musste aus einem unbeaufsichtigten Becher zu trinken.
„Sicher? Das gestern war echt eine Sache, ich habe dich noch nie so fertig gesehen."
„Ich war schockiert und überfordert und verängstigt, aber es ist ja vorbei, ich lebe und alles ist gut", meinte ich, auch wenn ich das alles noch nicht ganz fassen konnte. „Danke dir aber für alles, dass du da warst, nach mir gesucht hast."
„Du warst plötzlich weg und da habe ich echt Panik bekommen. Habe auf der Suche nach dir so einige verstörende Dinge gesehen", sagte er angewidert und ich musste lachen von seinem Gesichtsausdruck. „Ich bezahle die Therapiekosten."
„Ist doch das mindeste", meinte er amüsiert.
„Was ist eigentlich wegen Scott? Ich meine, wem wird die Schuld für seinen Zustand gegeben?"
„Niemandem bisher. Wir haben unsere Spuren verwischt und es könnte sonst praktisch jeder gewesen sein, auch wenn sie den wahren Täter nie schnappen werden."
„Wieso war Kellin überhaupt da? Wie hatte er wissen können, dass ich dort sein würde?", fragte ich, konnte das irgendwie nicht ganz begreifen. Verfolgte er uns? Wenn ja, wie machte er das so unauffällig? Ich war etwas überfordert damit, jedoch auch entsetzt, wie einfach er da gewesen ist, wie leicht er mich hätte kriegen können, auch wenn ich ihm zu Dank verpflichtet sein müsste, denn wäre er nicht gewesen, wäre der Abend anders ausgegangen.
Hayden wäre zwar irgendwann gekommen, aber es wäre zu spät gewesen und mir würde es nun nicht so gut gehen, so viel stand fest.
„Das ist die Frage, die ich mir die ganze Zeit schon stelle, aber ich habe einfach keine Ahnung", meinte er und fuhr sich durch sein sowieso wirres Haar, spielte mit der anderen Hand gedankenverloren an seinem Nasenring herum.
„Er wollte mich nicht mitnehmen in meinem Zustand, ich verstehe nicht, wieso das irgendwas für ihn ausmacht", sagte ich weiter verwirrt, doch wäre eine unter Drogen gesetzte Frau nicht leichter zu entführen als eine, die bei klarem Verstand war? Ich hätte mich weniger gewährt, hätte nichts tun können, er hätte so ein leichtes Spiel gehabt.
„Wenn ich dir die Fragen beantworten könnte, würde ich es, aber ich habe leider echt keine Ahnung, Kleine. Versuchen wir nicht meinen psychopathischen Bruder zu sehr zu verstehen, so etwas kann einem den Verstand rauben."
„Vermutlich, ich finde das alles nur so... schräg", sagte ich und er lächelte heiter, stand auf. „Ist es auch, aber derzeit kann man nichts an der Lage ändern, aber ich muss leider so wie es aussieht wieder los. Warren will mit mir heute noch reden und mir sicher den Hintern versohlen, dass ich geholfen habe dir aus dem Quartier zu helfen."
„Tut mir leid für den Ärger", sagte ich schuldig, wollte ihn sicher nicht in so eine Lage bringen, hatte gestern einfach für zu viel Chaos und Drama gesorgt, hasste es.
„Ich habe ja mitgemacht und ich würde es jederzeit wieder tun", sagte er und brachte mich zum Lachen. „Ich werde sicher noch darauf zurückkommen, wenn sich die nächste Möglichkeit ergeben sollte."
„Da bin ich mir bei dir sogar echt sicher. Anfangs dachte ich ja, du wärst dieses schüchterne, zurückhaltende Mädchen, aber ich denke, du wirst noch für viel Ärger sorgen", sagte er und kletterte aus dem Fenster, was mich veranlasste, aufzustehen, mit großen Augen zu ihm zuschauen, doch das war doch lebensmüde. „Bist du dir sicher, dass das nicht gefährlich ist?"
„Nein, aber no risk, no fun", sagte er und ich sah zu, wie er geschickt nach unten kletterte, atmete erst auf, als er sicher den Boden erreichte und grinsend schon zwischen den Büschen verschwand. Verrückter Idiot.
