Kapitel 48 || Glockenschläge
PoV Manuel
Ein penetrantes Gurren weckte mich. Seit ich in diesem Gefängnis war, zählte schlafen zu meine Hauptbeschäftigungen. Noch etwas orientierungslos sah ich mich um, bis mein Blick auf das kleine Fenster über mir fiel. Eine weiße Taube saß dort zwischen den Gitterstäben. Ich runzelte die Stirn. "Was machst du hier? Das hier ist kein Ort für so ein reines Geschöpf, wie dich. Aber nett, dass du mir Gesellschaft leisten willst." Ich lachte auf. "Jetzt rede ich schon mit Tauben..." Doch selbst als ich aufstand, tat sie nichts, flog nicht davon, machte keinen Laut mehr. Einzig sah sie mich auffordernd an. Erst da entdeckte ich den Schmalen Zettel, der zusammengefaltet an ihr linkes Bein gebunden worden war. Schnell vergewisserte ich mich, dass ich nicht beobachtet wurde, dann schnürte ich ihn vorsichtig los. Augenblicklich flog der Vogel davon. Ich schüttelte den Kopf und ließ mich auf meine Pritsche sinken. In krakeliger Schrift war eine Nachricht an mich verfasst worden, wie groß wäre schon der Zufall, dass die Taube es an den falschen Manuel lieferte, der zufällig auch in Not war?
Manu, wir versuchen unser Bestes, dich daraus zu holen. Die Gerichtsverhandlung ist morgen. Ich liebe dich, Patrick
Ein Lächeln tat sich auf meinen Lippen auf. Die Tage über hatte ich es aufgegeben, sauer auf ihn zu sein. Wenn ich ihn bei der Gerichtsverhandlung das letzte Mal sehen sollte, wollte ich nicht, dass wir im Bösen auseinander gingen. Schnell versteckte ich das Papier in meiner Hosentasche, dann ließ ich mich wieder sinken. Was könnte ich schon besseres machen, als meinen letzten Tag zu verschlafen?
Eisen, dass auf eines Schlug. Das Rascheln eines Schlüsselbunds. Ein klickendes Schloss, daraufhin das quietschen einer alten Tür. Ich schlug die Augen auf. Ein Wachemann war über mich gebeugt, bereit mich zu wecken. "Lass deine dreckigen Finger von mir.", zischte ich. "Aufstehen.", befahl er, ohne weiter darauf einzugehen. Ich gab mich dem hin. Mir war mulmig, ein wenig schlecht sogar. Als ich meine ersten zwei Schritte getätigt hatte, schrumpfte mein Sichtfeld, bis ich nur noch Wage meine Füße erkennen konnte. Alles um mich drehte sich. Kurz blieb ich stehen, stützte mich ab. "Geh weiter! Los, ich hab nicht den ganzen Tag zeit." Ich wartete einen Moment, bis sich meine Atmung beruhigte. "Nicht einschlafen." "Wenn du mich den Rest des Wegs tragen willst, bitte." Er schnaubte verächtlich, wartete aber auf mich. Ich ließ mir extra ein wenig mehr Zeit, als ich brauchte. Dann lief ich weiter.
Als die Tür meiner Kutsche geöffnet wurde, musste ich die Augen zusammenkneifen. Die Sonne blendete, es musste Mittag sein. durch eine kleine Unterführung wurde ich in eine Art Amphitheater gebracht, musste in der ersten Reihe platz nehmen. Wenig später kam Patrick zusammen mit seinen Eltern herein. Sie setzten sich zwei Ränge über ihn, er bekam den Stuhl neben meinem zugeteilt. Weit genug weg, dass wir uns nichts antun konnten, doch nah genug, dass ich jedes kleineste Detail seines Gesichts betrachten konnte. Er hatte dunkle Augenringe, seine Augen kniff er genauso stark wie ich zusammen. Sein Blick wandte sich zu mir, ein müdes Lächeln huschte über sein Gesicht, zu schnell, als dass irgendwer sonst es sehen konnte. Ich erwiderte es, dann drehte ich mich nach vorne. Die Ränge uns gegenüber füllten sich, die über uns ebenfalls. Die schmaleren Seiten waren von Kuppeln überdacht, zeigten, dass dort wichtigere Persönlichkeiten Platz hatten. Meine Annahme bestätigte sich, als sich dort Schnösel in Anzug und Frauen in Abendkleidern versammelten, die rechte Seite blieb nach wie vor frei.
Erst als aus der Ferne zwölf Glockenschläge herangeweht wurden, traten drei Personen, zwei Männer und eine Frau, hervor. Allesamt trugen sie einen hellblauen Anzug und eine gelbe Krawatte. Die Farben Nyas, wenn mich nicht alles täuschte. Die Frau und einer der Männer setzten sich hin, der Andere, er trug einen Zylinder, ging ein paar Schritte vor und hielt eine begrüßende Ansprache. Das Volk applaudierte, dann setzte er sich und begann er meine und Patricks Vergehen vor zu lesen.
trolli
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