75. Reflektion
"Rauch hing über dem St. Mungos Hospital, an diesem Morgen des 4. Mais, als eine Explosion im Inneren des Gebäudes beinahe den gesamten Eingangsbereich sprengte. Flammen stoben aus den zerbersteten Fenstern des für Muggel alten Kaufhauses und sofort brach eine kreischende Panik aus, als Glassplitter durch die Luft flogen und für einen tödlichen Regen sorgten. Die Sirenen der Muggelfeuerwehr, vermischt mit den folgenden Explosionen und Schreien ergaben ein süßliches Lied der Verwüstung und selbst die Muggelpassanten bekamen mit, dass dort etwas gar Unnatürliches vor sich ging.
Er, dessen Name nicht genannt werden darf, war an diesem Tag persönlich vor Ort, gefolgt von einem ganzen Schwadron an Todessern. Wenn man den Quellen trauen kann, dann ging es ihm um einfache Rache. Der dunkle Zauberer rächte sich mit diesem Angriff an dem Hospital dafür, dass es einige seiner Gefolgsleute nicht aufnehmen wollte, als diese nach Kämpfen mit den Auroren schwer verletzt waren. Seine Flüche erschütterten die uralte Magie, die das Gebäude umgaben und ließen den Schutz bröckeln, während die Heiler im Inneren des Krankenhauses damit beschäftigt waren, die Patienten vor den tödlichen Flüchen und den peitschenden Flammen zu schützen.
Nur wenige Minuten nach der ersten Explosion vor Ort wurde ein magischer Schutzschild um das Gebäude gezogen und Muggeln war es unmöglich geworden, zu sehen, was dort vor sich ging. Einige mutige Zauberer hatten sich mitten in das Getümmel gestürzt, die Unschuldigen evakuiert und die Todesser davon abgehalten, noch mehr Tod über diesen Tag zu bringen. Keine halbe Stunde war vergangen, und plötzlich waren ganze Dutzend an Zauberern und Hexen auf dem Platz appariert und hatten sich den Todessern und Ihm, dessen Name nicht genannt werden darf, entgegengestellt. Nur dank dieses mutigen Einsatzes konnte verhindert werden, dass das St. Mungos Hospital komplett zerstört wurde. Dank dem sofortigen Eingreifen konnten die ganzen oberen Stockwerke geschützt werden und lediglich der Eingangsbereich, ein Teil des ersten Stockes und die Notaufnahme sowie der Bereich für die Mitarbeiter wurde von den Flammen verschlungen.
Der berühmte Albus Dumbledore war an diesem Tag ebenfalls vor Ort und Augenzeugen berichten, er hätte sich mit Ihm, dessen Name nicht genannt werden darf, ein tödliches Duell geliefert, bei dem ihre Zauberstäbe wie schemenhafte Peitschen waren, während sie einen Fluch nach dem nächsten abfeuerten. Dank Mr. Dumbledores schnellen Eingriff wurden die Leben von vielen Hexen und Zauberern an diesem Tag gerettet, denn wenn man den Quellen Glauben schenken darf, so war der schwarze Zauberer nur knapp daran gehindert worden, eine ganze Gruppe an Widerständlern mit einem Schlag auszulöschen, darunter wohl zwei Schwangere.
Mit Schäden in Höhe von mehreren hunderttausenden Galleonen, dutzenden Verletzten und auch einigen Toten, darunter die Heiler Griselda Archibald, Theodore Conningham und Margerie Verte, geht dieser Tag sicherlich als einer der Dunkelsten des St. Mungos Hospitals für magische Krankheiten und Verletzungen in seine Annalen ein, während im Zaubererministerium noch immer die Vergissmich ein und aus gehen, um die Gedächtnisse der Muggelaugenzeugen zu modellieren, damit die Zauberergemeinschaft nicht ihre Enttarnung fürchten muss.
"Das Ministerium gibt sein Bestes, damit Er, dessen Namen nicht genannt werden darf, sowie seine Schergen so schnell wie möglich gefangen genommen wird", sagte ein offizieller Sprecher der Chefetage. "Allerdings müssen Sie verstehen, dass Lord Siewissenschonwer sehr mächtig und daher nicht gerade einfach aufzuspüren ist." Offensichtlich scheint es dem Ministerium aber wichtiger zu sein, ihre Auroren lieber nach Glasgow zu schicken, um dort mit einem Vampirproblem fertig zu werden.
Ein Artikel der freien Reporterin Dorcas Meadowes."
"Und, hab ich euch zu viel versprochen?", fragte Marlene aufgeregt, faltete den Abendpropheten zusammen und setzte sich wieder auf ihren Sessel. "Sie ist wirklich gut!"
"Also, wir waren ja vor Ort, aber von einem süßlichen Lied der Verwüstung habe ich nichts gehört", sagte James stumpf.
"Das nennt man künstlerische Freiheit, du Banause!", rief Marlene empört. "Sie hat wirklich Talent dafür!"
"Nun, man kann nicht bestreiten, dass sie es schafft, die Leser zu fesseln", meinte Remus schmunzelnd. "Aber meinst du nicht, dass sie aus diesem Angriff zu sehr ihren eigenen Vorteil zieht? Immerhin gab es ziemlich viele Tote und um ein Haar wären James und Lily auch unter ihnen gewesen."