Ich nutzte das Bisschen an Zeit mit schlafen. Keiner in meiner Familie sah nach mir und ich war noch nicht bereit auf ein Gespräch, hatte Glück, dass es immer noch recht früh war, sie vermutlich einfach noch selbst schliefen, auch wenn die Zeit schnell verlief, es bald Mittag wäre und ich mich spätestens da dann allen stellen müsste.
Oh, es würde übel werden. Ich wollte nicht angeschrien werden und mir Lektionen anhören über mein Benehmen, doch ich hatte es wohl verdient.
Müde tapste ich ins Bad mit meinem Glas, füllt es auf und tank es in einem Zug leer, kam mir so dehydriert vor von der Party, und das einzig gute war wohl, dass mir noch leicht schlecht war, ich so ausnahmsweise nicht nur an Essen denken konnte. Heute würde ich wohl fasten, was einer so verfressenen Person wie mir kaum schaden dürfte, mir es aber auch erleichtert dem Gespräch auszuweichen, da ich anderenfalls lägst nach unten in die Küche hätte gehen müssen.
Ich ging zurück in mein Zimmer und hätte das Glas vor Schreck fast fallengelassen, als ich Reed auf meinem Bett sitzen sah.
„Bist du auch durch das Fenster gekommen?", fragte ich schrill ihn zu sehen, wo dieser grinsen musste. „Natürlich war Hayden schon da."
„Wenn ich jetzt jedes Mal einen neuen Wentworth hier sehe, kaum verlasse ich das Bad, drehe ich durch."
„Hoffentlich nicht, der nächste Wentworth würde dir nicht gefallen", merkte er an und ich schnaubte, sah, wie er mich musterte und ich spürte, wie meine Wangen sich leicht erhitzten von seinen Blicken. Ich trug immerhin kaum etwas an mir, nur diesen kurzen Schlafanzug, war so seltsam entblößt. Was er wohl dachte, wenn er mich so ansah?
„Dir geht es besser", stellte er fest und ich nickte. „Ich habe gefühlt drei Liter Wasser getrunken, genug geschlafen, geduscht und bin ein neuer Mensch."
„Und dir geht auch gut?", fragte er und ich wusste, dass er damit nicht meinen körperlichen Zustand meinte. Oh, was für ein Wrack ich doch gestern gewesen war. Ich erinnerte mich vage daran, wie er mich getragen hatte, wie ich mich an ihn geklammert hatte. Peinlich. Einfach peinlich, Alice.
„Ich bin etwas verwirrt und entsetzt, aber ich lebe und das ist alles, was gerade zählt", meinte ich seufzend und er nickte, wirkte dennoch nicht glücklich. „Wenn ich gewusst hätte, was dieser schmierige, widerliche Typ-"
„Es ist egal", beruhigte ich ihn, bevor er sich in Rage reden konnte, lief auf mein Bett zu und stellte mein Glas auf den Nachttisch, blieb vor ihm stehen, wo er nun endlich mal zu mir aufsehen musste und nicht wie sonst andersrum.
„Egal? Wäre Kellin nicht gewesen... ausgerechnet fucking Kellin..."
„Ich will wirklich nicht weiter darüber nachdenken, ich will das alles einfach nur am liebsten ganz schnell wieder vergessen", gestand ich ehrlich, wusste, ich hatte kaum ein Recht mich als armes Opfer darzustellen, doch zu wissen, was hätte sein können... mir wurde ganz anders von dem bloßen Gedanken. Ich wollte nur vergessen dürfen, hoffte, sie würden es alle nie wieder erwähnen, als er plötzlich meine beiden Hände in seine nahm, ich etwas aufatmen konnte von der Berührung, seiner Nähe.
„Danke", sagte ich, wusste, dass er es tat, um mir zu helfen.
Ich dachte daran, wie wir uns gestern noch gestritten hatten, doch irgendwie schien der Streit in weiter Ferne zu liegen.
Ich sollte nicht sauer auf ihn sein. Egal aus welchem Grund er diese Bindung auch eingegangen war, er war jetzt gerade für mich da und das nicht wegen Grace, war es so oft gewesen seit wir verbunden waren und da war sie nie von Bedeutung mehr gewesen.
„Ich lasse niemals wieder zu, dass dir so etwas passieren wird", versprach er mir leise, mit einer rauen Stimme, und ich lächelte ihn an, doch wie wollt er so etwas schon versprechen? Es gab so viele kranke Menschen dort draußen, er könnte nicht immer da sein.
