9. Eulenpost
Wuhu, gar nicht geklauter Titel aus den Original-Büchern 0/
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Einen Tag vor der Hochzeit lagen die Nerven blank. Mr. und Mrs. Evans waren mindestens doppelt so aufgeregt, wie Petunia selbst, auch wenn diese beinahe das Fenster im Wohnzimmer zertrümmert hatte, als im Wetterbericht gesagt wurde, dass es am nächsten Tag zu kurzen Schauern kommen könnte. Lily hatte den ganzen Tag damit verbracht, ihrer Schwester so gut es ging aus dem Weg zu gehen. Seit Großmutter Marigold da war, war es nur noch komplizierter geworden und James und sie hatten kaum noch Zeit zu zweit. Die alte Dame huschte durch das Haus, als wäre sie eine lebendige Überwachungskamera und zu jeder Gelegenheit, in denen die beiden ein paar Zärtlichkeiten austauschen wollten, war sie hinter einer Ecke aufgetaucht und hatte sie angegiftet. Lily, die dadurch ebenfalls nahe einem Nervenzusammenbruch litt, hatte sich am Freitagabend James gepackt und ihn mit nach oben in ihr Zimmer gezerrt und die Tür mit Magie verschlossen. Er wusste, es war das Beste für ihn, einfach mitzugehen und keine unnötigen Fragen zu stellen, wenn er alle seine Gliedmaßen behalten wollte.
Lily warf sich aufs Bett und streckte die Hände in den Himmel. „Oh, lieber Gott, da es Zauberei gibt, kann es dich ja logischerweise nicht geben, aber bitte – erlöse mich!" James betrachtete seine Verlobte, die an die Decke starrte, mit einem besorgten Ausdruck. „Lily, geht es dir - "
„Natürlich geht es mir gut, James!", rief sie. „Was denkst du denn? Meine Schwester hasst mich, meine Großmutter würde mir am liebsten einen Ganzkörperkeuschheitsanzug anziehen und wenn meine Mutter noch einmal das Wort Hochzeit sagt, dann hetzte ich ihr einen Kitzelfluch nach dem nächsten auf den Hals, bis sie vergessen hat, wie man lacht." Schwer atmend blieb Lily auf dem Bett liegen und schloss die Augen. „Ich glaube ich dreh noch durch", murmelte sie nach ein paar Sekunden. James trat neben sie und zog sie an einem Arm in eine aufrechte Position. „Mach dir das Leben nicht so schwer, Lily", sagte er.
„Ich mach das ja nicht, dafür sorgt meine Verwandtschaft schon zur Genüge." Sie lachte leise und lehnte sich dann an ihn. „Wenn du nicht da wärst, hätte ich Petunia schon längst umgebracht." Nun war es an James zu lachen. „Ich bin froh, wenn ich helfen kann. Aber hey, nur noch morgen und dann hast du es hinter dir", versuchte er sie aufzumuntern. „Danach haben wir den Sommer für uns und - "
„Ja, und dann werden wir uns kaum noch sehen, weil du deine Aurorenausbildung anfängst und ich immer noch nichts habe." James legte ihr eine Hand auf den Kopf. „Lily, bis zum Beginn der Ausbildung ist noch fast ein Monat Zeit. Du bekommst schon noch eine Antwort, keine Sorge. Vielleicht heben sie sich dich ja für den Schluss auf. Das sagt man doch so, oder? Das Beste für den Schluss." Ein leichtes Lächeln bildete sich auf Lilys Gesicht.
„Es wird nur so merkwürdig sein. Wenn dieser Sommer vorbei ist, kehren wir nicht nach Hogwarts zurück. Ich weiß nicht, ob ich mich so schnell daran gewöhnen kann. Immerhin habe ich die letzten sieben Jahre darin verbracht, ich habe meine besten Freunde dort kennengelernt - "
„Deine große Liebe", fügte James zwinkernd hinzu und beugte sich herunter, um ihren Kopf zu küssen.
„ – und ich habe die Zauberei gemeistert", fuhr sie fort, als wäre keine Unterbrechung gewesen. „Es wird einfach nur merkwürdig sein. Ich kann Marlene und Ellie nicht mehr jeden Tag sehen. Ich muss selber für mein Essen sorgen und ich denke, ich werde sogar die Lehrer vermissen! Merlin, James, ich hätte nicht gedacht, dass ich das mal sage, aber ich wünschte, ich wäre zu Slughorns Partys gegangen!"
