18. Sieg und Niederlage
Während Lily hinter James hinterherging, konnte sie nicht anders, als ein großes Lächeln auf dem Gesicht zu tragen, als sie die funkelnden Augen sah, die durch die Menge glitzerten. Er sah aus wie ein zu groß geratenes Kind auf dem Jahrmarkt, doch genau das liebte Lily. Er fand in allem seine Freude und konnte ihr immer ein Lächeln entlocken.
„Lily, meinst du, das würde deinem Vater gefallen?", fragte James und drehte sich um. In den Händen hielt er eine Miniaturfigur eines Quidditchspielers die etwas über seiner Haut schwebte. Der Verkäufer neben ihm blickte etwas skeptisch drein, als hätte er Angst, James könnte man seiner teuren Ware davonlaufen. „Warum fragst du das?", fragte Lily und blickte sich das kleine Gesicht der Figur an. „Weil ich ihm versprochen habe ein Souvenir mitzubringen. Er hat ja noch nie Quidditch gesehen, weißt du."
„Oh." Lily stellte sich wieder aufrecht hin. „Nun, ich denke, es würde ihm gefallen." James grinste und drehte sich dann zum Verkäufer um. „Gut, dann nehme ich die." Lily betrachtete nachdenklich James' Hinterkopf. Sie hatte nicht gewusst, dass er sich so gut mit ihrem Vater verstanden hatte, also war sie ziemlich von dieser Aktion überrascht. Aber es war wirklich süß von ihm, das musste sie eingestehen.
„So. Wir können weiter" sagte er und drehte sich wieder zu Lily um, die kleine Figur in einer Papiertüte eingepackt. Lily schüttelte lächeln den Kopf und griff dann nach James' Hand. Das große Feld, auf dem sie sich befanden, war voller Menschen aller Nationalitäten die sich in ihren Sprachen unterhielten oder einfach nur lachten. Es war ein Ort voller Geräusche, Gerüche und Wahrnehmungen und so langsam begann Lilys Kopf zu schwirren. Sie und James kämpften sich durch die Masse an Menschen, immer geradewegs zum Stadion, welches in einem goldenen Schein in der Sonne glänzte. Sie hatten noch einige Zeit, bis das Spiel beginnen würde, trotzdem war Lily dafür, dass sie früh genug auf ihre Plätze gehen würde, damit sie sich nicht später durch die ganzen Menschenmassen drängen mussten. James wollte Lily etwas erzählen, doch der Lärm des Stadions, obwohl das Spiel noch nicht gestartet hatte, war einfach zu laut, als dass sie ihn verstehen könnte.
„Do you have your tickets?", fragte ein grimmig dreinblickender Mann am Eingang und streckte seine plumpe Hand aus. James wandte den Kopf nach hinten und Lily überreichte ihm die Karten. „Very well", antwortete der Mann und gab sie James wieder. „Enjoy the game, pals."
„Thank you", erwiderte Lily schnell und schnappte sich James' Arm. Sie hatten Plätze im oberen Teil des Stadion, recht weit entfernt von den teuren Logen, in denen Leute wie die Malfoys immer saßen. Lily hatte Lucius Malfoy vor einigen Minuten ganz kurz gesehen, als er sich reich und wichtig gefühlt hatte. Sie konnte diesen Schnösel nicht ausstehen. Er war schon in der fünften gewesen, als Lily nach Hogwarts gekommen war, doch schon damals war er ein unausstehlicher Widerling gewesen, der gerne Erstklässler schikaniert und mit dem Geld seiner Eltern angegeben hatte.
„Ich bin so aufgeregt, Lily." James blickte sie mit glänzenden Augen an und sein Mund war zu einem breiten Grinsen geformt. „Ich weiß, James", erwiderte sie lachend und führte ihn weiter die unendlichen Treppen hinauf. „Aber sei nicht zu aufgeregt, sie können trotzdem verlieren", fügte sie hinzu. James schnaubte leise. „Als ob. Die Harpies haben seit Wochen kein Spiel mehr verloren, sie sind in Topform. Die Catapults haben nicht die geringste Chance, glaub mir."
