26. Weißes Licht
„Bist du dir sicher, dass wir die Einladungen ohne Lily machen sollten?", fragte Remus erneut und blickte von der Karte auf, die er gerade beschrieben hatte. Seufzend legte James die Feder weg und streckte seine Finger durch. „Remus", sagte er. „Ich habe es dir doch schon zwei Mal gesagt. Ich habe Lily gestern erst geschrieben, dass wir heute die Einladungen anfangen werden, sie an Lily schicken, sodass sie sie kontrollieren und eventuelle vergessene Gäste hinzufügen kann, oder habe ich das nicht gesagt?" Remus verzog das Gesicht. „Doch schon, aber - "
„Wo ist dann das Problem?", sagte Sirius schnell und versiegelte einen weiteren Umschlag, um die Adressen hinaufzuschreiben. „Lily vertraut uns gut genug, damit wir keinen Unfug anstellen. Und wenn sie mit Ellie und Marlene die Dekorationen aussuchen kann, dann können wir doch die Einladungen schreiben, oder?" Er zog seine Augenbrauen nach oben. „Es ist ja nicht so, als würden wir Lily damit in den Rücken fallen. Ich wäre der letzte Mann, der das tun würde." Remus seufzte leise und nahm dann seine Feder wieder zur Hand. „Ja, ihr habt ja Recht", gab er zu. „Es fühlt sich nur eben komisch an. Ich kenne es nun Mal, dass das Brautpaar diese Dinge immer zusammen erledigt."
James lachte leise. „Das hätten wir auch gemacht, leider bleiben uns nur noch acht Tage bis zur eigentlichen Hochzeit, also müssen wir Zeit sparen. Und das können wir, indem wir die Arbeit teilen." Während er gesprochen hatte, hatte sein Herz angefangen, schneller zu schlagen und Blut wurde in sein Hirn gepumpt, wie bei einem Quidditchspiel. Er würde in knapp einer Woche heiraten! James konnte ein Grinsen nicht verhindern.
„Aww, sieh nur, der Bräutigam ist ganz rot geworden", sagte Sirius neckend und grinste ebenfalls. Remus schüttelte den Kopf und wandte sich dann an James. „Hast du Peter denn nichts hiervon erzählt?", fragte er und deutete auf den leeren Stuhl ihm gegenüber.
„Doch", sagte James und zuckte mit den Schultern. „Ich hab ihm geschrieben, dass wir heute die Einladungen machen wollen und seine Hilfe brauchen. Aber er hat nicht geantwortet." Sirius zog seine Augenbrauen erneut in die Höhe. „Merkwürdig, ich habe ihn die letzten Tage gar nicht gesehen."
Remus rieb sich nachdenklich das Kinn. „Hmm. Hoffentlich ist ihm nichts passiert..." James machte eine wegwerfende Handbewegung. „Quatsch! Er hat bestimmt alle Hände voll zu tun. Du kennst doch seine Familie, die werden ihn sicherlich zu etlichen Veranstaltungen mitschleppen. Und ich kann es ihm auch nicht wirklich verübeln", fügte er hinzu. „Er sollte so viel Zeit wie möglich mit ihnen verbringen." Remus blickte ihn kurz durchdringend an, dann wandte er die Augen wieder auf die Einladung. „Ja, wahrscheinlich."
„Sollen wir Gonni auch einladen?", fragte Sirius ungefähr eine halbe Stunde später und hielt nachdenklich einen Umschlag in die Höhe. „Sicher!", rief James aus. „Lily will sie dabei haben. Sie war immerhin sieben Jahre lang unsere Hausleiterin und fast sowas wie eine – naja, nicht Mutter aber vielleicht Tante. Denk nur an die Zeiten zurück, in der sie uns unterstützt hat!" Sirius machte ein nachdenkliches Gesicht. „Hmm... Na gut, es ist deine Entscheidung", murmelte er und setzte die Feder an den Umschlag. „Warum fragst du überhaupt", meinte Remus kichernd. „Wenn Dumbledore kommt - " Er deutete auf die Einladung, die er gerade schrieb. „ – dann wird McGonagall selbstverständlich auch kommen." Sirius rollte mit den Augen. „Ja ja."
James schüttelte grinsend den Kopf und machte sich dann daran, weitere Adressen und Namen heraus zu suchen. „Ich finde, wir sollten einige der Ordensmitglieder einladen, oder nicht?", meinte er nachdenklich. „Besonders die älteren und erfahreneren. Es wäre gut, um gleich ein paar nützliche Verbindungen zu knüpfen." Sirius schnaubte. „Meinetwegen lad alle ein, aber bloß nicht Mad-Eye Moody."