Besorgt legte er ihr eine Hand auf die Stirn. „Oh, du verglühst ja, Lily, kein Wunder, dass du nur Unsinn von dir gibt's." Lily schlug seine Hand weg und rutschte von ihm weg. „James, das ist mir wirklich ernst. Ich vermisse die Schule", sagte sie mit Nachdruck.
James ließ sich langsam neben ihr auf dem Bett nieder. „Weißt du, Lily, du vergisst, dass wir jetzt erwachsen sind. Wir müssen nicht mehr zur Schule gehen, wir wissen alles, was wir wissen müssen."
„Aber ich habe keine Ahnung, wie man eine Steuererklärung macht!", rief sie panisch aus. „Eine was?", fragte James und sah sie verwundert an. „Na, eine Steuererklärung! Die macht man, um – um – siehst du, ich weiß nicht mal, was das ist! Merlin, ich könnte sie nicht einmal machen, da ich keine Ahnung habe, wie man das rechnet! Es wundert mich, dass ich all die Jahre überhaupt bestanden habe, ich habe doch nie einen Grammatikkurs gehabt! Meine Aufsätze sind bestimmt schrecklich!"
James starrte seine Verlobte mit offenem Mund an. „Lily, was bei Merlin, redest du da bitte?"
Lily starrte zurück und schloss dann die Augen. „Nichts, nichts. Ignorier mich einfach. Mein Gehirn besteht gerade nur noch aus siebzig Prozent Pudding, mach dir nichts draus." James grinste sie schief an. „Hast du ein Glück, dass ich dich liebe, mit oder ohne Pudding-Hirn."
Eine Antwort wurde Lily erspart, denn in diesem Moment klopfte es an die Scheibe. Ein kleiner Bartkauz saß vor dem Fenster und blickte mit schief gelegten Kopf in das helle Zimmer. James eilte sich, um den kleinen Vogel hinein zu lassen, doch dieser ließ einfach nur einen Brief auf die Fensterbank fallen und verschwand dann in den goldenen Abendhimmel. „Von wem ist der?", fragte Lily und erhob sich. James drehte den Umschlag in der Hand, sodass das Licht der Lampe auf die dunkle Schrift fiel. „Ich weiß nicht. Dorothea Smithwood. Sagt sie dir was?" Lilys Augen wurden riesig. „Oh – mein – Gott. Das ist – die ist aus dem Mungos! Das wird meine Antwort sein! Schnell gib her!" Lily riss James den Brief aus den Händen und war schon drauf und dran, dass dicke Umschlagpapier aufzuschlitzen, als sie mitten in der Bewegung inne hielt. „Was, wenn sie mich wirklich ablehnen?", fragte sie leise. „Werden sie nicht", antwortete James stark. „Sie werden dich annehmen, und du wirst die beste Heilerin, die das St. Mungos jemand gesehen hat!"
Lily nickte schwach, dann holte sie den Brief hervor, der aus zwei Bögen sehr dickem Pergament bestand, auf dessen Rückseite jeweils das Logo des Mungos aufgedruckt war. Ihre Augen begannen über die beiden Blätter zu fliegen, doch ihr Gesichtsausdruck veränderte sich nicht. Einige Minuten vergingen, in denen Lily stumm den Brief las. James vermutete, dass sie ihn mehrmals las, denn sie wechselte den Bogen nicht aus.
„Lily?", fragte er vorsichtig, als sie sich auf das Bett gesetzt und den Brief auf ihrem Schoß gelegt hatte. „Alles in Ordnung?" Sie wandte ihm das Gesicht zu und Unglaube stand darin. „Haben sie dich genommen?", fragte er und setzte sich vor sie auf den Boden.
Lily öffnete zwar den Mund und ihre Lippen bewegten sich auch, aber kein Ton verließ ihre Kehle. Der Brief glitt ihr aus den losen Fingern und sie vergrub das Gesicht in den Händen. James Stimmung fiel in den Keller. „Oh, Lily, es tut mir so leid", sagte er schnell und wollte ihre Hände greifen, als er das breite Grinsen auf ihrem Gesicht bemerkte.
„Ich bin angenommen", sagte sie kratzig. „Ich habe die Stelle!" James starrte sie an, dann raste seine Stimmung wieder in die Höhe. „Hahaha, das ist wunderbar, Lily!", rief er aus und hob sie an der Hüfte nach oben. Lily kreischte auf und schlang ihre Arme um seinen Nacken. „Ich hab dir doch gesagt, dass sie dich nehmen wollen!", sagte James und Lilys Grinsen wurde noch ein Stück breiter. „Jaja, du hattest Recht und ich war eine ungeduldige, abergläubische Kuh."
„Ah, so würde ich das nicht formulieren", scherzte er und küsste sie auf die Wange. „Aber solange es dich glücklich macht." Ein weiteres Klacken am Fenster ertönte und die beiden richteten ihren Blick darauf. Eine weitere Eule saß dort und blickte sie an. „Der ist von Ellie", sagte Lily, als sie dem Vogel den Brief abgenommen hatte, während dieser sich nun bei einem Schluck Wasser stärkte.
Lily! Ich muss dich jetzt anschreien, tut mir leid (nein, eigentlich nicht). ICH BIN IM MUNGOS ANGENOMMEN WORDEN, AHHHH!
Kannst du das glauben, ich habe eine Ausbildungsstelle als Heilerin bekommen! Oh mein Merlin, ich glaube mein Puls hat kurz ausgesetzt, als ich den Brief gelesen habe, vielleicht war ich sogar kurz klinisch tot! Wer weiß, ich könnte ein medizinisches Wunder sein, das wär dich was, oder?
Mum und Dad sind auch ganz stolz. Mum hat sogar die guten Gläser rausgeholt, damit wie anstoßen können, aber ich wollte dir, meiner allerbesten Freundin, zuerst die guten Nachrichten überbringen. ICH BIN ANGENOMMEN WORDEN!
Es ist einfach unfassbar! Ich kann das irgendwie nicht richtig verstehen, aber ich bin so froh. Wenn ich am Samstag bei dir bin, dann musst du mich beglückwünschen. Ich will mich einmal in meinem Leben so fühlen, als wäre ich etwas ganz, ganz, ganz besonderes. Oh, und sag deiner Schwester, sie soll mir ein Stück Kuchen übrig lassen. Obwohl, so dürr wie die ist, ist sie bestimmt den ganzen Abend lang nur ein Salatblatt, oder? Hast du Petunia jemals Kuchen essen sehen? Ist es ein merkwürdiger Anblick, so als würden die Muggel den Riesenkraken aus dem schwarzen See sehen?
Oh Mann, ich vermisse Hogwarts jetzt schon. Am liebsten würde ich mich in meinem Schlafsaal einsperren und dort nie wieder rauskommen. Kommst du mit? Zu zweit wäre es nicht ganz so langweilig.
Merlin, ich glaube mein Herz wird sich nicht mehr beruhigen. Es klopft und rast, als wäre ich gerade bis in die Kerker gerannt. Professor Slughorn wäre bei all dieser Bewegung bestimmt tot umgekippt. Oh oh, nicht das ich jetzt Schuld an seinem Tod bin, immerhin war ich doch in Wahrsagen so gut. Lily, du musst mich verstecken, wenn ich Schuld an Sluggys Tod bin, okay? Das machen beste Freundinnen so.
Ich weiß gar nicht, was ich noch sagen soll. Ich bin völlig überfordert mit der Situation grad. Mum hat gesagt, sie muss mich noch irgendwo anbinden, damit ich aufhöre, wie ein Kaninchen durch das Haus zu springen. Merlin, sie versteht das nicht. Das ist so, als hätte ich in Verwandlung ein Ohnegleichen gehabt. Bei McGonagall. Das ist doch ein Ding der Unmöglichkeit, oder? Naja, bei normalen Schülerinnen wir mir zumindest. Du mit deinen perfekten Noten musst nichts sagen. Ist ja gut, ich habe es verstanden, es ist möglich!
Ich muss Schluss machen. Es warten noch andere Leute darauf, Briefe von mir zu bekommen. Könnte ich sie doch einfach kopieren, aber ich will nicht, dass alle diese traute Zweisamkeit von uns abbekommen. Die geht nur uns was an (und James, der sowieso mitliest. Hi, James.).
Wir sehen uns,
Ellie.
„Das ist der beste Tag seit langem", sagte Lily mit einem breiten Grinsen im Gesicht. „Ich kann dir gar nicht sagen, wir glücklich und stolz ich bin. Und ich kann mit meiner besten Freundin zusammen die Ausbildung zur Heilerin machen! Merlin, ich könnte schreien!"
James lächelte sie an. „Tu das lieber nicht, ansonsten wird Petunia bald verhaftet."
„Wieso das?"
„Weil sie einen brutalen Doppelmord mit einer Nagelschere vollzogen hat."
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