Kopfschüttelnd nahm Lily ihren Platz neben James nieder und blickte auf eine riesige Werbetafel, die wohl die Punktezahl während des Spiels zeigen würde. Gerade prangte dort jedoch eine riesige, leuchtende Werbung für Madam Malkins – Anzüge für alle Gelegenheiten, die für ihre neue Umhangkollektion warb. Mit der Zeit kamen immer mehr Zuschauer dazu, die sich auf ihre Plätze quetschten und begannen laut zu reden und zu jubeln. Es war klar, wer welches Team unterstützte, denn sie trugen alle die Mannschaftsfarben. Hellgrün-Scharlachrot für die Caerphilly Catapults und dunkelgrün, meistens mit der goldenen Klaue versehen, für die Holyhead Harpies. James hatte sich ein dunkelgrünes Shirt angezogen und von einem nahen Standverkäufer etwas goldenen Farbe gekauft, die er auf seine und Lilys Wange geschmiert hatte. Lily hatte zwar protestiert, sie sei ja nicht so ein Fan des Sports, aber James hatte es als ihre Pflicht angesehen, dass sie die Mannschaft unterstützte, die auch er anfeuerte.
Die Werbefläche schaltete auf eine Werbung für den Honigtopf um und langsam wurde es immer lauter und voller. Gerade als sich eine fünfköpfige Familie an Lily vorbeidrückte, wobei das jüngste Kind sie beinahe mit seinem Eis bekleckerte, ertönte eine dröhnende, magisch verstärkte Stimme im Stadion.
„Meine Dame und Herren, Freunde des gepflogenen Besensports, willkommen beim Finale der Quidditchweltmeisterschaft!" Tosender Applaus ertönte und die Leute begannen bereits, ihre Mannschaften anzufeuern. „Mein Name ist Hank und ich bin heute ihr Kommentator! Und ohne weiter um den heißen Brei herumzureden, kommen hier die beiden Mannschaften!"
Während der Kommentator die Namen der Spieler ausrief, flog einer nach dem anderen auf dem schnellsten Besen, den es für Galleonen gab, ins Stadion. James flippte beinahe aus, als die Mannschaftskapitänin der Holyhead Harpies ganz dicht an ihnen vorbeiflog („SIE HAT MICH ANGEGUCKT, LILY!").
„Und dort sind auch schon die Maskottchen unserer Mannschaften", rief Hank, der Kommentator und eine dunkelgrüne Harpie mit goldenen Klauen und Schnabel, sowie ein hellgrünes Katapult, welche eine scharlachrote Kanonenkugel auf die Harpie schoss, erschienen in der Mitte des Stadions. „Die Luft beginnt schon zu brennen! Es wird wohl Zeit, dass die Bälle kommen, nicht wahr?" Schreie wurden laut, als der Schiedsrichter langsam aufs Feld trat und eine Kiste auf den Boden stellte. Er kickte sie mit dem Fuß auf und drei Bälle, der goldene Schnatz und zwei pechschwarze Klatscher, schossen in die Luft, wobei der Schnatz sofort aus ihren Augen verschwand. „Begebt euch auf eure Besen, Leute! Der Quaffel wird sogleich geworfen. Da geben sich die Kapitäne der Mannschaften die Hand – eine nette Geste – und sofort steigen sie zu ihren Kollegen in die Lüfte!" Der Schiedsrichter bückte sich, hob den roten Quaffel heraus und stieg dann auf seinen eigenen Besen. James, sowie der Rest der Leute um Lily herum, waren auf aufgesprungen und jubelten bereits, während Lily den Kopf schüttelte, aber langsam durch den puren Enthusiasmus mitgerissen wurde.
„Und das Spiel – beginnt!"
Lily konnte den Mannschaften mit bloßen Augen gar nicht folgen, so schnell flogen sie. Der Quaffel war nur noch ein dunkelroter Schleier, der durch die Luft flog und Lily wusste gar nicht, wo sie hingucken sollte. James neben ihr schien völlig in seinem Element zu sein, er schrie sich die Lunge aus dem Leib, ruderte wild mit seinen Armen und feuerte die Harpies an, wenn sie an ihnen vorbeirauschten.
Als das erste Tor fiel, war es, als hätte jemand eine Bombe explodieren lassen. James hatte Lily die kleine Besenfigur in die Hand gedrückt und war jubelnd aufgesprungen und das Stadion war in Applaus ausgebrochen. Lily hatte sich tatsächlich die Ohren zuhalten müssen, damit es nicht in ihrem Kopf klingelte.
