78. Marlenes Glück

"Okay, bereit?", fragte James und legte die Hand auf den Türknauf. Er lugte zu Lily, die Harry, dick eingewickelt in eine Decke, im Arm trug und lächelte. "Natürlich."

Seine Lippen verzogen sich sanft, als er seinen Sohn betrachtete, der ganz ruhig schlief, dann drückte er die Tür nach innen auf. "Willkommen zu Hause", sagte er und Lily trat ein. Sie war erst vor einer Stunde aus dem St. Mungos entlassen worden und James hatte so gut wie jede seiner freien Minuten bei ihr verbracht. In der Zeit, die er nicht bei seiner Familie war, hatte er gearbeitet und geschlafen. Caradoc hatte ein gutes Wort bei Mad-Eye eingelegt, so konnte er an diesem Tag auch früher gehen, um Lily nach Hause zu begleiten. 

In Lilys Armen regte sich nun Harry langsam. Seine Augen, die er von seiner Mutter geerbt hatte, gingen langsam blinzelnd auf und vorsichtig betrachtete er seine Umgebung. Neue Geräusche und Gerüche drangen an seine Nerven und er drückte schnell das Gesicht mit den wenigen schwarzen Haarsträhnen an die Brust seiner Mutter. "Alles gut, Harry, das ist unser Zuhause", sagte James sanft und schloss die Tür. Der Kater kam leise maunzend aus dem Wohnzimmer und umschlich seine Beine, ehe er wahrscheinlich den Geruch des Babys aufnahm. Leise fauchend verschwand er sogleich auf dem Treppenabsatz in den zweiten Stock.

"Er gewöhnt sich schon daran", meinte Lily lächelnd, ehe sie James ihre Tasche überreichte und dann voran ins Wohnzimmer ging. Dort stieß sie einen spitzen, leicht gedämpften Schrei aus. "Bei Merlin!"

James grinste breit und folgte ihr dann. Willkommen daheim, Lily und Harry stand auf einem kleinen Spruchbanner, welches von Marlene verziert wurde und über dem Eingang zur Küche hing. "Leute!", rief Lily erschrocken und glücklich aus, als sie all ihre Freunde sah, die zusammen im Wohnzimmer standen und nur auf sie gewartet hatten.

Marlene und Ellie eilten sofort an Lilys Seite und betrachten ihr neugeborenes Mitglied. "Er ist so unglaublich süß", schwärmte Marlene. Sie hatte Harry bisher nur einmal gesehen und auch wenn Ellie beinahe jeden Tag bei Lily war, so schien sie einfach nicht genug von Harry zu bekommen. "Er hat deine Augen, Lily."

"Ja, das haben wir bereits gehört", lachte sie. Harry schien verängstigt und verwirrt von den vielen Menschen zu sein und seine kleinen Lippen bebten, als würde er gleich weinen. James nahm ihn schnell auf seinen Arm.

"Und, wie ist es so, als frischer Vater, Krone?", fragte Sirius grinsend.

"Toll", antwortete James ehrlich. "Es ist die beste Erfahrung meines Lebens."

Während sie den Tag nutzten, um ein bisschen gemeinsam zu reden und zu lachen, hatte jeder einmal die Chance um Harry zu halten. Anfangs war er verängstigt und weinte schon, als Lily ihn nur in Sirius' Nähe trug. Doch kaum hatte der junge Black seinen Patensohn sicher in seinen Armen gehalten, da hatte sich Harry wieder beruhigt und die Welt um sich herum mit großen Augen betrachtete. James würde es nicht zugeben, aber Sirius hatte mittlerweile wunderbar Übung darin ein Baby zu halten.

Als Lily zusammen mit Harry auf dem Arm hinüber zu Cassandra und Evelynn ging, schienen alle den Atem anzuhalten, weil sie gespannt waren, wie er auf ein anderes Baby reagieren würde. James betrachtete gespannt, wie Harry und Evelynn sich anstarrten, während Lily und Cassandra stumm nebeneinander standen.

Nach einer gefühlten Ewigkeit bildete sich ein bezauberndes Lächeln auf Evelynns Gesicht, sie fing an zu quietschen und wollte nach Harrys kleiner Hand greifen. Dieser fing dann auch an zu lachen und allen Anwesenden ging ein bisschen das Herz auf.

"Scheint, als würden sie sich mögen", kommentierte Lily glücklich und Cassy nickte stolz und wischte sich kurz über die Augen. James konnte von ihrem Gesicht ablesen, dass sie sich mehr als freute, dass ihre Kinder sich zu mögen schienen. Wahrscheinlich wäre sie am Boden zerstört gewesen, wenn es nicht der Fall gewesen wäre.

