25. Brautschau
Wisst, ihr was ich witzig finde? Sirius und Lin hatten eine schöne Nacht und ihr habt euch irgendwie in den Kommentaren nur für das Telefongespräch interessiert. Wie komts?
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„Lily, gehst du an die Tür?", rief Mrs. Evans aus der Küche, die Hände tief in Seifenschaum vergraben. „Ja!" Lily rappelte sich vom Sofa auf, ließ ihre Zeitschrift auf den Tisch fallen und richtete ihr verrutschtes Shirt, ehe sie an die Haustür ging und die Klinke hinunterdrückte.
„Ellie!", rief sie überrascht aus, als sie ihre beste Freundin erblickte. „Und Marlene auch", erwiderte diese und grinste.
„Was macht ihr hier?", fragte Lily und trat zur Seite, damit die beiden ins Haus kommen konnten. „Wir wollten mit unserer kleinen Braut einkaufen gehen. Sie würde ja sicherlich nie vergessen, uns Bescheid zu sagen, dass sie in weniger als zwei Wochen heiratet, oder?" Marlene zog eine Augenbraue in die Höhe und Lily biss sich auf die Lippe.
„Wer hat es auch verraten?"
„Sirius", sagte Ellie und Marlene blickte kurz zur Seite. „James hat es ihm wohl erzählt und er ist sofort zu Remus und Peter gerannt und dann zu mir. Du wolltest uns sicherlich auch noch davon erzählen, nicht wahr?" Lily lachte leise und kratzte sich am Kopf. „Natürlich, ich – ähm – wollte den richtigen Moment abwarten."
„Und wann wäre der? Einen Tag vor der Hochzeit?", fragte Ellie schnaubend. „Lily, wer ist denn da?", rief Mrs. Evans wieder aus der Küche. „Nur Ellie und Marlene!"
„Nur?", fragte Marlene. „Das ist nett, nicht wahr?", fügte sie an Ellie gewandt hinzu. „Oh ja, ich fühle mich direkt sehr willkommen." Lily verdrehte die Augen.
„Also, worauf wartest du noch?", fragte Ellie und verschränkte die Arme. „Wir wollen los, schon vergessen?"
„Darf ich mich nicht vorher noch umziehen?" Lily zog an dem viel zu langen T-Shirt, welches sie von James geklaut hatte und deutete auch auf ihre etwas ausgebleichte Trainingshose. „Nein, das geht so. Jetzt komm." Ellie packte ihre Hand und bevor Lily protestieren konnte, hatten sie sich auf der Stelle gedreht und waren verschwunden.
„Nächstes Mal bitte mit Vorwarnung", hustete Lily und riss ihre Hand los. Ellie zuckte mit den Schultern und öffnete dann die Tür des Tropfenden Kessels, die zum Muggellondon hinausführte. „Du lebst ja noch", sagte Marlene fröhlich und ging voraus. „Ihr nicht mehr lange", murmelte Lily und rieb sich den Hals.
„Sei kein Spielverderber, Lily", sagte Marlene und drehte sich um. „Wir machen das immerhin für dich." Ellie nickte einstimmig und gemeinsam gingen sie die Straße entlang. Die Muggel beachteten sie nicht weiter, obwohl sie gerade aus einer Tür getreten waren, die für ihre Augen nicht sichtbar war.
„Ja, ja." Lily seufzte und setzte ein Lächeln auf. „Also, wohin wollt ihr mich entführen?"
Ellie und Marlene tauschten einen schelmischen Blick, dann grinsten sie Lily an und sagten gleichzeitig: „Ins Brautmodengeschäft!"
„Oh, muss das sein?", fragte Lily und ließ sich von den beiden mitziehen. „Natürlich! Du brauchst ein Kleid, nicht wahr? Und wo könnten wir besser eines finden, als im Brautmodengeschäft?"
„Ja, schon, aber – können wir das nicht als letztes machen?", fragte Lily. „Nein", sagten die beiden unisono. „Wir wollen auch unseren Spaß dabei haben und zu sehen, wie du dich in etliche Kleider zwängst wird uns Spaß machen."