Sie war kein Quidditchfan, hatte zwar die Schulspiele gesehen und auch Gryffindor immer angefeuert, aber so viel Ahnung hatte sie vom Spiel nie gehabt. Trotzdem war sie James' zu Liebe hier. Zu sehen, wie er fröhlich war, wie aufgeregt er war und wie seine Augen glänzten, wenn die Harpien etwas taten, war für sie Belohnung genug. Genau dafür liebte sie ihn, sodass sie auch Dinge auf sich nahm, die sie nicht gerne machte, oder wovon sie kein großer Fan war.
Trotzdem ließ Lily sich mitreißen. Sie fieberte mit, wenn ein Jäger auf die Tore zuflog oder wenn die Treiber einen Klatscher mit voller Wucht übers Feld schleuderten. Als die Sucher zum ersten Mal Kopf an Kopf auf den Boden zurasten, schloss sie erschrocken die Augen, als sie beinahe auf die harte Erde knallten. „Ist okay, Lily!", rief James bereits heiser und rüttelte sie an der Schulter. „Du kannst wieder gucken!"
Lily war sich sicher, dass James beinahe umgefallen war, als der Sucher der Catapults auf einmal losgerast war. Die Sucherin der Harpien war ihm zwar dicht auf den Fersen, dennoch war sie zu weit entfernt, um etwas ausrichten zu können. Der Sieg konnte nur dadurch verhindert werden, dass die Treiberin der Harpien einen Klatscher losschickte, der den Schnatz wieder verjagte.
Doch lange konnten die Harpien ihre Niederlage nicht herauszögern. Bereits wenige Minuten später stürmte der Sucher wieder hinunter, doch dieses Mal war die Sucherin der Holyhead Harpien direkt hinter ihm. Ein Blick auf die Punktetafel zeigte Lily, dass beide Teams mit dem Fangen des Schnatzes gewinnen würden. Sie war aufgesprungen, hatte sich dicht neben James gestellt, hatte seinen Arm gegriffen und fieberte ebenfalls mit, als die Sucher nun Kopf an Kopf flogen.
Sie konnte den kleinen, goldenen Schnatz nicht sehen, dafür aber wohl James, denn sie konnte an seinen Augen sehen, wie er etwas in der Luft ganz genau verfolgte. „Komm schon", presste er zwischen den Zähnen hervor.
Das ganze Stadion schien den Atem anzuhalten, als die Sucher näher und näher auf den Boden zuflogen. Die Spannung knisterte in der Luft und die Luft rund um Lily war zum Greifen dick geworden.
Und dann war es zu Ende. Die Umgebung explodierte, die Menschen schrien sich die Lungen aus dem Leib und James hob Lily freudig schreiend in die Luft. „WIR HABEN GEWONNEN! WIR HABEN GEWONNEN, LILY!"
„JA, JA, ICH HAB ES AUCH GESEHEN!", schrie sie glücklich mit rotem Gesicht und drückte ihn fest. Lily konnte den Kommentator gar nicht mehr hören, so laut waren die Menschen um sie herum. Aber sie wusste, dass er ebenso schreien musste.
Die Catapults sahen unglaublich niedergeschlagen aus, trotzdem schüttelten sie den gegnerischen Harpien allen die Hand. Die Kapitänin strahlte übers ganze Gesicht und schien den Tränen nahe zu sein. Die Sucherin wurde von ihren Mannschaftskolleginnen in die Luft gehoben und hielt den Pokal in die Luft, den ihr der Minister überreicht hatte.
Es war tatsächlich schon Nacht, als Lily und James das Stadion verließen. Die Lichter des Quidditchfeldes hatten selbst den Himmel so klar erhellt, dass Lily die Zeit nicht erkannt hatte. Doch nun war es dunkel und auch wenn immer noch Menschen feierten und am Himmel über ihnen die dunkelgrüne Harpie schwebte, war es kühl geworden und Lily begann an den Armen leicht zu zittern.
„Das war fantastisch", sagte James fröhlich. „Es war das beste Spiel, welches ich gesehen habe. Und dass du dabei warst, hat es nur noch besser gemacht, Lily. Vielen Dank!" Er drückte sie an der Schulter an sich und grinste sie schief an. Lily lächelte zurück und blickte auf das weite Feld vor ihnen. Lagerfeuer brannten überall und Menschen lachten und feierten.
„Wollen wir sofort nach Hause, oder - " James' Stimme ging in einem lauten Knall unter, als neben ihnen hunderte Gestalten erschienen, alle in dunklen Umhängen gekleidet. