Kapitel 1
„Ja, süße! Ja!" Ich war gerade auf einen der großen Bäume geklettert und meine Mutter feuerte mich von unten an. „Du wirst noch zu einem richtigen Avatar!" „Einer der Wald Na'vis? Wann darf ich sie kennenlernen Mutter? Wann?" „Bald süße, bald. Habe noch etwas Geduld."
Jeder besitzt schöne Familienerinnerungen, sofern man eine alleinerziehende, ausgestoßenen Mutter, mit ihrem kleinen Kind, Familie nennen kann. Dass, woran ich mich noch, an meine Mutter erinnere, hat schon lange angefangen zu bröckeln, gar wurde sie, von mir, vergessen. Aber nur fast. Meine Mutter würde immer ein Teil von mir sein. Doch ich muss auf mich selber aufpassen und da denkt man nicht immer an sie. Tagsüber. Nachts oder wo ich Zeit zum ruhen habe, ist es ganz schlimm und ich denke ständig an sie. Es tut weh. Sehr weh.
„Du kannst gut auf dich selber aufpassen, Niara. Du bist schon groß. Irgendwann lass ich dich alleine. Du wirst es schaffen. Du schaffst das!"
Sie wusste das sie sterben würde. Schon früh. Sie hatte es mir versucht zu erklären, auf die sanfte Art einer Mutter. Ich hatte es nicht verstanden. Doch ich war mutig, ich bin mutig. Viele Dinge erinnerten mich immer wieder an sie. Vielleicht hab ich versucht sie zu vergessen, um den Schmerz zu überdenken. Es ist so schwer, die einzigste Person die man je kannte zu vergessen.
„Ich hab schon zu lange gewartet, Mom! Wann darf ich sie endlich sehen. Ich bin trainiert genug!" „Es ist kompliziert, Niara. Zu kompliziert."
Ich hatte meine Mutter gut gekannt. Wir kannten uns gar gegenseitig auswendig. Doch sie hatte Geheimnisse. Früher hatte ich sie nicht verstanden. Nicht kapiert was sie mir verheimlicht. Doch jetzt weiß ich es besser. Ausgestoßen und verbannt von dem Stamm der Na'vis. Warum wusste ich nicht. Ich konnte es auch nicht wissen. Sie hatte es mir nicht erzählen wollen. Vielleicht hätte ich es vor sieben Jahren nicht verstanden. Jetzt bin ich dreizehn. Ich verstehe jetzt schon viel mehr. Vielleicht hätte es mir Mutter jetzt erklärt, doch sie ist Tod. Und das einzigste was ich jetzt noch von ihr habe, ist die Erinnerung. Die schönen, aber auch die vor denen ich mich sträube. Sie hatte mich wahrscheinlich schützen, oder mich nicht verletzt wollen. Oder sie hatte Angst davor was mit mir geschieht.
„Mein Kind. Oh meine zuckersüße Tochter. Ich brauche die heilsame Frucht. Die von der ich dir immer erzählt habe. Geh sie suchen, mein Kind. Ich brauche sie, sonst..." Meine Mutter lag hustend und keuchend auf dem Waldboden und hielt mein Gesicht in ihrer Hand. Bevor ich losrennen konnte, nahm mich ein letztes Mal in den Arm. Das letzte mal. Jemals. „Süße, was auch immer gesehen wird, sollst du wissen, dass ich dich liebe und es immer tuen werde. Du musst mir versprechen, dass du mutig sein und auf dich aufpassen wirst. Du musst es mir versprechen. Mein Kind, oh mein kleines Mädchen." Das waren die letzten Worte von ihr. Ihre Augen, waren mit Tränen gefüllt und trotz meines Alters, verstand ich alles. „Ja, Mama. Ja! Ich verspreche es. Aber du schaffst es. Du bist stark!" Meine Mutter lächelte mich weinend an. Dann rannte ich los. Voller Panik mitten in den Wald. Orientierungslos und verloren. Ich kannte den Wald in und auswendig, doch so verzweifelt wie ich war, mit den Tränen in den Augen, blieb ich an einer Wurzel hängen und fill. Ich versuchte aufzustehen, loszurennen, meiner Mutter das Leben zu retten. Doch es ging nicht. Ich war gefangen. In dem inneren Schmerzen, aber auch der Schmerz der meinen Knöchel durchzog. In der Hoffnungslosigkeit und in der Angst.
Ich hätte es nicht schaffen können. Nein, das 5-jährige Mädchen was verzweifelt auf dem Boden lag nicht. Ich jetzt schon. Ich hätte sie retten können, doch jetzt bin ich Schuld an dem Tod meiner eigenen Mutter. Die einzigste Person, die je in meinem Leben war. Jetzt bin ich alleine. Niemand ist da, der mich in den Arm nehmen kann. Fast niemand. Ich bin verbunden mit der Natur. Es ist mein Zuhause. Der Ort an dem ich lebe und der Ort der mich versteht. So komisch es sich auch anhört.
Im Moment lag ich auf einem Berg und schaute in den Sternenhimmel. Wahrscheinlich dachte ich mal wieder zu viel nach. Das Grass wehte gleichmäßig mit meinen Atemzügen. Es war ein wunderschöner Anblick, der Himmel lauter Sterne. Ich starrte lange in den Himmel, meine Augen begannen langsam zuzufallen und ich war bereit einzuschlafen, als auf einmal ein neuer Stern aufging. Er war riesig und hell und kam immer näher. Das war unnormal. Ich sprang auf. „Was bist du?" Flüsterte ich. Wie dumm, das ich eine Antwort erwartet hatte! Ich rannte zu meinem Lager und packte meine Sachen. Tiere begannen wegzurennen. Sie rannten neben mir weg. Vogel schrien. „Was ist los!" Kreischte ich, doch nun sah ich es auch. Ein rotes, heißes Flammenmeer kam auf mich zu gerast. „Mist!" Ich sprintende los. Ich hechtete über viele Stämme und sprang durch Pfützen. Noch einmal sah ich zurück. „Nein!" Schrie ich, den das was ich sah war schrecklich. Mein Wald, mein Zuhause, meine Seele, alles was mir bedeutete fackelte ab. Trostlos schwarz und verkohlt. All die Erinnerungen, alles was je in meinem Leben an Bedeutung hatte, alles futsch. „Nein." Ich began leise zu heulen. Doch ich konnte nicht weinen, ich durfte mir es nicht erlauben. Die Flammen kamen verdächtig nah und rißen mich in die Realität zurück. „Kacke! Du Miststern, sieh was du getan hast. Warum tuest du das?" Ich rannte weiter. Ein großer Ast brach ab und landete vor mir. Er war riesig und versperrt den Weg. Er war zu morsch um drüber zu klettern. Meine letzte Möglichkeit war der Baum daneben. Ich kletterte geschickt hoch und hangelte mich an den Ästen hoch. Ein Ast war zu weit weg und ich schwang mich weit nach hinten um genug Schwung zu bekommen. Doch auf einmal knackste der Ast und ich stürzte. Es war ein weiter Weg bis ich auf den Boden aufprallte. Der Ast, auf dem ich gerade noch gehangen hatte, flog auf mich drauf und fesselte mich an den Boden. „Nein!" Heulte ich keuchend und hustend, doch sah keinen Weg des Entkommen. „Bitte befrei mich..." Doch mehr reichte mein Atem nicht und der Rauch bedeckte meine Sicht. Ich spürte eine letzte Träne über meine Wange fliesen und dann wurde alles Schwarz.
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