40. Zukunft
Nicht wie sonst schien der miesepetrige Mad-Eye Moody seinem Namen gerecht zu werden. Er lachte gerade über einen Witz, den eine Frau mit drahtigen Haaren ihm erzählt hatte und prostete dem blutroten Wein in seinem Kelch ordentlich zu. Seine üblicherweise blasse Haut war leicht gerötet und sein magisches Auge surrte in seiner Höhle hin und her, wie ein verrückt gewordener Flummiball.
Lily wandte den Blick davon ab, denn von den schnellen Bewegungen wurde ihr noch ganz übel. Sie hatte noch versucht James vom Feuerwhisky fernzuhalten, aber kaum hatten er und Sirius sich begrüßt, war auch schon die erste Flasche geöffnet und beinahe im nächsten Atemzug geleert worden. Seufzend hatte sie ihren Ehemann mit seinem Freund also alleine gelassen und sich zu ihren Freundinnen gesellt. Ellie hatte sofort die Augenbrauen in einer anzüglichen Geste gehoben, denn sie konnte sich sehr wohl denken, was ihre beiden Freunde denn so lange wach gehalten hatte - oder sie den Morgen über auf Trab gehalten hatte. Marlene hingegen war ruhig geblieben, musste sich allerdings das Lachen wohl auch verkneifen.
Kurze Zeit später gesellte sich auch eine junge Frau zu ihnen, die kurze, dunkelblaue Haare hatte und Lily hatte tatsächlich ein paar Momente gebraucht, ehe sie ihre Cousine erkannt hatte. „Lin!", rief sie aus und drückte die ehemals schwarzhaarige Frau an sich. „Was hast du mit deinen Haaren angestellt?"
Linnea grinste breit und nahm einer der schulterlangen Strähnen zwischen die Finger. „Cool, oder? Das unterstreicht mein Rocker-Image." Lily konnte nur stumm nicken, denn ein weiterer Gast hatte sich zu ihnen gesellt. „Hallo, die Damen", sagte Caradoc charmant und strich sich die dunkelbraunen Haare aus dem Gesicht.
„Caradoc!", erwiderte Lily freudig überrascht. „Wie geht es dir? Ich hab schon gehört, dass du James und Sirius ganz schön schindest." Er grinste schief und seine weißen Zähne blitzten dabei auf. „Oh, ich kann nicht klagen, was das angeht. Sie sind ausdauernd, das muss ich ihnen lassen. Aber wie geht es dir? Dumbledore hat mir gesagt, dass du und - " Seine Augen huschten von ihr, über Lin zu Ellie und Marlene und er deutete mit einem Kopfnicken auf die braunhaarige Hexe. „ - Ellie zusammen Heilerin werdet?"
Marlene lachte. „Ich bin zwar nicht Ellie, aber - " Caradocs Wangen färbten sich hellrosa. „Das tut mir leid", sagte er schnell. „Ich hatte noch nicht das Vergnügen." Marlenes Augen begutachteten seinen Körper, dann reichte sie ihm die Hand. „Marlene McKinnon, sehr erfreut. Das kleine Ding hier neben mir ist Ellie", fügte sie lächelnd hinzu und deutete auf ihre Freundin. Caradoc reichte auch ihr die Hand, wobei seine Augen aber auf Marlenes Gesicht fokussiert blieben.
Lily entschied sich dafür, die peinliche Stille zwischen den beiden zu unterbrechen. „Die Ausbildung ist wunderbar, oder Ellie? Wir lernen eine ganze Menge." Ellie nickte zustimmend, konnte sich aber ein Grinsen nicht verkneifen, als der angehende Auror seinen Blick nur schwerfällig von der braunhaarigen Hexe nehmen konnte. Lin dachte sich ihren Teil und schwieg.
„Das freut mich zu hören. Ich - naja, ich muss dann auch wieder weiter. Hat mich sehr - sehr gefreut, Marlene." Caradoc lächelte schwach und wandte sich dann etwas zu schnell zum Gehen um, sodass er strauchelte und beinahe in Professor McGonagall stolperte. Lily kicherte. „Ich glaube er mag dich", flüsterte sie ihrer Freundin zu und Marlene errötete. „Quatsch! Wie kommst du denn auf diesen Unsinn?", fragte sie mit etwas zu hoher Stimmlage und fügte dann hinzu: „Ich muss mal."
Sie verschwand in dieselbe Richtung wie Caradoc verschwunden war und Ellie brach die Stille, in dem sie sagte: „Klar, Marls. Und ich bin die Päpstin."
„Wie geht es Remus?", fragte Lily und nahm einen Schluck aus ihrem Glas. Der süßliche Wein lag schwer in ihrer Magengegend. „Oh, es geht", sagte sie leise. „Ich schätze, es wird besser. Sein Vater hat ihm wohl eine kleine Aushilfsstelle besorgt, damit er nicht komplett ohne da sitzt."
„Oh, okay. Hat er wieder nur Absagen bekommen?" Ellie nickte traurig. „Ja, niemand will einen - " Sie verstummte mit einem Seitenblick auf Lin, die sie interessiert musterte. „Äh."
„Niemand will einen was?", fragte sie neugierig und Lily schluckte schwer. „Niemand will einen Hehl daraus machen, dass es gerade nicht so gut läuft", beendete sie schnell den Satz und hoffte, dass ihre Cousine sich damit zufrieden geben würde.
„Ja, das verstehe ich", meinte diese dann mit bedrückter Stimme. „Eine ehemalige Klassenkameradin von mir hat auch jetzt noch keine Festanstellung bekommen, weil sie muggelstämmig ist. Die Leute wollen sie zu Zeiten wie diesen nicht beschäftigten." Lin verzog das Gesicht. „Ich bin froh, dass wir dieses Problem umgehen konnte."
Lily nickte erleichtert. „Jah, ich auch."
„Ach, übrigens", fing Linnea an und klang auf einmal wesentlich begeisterter. „Hab ich dir schon erzählt, dass ich übernächstes Jahr nach Amerika gehe?" Die Augen der rothaarigen Hexe wurden groß. „Was?!"
„Ja!", sagte Lin begeistert, die den entsetzten Ausdruck falsch deutete. „Die Band geht auf Tour, ein Konzert in jedem Bundestaat! Ist das nicht fabelhaft? Wir sammeln derzeit noch genug Geld, damit wir das auch wahrmachen können, denn bisher ist es nur ein Traum, den wir verfolgen. Aber das wäre wirklich toll, nicht wahr?"
Lily konnte nur mit offenem Mund nicken. „Und wann kommt ihr wieder?", fragte sie etwas atemlos. „So eine Tour dauert bestimmt nicht nur eine Woche." Linnea schien in Gedanken kurz zu rechnen. „Oh, so ungefähr ein halbes bis dreiviertel Jahr."
„So lange?", empörte Lily sich. „Aber - "
„Ach, komm schon, Lily!", sagte Lin. „Ich bin ja nicht für immer weg. Das ist so eine große Chance für uns, wenn wir das wirklich durchziehen können. Und außerdem hast du doch genug zu tun, arbeiten, einen Ehemann erziehen, Familie planen."
Sie zwinkerte ihr verschwörerisch zu. „Wer weiß, wenn ich wieder komme, laufen ganz viele kleine James' durch die Gegend."
Ellie stimmte in ihr Gelächter mit ein und sogar Lily schaffte es ein müdes Lächeln zustande zu bringen. Sie hatte natürlich daran gedacht... eine Familie zu gründen und Kinder zu bekommen. Allerdings hatte sie mit James noch nicht darüber geredet. Und er war essenziell wichtig dafür.
Weitere Stunden vergingen und die Mitglieder des Ordens des Phönix wurden allesamt immer bekannter miteinander. Lily unterhielt sich eine halbe Stunde lang mit Hestia Jones darüber, wie wichtig es war, dass sie ebenfalls so viele weibliche wie männliche Mitglieder hatte, sie diskutierte mit den Prewett-Brüdern Gideon und Fabian über verschiedenste Abwehr - und Angriffsflüche und beinahe eine Stunde lang hatte sie Andromeda Tonks, Sirius' Cousine und ebenfalls Ausgestoßene aus der black'schen Familie, mit einem Vortrag über die Hauselfen - und Koboldrechte festgenagelt, ehe der besorgte Ehemann seine verschollene Frau erlöst hatte. Molly und Arthur hatte sie ebenfalls getroffen und auch Hagrid, sowie die Professoren McGonagall, Flitwick und Slughorn.
Dumbledore verkündete das Ende der Veranstaltung, als der Himmel sich blutrot färbte. Müde und erschöpft, aber auch irgendwie glücklich, verließen sie das Schloss und Lily griff nach Stunden wieder nach James' Hand. Die Stimmung war ausgelassen und einige lachten und redeten immer noch laut. Lily warf einen zögerlichen Blick zu ihrem Ehemann, doch sie war erleichtert, als sie feststellte, dass es wohl bei der einen Flasche Feuerwhisky geblieben war. Er lächelte sie warm an und seine haselnussbraunen Augen leuchteten hinter seiner Brille, die den Sonnenuntergang reflektierte.
„Wir sehen uns am Montag", murmelte Ellie, als sie sie zum Abschied umarmte und Sirius hob einfach nur die Hand, dann war er im nächsten Moment auch schon wieder verschwunden. Remus und Ellie apparierten ebenfalls davon und ließen Lily, James, Linnea und Marlene zurück.
„Tja, war nett. Aber ich muss wieder. Meine Mum wird mich sowieso schon umbringen wollen, weil ich einfach abgehauen bin." Lin rollte mit den Augen und seufzte laut. „Ich wünschte wirklich, ich könnte endlich raus aus diesem Haus."
„Warum machst du es nicht?", fragte James neugierig. „Weil ich kein Geld und keine feste Arbeit habe", erwiderte Lin stumpf und ihr Blick wurde etwas trüb. „Musikerin zu sein ist nicht besonders einfach."
Ohne ein weiteres Wort apparierte sie davon und nur noch der aufgewirbelte Staub zeugte davon, dass die neuerdings blauhaarige Hexe dort gestanden hatte. Lily nutzte die Chance und richtete sich an Marlene.
„So, du und Caradoc, hm?" James machte ein Geräusch, als hätte er sich verschluckt und starrte seine Frau an. Marlene hingegen wurde rot im Gesicht. „I-ich weiß nicht, was du meinst. Wir haben uns lediglich unterhalten, das ist alles."
„Sieben Stunden lang?", fragte Lily mit einem hinterhältigen Lächeln. „Eine sehr anregenden Unterhaltung, oder?" Marlene wurde noch peinlich berührter. „Das ist - also ich - und du - "
„Komm schon, Marls", unterbrach James sie, der sich gefangen hatte. „Ist doch nichts dabei, wir sind alle erwachsen. Außerdem ist er schwer in Ordnung. Etwas streng, aber wirklich cool." Marlene lächelte ihm schwach zu.
„Und anscheinend findet sie ihn auch noch süß", fügte Lily böse hinzu und zwinkerte ihrer Freundin zu. „Lily!", rief diese aus und funkelte sie finster an. „Hör auf damit!"
„Tut mir leid", lachte die rothaarige Hexe. „Ich mach nur Spaß. Ich freue mich, dass ihr euch gut versteht. Caradoc ist wirklich in Ordnung. Und du kannst etwas Ablenkung gut gebrauchen. Verabrede dich doch zum Mittag mit ihm."
Plötzlich schien Marlene den staubigen Erdboden sehr interessant zu finden und sie nuschelte etwas Unverständliches. „Wie bitte?", fragte James grinsend und tauschte einen schalkhaften Blick mit Lily.
„Wir sind für morgen schon verabredet", sagte sie etwas lauter und klammerte ihre Hände in ihr enges Shirt. „Und jetzt entschuldigt mich!" Mit einem leisen Knall apparierte sie und ließ Lily und James zurück. „Ich bin wirklich froh, wenn sie etwas Ablenkung hat", sagt sie und lehnte sich an ihn.
„Ja, es tut ihr gut. Sie war den ganzen Abend lang wieder wie ihr altes Selbst, ohne die trübsinnigen Blicke, weil Sirius da war."
„Genau", murmelte Lily und schloss die Augen. „Ich hoffe er behandelt sie gut."
„Caradoc?", fragte James. „Sicher. Er ist wirklich anständig." Er nahm ihre Hand und apparierte die beiden zurück nach Godric's Hollow.
Kaum im neuen Potter-Manor angekommen, ließ Lily sich auf die Couch fallen und erschreckte damit den schlafenden Kater, der auf dem Tisch gelegen hatte. „Entschuldige, Kleiner."
Sie strich ihm durch das warme Fell und spürte dann, wie James sich hinter sie stellte und sich an das Rückenteil der Couch lehnte. „Bekomme ich auch eine Kuscheleinheit?", fragte er und sie konnte sein Grinsen deutlich heraushören.
„Warte bist du dran bist", sagte sie lachend und nahm Momo auf ihren Schoß, wo er sich sofort einrollte. James warf dem Kater einen bösen Blick zu, ehe er in die Küche ging und dabei etwas murmelte, welches Lily deutlich identifizierte, als: „Kaum hier, spannt er mir meine Frau aus."
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top