30. Goldband
Lily ging aufgeregt in ihrem Zimmer hin und her. Dabei bauschte ihr Rock immer wieder auf und der seidene Stoff schlug an ihren Fersen. Sie wusste, wie müsste schon längst unten sein, schon längst an James´ Seite stehen, aber sie konnte und wollte nicht. Nicht, ohne dass ihr Vater sie zum Altar führen konnte. Sie würde sich nicht wohl dabei fühlen, wenn sie ohne ihren Vater und ihre Mutter heiraten würde. Nervös und aufgeregt zupfte sie an ihrem Schleier herum, der immer wieder ihren Nacken kitzelte, bevor sie sich umwandte und dann vor dem großen Spiegel stehen blieb, der normalerweise im Badezimmer an der Wand hing. Lin und Ellie hatten ihn in Lilys Zimmer gebracht, damit sie sich vor der Trauung noch einmal selbst betrachten konnte.
Der seidene Stoff ihres Kleides sah genauso aus, wie der, den die Schneiderin ihr im Laden gezeigt hatte. Es war wie flüssiges Silber und die weißen Perlen und Verzierungen, die das ganze Kleid zierten waren, ließen es wirken, wie eine Wolke. Ellie und Marlene hatten ganze Arbeit geleistet, als sie ihr das Kleid übergezogen hatten. Es schien komplett faltenlos zu sein und sicherlich war Zauberei dabei kein so kleiner Faktor.
Frustriert wandte sie den Blick von ihrem Spiegelbild ab. Was hatte es für einen Sinn, dass sie so wunderschön aussah, wenn ihre Eltern bei diesem Tag nicht dabei sein konnten? Leise Schritte erklangen auf der Treppe und Lily wollte zur Tür hechten, um sie zu verschließen - sie wollte jetzt wirklich mit niemandem reden - als jemand ihr zuvorkam und sie aufstieß.
„Lily, Schatz, wo bleibst du denn?", fragte Mr. Evans mit einem strahlenden Lächeln im Gesicht, als er seine jüngste Tochter erblickte. „Aber… aber, ihr habt doch gesagt - " fing Lily an und blickte dann an ihrem Vater vorbei auf ihre Mutter. „Du hast doch nicht geglaubt, dass wir uns deine Hochzeit entgehen lassen, oder? Außerdem hast du so wunderbare Freunde, da hätten wir sie auch nie im Leben verpassen können."
Erst jetzt fiel Lily auf, wer da noch stand und sie frech angrinste. „Ellie", hauchte sie fassungslos. „Was hast du - "
„Naja, du warst so niedergeschlagen gestern, also bin ich heute früh nach Little Winging appariert um nachzusehen, ob deine Eltern noch da waren oder doch schon fahren konnten. Genau da hatte es auch noch angefangen zu regnen, also habe ich die beiden mit hier her genommen. Bedank dich bei deiner Nachbarin, dass sie dort so lange bleiben konnten." Tränen bildeten sich in Lilys Augenwinkeln und sie umarmte ihre beste Freundin stürmisch. Sie wollte etwas sagen, wollte sich bedanken, aber alles, was sie hervor brachte, war Gekrächze und Geschluchze. „Schon gut, Lils. Ich weiß, dass du sagen willst, dass ich großartig bin und nichts und niemand mir das Wasser reichen kann."
Mr. Evans lachte und legte einen Arm um seine Tochter, als diese sich von Ellie gelöst hatte. „Bereit, mein Spatz?", fragte er und wischte ihr mit einem Daumen die Tränen von der Wange. Lily nickte überglücklich und wurde dann von ihrem Vater die Treppe bis in den Flur hinuntergebracht. Mrs. Evans und Ellie gingen voran durch die Haustür und führten die Braut und ihren Vater über den Kiesweg, der mit einem goldenen Band ausgelegt wurde. Lily konnte leise Musik hören und den Duft des Sommers in ihrer Nase spüren, als sie um die Hausecke herum gegangen waren.
Alle Gäste erhoben sich von ihren Stühlen - bei Hagrid knackte etwas - und sahen nur noch Lily an. Ihr Blick jedoch galt alleine dem Mann, der genau auf ihrem Weg stand. James´ Lächeln schien noch breiter, noch strahlender und noch schöner zu sein, als sie es je in Erinnerung hatte. Sie konnte seinen Augen glitzern sehen, als sie kurz vor ihm mit ihrem Vater zum Stehen kam. „Ich liebe dich, Dad", flüsterte Lily und umarmte ihn, bevor er ihre zitternde Hand in die von James gab.