„Du kannst das unmöglich versprechen", sagte ich deswegen, keuchte überrascht auf, als er mich zu sich zog, auf seinen Schoß, ich halb auf ihn fiel von dem Ruck, mit dem er mich an sich zog.
Breitbeinig saß ich auf ihm, seine Hände immer noch in meinen und eine Gänsehaut machte sich auf meinem Körper breit von der Nähe, wie unsere Körper fast aneinanderklebten, wie sein Gesicht direkt vor meinem war.
„Ich kann!", erwiderte er selbstsicher, mit so viel Nachdruck, dass man keine Zweifel haben könnte.
Natürlich war es ein unmögliches Versprechen und doch glaubte ich ihm einfach, nickte hilflos, merkte, wie mein Kopf leer wurde von dieser Nähe zu ihm, wie mein Körper sich nach ihm verzehrte, ihm es wohl nicht sehr viel anders erging.
Er ließ meine Hände los, schlang seine Arme nun stattdessen um meinen Körper und er vergrub sein Gesicht an meiner Schulter, atmete tief durch und ich war ganz wirr von seiner Nähe, seinem himmlischen Duft, wie sein Haar meine Haut kitzelte, wie sicher ich mich hier bei ihm fühle.
„Ich werde nicht noch eine Partnerin verlieren oder so etwas durchmachen lassen", murmelte er und ich strich ihm sanft über seinen Kopf, sein weiches Haar, wurde traurig von der Art, wie seine Stimme zitterte, wie verzweifelt er klang, als er sprach.
„Es ist doch alles gut", besänftigte ich ihn einfühlsam, brachte ihn dazu, wieder aufzusehen. „Ich hätte derjenige sein sollen, der ihm den fucking Schädel bricht", meinte er und ich schüttelte den Kopf, wollte mir das gar nicht vorstellen müssen. „Nein. Ich bin froh, dass du es nicht warst, Scott ist das nicht wert, ist den Ärger nicht wert."
„Ich will sehen, wie irgendwer versuchen würde mich einzusperren", lachte er erheitert von dem bloßen Gedanken, ließ sich auf den Rücken fallen und zog mich dabei mit sich, so dass ich nun auf ihm lag, merkte, wie mein Herz das Rasen anfing, mein Körper kribbelte. Oh Gott, er würde noch mein Tod sein, hatte er eigentlich eine Ahnung, was er mir mit so etwas antat? Mein Hormonspiegel drehte durch, doch auf einem so attraktiven Kerl wie ihm zu liegen, mir wurde ganz anders und er machte es nicht besser, in dem er meine Seiten entlangstrich, mich halb zum Kollabieren brachte.
Einfach atmen, Alice, immer weiter atmen und alles wird gut werden. Ok, nichts wird gut werden, gar nichts, als er uns umdrehte, er nun über mir gekauert war, auf mich hinabsah mit einem Blick... oh mir wurde ganz anders.
„Reed", hauchte ich leise, wusste gar nicht, was ich sagen wollte, da mein Kopf leer war, aber er erwartete keine Worte, fing nur wie vor einer Woche schon im Gang bei Chris an damit, meinen Hals mit Küssen zu bedecken, und anders als bei Scott fühlte es sich gut an, richtig, so dass ich meine Augen schloss, mich dem Gefühl hingab, so von ihm berührt zu werden.
Er küsste meinen Hals, weiter hinab zu meinem Dekolleté und das ließ mich schon ganz schwach unter ihm zurück, ließ mich wie eine Puppe fühlen, unfähig mich zu bewegen, wollte es auch gar nicht. Er könnte mich ruhig überall küssen, wo er wollte, ich war machtlos dagegen anzukämpfen, würde mich ihm blind und ohne auch nur eine Sekunde zu zögern hingeben, kam mir nie sicherer bei etwas vor.
Unsere Seelen waren eins, je näher ich ihm war, umso besser ging es mir, umso glücklicher wurde ich.
Als er dann aber wirklich anfing, mein Oberteil leicht hochzuschieben, meinen Bauch nun küsste, da war es völlig um mich geschehen. Ich wollte ihn. Ich wollte ihn so sehr, so sehr wie ich noch nie vorher jemanden gewollt hatte.
