Kapitel 64 || Zerstörung
PoV Manuel
Der Weg in die Stadt verlief ohne Zwischenfälle und nichts Anderes hatte ich erwartet. Die Angreifer hielten sich bedeckt, die Feuer der letzten Stunden brannten langsam aus und seitdem es keine Explosionen mehr gegeben hatte, schien auch die Border nicht weiter kaputt gegangen zu sein. Langsam setzte das, für Nyas Nacht so charakteristische, Dämmerlicht ein.
Alle Einwohner schienen sich hinter den Tempelberg geflüchtet zu haben und ich mochte im Moment nicht darüber nachdenken wie viele Tote der Angriff gefordert hatte. Auch bei dem Kampf des Widerstandes hatte nicht nur Harald sein Leben verloren. Es hatte vier von Schmiddis Anhängern und zwei der Widerstandskämpfer getroffen, doch es hätten weit mehr Tote sein können. Ich hatte gesehen, dass viele der Kämpfenden darauf bedacht waren niemanden zu töten, wenn gleich auch es viele Verletze gegeben hatte. Irgendwo schienen die Menschen immer noch zusammen zu gehören. Mein Magen zog sich zusammen, als ich an den Mann dachte, der so verzweifelt über dem Körper seiner jungen Frau kniete und versuchte ihre Wunden zu versorgen, obwohl klar gewesen war, dass sie es nicht schaffen würde.
Es gab so viele Schicksale und jedes Einzelne von ihnen ging mir so nah wie ich es niemals für möglich gehalten hatte. Nun das Geschehen der letzten Monate hinter sich zu lassen, fühlte sich erleichternd an. Es war die Möglichkeit all das was ich gelernt hatte mit mir selbst zu vereinbaren und all das was ich an dieser Welt hasste zurück zu lassen. Ein Neuanfang.
Es wirkte wie eine Kurzschlusshandlung, die im ersten Moment schien, als könne sie alle Probleme lösen. Ich wusste, dass sie das nicht konnte, trotzdem hatte ich mich ohne nachzudenken dafür entschieden.
Vor uns lagen die ersten Häuser, sie säumten eine Straße, die uns sicher ins Innere der Stadt führen würde. Zwar zu dem Ort, an den wir wollten doch gleichzeitig auch mitten in die Hände der Feinde. "Wir müssen vorsichtig sein und uns beeilen. Wer weiß was passiert, wenn sie uns entdecken.", flüsterte ich und Patrick nickte. "Ich kenne einen Weg, es ist ein Trampelpfad, der an vielen Gärten und Ställen vorbei führt. Dort sind wir sicherer, nur das letzte Stück ist ungeschützt."
Mit einem Lächeln griff er nach meiner Hand und führte mich hinter die großen Gutshäuser, deren Besitzer es sich leisten konnten am ruhigen Stadtrand zu wohnen. Der Weg war zu beiden Seiten bewachsen mit Gräsern und Nesseln, die an einigen Stellen den Zäunen der Gärten oder einigen jungen Bäumen weichen musste. Patrick hatte nicht zu viel versprochen, hier schien kaum jemand lang zu kommen, doch mit der Zeit wurde der Pfad breiter. Ab und an lag er im Sichtfeld der Fenster und die wilden Pflanzen zu seinen Seiten wurden immer weniger, bis er schließlich in eine gepflasterte Straße mündete.
"Und jetzt?", wollte ich wissen. Ich sah nach links und rechts. Zwar konnte ich nirgends eine Person entdecken, hörte jedoch leise Stimmen von irgendwoher, die Patrick nicht wahrzunehmen schien. "Ich bin mir nicht ganz sicher, lass mich kurz nachsehen." Anspannung stand in seinem Gesicht und ich konnte sie nur allzu gut verstehen, dennoch wirkte er Entschlossen. Ich antworte ihm nicht.
"Manu, ich bin gleich wieder da. Lass mich nur ein Stück laufen um zu sehen ob ich die Straße widererkenne.", redete er auf mich ein. Ich konnte ihm das nicht verbieten, auch wenn ich mir Sorgen machte. Trotzdem wartete er auf mein zustimmendes Nicken, bevor er sich auf den Weg machte.
Sobald Patrick ein Stück entfernt war, konzentrierte ich mich mehr auf die Stimmen, die immer näher zu kommen schienen. Langsam schlich ich in die Richtung aus der sie herüber wehten und verstand immer besser einige Wortfetzen: "...nicht denken... Feuer." Eine andere Person schien zu antworten: "... die ganze Stadt treffen... so laut..." "...verdient - in Frost." Ein ungutes Gefühl verfolgte mich, ein Gefühl, dass mich immer weiter durch die Straße zog, weg von Patrick. Die Beiden schienen auf der anderen Seite der Häuser zu sein.
Ich sah mich kurz um, etwas vor mir lagen die Scherben eines eingeschlagenen Fensters am Boden und ich stellte fest, dass das Loch groß genug war um hindurch zu klettern. Leise zog ich mich am Sims des Fensters hoch, den ich gut erreichen konnte und schwang die Beine über die Scherben die noch im Rahmen hingen. Beim hindurch springen streifte ich mit der Hand eine scharfe kannte die einen schmalen Schnitt darauf hinterließ.
Das Zimmer war verwüstete, ein Regal umgeschmissen und Bücher über den Boden verteilt. Noch nie hatte ich so viele Geschichte und so viel Wissen gesehen, dass einer Familie alleine gehören sollte. Bücher waren in Varia eine Kostbarkeit und ich war immer stolz gewesen wenigstens ein wenig in ihnen lesen zu können. In der Zeit bei Joe hatte ich viele Stunden damit verbracht und war richtig gut geworden, doch auch der alte Farmer hatte nur wenige der gebundenen Seiten besessen.
Nun hörte ich nicht mehr nur die Stimmen der beiden Personen, sondern auch ihre Schritte und etwas das klang als würde feiner Sand aus einem Holzeimer auf den Steinboden geschüttet. "Von wo aus werden wir uns das Spektakel denn ansehen? Hat Kareg sich das auch ausgedacht?" "Klar, er würde sich das doch nicht entgehen lassen. Von den Bergen im Osten hat man einen guten Blick auf die Stadt. Mir tut nur der arme Mann leid, der das ganze anzünden muss. Wird laut für ihn." Einer der beiden kicherte. "Findest du nicht es fühlt sich gut an? Fast wie eine Revolution." "Das ist eine Revolution Irkim.", versicherte ihm der Andere.
Gebannt schlich ich an ein Fenster, dass zur anderen Seite des Hauses zeigte, obwohl ich mir schon zusammenreimen konnte was ich sehen würde. Meine Vermutungen bestätigten sich, als ich die stetige Spur des Sandes entdeckte, den ich schon auf den Boden hatte rieseln hören. Doch das war kein Sand, es war Schwarzpulver, wie es auf den Schwarzmärkten von Varia zu Haufe gehandelt wurde.
Eine Sekunde lang stand ich wie versteinert da, dann wurde mir bewusst, dass die Zeit zwischen unseren Fingern zerrann, wie das dunkle Pulver in den Fugen der Pflastersteine und ich fuhr auf dem Absatz herum. Ich musste zu Patrick!
Izy
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top