In den Schaufenstern hingen bereits etliche Kleider, alle in unterschiedlichen Weiß – und Beigetönen und mit verschiedenen Dekorationen. Da waren welche mit breiten Rüschenärmeln, anderen bestanden fast nur aus einem bauschigen Rock und wieder andere waren sehr eng und waren mit einer auffälligen Bänderkorsage versehen, bei der Lily alleine beim bloßen Anblick die Luft wegblieb. Eine kleine silberne Glocke klingelte, als Ellie die Tür öffnete und gefolgt von Marlene in den Laden trat. Lily holte einmal tief Luft, ehe sie ihnen folgte.
„Guten Tag, meine Lieben." Eine Frau ungefähr Mitte fünfzig war aus einer weißen Nebentür getreten. Sie trug ein dunkelgrünes Kostüm und hatte die mittlerweile ergrauten Haare in einer Hochsteckfrisur. Ihre pinken Lippen waren zu einem Lächeln verzogen und die dunkelgeschminkten Augen wirkten offen und freundlich. „Guten Tag", erwiderte Ellie ihren Gruß. „Unsere Freundin hier heiratet in wenigen Tagen und sie braucht noch ein Kleid."
„Oh, herzlichen Glückwünsch, meine Liebe. Wann genau ist es denn so weit?", fragte die Dame und wandte sich an Lily. „Ende dieses Monats."
„Das ist aber nicht mehr viel Zeit und dann kommen sie erst jetzt für ihr Kleid?" Lily scharrte leicht mit den Füßen. „Najaah. Wir haben es erst kürzlich beschlossen", murmelte sie. „Aber verlobt sind wir schon länger!", fügte sie auf den Blick der Frau hinzu. „Also schön. Haben sie denn schon eine Vorstellung?", fragte sie.
„Nein, eigentlich nicht." Die Verkäuferin machte eine unwirsche Handbewegung. „Ach, das ist auch nicht schlimm. Sehen sie sich doch um, wir haben hunderte Ausstellungsstücke!" Sie führte Lily durch den Laden, zeigte ihr ein Kleid nach dem nächsten, während Ellie und Marlene ihnen unauffällig folgten und ab und an ihren Kommentar abgaben. Irgendwann brummte Lily der Schädel, als sie das gefühlt hundertste pastellfarbene Kleid ablehnte.
„Eine schwierige Kundin, nicht wahr?", scherzte die Verkäuferin, die sich zwischendrin als Helena vorgestellt hatte. „Aber das schaffen wir schon. Wie wäre es, wenn ich erst einmal Ihre Maße nehme und dann sehe ich, was am besten zu ihnen passen könnte. Ach, sagen Sie, was hat ihr Zukünftiger für eine Augenfarbe?"
Lily zog die Augenbrauen zusammen. „Haselnussbraun, warum fragen Sie?" Helena lächelte galant. „Ich denke, ich kann dann ein hübsches Kleid zusammennähen, dass sie beide strahlen lässt. Beschreiben sie mir ihn etwas, na los."
Während Lily Helena erklärte, wie James denn genau aussah, kicherten Ellie und Marlene im Hintergrund und eine Ader an ihrer Schläfe zuckte kurz.
„Hmm. Ich denke... ja, das müsste gehen. Warten sie einen Moment." Helena verschwand wieder in dem Nebenzimmer, aus dem sie gekommen war und ließ die drei für einige Minuten alleine. „Wenigstens habt ihr Spaß", keifte Lily und setzte sich auf einen der gepolsterten Sessel, die in der Raummitte standen. Ellie grinste sie entschuldigend an. „Ja, das haben wir. Außerdem werden wir das auch noch machen müssen, nicht wahr? Brautjungfern brauchen auch Kleider." Lily seufzte leise. „Ja, ihr habt ja Recht. Danke, dass ihr mich hergeschleppt habt. Ansonsten wäre es wohl wirklich etwas knapp mit der Zeit gewesen."
„So, meine Damen. Was halten sie von diesem Stoff?", fragte Helena, die lautlos wiedergekommen war. In ihren Händen hielt sie ein langes Stück Seide, welches aussah, wie flüssiges Silber. Es schien aus einer Mischung aus Wasser und Luft gefangen zu sein und fühlte sich ebenfalls so an, als Lily es in die Hand nahm. „Es ist wunderschön", hauchte sie und strich über die kleinen, silbernen Steine, die den Stoff zum Glitzern brachten.
„Das dachte ich mir", lächelte Helena. „Würden sie ein Kleid aus diesem Soff tragen wollen?" Lily blickte auf. „Ich denke schon", sagte sie und übergab ihr das seidene Silber wieder. „Wunderbar! Dann hole ich schnell mein Maßband und ich messe sie genau aus und danach klären wir die Einzelheiten."