Woher kam dieses Verlangen so plötzlich? Mein Körper brannte von seinen Berührungen, ich wollte ihm am liebsten die Kleider vom Leibe reißen und ihn spüren.
Er küsste jede Stelle, die er erwischen konnte, strich mit seinen Händen über meine Oberschenkel, weiter nach innen und wie von alleine spreizte ich meine Beine mehr.
Mir entwich ein Keuchen, ich drohte zu schmelzen unter ihm, wollte ihn endlich küssen dürfen, wollte ihn endlich richtig küssen, nicht wie im Irrgarten, nicht nur auf meinem Hals oder Bauch, ich wollte seine Lippen spüren wie damals im Wald, wollte spüren, wie sehr er mich wollte.
Ich zog ihn an seinem Oberteil wieder hoch, sah, wie er atemlos mein Gesicht ansah, wie glühend sein Blick wirkte, als er endlich nachgab. Er presste endlich gierig seine Lippen auf meine, brachte mein Stöhnen zum Verstummen und bereitwillig gab ich nach. Meine Augen fielen mir zu, mein Mund öffnete sich weit genug, dass unsere Zungen aufeinandertreffen konnten und ich glaubte zu explodieren vor Glück und Freude. Mir war es kurz egal, dass wir zwei so unsere Differenzen miteinander hatten, dass es vieles gibt, das wir vorerst vielleicht klären sollten, ich war zu verrückt nach ihm und meinem Verlangen nach ihm.
Viel zu schnell löste er in meinen Augen den Kuss wieder, doch er hörte nicht auf. Er sah mir in die Augen, während seine Finger mit meinem Hosenbund spielten, er diese langsam hinab zog und ich schlang meine Arme um seinen Nacken, sah ihn mit einem glühenden Blick an.
„Du wolltest gestern unbedingt mit mir reden", hauchte ich, ließ zu, dass er mir die Hose von den Beinen streifte, fand es eigenartig, untenrum so entblößt zu sein, trug rein gar nichts mehr nun, wo die Hose fort war, doch solange er weiter in meine Augen sah, schien ich kaum etwas davon mitzukriegen.
„Das kann noch kurz warten", murmelte er, streichelte mit seiner einen Hand mich nun dort, wo es am meisten nach mehr verlangte und ich seufzte zittrig, sah, wie er grinste.
„Schließe die Augen, Herzblatt", sagte er und wie verlangt fielen meine Augen wieder zu und ich spürte, wie er seine Küsse wieder über meinen Hals verteilte, küsste meinen Bauch, ehe er die Innenseiten meiner Oberschenkel mit Küssen bedeckte, nach unten gerutscht war. Ich krallte mich an meinem Bettlaken fest von dem Gefühl, wie nahe er mir war, wie jeder Kuss ein unbeschreibliches Gefühl in mir auslöste. Ich biss auf meine Unterlippe, zwang mich, keine Geräusche von mir zu geben, was praktisch unmöglich würde, als er seine Lippen endlich dort platzierte, wo es die stärkste Wirkung erzielte, und ein gedämpftes Stöhnen entwich mir. Ich streckte ihm mein Becken entgegen, glaubte vor meinen geschlossenen Augen Sterne zu sehen von dem Gefühl dort von Reed mit seinem Mund, seiner Zunge berührt zu werden, hatte so eine Erfahrung bisher noch nie mit einem anderen Kerl geteilt, wollte sie niemals mit irgendeinem anderen Kerl teilen müssen. Ich wollte allgemein niemals wieder von einem anderen Kerl so berührt, geküsst werden, wollte keinem anderen jemals nahekommen müssen.
„Oh Gott", stöhnte ich leise, atmete schwerer und ließ von dem Laken ab, vergrub meine Hände in seinen Haaren, hielt mich dort fest, hatte keine Ahnung, wie er das tat, doch ich verging jede Sekunde mehr vor Lust, hatte meine Beine so sehr gespreizt wie es nur ging, erschauderte davon, wie er mit seinen Händen diese entlangstrich, und mein Höhepunkt überwältigte mich zutiefst. Ich biss mir nur erneut auf die Unterlippe, um mich ruhig zu halten, löste meinen Griff um Reed, um ihm nicht am Ende die Haare herauszureißen und klammerte mich stattdessen zum einem am Bettpfosten neben mir fest und zum anderen wieder an dem Bettlaken. Eine Art Wimmern entwich mir, so gut fühlte es sich an, und erst als ich glaubte, mich im Griff zu haben, ließ ich von meiner armen Unterlippe ab, hörte mich schwer atmen, war ganz verschwitzt und könnte gleich wieder duschen gehen. Grinsend kam Reed wieder zu mir hoch, leckte sich über die Lippen und lehnte sich über mich, wo ich weiterhin nach Luft ringend sein Gesicht in meine Hände nahm.