„Warum?", fragte James überrascht. „So schlimm ist er doch gar nicht." Remus nickte zustimmend und Sirius sah von seinem Umschlag auf. „Nicht so schlimm?", wiederholte er und klang dabei, als hätte James ihn übel beleidigt. „Moody ist verrückt und paranoid! Er ist vielleicht ein Spezialist im schwarze Magier jagen, aber er ist verrückt! Er wird alles und jeden dreimal kontrollieren, ob nicht irgendwelche Spione unter den Gästen sind. Ein falsches Wort und er halst dir schneller einen Fluch auf, als du überhaupt gucken kannst."
„Klingt als hättest du damit Erfahrung", sagte James grinsend. Sirius' Ohren bekamen einen leichten Rotton. „V-Vielleicht. Selbst wenn, dann rate ich dir, lad ihn lieber nicht ein." James hob seine Hände abwehrend in die Luft. „Okay, okay, ich höre auf dich. Keinen Moody."
„Gut", sagte Sirius und legte die Feder auf den Tisch. „Ich brauch was zu trinken." Mit diesen Worten erhob er sich vom Küchentisch und riss die Kühlschranktür auf, sodass das helle Licht den Boden beleuchtete. Sirius starrte einen Augenblick hinein, dann ließ er die Tür wieder zufallen. „Warum haben wir kein Butterbier mehr", beschwerte er sich. „Weil du das letzte ausgetrunken hast?", erwiderte James, ohne aufzublicken. Sirius stöhnte entnervt auf. „So kann ich nicht arbeiten", sagte er und ging auf den schmalen Flur zu. „Sei zum Abendessen wieder da", rief James ihm nach und lachte, als Sirius ihm den Mittelfinger zeigte. „Das wollte ich ihm schon immer mal sagen", grinste er Remus an, welcher nur leicht den Kopf schüttelte.
Sirius kehrte erst sehr spät nachts wieder zurück. James wurde dadurch wach, dass sein bester Freund über das Sofa im Wohnzimmer gestolpert war. „Was zum - ", murmelte er verschlafen und richtete sich halb auf. Ein seichter Lichtstrahl fiel durch den Spalt seiner Vorhänge und fiel genau auf Sirius' Kopf. „Sirius, wo bei Merlins Unterhose warst du bitte?", fragte James. Der dunkelhaarige Black erhob sich langsam und rieb sich die Brust. „Ich war was trinken", murmelte er nüchtern. „Acht Stunden lang?", erwiderte James mit hochgezogener Augenbraue.
„Ich wurde aufgehalten", nuschelte Sirius und unterdrückte einen Rülpser. „Von sechs Flaschen Feuerwhisky?", fragte James. „Fünf... Und vielleicht einer süßen Kellnerin." James seufzte und schüttelte den Kopf. „Ehrlich, du bist kaum wieder Single, da springst du mit jeder ins Bett, die dir über den Weg läuft? Sogar vor L-", fing er an, unterbrach sich jedoch selber.
„Vor was?", murmelte Sirius und legte sich bäuchlings aufs Sofa. „Nichts", sagte James schnell. „Vergiss es."
„Falls du Lin meinst", nuschelte der Black leise. „Das war nicht beabsichtigt." James sog scharf die Luft ein. „Du weißt das noch?", fragte er überrascht. „Klar. Nur weil ich betrunken war, heißt das nicht, dass mein Hirn sich ausgeschaltet hat."
James blinzelte zwei Mal. „Du hast am dritten Abend vergessen gehabt, wer ich bin", sagte er nüchtern, doch Sirius zuckte nur mit den Schultern. „Und wenn schon. Es war etwas Einmaliges. Es ist ja nicht so, als würde sie etwas von mir erwarten...", sagte er gähnend und drückte seinen Kopf in die Lehne. James biss sich auf die Lippen. Er war sich dabei nicht wirklich sicher.
Bevor er jedoch noch etwas sagen konnte, ertönte ein langegezogener Schnarcher aus dem Wohnzimmer und James rollte mit den Augen. Mit einem Wink seines Zauberstabes ließ er seine Zimmertür zufliegen und drehte sich wieder um und schloss die Augen.
„Noch sieben Tage bis zum großen Tag, Krone", grinste Sirius am nächsten Nachmittag, als sie gemeinsam die Wohnung verließen und in Richtung Innenstadt liefen. „Das ist mir bewusst", sagte James, der mit jeder verstrichenen Stunde nervöser wurde. „Was meinst du denn, warum wir jetzt losgehen, um mir einen passenden Anzug zu kaufen?"
Sirius verschränkte die Arme hinter dem Kopf und blickte leicht in den Himmel. „Ich weiß immer noch nicht, warum – immerhin hast du doch einen Anzug." James rollte mit den Augen. „Ja, aber den habe ich schon oft getragen, Tatze. Ich brauche etwas Neues und ganz spezielles, es ist immerhin meine Hochzeit mit Lily und sie wird auch in einem wunderschönen Kleid auftauchen. Du hast Ellie doch gehört, sie lässt extra eines anfertigen."
„Ja ja", murmelte Sirius und machte einen Seitenschritt um einem Passanten auszuweichen. „Trotzdem." James schüttelte nur den Kopf.
Das Klingeln der kleinen Glocke ertönte leise im ganzen Laden, als er die Tür öffnete und dann in das Zimmer mit hellem Holzfußboden trat. Sofort kam Madam Malkin angewuselt, das Maßband hing ihr wie immer um den Hals, und sie strahlte ihre beiden Kunden an. „Schönen Tag aber auch", sagte sie lächelnd. „Was kann ich für euch tun?"
James räusperte sich kurz. „Ähm – ich brauche einen Anzug." Sirius hustete leise. „Für meine Hochzeit", fügte er dann hinzu.
„Oh, eine Hochzeit! Sie sind doch noch so jung!", flötete die beleibte Dame. „Aber was sage ich denn, zu diesen Zeiten sollte man sich damit wohl keine Zeit mehr lassen, nicht wahr? Erst kürzlich hat ein anderes, sehr junges Paar geheiratet, zwei Rotschöpfe. Ich habe sie sofort wiedererkannt, immerhin haben sie auch ihre ersten Umhänge bei mir gekauft!" James scharrte nervös mit den Füßen. „Und sie sollen schon Nachwuchs haben, ist das zu glauben?"
„Wirklich?", fragte er etwas atemlos. „Oh ja, ja ja. Ganz niedlich, die Kinder, aber so viele schon. Fünf Stück und dabei sind die beiden noch so jung! Aber ich rede ja schon wieder so viel! Komm, mein Lieber, lass mich dich mal ausmessen."
Sie bugsierte James auf einen Hocker und ihr Maßband begann seinen Körper entlang zu flitzen, während sie verschiedenste Stoffe holte. „Schwarz?", fragte sie aus einem Nebenzimmer. „Oder doch etwas anderes. Ich habe ein ganz hübsches Dunkelgrau hier, der würde dir sicherlich gut stehen."
James, der nicht wirklich wusste, was er sagen sollte, blickte zu Sirius, der nickte und zu Madam Malkin eilte. „Also, bei seiner Haar – und Augenfarbe würde ich schon eher zu einem dunklen Blau tendieren, was meinen Sie?", sagte er und James rollte mit den Augen, als er das charmante Grinsen aus der Stimme seines besten Freundes heraushören konnte. „Oh, ja, da bin ich deiner Meinung. Oder hier, ein schönes Burgunder?"
„Nein, das würde mit seiner Verlobten nicht gehen. Vielleicht erinnern Sie sich an sie, Lily Evans. Klein, rothaarig und ein ganz schlimmes Temperament." James hörte Madam Malkin lachen. „Oh ja, an sie erinnere ich mich. Sie war ganz aufgeregt, als sie das erste Mal hier war. Eine muggelstämmige Hexe und dann noch so unglaublich wissbegierig. Sie wollte sofort wissen, wie mein Maßband denn funktioniere und hätte ich an diesem Tag nicht so viel zu tun gehabt, hätte ich mich sehr gerne mit ihr unterhalten."
„Aber dass gerade die beiden nun auf dem Altar enden, hätten sie das auch gedacht?", fragte Sirius und warf James durch den Türschlitz einen schelmischen Blick zu. „Wenn ich ehrlich bin, irgendwie ja", lachte Madam Malkin. „Jeden Sommer, wenn die kleine Lily Evans hier her kam, dann redete sie ununterbrochen von ihm. 'James Potter hier' - 'James Potter da.' Da hätte ja ein Blinder kommen sehen!"
James spürte, wie sich sein Gesicht erhitzte und er anfangen musste, zu grinsen. Es hatte sich auf jeden Fall gelohnt, zu Madam Malkin zu kommen, befand er.
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