Zwei Stunden dauerte die folgende Prozedur, in der Helena jeden Winkel von Lilys Körper mit einem Maßband genauestens abmaß, sich alles notierte und Lily dann in einem dicken Buch alle möglichen Kleider zeigte, während diese sich aussuchen sollte, was sie an ihrem Kleid haben wollte und was nicht. Nebenbei hatte Helena ihre Vorstellung skizziert und Ellie und Marlene gaben Lily Hilfestellungen, wenn sie nicht wusste, ob ihr etwas stehen würde oder nicht. Zum Ende konnte Lily nicht einmal sagen, ob sie zufrieden war, oder nicht. Sie würde warten, bis das Kleid dann in echt sehen würde.
„Also, kommen sie in ein paar Tage wieder, dann habe ich alles fertig und wir können noch über Änderungen und den Preis reden ja? Hier haben sie meine Karte, dann können sie bei Fragen oder Wünschen gerne anrufen." Helena verabschiedete die drei und als die kleine Glocke erneut leise klingelte, seufzten sie erleichtert auf.
„Ich hab Hunger", sagte Ellie und übertönte damit das Knurren ihres Magens. „Last uns irgendwo was essen gehen, sonst sterbe ich." Marlene schnaubte leise. „Das passiert bei dir nicht so schnell", sagte sie. „Immerhin - "
„Pass auf was du sagst", erwiderte Ellie mit aufgeplusterten Wangen. Lily kicherte leise über ihre Freundinnen. Seit dem Überfall bei der Quidditchmeisterschaft vor eineinhalb Wochen hatte sie nicht mehr mit ihnen geredet, geschweige denn etwas unternommen. Sie genoss es nun, sich mit ihnen in den Schatten eines breiten Sonnenschirmes zu setzen und die Leute zu beobachten, die die Straße auf und ab gingen, während sie ihr Mittagessen verputzten.
„Da fällt mir ein, ich muss Lin noch schreiben, dass sie dann auch herkommt. Sie braucht auch noch ein Kleid", sagte Lily und legte ihr Putenbrustsandwich auf den Teller. Ellie zog eine Augenbraue hoch. „Ist sie nicht bei dir?"
„Nein, sie ist wieder nach Hause gefahren, aber zur Hochzeit sollte sie schon dabei sein. Sie weiß noch gar nicht, dass wir den Termin so bald angesetzt haben", sagte Lily und biss sich auf die Lippe. „Ich hoffe sie kann auch."
„Sie wird und sie muss. Als Trauzeugin hat sie sich an diesen Tagen nichts vorzunehmen", sagte Marlene mit vollem Mund. „Genau", stimmte Ellie zu. „Außerdem – das wollte ich ja noch Fragen – wo wollt ihr überhaupt heiraten?"
„Was meinst du?"
„Na, willst du wie deine Schwester in einer Kirche heiraten oder wollt ihr es privat machen und nur so einen Traumenschen bestellen?"
„Traumenschen?", wiederholte Lily lachend. „Ellie, du bist wirklich fabelhaft!" Ellie grinste. „Das weiß ich, aber es ist immer wieder schön zu hören. Aber du weißt ja, was ich meine. So einen, der dann sagt 'bis das der Tod euch scheidet' und so."
„Ich weiß, ich weiß. Ich habe ehrlich gesagt noch nicht wirklich darüber nachgedacht. Aber ich würde es schön finden, wenn wir im engen Kreis nur mit Familie und Freunden heiraten würde. Ich weiß aber nicht, ob wir eine normale Hochzeit feiern wollen, oder doch eine – eine magische", fügte sie etwas leiser hinzu. Marlene zuckte mit den Schultern. „Wenn du all deine Verwanden einladen willst, musst du ziemlich viel verstecken. Feier doch eine normale mit denen und dann eine – abnormale – mit uns."
Lily seufzte. „Das kann ich jetzt eh nicht entscheiden. Immerhin gehören zu einer Hochzeit immer zwei, nicht wahr?"
„Ja, aber es ist dein Tag, Lily!", rief Ellie aus. „Du musst ihn so feiern, wie du es willst!"
Sie lächelte leicht, als sie die aufgeregten Gesichter ihrer Freundinnen sah. „Schon gut, schon gut. Wir können ja noch etwas weiter darüber nachdenken während wir die Stadt unsicher machen, nicht?"
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