„Ist jetzt der richtige Moment zum Reden?", fragte ich und er lächelte leicht.
„Vielleicht. Ich wollte dir nur das sagen, weswegen ich auch gestern ins Quartier gekommen bin."
„Um was geht es?"
„Um uns", sagte er und ich verzog das Gesicht, wollte es gerne klären, doch die Antwort würde nur wieder so sehr schmerzen, ich wusste nicht, wie ich das verkraften sollte.
„Dann bin ich wohl diejenige, die nicht bereit für das Gespräch ist."
„Aber-"
„Ich will nicht gleich wieder alles ruinieren und streiten", merkte ich an und er wirkte kurz etwas zerknirscht.
„Wieso denkst du, dass wir streiten werden?"
„Weil wir so verschieden sind. Schau uns an", merkte ich lächelnd an, doch er wirkte nicht unterhalten, eher traurig und ich verstand nicht, was ihn so zu schaffen machte. Er vergrub sein Gesicht in meiner Halsbeuge, küsste mich ganz leicht dort und ich schlang meine Arme um ihm, genoss es, ihn so halten zu können, wünschte mir, dass wir uns öfters nahe sein könnten, dass wir es könnten ohne all die Dramen, doch mit uns würde es immer Drama geben.
„Ich finde nicht, dass wir verschieden sind", murmelte er, sah auf und etwas verwirrt sah ich ihn an, begriff nicht so recht, was er versuchte mir zu sagen, doch es spielte in dem Moment sowieso keine Rolle mehr.
„Alice!" Es klopfte an meiner Türe, erschrocken setzte ich mich auf, schubste Reed halb von mir herunter, denn das Ertönen der Stimme meiner Mum hatte mich verschreckt und auch gleich die ganze Stimmung aufgelöst.
„G-Gleich, ich ziehe mich um, komm nicht rein!", rief ich, wollte auf gar keinen Fall, dass sie hier reinkommt.
Wenn sie Reed sieht, würde sie durchdrehen, wenn sie sieht, wie nahe Reed und ich hier gerade waren, ich keine verdammte Hose mehr trug, würde sie meinen Vater holen, der ihn mit dem Gewehr aus dem Haus scheuchen würde.
Ich konnte mit Blicken Reed verdeutlichen, dass er gehen musste und ohne zu zögern, eilte er zum Fenster, kletterte wie Hayden zuvor mit Leichtigkeit einfach aus diesem raus, als ob das keine Herausforderung wäre, und ich stand vom Bett auf, zog mir die Hose wieder an und hoffte, nicht ganz so zerzaust auszusehen.
„Fertig", schrie ich und meine Mutter trat ein, sah mich kritisch an. „Du hast dir einen Schlafanzug angezogen?"
„Es ist gemütlich", verteidigte ich mich und sie nickte lediglich, musterte mich. „Wie geht es dir?"
„Gut, wirklich und ich weiß, du bist sauer, aber-"
„Ich bin nicht sauer, Alice, ich bin enttäuscht!", sagte sie, klang wirklich nicht glücklich, und schuldig knirschte ich mit den Zähnen. „Ich weiß aber-"
„Wir versuchen alles, um dich in Sicherheit zu wiegen, geben alles und du dankst es uns, indem du abhaust auf irgendeine Party? Dir hätte sonst was passieren können!"
„Es tut mir leid", sagte ich, fühlte mich miserabel, wollte sie nicht so enttäuschen müssen, doch wieso verstand denn keiner, dass diese ganze Überwachung mich krank machte? Ich konnte so nicht ewig weitermachen.
