86. Entwurzelte Rumtreiber
Der Londoner Flughafen war ziemlich überfüllt, als sie ihre Koffer abgaben. Ellie strich sich durch die Haare. Sie fühlten sich unnatürlich an, so glatt. Cassy hatte ihr einen Zauber gezeigt mit der sie ihre Haare glätten könnte, ohne dass sie dafür ihr Volumen einbüßen würden. Sie war sich noch nicht sicher, ob sie diesen Look wirklich mochte.
„Wann ist unser Flug da?", fragte Cassandra und wiegte Evelynn in ihren Armen.
Ellie warf einen Blick auf die Tickets in ihrer Tasche. „16 Uhr sollen wir starten", erwiderte sie. „Also dauert es wohl nicht mehr allzu lange. Lin erwartet uns."
Cassy nickte schwach und blickte aus dem großen Fenster, vor dem der Schnee wieder tanzte. Lichterketten waren an den Eingängen angebracht und alles bereitete sich auf die Festtage vor, doch weder Ellie noch Cassy hatten viel zu Feiern.
Ihr Kreis war zerbrochen. Marlene war tot, James war tot, Lily war tot, Peter war tot und Sirius... Sirius war in Askaban eingesperrt worden, weil er James und Lily verraten hatte. Immer, wenn sie daran dachte, dass die beiden tot waren, kribbelten Ellies Augenwinkel und ihre Hände verkrampften sich. Ihr ganzer Körper schien dann zu Zittern. Sie hatte ihre Familie in einer Nacht verloren.
Es war zu viel für sie gewesen. Sie hatten sich entschieden, sie und Cassy, sie hatten sich entschieden, dass sie diesem Land den Rücken kehren würden. Selbst mit Ihm, dessen Name nicht genannt werden darf, der besiegt war, konnten sie keinen Frieden finden. Nicht in einem Land, in dem sie ihre Familien verloren hatten.
Als Ellie davon erfahren hatte, dass James tot war, da war sie einfach zusammengesackt und hatte gar nichts gefühlt. Sie war einfach leer gewesen.
Und als Sirius dann für den Mord an den beiden nach Askaban geschickt wurde, da war ihre Welt komplett zerbrochen. Sie wusste nicht mehr, wo oben und unten war, was richtig und falsch, wer Freund und Feind war. Sie hatte einfach alles verloren.
„Ähm. Hey."
Diese Stimme würde sie überall wiedererkennen. Ellie und Cassy wandten sich so schnell um, dass sie beinahe das Gleichgewicht verlor. Ihre Augen füllten sich ein weiteres Mal mit Tränen. „Remus", flüsterte sie leise und warf sich ihm in die Arme. „Oh, Merlin, Remus, wo warst du denn?"
„Ich kann nicht lange reden", sagte er kurz angebunden und drückte sie wieder von sich. „Ich bin nur hier, um euch zu verabschieden."
„Aber woher - "
„Dumbledore", antwortete er leise. „Er hat mich aus meiner Mission beordert und mir gesagt, wo ihr seid."
„Was für eine Mission?", fragte Cassandra vorsichtig und versuchte Evelynn nicht aufzuwecken. Remus warf ihr einen kurzen Blick, wobei sich die Narben in seinem Gesicht spannten, dann seufzte er kurz.
„Das ist nicht der richtige Zeitpunkt, um euch das zu sagen, glaube ich."
„Wann denn bitte dann?", fragte Ellie und ihre Freude Remus wiederzusehen war einer seichten Wut über sein Verhalten gewichen. „Unsere Freunde sind tot, Remus, du warst für Monate verschwunden und jetzt tauchst du wieder auf und willst nicht einmal sagen, wo du warst?"
„Beruhige dich, Ellie, bitte", sagte er leise und versuchte ihr eine Hand auf die Schulter zu legen.
„Sag mir nicht, was ich zu tun habe, Remus John Lupin!", schrie sie und mehrere Leute drehten sich entsetzt zu ihnen um. Evelynn wachte weinend auf, doch Ellie kümmerte es in diesem Moment nicht. „Ich will jetzt sofort wissen, wo du warst!"
Remus schien einen Moment erstarrt, dann seufzte er leise.
„Es tut mir Leid", fing er an, doch Ellie hörte ihm nicht mehr zu.
„Dann haben wir uns auch nichts mehr zu sagen", schnaubte sie empört und verletzt, griff nach Cassys Arm und verschwand mit ihr im Getümmel der Muggel
„Ellie! Ellie, warte! Bitte!", rief er ihnen hinterher, aber Ellie wartete nicht. Sie zog ihre Freundin einfach mit und hoffte, dass er sie verfolgen würde. Dass sie ihm so viel bedeutete, dass er ihr nachlaufen würde. Aber Remus blieb stehen und blickte ihnen einfach nur hinterher, während er sich selbst einen Idioten schalte.
„Bist du sicher, dass - ", fing Cassy leise an, doch Ellie unterbrach sie mit einer wirschen Handbewegung, die sie ebenfalls nutzte, um sich über die Augen zu reiben.
„Hundertprozentig. Es... es ist besser so." Sie ignorierte die empörten Menschen um sie herum, als sie sie anrempelte und sich nicht entschuldigte und führte Cassy und Evelynn einfach weiter zu ihrem Terminal. Ein Blick auf eine der vielen Uhren am Flughafen verriet ihr, dass sie nicht mehr lange warten mussten.
Dann würden sie London verlassen. Sie würden ein neues Leben beginnen können.
Auch, wenn ihr Kreis gebrochen und ihre Bande entwurzelt waren.
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