60. Eine erneute Erkenntnis


James nahm Lily das volle Sektglas aus der Hand und blickte ihr dann in die Augen.

„Du bist wahrlich das Beste, was mir je passieren konnte", raunte er und Lily verdrehte die Augen. „Ich bin immer noch sauer auf dich, Romeo." James grinste sie an. „Das weiß ich. Trotzdem muss ich dir sagen, dass ich dich liebe." Er legte seine Lippen sanft auf ihre Stirn und schloss die Augen. „Und ich kann es kaum noch erwarten, bis wir nicht mehr nur zu zweit sein."

„Ich weiß", flüsterte Lily leise. „Ich bin ebenfalls aufgeregt. Aber... James, ein Kind, das ist kein Spielzeug. Es ist eine - "

„– riesige Verantwortung, das weiß ich." Er löste sich von ihr. „Weißt du, nicht nur du redest mit Ellie oder Lin. Auch mit mir haben sie dieses Gespräch durch. Und lass mich dir eines sagen: Es würde mir nie in den Sinn kommen, unser Kind nicht als das Beste auf dieser Welt anzusehen."

„Weißt du, dass ich das hasse?", schnaubte Lily. „Erst machst du so eine riesige Dummheit und dann kommst du an und sagst solche Sachen. Wie soll ein Mädchen da lange sauer sein?" James' Grinsen wurde ein Stück breiter und seine Brust schwoll vor Stolz an. „Ich bin einfach unwiderstehlich", sagte er und Lily verdrehte die Augen.

„Total."

„Warum hättest du mich sonst heiraten sollen?"

„Okay, wir haben verstanden, ihr beiden liebt euch und seid ekelhaft süß, können wir jetzt weiter feiern?", fragte Ellie und sie und Lin lachten laut. James wurde etwas heiß im Gesicht, aber er wandte sich den beiden Frauen zu. „Aber natürlich. Wenn ihr darauf besteht."

„Dann wäre das ja auch geklärt." Mit einem vorsichtigen Blick auf die Muggel, die jedoch alle entweder nach draußen starrten, um die explodierenden Raketen zu beobachten, oder selbst welche in die Luft losließen, richtete James seinen Zauberstab auf die Musikanlage und ließ die Lautstärke in die Höhe schießen. Lily warf ihm kurz einen tadelnden Blick zu, wurde dann jedoch sofort von Sirius auf die Tanzfläche gezogen, welcher James kurz zuzwinkerte.

„Erweist du mir die Ehre?", fragte er Ellie und sie ergriff mit einem schiefen Grinsen seine ausgestreckte Hand. „Wie könnte ich da Nein sagen?"

„Eben!" Er folgte seiner Frau und seinem besten Freund. Die nächsten Stunden schienen einfach nur so an ihnen vorbeizuschießen. Kaum war Mitternacht gewesen, da hatte die Uhr an seinem Handgelenk bereits fünf Uhr morgens gezeigt. Müde und ausgelaugt fanden sie sich alle auf dem Platz von Godric's Hollow zusammen. Schwarz schien der Himmel zu sein und stahlfarbene Wolken zierten den Horizont. Überall waren die Lichter erloschen.

„Nun, ich denke, ich bringe sie am besten nach Hause", meinte Caradoc grinsend und deutete auf Marlene, die halb gegen ihn lehnte, weil sie sich kaum noch auf den Beinen halten konnte. Ob nun aufgrund des massigen Alkohols, den sie wohl intus haben musste, oder der fortgeschrittenen Stunde, das konnte James in diesem Moment nicht sagen. Er wusste allerdings, dass Marlene ganz dringend Schlaf benötigte.

„Das wäre wohl das beste", meinte Ellie lachend. „Nun, dann werde ich mich auch verabschieden. Ich habe seit letztem Jahr nicht mehr geschlafen." James und Sirius lachten und Ellie fügte hinzu: „Diese Art von Witzen kann man nur jetzt bringen, also werde ich das ausnutzen!"

„Was habe ich doch für einen wunderbaren Umgang", lachte Lily ebenfalls und schloss ihre beste Freundin in die Arme. „Wir sehen uns bei der Arbeit."