Marlene biss sich auf die Lippe. "Sie ist nun mal Journalistin. Irgendwie muss sie doch Geld verdienen, oder?"
"Für mich klingt das alles ziemlich nach Propaganda", warf Sirius in den Raum und fläzte sich in seinem Sessel. Sofort richteten sich alle Augen auf ihn. "Was ist?"
"Das du das Wort Propaganda überhaupt kennst überrascht mich doch", meinte Remus schmunzelnd und Sirius machte ein zischendes Geräusch mit seiner Zunge. "Aber ich muss dir irgendwie Recht geben. Es scheint, als würden ihre Artikel genau deswegen so gut ankommen, weil sie das schreibt, was die Leser wollen."
"Vielleicht werden ihre Artikel auch vor dem Veröffentlichen noch mal bearbeitet?", meinte Peter nachdenklich, der neben Marlene auf der Lehne saß und an einem Butterbier nippte. "Das kommt, glaube ich, ziemlich häufig vor."
"Da könnte was dran sein", überlegte Lily laut. "Und dem Tagespropheten traue ich Zensur auf jeden Fall zu." Lily erhob sich und durchquerte den Raum mit großen Schritten, um sich neben Cassy zu stellen, die am Fenster stand. Evelynn lag neben ihr in ihrer Wiege und sie schaukelte diese leicht.
James hatte noch immer das Gesicht von Voldemort vor Augen, wie er mit hasserfülltem Blick sein Gesicht von ihnen abgewandt hatte, kurz davor, jedem von ihnen den Todesfluch aufzuhalsen, als Dumbledore aufgetaucht war und den Kampf auf sich verlagerte. Er hatte ihnen zum Wiederholten Mal das Leben gerettet und James konnte seinem ehemaligen Professor nun nicht dankbarer sein. Ihm war es zu verdanken, dass er und Lily, aber auch Frank und Alice, diesen Abend überhaupt noch lebend genießen konnten. Das Essen hatten sie verschoben.
Der kalte Angstschweiß hatte noch in seinem Nacken gesessen, als er Lily erleichtert und lange umarmen konnte, als sie aus der Gefahrenzone heraus waren. Mad-Eye hatte sie persönlich in Sicherheit gebracht. "Selbst an deinem freien Tag bist du noch ein verdammter Held, Potter", hatte er dabei geknurrt und James kurz auf die Schulter geklopft, ehe er mit den anderen Auroren Dumbledore zur Hilfe geeilt war. Voldemort war nur kurze Zeit später mit seiner Gefolgschaft verschwunden, darunter hatte James hundertprozentig Bellatrix erkannt. Dieses irre, manische Lachen würde er überall wiedererkennen.
Nur wenige Minuten später hatte Sirius ihn ebenfalls in die Arme geschlossen und etwas von wegen "ich hab das Radio verfolgt" gemurmelt. Und jetzt saßen sie alle zusammen in Sirius' Wohnung, auf den Schock des Angriffes hatte James sich ein oder vielleicht auch zwei Gläser Feuerwhisky genehmigt und Marlene war so schnell zu ihnen geeilt, wie es möglich war. Kaum hatte sie die Wohnungstür aufgeschlossen ("Hey, man kann auch anklopfen!", hatte Sirius empört ausgerufen.), hatte sie ihre Freundin in die Arme geschlossen. "Ich hab gar keinen Kniesel", hatte sie geweint. "Ich wollte nur schnell weg!"
"Das wissen wir", hatte Lily beruhigend gemeint und ihr den Rücken getätschelt. Und keine drei Minuten später war eine Eule mit dem Abendpropheten durch das offene Fenster geflattert.
"Also, was habt ihr - ", fing Remus leise an und nahm sich den Abendpropheten zur Hand, doch im selben Atemzug ließ er ihn erschrocken fallen, als ein lautes Pochen die Haustür zum Erzittern brachte. Evelynn erwachte weinend in ihrem Bett und James und Sirius tauschten einen schnellen Blick, ehe sie die Zauberstäbe zückten.
"Wer ist da?", rief der junge Black über das Weinen des Babys. Cassy hatte ihre Tochter sofort auf den Arm genommen und wiegte sie nun hin und her, während sie und Lily beruhigende Worte murmelten. "Lass mich rein! Ich weiß, dass ihr alle da seid!", ertönte eine gedämpfte Stimme auf der anderen Seite und James zog die Augenbrauen zusammen. Die Stimme kam ihm verdächtig bekannt vor...
Sirius kniff die Augen zusammen und ging langsam zur Tür. "Ellie?", fragte er vorsichtig und legte eine Hand auf den Knauf.
"Ja, natürlich!", antwortete sie und Lily wirbelte schneller herum, als an dem Tag, als Professor McGonagall ihr ein Ohnegleichen in ihrer ersten Prüfung gegeben hatte. Sirius riss die Tür auf und da stand sie. Ellie trug einen bunten Regenmantel und hatte eine Tasche in der Hand, welche sie aber sofort fallen ließ, als sie ihre beste Freundin erblickte.
"Ellie!", rief Lily halb lachend, halb weinend und die beiden jungen Hexen sprangen sich gegenseitig in die Arme. Ellie sah anders aus, fand James, der den Atem, den er angehalten hatte, wieder frei ließ. Sie trug keinen Zöpfe, sondern hatte ihre Haare frei und ohne Zwang. Die krausen Locken fielen ihr auf die Schulter und sie hatte schwarze Ringe unter den Augen. "Oh Merlin, Lily, ich bin so froh, dass es dir gut geht", schluchzte sie. "Ich hab den Abendpropheten gelesen und bin sofort los, als ich - Merlin, ich bin so froh."
"Was machst du hier? Wo warst? Warum - " Lily brach ab und schüttelte den Kopf. "Ich hab mir solche Sorgen um dich gemacht, Ellie."
"Ich weiß und es tut mir Leid", erwidert sie und löste sich von ihrer Freundin. "Aber ich brauchte einfach ein bisschen Zeit für mich und deswegen hab ich meine Verwandten besucht. Das besagte Verwandte mittlerweile zwei Kinder haben, hat meine Mutter wohl vergessen gehabt zu erwähnen."
Sirius schloss die Tür, stellte Ellies Tasche neben das Sofa und breitete die Arme aus. "Komm her, du kleiner Flauscheball", sagte er und Ellie, grinsend, umarmte ihn. "Ich hab dich auch vermisst, Sirius", lachte sie. Einer nach dem anderen bekam seine Umarmung von Ellie und auch wenn sie bei James etwas steif wirkte, so lächelte sie ihn doch an, als sie sich von ihm löste. Ihre Augen leuchteten.
"Bevor du fragst: ich hatte heute keinen Dienst. Ich hatte frei", sagte Lily und Ellie atmete erleichtert aus. "James und ich wollten mit Frank und Alice essen gehen."
"Dann hab ich mich umsonst gesorgt", murmelte sie und setzte sich neben Peter, der ihr den Platz auf der Lehne des Sessels angeboten hatte.
"Naja, wir waren schon mitten im Getümmel", meinte James und Ellie wurde schlagartig blass. "Aber es ist nichts passiert! Wir sind gesund davon gekommen, alles gut."
"Aber erzähl du mal, wo warst du genau?", fragte Remus und lächelte sanft. Ellie mied seinen Blick.
"Wie schon gesagt bei Verwandten, unten in Crawley. Meine Tante Fiona hat zwei ganz reizende Kinder, Travis und Melanie. Es wundert mich wirklich, dass ich noch nichts von denen wusste, immerhin ist die kleine Melanie schon fünf Jahre und Travis bereits sieben. Warum erfahre ich sowas immer als Letzte?"
"War Tante Fiona nicht diejenige, die deine Mutter eine alte Schabracke genannt hat?", fragte Lily nachdenklich und Ellie lachte.
"Ja, das war sie. Das könnte auch erklären, wieso sie uns keine Weihnachtskarten schicken... Naja, egal, auf jeden Fall sind Melanie und Travis wirklich ganz reizend und haben sehr, sehr viel Energie. Es kam mir so vor, als hätte ich auf einmal James und Sirius als Kleinkinder vor mir. Die wollten ständig nur spielen... ich bin so froh, dass ich wieder hier bin." Ellie seufzte und blickte Lily an. "Tut mir Leid, dass ich dir nicht gesagt hab, dass ich mit der Ausbildung aufhöre. Und das ich ohne ein Wort abgehauen bin."
"Schon okay", meinte Lily und lächelte. "Sag nächstes Mal einfach Bescheid."
"Mach ich, versprochen."
"Wieso hast du die Ausbildung denn überhaupt abgebrochen?", fragte Marlene neben Ellie und diese seufzte erneut.
"Es ist... ich weiß nicht ganz, wie ich das beschreiben soll. Es ist schon das, was ich gerne machen wollte, aber ich hab mich nicht wirklich ausgefüllt gefühlt. Ich hatte schon überlegt, ob ich vielleicht bei Madam Pomfrey in die Lehre gehen soll." Obwohl sie am Ende ihres Satzes lachte, konnte James nicht umhin, als zu bemerken, dass sie es wahrscheinlich nicht nur als Spaß meinte.
"Auf jeden Fall werde ich die nächsten Tage nutzen um ein bisschen zu entspannen und meine Energie wieder aufzuladen, die Melanie und Travis in sich aufgesogen haben, wie Schwämme. Ehrlich, ich glaube einer von denen ist auf jeden Fall magisch. Immer sind Dinge durch die Luft geflogen oder die Keksdose ist von alleine auf dem Küchentisch aufgetaucht."
Lily erhob sich und ging zu Ellie hinüber, um ihre beste Freundin noch einmal zu umarmen. "Ich bin einfach nur froh, dass du endlich wieder da bist. Du hast eine Menge verpasst und wir haben alle viel zu erzählen."
Ellie lächelte breit. "Ich kann ja gerne auf ein bisschen Kaffee und Kuchen vorbeikommen!"
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