Es schien, als würde die Zeit rasend schnell vergehen. Kaum war das Baby im Haus, flogen die Tage nur noch so an Lily und James vorbei. Eine Woche nachdem Harry mit nach Hause gekommen war, war James wieder arbeiten gegangen und auch wenn Lily es sich nicht anmerken wollte, sie vermisste ihre Arbeit. Sie würde eine sehr lange Zeit nicht mehr arbeiten können und James wusste, es war schwer für sie. Sie hatte ihre Ausbildung pausieren müssen und würde vielleicht erst in zwei Jahren erst wieder anfangen können. Irgendwie fühlte er sich schuldig.

Ellie kam so gut wie jeden Tag vorbei und besuchte Harry (Sie sagte zwar, sie sei da, um Lily zu unterstützen, aber James wusste, dass sie hauptsächlich wegen dem Kleinen kam.) und auch wenn Marlene und Sirius es sich nicht nehmen lassen konnten, mindestens am Wochenende reinzuschauen, so fehlte James trotzdem jemand. Remus hatte sich nicht einmal blicken lassen. Er hatte auch nicht von sich hören lassen. Und langsam machte er sich Sorgen.

Um die Prophezeiung sowie um Dumbledores Worte hatten sie sich keine Gedanken gemacht. Zu sehr waren sie damit beschäftigt ein Alltagsleben mit einem Baby auf die Reihe zu bekommen. James hatte es die ersten Nächte nichts ausgemacht, wenn er um vier Uhr morgens aufstehen musste, weil Harry im Nebenzimmer geweint hatte (welches von Marlene in prächtigen weinroten und goldenen Farben eingerichtet wurde), aber je mehr die Tage vergingen und je mehr Nächte er weniger Schlaf bekam, desto gereizter wurde er. Doch er machte es gerne. Er nahm Lily diese Arbeit freiwillig ab, denn sie musste ihn immerhin den Tag über im Auge behalten, während James auf Arbeit war.

Es war schon beinahe Mitte September, als Harry das erste Mal anfing zu Krabbeln. Lily hatte ihn eines Samstags auf dem Teppichboden im Wohnzimmer abgesetzte, als sie, Ellie und James sich unterhalten hatten und er war von alleine zu ihnen gekommen und hatte verlangt, dass man ihn beachtete, in dem er an Lilys Hose gezerrt hatte. Sofort war sie aufgesprungen und hatte die Kamera herbeigerufen, damit sie Bilder von diesem denkwürdigen Moment machen konnte. Ellie hatte dies mit: "Merlin, Lily, er ist nur gekrabbelt, was machst du, wenn er läuft, die Presse anrufen?", kommentiert und gelacht.

Lily hatte allgemein das Bedürfnis entwickelt, jeden Tag mindestens ein Bild von ihrem Sohn zu machen. Mit den Fotos, die sie bisher geschossen hatte, könnte sie drei von den Fotoalben füllen, die sie geschenkt bekommen hatte.

Obwohl James jeden Tag erschöpft und ausgelaugt von der Arbeit kam, so konnte er sich nicht nehmen lassen, wenn er seinen Sohn für einige Momente einfach nur ansah. Wie er in seinem Bett lag, oder bei Lily im Arm, oder wie er einfach nur lächelte, wenn er seinen Vater erblickte. Mittlerweile weinte Harry gar nicht mehr, wenn er Personen erblickte. Als Bathilda Bagshot zu Besuch gekommen war, war er sogar komplett ruhig geblieben. Vielleicht hatte er gespürt, dass diese alte Dame ihm nichts böses wollte, als sie die Hand nach ihm ausgestreckt hatte und hatte über beide Ohren gegrinst, als sie sein Bäuchlein gestreichelt hatte.

"Wisst ihr eigentlich, dass ich nur noch herkomme, um Harry zu besuchen?", fragte Marlene grinsend, als sie Ende September in der Tür stand.

"Nun, ich kann nicht sagen, dass es mich nicht überraschen würde", meinte James trocken und ließ sie herein. "Aber das du das auch noch so offen ausdrückst, verletzt mich schon etwas."

"Ach, James, keine Sorge, wenn Harry auszieht komm ich dich auch mal wieder besuchen."

"Oh, super, ich streich es mir im Kalender an", erwiderte er schief grinsend und nahm ihr die Jacke ab.

"Na, besser ist auch. Ich erwarte Kuchen." Marlene lachte und trat dann ins Wohnzimmer. Lily stand nicht auf, weil sie Harry schlafend im Arm hatte, aber sie lächelte ihre Freundin an.

"Lässt du dich auch mal wieder blicken, ja?"

"Ach, shh", machte diese und setzte sich. Sie überschlug die Beine und betrachtete dann Harry, während sie sich mit der Hand durch die Haare fuhr.

"Hey, Marls, was ist das?", fragte James, der etwas entdeckt hatte. Etwas, das an ihrer Hand geglitzert hatte. Marlene wollte es verstecken, doch Lily war schneller. Sie hatte ihr Handgelenk gepackt und aufrecht gehalten, sodass das Licht sich in dem schicken Ring an ihrem Finger gebrochen hatte. Der Stein schien wertvoll zu sein.

