42. Idiot bleibt Idiot
Auch wenn James gesagt hatte, dass er Sirius vollkommen vertraute, so war er doch selber überrascht, als fast ein Monat verging und sich Cassy nicht bei ihnen beschwerte oder irgendetwas bei ihnen dauerhaft zu Bruch gegangen war. Allgemein gesehen hatte sie es schnell überwunden, dass ihre Eltern sie rausgeschmissen hatten und James hatte die Vermutung, dass Sirius viel dafür getan hatte. Remus hatte ihm nämlich erzählt, dass er sogar mit dem jungen Mädchen in der Stadt zum Einkaufen war, eine Tätigkeit, die er nicht einmal mit Marlene machen wollte. Als Marlene das erfahren hatte, hatte sie gelacht und gemeint, dass der Chaot immerhin jemanden hatte, der ihn bändigen würde.
James war sich nicht ganz sicher, was das zwischen ihr und Caradoc genau war, aber er war froh, dass sie wieder glücklicher war. Sie hatte es sogar hinter sich gelassen, jedes Mal fluchtartig den Raum zu verlassen, wenn das Thema in irgendeiner Weise auf Sirius gefallen war. Und sie hatten sich nicht mehr angeschwiegen, wie zwei Marmorstatuen. Marlene hatte sogar mit dem ältesten Sohn der Blacks gescherzt und gefragt, wie es sich denn so als angehender Vater fühlte. James war auf jeden Fall froh, dass seine Freundin langsam aber sicher wieder in ihre alten Muster zurückfiel und dafür war er auch Caradoc mehr als dankbar. Deswegen hatte er mit Lily, eine Woche vor Halloween, angefangen eine kleine Party bei ihnen zu planen, damit sie mal wieder alle für einen Abend zusammen sein würden und einfach Spaß haben konnten.
Dumbledore, der sich zwar nicht noch einmal bei ihnen wegen dem Orden gemeldet hatte, war einmal persönlich bei Sirius vorbeigekommen, um nach Cassandra zu sehen und James fand das eine sehr rührende Geste des Schulleiters. Denn obwohl Cassy nun nicht mehr seine Schülerin war, hatte der alte Mann sich darum bemüht, ihr aufmunternde Worte mit auf den Weg zu geben. Mittlerweile konnte man auch schon eine leichte Wölbung ihres Bauches erkennen und keiner konnte sagen, wer denn nun aufgeregter wegen der Geburt war: Cassy selbst, Sirius oder Lily.
Lily hatte nämlich beinahe ihre komplette Freizeit in den ersten zwei Wochen dafür geopfert, um mit Cassy zum Frauenarzt zu gehen, mit ihr Babyklamotten zu shoppen und ihr eine Freundin zu sein, auf die sie sich verlassen konnte.
James hatte es überrascht, denn er hatte immer gedacht, dass Cassy, als Einzelkind einer großen Reinblutfamilie, ebenso darauf getrimmt war, Muggelstämmige zu verabscheuen und sie regelrecht zu hassen. Allerdings schien sie genau das Gegenteil zu verdeutlichen. Cassandra Zabini war eine Muggelfreundin durch und durch.
Am Nachmittag vor der geplanten Halloweenparty kamen Remus, Ellie und Marlene vorbei, um James und Lily bei der Vorbereitung zu helfen. Es würde das erste Mal seit ihrer Hochzeit sein, dass sie einfach alle zusammen waren, ohne irgendwelche Ordensmitglieder kennenzulernen. James hatte es gar nicht wirklich mitgeschnitten gehabt, doch seit er und Lily in dieses Haus in Godric's Hollow gezogen waren, hatten sie ihre Freunde immer weniger gesehen. Vielleicht hatte es an dem Beginn ihrer Ausbildungen gelegen, vielleicht hatten sie den beiden Frischvermählten auch nur etwas Freiraum geben wollen, es war eigentlich auch egal, denn jetzt gab es wieder etwas, was sie zusammen erleben konnten.
Lily hatte extra die Kamera, die ihr Ellie und Marlene geschenkt hatten, hervorgeholt um mal wieder etwas Material für ihr Fotoalbum zu sammeln und hatte bereits damit begonnen, um ihre Freunde herumzuschleichen, um sie bei einem erinnerungswürdigen Moment zu erwischen. Leider hatte sie die lautlose und unbemerkte Technik des Fotografierens wie Sirius noch nicht drauf, sodass all ihre Bilder damit endeten, dass entweder Marlene eine blöde Grimasse zog oder Ellie ihr einen vernichtenden Blick zu warf, während sie kleine Pappfeldermäuse verzauberte.
„Deine Frau hat viel zu viel Spaß bei der ganzen Sache", murmelte Remus belustigt. James brummte. „Sie hat den die letzten Wochen aufgespart und lässt ihn jetzt auf einmal raus." Der Werwolf grinste schief, dann widmete er sich wieder dem blutroten Punsch, den er zubereitete. „Erwachsensein ist schon ganz schön blöd", meinte James dann und stellte die Teller beiseite, um seinen Freund anzusehen. „In der Schule konnten wir es nicht erwarten und jetzt würde ich alles dafür geben, wieder elf zu sein."
„Oh? Dann würde Lily dich aber wieder hassen, weißt du?" James grinste nun und fuhr sich durch die Haare, eine Geste, die er schon lange nicht mehr gemacht hatte. „Dieses Mal würde ich ja wissen, was ich falsch mache, und dadurch könnte ich es - "
„ - genauso falsch machen", beendete Remus den Satz. „Glaub mir, James, du warst ein Idiot. Du wirst auch wieder ein sein, wenn du plötzlich wieder elf sein würdest." James zog seine Augenbrauen nach oben. „Ach ja?"
„Ja", sagte Lily und er hörte ein leises Klicken hinter sich. Sie hielt die Kamera noch immer vor ihr Gesicht, als er sich umdrehte. Er konnte die Kette sehen, die er letztes Jahr geschenkt hatte, die nun kurz über ihrem Herzen baumelte. „Du bist und bleibst nun mal ein großer Idiot, Potter."
„Und warum hast du mich dann geheiratet, Evans?", raunte er und drückte die Kamera herunter, sodass er ihr erhitztes Gesicht und das breite Grinsen sehen konnte. „Du hast Geld", sagte sie schlicht und machte noch ein Bild von ihm. „Sirius hat auch Geld", erwiderte er lachend und versuchte ihr die Kamera wegzunehmen.
„Ja, aber er hatte ja schon Marls, das konnte ich nicht machen. Manchmal ist die zweite Wahl auch ganz okay." Lily lachte auf, als James seine Hände an ihre Hüfte packte und sie an sich zog. „Ach, die zweite Wahl, hm?" Seine haselnussbraunen Augen blitzten belustigt hinter seine Brille auf und die schwarzen Haare fielen ihm in die Stirn. Lily hob kurz ihre Augenbrauen an, drückte ihrem Ehemann einen Kuss auf die Wange und schnappte sich dann ihre Kamera wieder.
„Ja, genau. Und jetzt mal hübsch lächeln, Herr zweite Wahl!" James schüttelte grinsend den Kopf und Remus versuchte sein Gesicht zu verbergen, in dem er so tat, als würde er im Schrank nach etwas suchen. „Lily, hör auf die beiden zu ärgern und hilf uns, die anderen kommen gleich!"
„Ja, ja", seufzte die rothaarige Hexe und drehte sich dann um. James warf einen Blick auf die Uhr, die über der Küchentür hing. „Also, wir sind fertig, oder?", fragte er seinen Freund, der nun mit rotem Gesicht aus dem Schrank auftauchte und sich noch immer das Lachen verkniff. „Hmm." James rollte mit den Augen und schwang dann seinen Zauberstab, woraufhin die Teller sich in die Luft erhoben und den Gläsern ins Wohnzimmer folgten, um sich dort auf den von den Mädchen vorbereiteten Tisch niederließen. Die große Schüssel mit Punsch folgte sogleich, wobei es aussah, als würden dort ein paar Liter Blut durch die Luft fliegen.
Marlene legte ihren Zauberstab beiseite, als James und Remus das Zimmer betraten und hielt dann einen Kürbis hoch. „Ist der nicht niedlich?", fragte sie entzückt und deutete auf den kleinen Zahn im grinsenden Mund der Fratze. „Zum Anbeißen", erwiderte James und nahm ihr den fertigen Kürbis ab. Der wird sich gut an der Eingangstür machen.
„Warte!", sagte sie und erhob sich. „Ich hab noch was vergessen." Sie nahm ihren Zauberstab wieder zur Hand und richteten ihn auf die orangene Frucht in James' Händen. Sie murmelte einen Spruch, der jedoch in einem lauten Lachen von Ellie unterging, und grinste dann zufrieden. „Was hast du gemacht?", fragte Remus neugierig und Marlene nickte dem Kürbis zu. „Probier es aus. Rede mit ihm."
„Ähm - ", der Werwolf wandte sich verwirrt an die grinsende Fratze. „ - Hi?"
„Was, mehr fällt dir nicht ein, Bursche? Ganz schön unhöflich, dabei habe ich meinen besten und einzigen Zahn hervorgeholt." Marlene kicherte, als sie Remus verdutzten Gesichtsausdruck sah und auch James konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. „Was gibt's da zu grinsen? Mach dir mal die Haare, du siehst aus, als wärst du durch einen Sturm gelaufen!" Marlene lachte noch lauter, als James den Kürbis bis in den Flur trug und dieser ihn dabei weiterhin Tipps zur Haarpflege geben wollte. „Du hast doch nicht mal Haare", zischte der junge Potter der Fratze zu und stellte ihn nach draußen.
„In meiner Jugend war ich - ", fing er an, doch da hatte er die Tür schon zugeworfen und trat augenrollen wieder ins Wohnzimmer, wobei er sich durch die Haare fuhr und sie damit noch unordentlicher machte. „Nächstes Mal warnst du uns vor, ehe du einen sprechenden Kürbis zauberst", meinte er an Marlene gewandt, die ihn verschmitzt angrinste. „Ah, haben dich seine Worte getroffen?", fragte sie lachend und wich seinem Arm aus. „Es ist doch war, Sturmkopf!" James verfolgte die lachende Marlene durch das Wohnzimmer, bis ein Klingeln an der Tür sie beide innehalten ließ. Lily eilte nach vorne, doch noch bevor sie ihre Hand an die Klinke legen konnte, hörten sie die weiche Stimme des Kürbisses, der sagte: „Was hast du denn für Haare? Da ist mir ja der Typ mit dem explodierten Nest auf dem Kopf lieber!"
Noch bevor die Person antworten konnte, wussten sie alle, dass es sich nur um Linnea handeln konnte. „Pass bloß auf, sonst mach ich Suppe aus dir!"
„Wie ich sehe hast du unseren Gast kennengelernt", grinste Lily, als sie die Tür öffnete um ihre Cousine einzulassen. „Ziemlich unhöfliches Gemüse habt ihr euch da angeschafft", erwiderte sie und nahm sich die Mütze von den blauen Haaren. „Das war Marlenes Idee", sagte James und trat zu den beiden in den Flur. „Aber irgendwie finde ich ihn symphytisch."
Lily lachte und nahm Lin den Mantel ab. „Immerhin bringt er Stimmung ins Haus. Den sollten wir behalten."
„Bis er anfängt zu schimmeln und zu stinken", erwiderte James und verzog das Gesicht. „Nein, danke."
„Das hab ich gehört, Bursche!" rief der Kürbis aufgebracht und die drei brachen in Gelächter aus. Angelockt durch den neuen Geruch kam der gefleckte Kater die Treppen heruntergetapst und blickte die blauhaarige Hexe mit großen Augen an. „Ach, nein, du bist ja süß", sagte Lin sofort begeistert und hielt Momo die Hand hin. „Du hast mir ja erzählt, dass ihr jetzt einen Kater habt, aber du hast dabei ausgelassen, dass der so niedlich ist."
„Ich bin auch niedlich!", sagte der Kürbis empört und James verdrehte die Augen. Momo ließ sich von Lin auf den Arm nehmen und genoss es wohl, wie sie mit ihren Fingern durch sein weiches Fell fuhr.
Eine halbe Stunde später war das Haus - oder besser gesagt das Wohnzimmer - der Potters voll. Während Peter sich mit glänzenden Augen auf die Käsehäppchen gestürzt hatte, waren Caradoc und Marlene in der Küche verschwunden, um 'neue Gläser zu holen'. Dass sie dabei ganz zufällig die hellgraue Blende heruntergelassen hatten, die die Küche mit dem Wohnzimmer verband, hatte nicht dazu beigetragen, dass man ihnen Glauben schenkte. James konnte sich sehr gut denken, was die beiden da taten.
„Meinst du, wir sollten sie etwas aufscheuchen?", fragte er grinsend an Lily gewandt, die schon ihre Kamera gezückt hatte. „Ich bin direkt hinter dir, mein Lieber." Während die anderen sich unterhielten und Spaß hatten - Cassy lachte über einen Witz den Remus aus einem Glückskeks vorgelesen hatte und Lin hatte schon das dritte Glas mit Punsch heruntergekippt - gingen die beiden Potters zur Küchentür. „Auf drei?", fragte James und Lily verdrehte die Augen.
„Nein", erwiderte sie einfach nur, stieß die Tür auf und machte sofort ein Bild davon, wie Marlene und Caradoc erschrocken auseinander sprangen. Das dunkelblaue Hemd des jungen Mannes war etwas verrutscht und roter Lippenstift zierte seine Wange. „Wir dachten, ihr könntet Hilfe bei den Gläsern gebrauchen, immerhin sucht ihr sie schon seit zehn Minuten", sagte Lily fröhlich und ging an den beiden vorbei. James konnte nicht ganz sagen, wer von beiden nun mehr Farbe im Gesicht hatte.
Er zwinkerte Caradoc zu, der ihm schwach zulächelte, dann nahm er Lily an die Hand und zog sie wieder aus der Küche, wobei er die Tür mit einem Zauber offen hielt. Zwei Minuten später hatten sich die beiden Turteltauben wieder unter die Gäste gemischt und auch wenn es James' Einbildung gewesen sein könnte, so hätte er schwören können, dass Sirius Caradoc einen vernichtenden Blick zugeworfen hatte, ehe er ein Glas mit Punsch geleert hatte.
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