„Zieh dir einfach was anderes an, die anderen kommen gleich, um dich mitzunehmen und du solltest sie nicht warten lassen." Mit den Worten ging sie wieder und seufzend setzte ich mich hin, kam mir schäbig vor, war gleichzeitig aber noch so durcheinander von dem, was gerade mit Reed war. Was war das nur zwischen uns? Wieso tat er das? Mich so zu küssen, mir so nahe zu kommen? Die wichtigere Frage war wohl aber auch, wieso ich das zuließ, sogar noch mehr wollte? War es einfach unsere gegenseitige Anziehung? War da mehr dahinter? Ich dachte darüber nach, was ich für ihm empfand, hatte mir ja längst eingestanden ihn zu mögen, dass er mir wichtig war, aber wieso wollte ich ihm auf so eine Art nahe sein?
Ich fuhr mir durchs Haar, müsste Elin anrufen, allein um sie zu beruhigen, nur mir fehlte die Zeit, weswegen ich ihr lediglich einen Text schrieb, wo ich sagte, dass alles gut wäre. Später würde sie einen ausführlicheren Bericht erhalten und vermutlich völlig durchdrehen, wenn sie erfährt, was alles geschehen war, seit unserem letzten Telefonat.
Ich zog mich niedergeschlagen und ganz durcheinander um, lief frustriert mit Reeds Jacke in der Hand nach unten, müsste sie ihm bei unserem nächsten Treffen wiedergeben, auch wenn ich sie gern behalten hätte, den Geruch von ihm liebte, es liebte, etwas von ihm zu haben. Oh, meine Hormone waren wirklich am Überdrehen.
„Ally." Überrascht sah ich zu Dari, als ich unten ankam, der Kleine gerade am Esstisch einen Pudding aß, und glücklich ihn zu sehen, lief ich auf ihn zu. „Hey Kleiner", sagte ich, vermisste ihn sehr.
In der Zeit hier hatte ich ihn kaum gesehen, nur ab und an im Quartier, wenn er Unterricht hatte, doch ich vermisste es ihn Rund um die Uhr bei mir zu haben, seine Geschichten zu hören über seinen Tag, mit ihm zu spielen, seine ganze Gesellschaft im Grunde
„Bist du jetzt wieder hier?", fragte er aufgeregt und traurig schüttelte ich den Kopf, strich durch sein dunkles Haar. „Leider nicht."
„Oh man, wie lange dauert das noch? Ich habe keine Lust mehr hier ohne dich zu sein", jammerte er und mir ging es ja kaum anders.
„Ich hoffe nicht mehr lange. Wie geht es dir so? Wie läuft die Schule, ist alles ok?"
„Alles supi, aber Mathe ist so schwer, ich verstehe gar nichts mehr und meine Lehrerin ist blöd."
„Dann wirst du nicht glücklich sein, wenn ich dir sage, dass es von da an nur noch schlimmer in dem Fach werden wird", lachte ich und er sah nicht glücklich aus. „Nicht witzig, Ally."
„Ich sage nur die Wahrheit", scherzte ich, als meine Tante den Raum betrat, die heitere Stimmung schlagartig verschwand, ich schwer schluckte von der Art, wie sie mich kritisch musterte.
„Also bist du wach."
„Ihr alle könnt euch dieses ganze schlechte Gewissen einreden sparen, ich weiß es war ein Fehler, es tut mir leid, ich habe meine Strafe am eigenen Leibe erfahren, lasst gut sein", sagte ich, wollte das alles nicht immer und immer wieder durchgehen.
„Du solltest einfach mehr dazu beitragen, dich selbst zu schützen, Alice. Ich will nicht nochmal mitansehen, wie einer meiner Nichten verschwindet", sagte Lilien trocken und ich seufzte genervt, hatte es doch kapiert, nahm das alles auch nicht auf die leichte Schulter, nur war es einfach alles eine scheiß Situation und keiner schien meine Sicht der Dinge zu verstehen.
„Diese Familie", murmelte ich leise, als sie wieder ging und Dari lachte amüsiert. „Beschwere dich nicht, ich muss mich um sie alle kümmern, wenn du weg bist."
„Und du machst einen hervorragenden Job, da bin ich mir sicher", sagte ich erheitert, rieb mir die Schläfen, freute mich schon auf das Theater im Quartier.
Wörter: 4702
Aloha :) Hach es ging mal wieder etwas heißer her, aber ich hoffe es gefällt euch dennoch. Würde mich über eure Meinung freuen xx
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