"Ist das ein Verlobungsring?", schrie-flüsterte Lily aufgeregt und Marlene nahm ihre Hand wieder runter, das Gesicht purpur angelaufen.

"V-Vielleicht", schnappte sie und versteckte nun jeden ihrer Finger in ihrem Schoß.

"Warum erzählst du mir sowas bitte nicht?", fragte Lily und James setzte sich nun neben sie.

"Weil", erwiderte Marlene und kaute kurz auf ihrer Lippe herum. "Weil ich nicht sicher war, wie ihr reagieren würdet. Immerhin kenne ich ihn doch erst sei so kurzer Zeit und... keine Ahnung. Ich hatte irgendwie Angst, dass ihr dagegen seid." Sie senkte den Kopf und James blickte über ihren Kopf hinüber zu Lily, die ebenfalls ungläubig dreinblickte.

"Aber Marls, erinnerst du dich nicht mehr daran, dass James und ich uns nur nach knapp fünf Monaten verlobt haben? Meinst du, ich hätte da ein Recht, über dich zu urteilen? Wenn du es wirklich willst, dann sollst du ihn auch heiraten. Es ist dein eigenes Leben und selbst wenn es ein Fehler ist, dann hast du ihn selber begangen und daraus eine Lektion gelernt, nicht wahr?"

Marlene blickte auf und tatsächlich schimmerten dort ein paar Tränen in ihren Augenwinkeln. "Oh, das war so dumm von mir", flüsterte sie. "Ich liebe euch, Leute."

"Wir dich auch", murmelte Lily und drückte ihre Freundin sachte an sich. "Aber jetzt zeig mal her und erzähl gleich, wie und wann es passiert ist!"

Marlene lachte und wischte sich über die Augen, während sie die Hand mit dem Ring hochhob.

"Caradoc hat mich vor zwei Wochen zu sich zum Essen eingeladen und es war alles so wunderschön dekoriert. Er hat sich extra vorher die Haare schneiden lassen, hat er gesagt und sich seinen besten Anzug geholt. Er meinte, er hat sich lange auf so einen Tag vorbereitet, dann ist er nach dem Essen in die Küche und hat ein Dessert geholt und in meinem Eisbecher war ein Waffelröllchen und darum war der Ring. Es war so unglaublich romantisch, Lily, das kannst du dir nicht vorstellen."

"Und du hast sofort angenommen?", fragte sie mit strahlenden Augen, doch Marlene schüttelte den Kopf.

"Nein, nicht sofort. Ich war mir unsicher und wollte erst darüber nachdenken. Ich hab den Armen bis heute warten lassen. Ich war vorhin bei ihm und hab Ja gesagt."

"Oh, Merlin, ich freue mich so für dich", sagte Lily und James legte ihr eine Hand um die Schulter.

"Das die kleine Marlene dann doch noch jemanden finden wird, der sie auch heiraten will", sagte er grinsend und sie lachte. "Nein, ehrlich, ich gönne es euch. Und Caradoc ist ein guter Kerl."

"Das ist er", sagte Marlene lächelnd und ihre Gesichtszüge wurden sanft. "Und ich denke, es ist die richtige Entscheidung gewesen."

"Habt ihr schon einen Termin", fragte Lily, und im selben Atemzug fügte sie hinzu: "Ach, wie denn, wenn ihr doch gerade erst verlobt seid."

"Nein, einen Termin noch nicht, aber ich will gerne im Juli heiraten. Im Sommer, wenn alles grün ist und die Sonne hoch am Himmel steht. Ich stelle es mir unglaublich schön vor, wenn mein Kleid das einzig strahlend weiße weit und breit sein wird und alles um uns herum voller Leben und Farbe ist. Das wäre so schön", schwärmte sie und lächelte.

"Dich hat das Brautfieber erwischt", kommentierte Lily das ganze trocken. "Ich glaube, ich sollte dir besser einen Brautkatalog schenken, damit du wieder gesund wirst." Sie grinste breit. "Ich werde natürlich eine Brautjungfer sein, nicht wahr?"

"Ich bestehe darauf! Ich muss es nur noch den anderen irgendwie sagen und... naja."

"Sirius", sagte James leise und verzog das Gesicht.

Marlene nickte. "Ja, ich weiß, wir sind zwar Freunde und alles, aber wirklich normal ist es nicht zwischen uns deswegen hab ich etwas Angst vor seiner Reaktion."

"Musst du nicht", bestärkte Lily sie. "Wenn Sirius dich wirklich liebt, dann wird er glücklich sein, dass du jemanden gefunden hast, mit dem du dein Leben teilen wirst. Und selbst wenn er es nicht gutheißt, er kann nichts dagegen sagen. Es ist letztendlich deine Entscheidung, Marls."

"Wahrscheinlich hast du Recht. Ich hoffe, er nimmt es gut auf. Ich will ihn nicht nochmal verlieren."


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