„Ja, mach es gut. Und lass dich nicht zu sehr ärgern", sagte sie mit einem Seitenblick auf James, der gerade Remus auf die Schulter klopfte.

„Spätestens am Mittwoch sollte wir uns wiedersehen", meinte der Werwolf mit einem schwachen Lächeln zu James und Sirius gewandt.

„Wieso das?"

„Weil am Donnerstag eure Anhörung ist und ich euch dort nicht unvorbereitet hingehen lassen werde." Die Narben in seinem Gesicht spannten sich an, als er lächelte. „Sonst landet ihr noch in Askaban."

„Wow, danke, Moony!", rief Sirius begeistert aus und Lin verdrehte die Augen.

„Also schön, man sieht sich, Leute", meinte die Frau mit den blauen Haaren und schloss ihre Cousine noch einmal in die Arme, ehe sie sich umwandte, um in einem dunklen Teil des Dorfes ungesehen zu apparieren. „Dann gehen wir auch mal", sagte Ellie und hakte sich sowohl bei Sirius als auch Remus unter, um die beiden mit sich zu ziehen. „Bis dann!"

James winkte den drein noch hinterher, dann wandte er sich an Lily. „Sag mal, hast du Peter gesehen?", fragte er, als ihm die Abwesenheit ihres rundlichen Freundes auffiel. „Oh, nein, ich dachte, er wäre direkt hinter uns gewesen."

„Meinst du, er ist noch - "

„Und selbst wenn", unterbrach sie ihn. „Ich glaube, Peter ist alt genug, um auf sich selbst aufzupassen. Er wird schon nicht in Du-weißt-schon-wen persönlich rennen." James brachte ein müdes Lächeln zustande, konnte aber seine Sorge wohl nicht ganz aus seinem Blick verbannen, denn Lily seufzte. „Ach komm schon, James. Peter ist doch nicht umsonst ebenfalls ein Rumtreiber, nicht wahr? Er ist ja nicht auf den Kopf gefallen, auch wenn manchmal etwas langsam ist. Vertrau ihm."

„Das mache ich. Aber – ah, du hast ja Recht. Lass uns auch nach Hause gehen." Ergeben reichte er ihr die Hand und führte Lily dann den dunklen Weg zurück zu ihrem Haus. Noch immer überkam ihn ein leichtes Gefühl vom Surrealität, wenn er nach Hause kam. Dort wartete seine Frau dann auf ihn, seine schwangere Frau und es erfüllte ihn mit so viel Glück und Stolz, dass er manchmal nicht anders konnte, als einfach nur zu lächeln.
„Was hast du?", fragte Lily ihn. „Oh, nichts, nichts. Alles gut."

Sie bedachte ihn mit einem leicht zweifelnden Blick, aber er drückte zur Beruhigung ihre Hand. „Es ist wirklich alles in Ordnung, Schatz. Mir ist nur noch einmal klargeworden, welch ein Glück ich doch habe."

Die Eingangstür knarrte leise, als Lily sie mit dem Schlüssel öffnete und aufstieß. Bedacht leise traten sie ins Haus, schlossen die Haustür hinter sich und hängten im Halbdunkeln die Jacken an die Garderobenhaken. James ging die Treppe hinauf, Lily dich hinter ihm und ging schnurstracks ins Schlafzimmer. Der Kater lag leise schnurrend auf der Decke und ignorierte damit ein weiteres Mal das mit einer weichen Decke ausgelegte Bett, welches Lily extra für ihn gekauft hatte. Kopfschüttelnd schüttelte James ihr Haustier vom Bett und setzte sich dann auf die Bettkante. Lily trat zu ihm, lächelte ihn und legte dann ihre Lippen auf seine.

„Das du noch so viel Energie übrig hast", murmelte er gegen ihren Mund und grinste, als sie mit ihren Fingern an seinem Nacken entlangstrich.

Sie löste sich von ihm und wandte sich dann um, um noch einmal ins Badezimmer zu gehen. In der Zwischenzeit entledigte sich James seiner mittlerweile nach Schweiß und Alkohol riechenden Klamotten und warf sie unachtsam auf den Boden. Als Lily wieder ins Schlafzimmer trat, schnalzte sie mit einem Blick auf die schmutzige Wäsche mit der Zunge, gesellte sich aber zu ihm ins Bett.

Die Potters erwachten erst, als die Wintersonne bereits hoch am Himmel stand, weit nach den Mittagsstunden. Es war ein klarer Tag geworden, die Wolken hatten sich verzogen und selbst der Schneefall hatte ausgesetzt. James betrachtete für einen Moment die gläsernen Scheiben des Fensters, in denen sich das Licht brach, dann griff er nach der Brille und dem Zauberstab, die auf dem Nachttisch lagen. Mit besserer Sicht schwang er das Stück Holz und das Schlafzimmerfenster schwang lautlos auf. Ein Schwall erfrischender Luft ergoss sich in den stickigen Raum und obwohl es dadurch auch sofort eisig kalt wurde, nahm James einen tiefen Atemzug und drehte sich dann zu Lily um, die sich noch im Schlaf in ihre Decke krallte, als die kalte Luft ihre Haut berührte.

„Aufwachen, Lily", murmelte er und strich ihr über die Wange. „Lass mich", murrte sie schlaftrunken und trat unter der Bettdecke nach ihm, was James dazu veranlasste, zu lachen und damit die Katze aufzuschrecken, die am Bettende gelegen hatte. Leise fauchend sprang sie auf und verließ mit tapsigen Pfoten das Zimmer.

„Wieso hast du mich - ", fing Lily mürrisch an, brach dann jedoch ab und schlug sich eine Hand vor den Mund. Ein würgendes Geräusch entkam ihr und sie stürmte mitsamt der Decke ins Badezimmer, dessen Tür sie noch hinter sich zuwerfen konnte. „Lily!", rief James erschrocken aus und wollte ihr schon folgen, da hörte er sie schwach antworten: „Mir geht's gut."

Nur um ihre Worte Lügen zu untermalen, ertönte ein platschendes, würgendes Geräusch aus dem Bad. Sich über ihre Proteste hinwegsetzend, öffnete James die Tür und kniete sich neben seine schwangere Frau auf den Badezimmerboden, während sie schwer atmete. „Es geht schon", murmelte sie, während er ihr über den Rücken strich. „Das ist normal bei einer Schwangerschaft..."

„Nur, weil es normal ist, heißt es nicht, dass ich dich damit alleine lassen sollte", erwiderte er und strich ihr einige verirrte Haarsträhnen aus der Stirn. „Willst du etwas trinken?"

„Ja – ja, ich komm gleich runter", flüsterte Lily leise und wandte das Gesicht ab. James warf ihr einen bedauernden Blick zu, dann erhob er sich langsam und verließ das Badezimmer.

Nachdem er sich im unteren Stockwerk frisch gemacht hatte – und mit Erschrecken feststellen durfte, dass es schon fast sechzehn Uhr war – bereitete er ein 'Frühstück' für sich und Lily vor. Mit dem Schwung seines Zauberstabes entleerte sich auch eine Dose mit stark riechendem Katzenfutter in die kleine Schale, die am Boden stand. Zufrieden schnurrend machte sich der Kater daran, sein Essen zu verspeisen.

Lily kam mit recht wackligen Beinen hinunter und setzte sich wortlos an den Küchentisch. Sie nahm James die Tasse mit Tee ab und nippte kurz daran. „Du musst dich deswegen nicht schämen", sagte er.

„Das mache ich nicht", log sie und wandte den Blick ab. James seufzte leise und setzte sich neben sie, den Geruch von frischem Toast in der Nase. „Komm schon", scherzte er. „ich hab' dich schon in einer schlimmeren Verfassung gesehen. Erinnerst du dich noch an die Abschlussfeier der Sechsten? Du hast solange Butterbier getrunken, bist du nicht mehr aufrecht stehen konntest."

„Erinnere mich nicht daran", rief sie lachend aus und stellte den Tee beiseite. „Ich hatte danach den schlimmsten Kater meines Lebens."

James lächelte sie an. „Und trotzdem warst du mit diesen tiefen Augenringen und deiner noch kratzbürstigeren Art ein kleiner Engel."

„Spinner", murmelte Lily, lächelte aber ebenfalls.

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