„Dachte schon, du hast dich verlaufen", hauchte er ihr zu und Lily strahlte. „Eigentlich wollte ich noch abhauen, aber meine Eltern haben mich erwischt" flüsterte sie zurück, als sich der Pfarrer des Ministeriums erhob.
„Meine Lieben", fing er mit leiser Stimme an und es wurde still um sie herum. „ist es Schicksal, oder doch Zufall, dass diese beiden Seelen zueinander gefunden haben? Die Liebe dieser Menschen ist so stark, dass sie selbst in dieser dunklen Zeit wie ein Leuchtfeuer brennt und sie erinnert mich daran, warum ich heute hier bin. Der Bund der Ehe ist ein wichtiger und vor allem mutiger Schritt und diesen zu gehen ist nicht allen vorbehalten. Aber James Potter und Lily Evans haben sich dazu entschieden, diesen Schritt gemeinsam zu gehen und sich hier und heute zu vereinen." Seine Augen huschten zu James. „Es kommt mir vor, als wäre es gestern gewesen, als ich an einem ebenso schönen Abend auf einem kleinen Podest stand und gehört habe, wie Fleumont und Euphemia Potter sich das Ja-Wort gaben." James´ Augen wurden groß und er drehte sich überrascht zu Lily um, die einfach nur lächelte und seine Hand etwas fester drückte.
„Damals wie heute ist die Liebe des Mannes zu seiner Frau unbeschreiblich stark und schön und ich bin froh zu sehen, dass der Sohn seinem Vater in nichts nachsteht." Lily wandte sich zu James, der angefangen hatte, leicht zu zittern. „Die Liebe ist wahrscheinlich die stärkste Magie, die wir kennen. Liebe kann alles besiegen, wenn sie nur stark genug ist."
Er blickte zu Lily, die nickte und sich dann zu James umwandte. „James, als ich dich das erste Mal getroffen habe, da habe ich dich wirklich gehasst", fing sie an und einige der Anwesenden lachten. „Aber du hast an dir gearbeitet und hast es geschafft, dass ich mich in dich verliebe. Du bist wirklich der wunderbarste Mann, den ich je kennenglernt habe und ich liebe dich über alles."
James schluckte und strich mit einem Daumen über Lilys Handfläche. „Lily, als ich dich das erste Mal gesehen habe, habe ich sofort gewusst, dass ich dich irgendwann heiraten würde." Wieder lachten einige auf. „Das waren damals jedoch nur die Fantasien eines kleinen Jungen gewesen, der zum ersten Mal verliebt war. Heute weiß ich, dass dich zu heiraten, die beste Entscheidung meines Lebens sein wird."
Der Pfarrer räusperte sich kurz, als James nicht weitersprach „Eine kleine und unscheinbare Frage trennt diese beiden noch davon, sich Mann und Frau nennen zu dürfen und ich Frage dich, Lily Evans, willst du den hier anwesenden James Fleumont Potter zu deinem angetrauten Ehemann nehmen und ihn lieben und ehren, bis dass der Tod eurer beider Leben scheidet?"
„Ja, ich will", sagte Lily mit fester Stimme, auch wenn die Tränen in ihren Augen brannten, wie Feuer. „Und ich frage dich, James Fleumont Potter, willst du die hier anwesende Lily Evans zu deiner angetrauten Ehefrau nehmen und sie lieben und ehren, bis dass der Tod eurer beider Leben scheidet?"
„Ja, ich will", antwortete James etwas zu schnell und schnitt dem Mann damit das Wort ab. Dieser lächelte jedoch nur und schwang seinen Zauberstab über ihren Köpfen. Ein Band aus Gold ergoss sich aus der Spitze und flocht sich um ihre beiden Hände, die miteinander verschränkt waren. Lily spürte eine kurze, angenehme Hitze an ihrem Finger, dann verschwand das Gold wieder. An den Fingern der beiden glitzerten nun zwei Ringe, die so hell leuchteten, wie der Sonnenuntergang. „Dann erkläre ich euch hiermit zu Mr. und Mrs. Potter. Sie dürfen ihre Frau nun küssen."
James ließ sich das nicht zweimal sagen und legte seine Lippen auf ihre. Laute Geräusche, Jubel, Applaus und Rufe, wurden um sie herum laut, doch Lily konzentrierte sich in diesem Moment nur auf den Mann vor ihr. Sie legte eine Hand auf seine Schulter, während er sie an der Hüfte naher zu sich zog.
