Kapitel 31 || Familiensache

PoV Manuel

Wir saßen beim Abendessen, Mathilda hatte Suppe gekocht und wieder einmal wurde mir bewusst, dass dies wohl der einzige Ort war an dem ich mich wirklich geborgen fühlte. Eine leise Stimme in meinem Inneren flüsterte, dass sich das geändert hatte, seit Patrick bei mir war doch ich ließ sie nicht zu Wort kommen. Es macht mich so unfassbar verletzlich jemanden zu lieben.

Als ich noch ein Kleinkind gewesen war, hatte meinem Großmutter mir erzählt Liebe sei das schönste Gefühl was es gäbe. Es fühlte sich an als ob tausende kleine Vögel in deinem Bauch fliegen und dich kitzeln würden. "Sie kitzeln dich jedes Mal wenn du diese ganz besondere Person siehts, so dass du lächeln musst und wenn es der Person schlecht geht, picken sie dich mit ihren Schnäbeln, dass du Bauchschmerzen hast, bis du weißt dem Menschen geht es besser.", ein sanftes Lächeln breitet sich bei diesen Erinnerungen auf meinem Gesicht aus. Ich hatte nur wenige Erinnerungen an meiner Familie und wenn waren es nur schlechte, doch meine Oma hatte einen Platz in meinem Herzen.

"Woran denkst du?", wollte Matilda von mir wissen, sie hatte wohl meinen Gesichtsausdruck bemerkt. "An Tuli.", antwortet ich kurzangebunden und auch meine Schwester lächelte beim Namen unserer Großmutter, dann wandte sie sich Patrick zu: "Du weißt sicher kaum etwas über unsere Familie, Manuel ist verdammt schweigsam."

Patrick nickte und warf einen unsicheren Blick zu mir, es war niedlich wie sehr er sich darum sorgte ob ich nicht wollte, dass er etwas über mich erfuhr. "Ich... also ich weiß nicht sehr viel über Varia, ich komme... nicht von hier.", antwortete er zögerlich. Überrascht sah Mathilda ihn an. "Du bist aus dem Land der Sonne?", wollte sie mit großen Augen wissen und war höflich genug um zu verschweigen wie wenig wir Nya leiden konnten.

"Lasst uns über etwas anderes Reden.", sagte ich schnell. Ich wollte nicht, dass Patrick an sein eigentliches Zuhause erinnert wurde, zu groß war die Gefahr er würde dort hin zurück wollen. "Wie... geht es den Anderen?", überwand ich mich zu fragen. Ich hasste es über meine Familie zu reden, ich sah mich nicht als ein Teil von ihr, also konnten sie mir, bis auf Mathilda und Tuli, alle egal sein. Mathilda schnappte nach Luft und starrte mich einen Moment sprachlos an, bevor sie anfing zu lachen.

"Dass du einmal nach unsere Familie fragen würdest Manuel. Ich hätte nicht gedacht dass ich das einmal erleben würde." "Warum?", wollte Patrick neugierig wissen. Mathilda wollte ihm schon antworten, doch ich kam ihr zuvor: "Meine Familie kann mich nicht leiden. Und damit habe ich es noch nett ausgedrückt.", ich schwieg einen Augenblick lang. "Wir hatten nie besonders viel Geld und ich wollte nicht einsehen, dass ich für immer in dieser dreckigen Stadt arbeiten sollte, nur um zu helfen alle durch zu füttern. Denn wenn meine Mutter eines noch weniger hatte als Geld, war das Liebe. Wegen meines Wunsches eines Tages ein eigenes Leben zu führen hat sie mich zum Sündenbock für alles gemacht. Jede Krankheit habe ich angeschleppt, jedes verdorbene Essen hätte ich mit Absicht schlecht werden lassen und an jedem Streit hatte ich die Schuld. Irgendwann bin ich abgehauen, das war an einem Abend wo mein großer Bruder mich verprügelt hatte, weil ich ihm etwas zu essen geklaut habe, ich war immer der, der am wenigsten bekam. Seit ich elf bin komme ich allein klar und die Menschen die sich einmal meine Familie genannt haben sind mir so egal wie kaum etwas Anderes. So viel zu meiner Familie, mehr brauchst du nicht wissen.", erklärte ich und legte so viel Entgültigkeit in den letzten Satz wie möglich.

Betroffenes Schweigen war eingetreten als meine Schwester zu erzählen begann. "Mutter ist eine schreckliche Frau, doch ich bin immer mit ihr klar gekommen. Zumindest bis Vater gestorben ist. Ich hatte mich verliebt in einen jungen Mann, der nur vorübergehend in der Hauptstadt lebte. Nach eine Streit bin ich mit ihm hier her gekommen. Leider ist auch er viel zu früh von uns gegangen.", schloss sie traurig nur um Patrick kurz darauf lachend an zu sehen. "Wir sollten über etwas weitaus erfreulicheres reden, immerhin sind wir alle wohlauf und haben Menschen die wir mögen um uns. Erzähl doch gerne, warst du ein mal verliebt?"

Ich hatte erwartete, dass er vielleicht rot werden würde und von jemanden aus seiner Heimat erzählen würde und wollte es eigentlich gar nicht hören. Doch er zuckte die Schultern. "Ich glaube nicht, klar habe ich Freundinnen die ich nett finde, aber verliebt war ich nie in sie."

Matilda lachte herzlich und fragte dann neugierig: "Und in einen Jungen?" Patrick blinzelte irritiert. "Wie?" Ich schnaubte belustigt: "Na ob du mal in einen Jungen verliebt warst?"

Er starrte mich verwirrt an. "Aber ich bin doch selber ein Junge." "Na und?", wieder lachte Mathilda. "Wenn du ein Mädchen lieben möchtest tust du das und wenn du eine Jungen lieben möchtest dann auch. Warum denn nicht?"

"Ich wusste nicht, dass das geht. Ich dachte Jungen können nur Mädchen lieben und anders herum.", versucht er zu erklären. "Ihr seid schon schräg. Es ist doch viel schöner wenn jeder lieben kann wen er will.", lächelte meine Schwester. Ich verzichtete darauf etwas zu sagen und hört den Beiden nur zu. "Ich glaube, zu Hause weiß niemand  dass das geht, aber natürlich klingt es eigentlich logisch.", stellte Patrick ebenfalls lächelnd fest.

Wir saßen noch ein Weile zusammen am Tisch, doch irgendwann bat Mathilda uns schlafen zu gehen. Die Phantoms konnten uns im Haus zwar nichts anhaben, doch keiner im Dorf sah sie gerne. Viel zu lange lag ich wach, die Gedanken die in meinem Kopf wild umher wirbelten wollten mich einfach nicht zur Ruhe kommen lassen. Schließlich stand ich leise auf und lief zu Mathilda.

Verschlafen blinzelte sie mich an als ich die Tür öffnet und herein kam. "Ich weiß, ich habe lange nicht gefragt, aber singst du für mich?", flüsterte ich leise. Eigentlich wäre es mir unangenehm das zu fragen, doch in diesem Moment wusste ich, dass sie einfach für mich da sein würde. Sie schlug im Dunkeln ihre Decke zurück, so dass ich mich zu ihr in das große Bett legen konnte. "Du magst ihn wirklich oder?", wollte sie wissen, doch ich antwortete nicht. Leise begann sie das Schlaflied unserer Großmutter zu singen und das warme Gefühl von unglaublicher Geborgenheit, bekam ich gar nicht mehr wirklich mit.

Geschrieben von
IzyMoonlight

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