„Lass noch was von ihr übrig!", konnte sie Sirius rufen hören und einige lachten. Atemlos trennten sich die beiden voneinander und auf ihren Gesichtern spiegelte sich die größte Freude wider, die es zu diesen Zeiten geben konnte. Lily und James Potter wandten sich ihren Freunden und Gästen zu und strahlten über beide Ohren. Hagrid weinte in ein großes, gepunktetes Taschentuch und beinahe fürchtete sie, dass die ganze Nachbarschaft von seiner trompetenartigen Schnäuzern alarmiert werden würde, doch dann viel ihr wieder ein, was Lin gesagt hatte: „Dein Schulleiter, Professor Dumbledore, hat extra einen ziemlich starken Zauber über den Garten gelegt. Alle Geräusche, die wir an diesem Abend von uns geben werden, werden für deine Nachbarn nicht zu höre sein und wir können auch Zaubern, so viel wir wollen. Der Schutz, den er aufgestellt hat, wirkt beinahe wie ein Filter. Die Muggel können uns zwar sehen, aber für sehen wie einfach nur aus, wie andere Muggel die eine kleine Grillparty veranstalten."
Langsam und mit bedächtigen Schritten gingen James und Lily den Altar herunter und traten auf den samtenen, goldenen Teppich. Sofort zogen alle ihre Zauberstäbe und ließen Funken und Blüten über ihre Köpfe ergießen, wie aus einem Fontänenbrunnen. Lily umklammerte ihren Blumenstrauß mit feuchten Fingern und sah immer wieder zur Seite, um die strahlenden Gesichter der anderen Leute zu sehen. Molly Weasley weinte ebenfalls in ein Taschentuch, Alice Longbottom rief ihr Glückwünsche zu und Caradoc Dearborn zwinkert ihr beim Vorbeigehen zu.
Am Ende des Teppichs angekommen, blickte Lily zu James, der sie grinsend ansah und dann nickte. Mit einem großen Schwung warf sie den Strauß über ihren Kopf und die Gäste - vorweg die weiblichen - kreischten auf. „Ich hab ihn, ich hab ihn!", konnte sie jemanden rufen hören und drehte sich um.
Lin grinste sie an und hielt ihn in die Höhe. „Du kennst doch das Sprichwort, oder?", fragte James laut. „Wer den Brautstrauß fängt wird als nächstes heiraten!" Alle Mann lachten und auch Lin machte mit. „Freiwillige vor", rief sie dann und breitete die Arme aus.
„Lily", ertönte dann eine Stimme hinter ihr und überrascht drehte sie sich wieder um. Die blonden Haare der Frau waren in perfekte Locken frisiert und die rot geschminkten Lippen hatten sich zu einem leicht gezwungen wirkendem Lächeln verzogen. „Petunia", hauchte Lily und konnte ihren Augen nicht trauen. Ihre Schwester kam einen Schritt auf sie zu und blieb dann stehen.
„Mum und Dad haben mir erzählt, dass du heute heiratest", sagte sie leise. „Und ich konnte doch nicht verpassen, wie meine kleine Schwester erwachsen wird." Lilys Lippen begannen zu zittern, als Petunia schief lächelte. „Du siehst hübsch aus."
„Oh, Tuni!", rief sie glücklich aus und fiel ihrer älteren Schwester um den Hals. „Ich kann nicht glauben, dass du hier bist", schluchzte Lily. „Ich dachte immer, du - du - "
Etwas unbeholfen tätschelte die verwirrte Petunia ihrer Schwester den Rücken. „Schon gut, schon gut, du ruinierst noch dein Make-Up, Lily." Zittrig lachte Lily auf und löste sich von ihr. „Was hat dich dazu gebracht, herzukommen?"
Petunia brachte etwas Abstand zwischen die beiden und zupfte dann an ihrem cremefarbenen Kleid. „Naja. Du bist immer noch meine Schwester, auch wenn du ein - ach, nicht so wichtig. Ich bin doch da, oder?"
Lily nickte weinend. „Und", fügte Petunia hinzu und warf einen Blick auf James. „ich wollte sichergehen, dass er auch der richtige für dich ist."
Lily folgte ihrem Blick und lächelte dann warm. „Das ist er, Tuni. Das ist er."
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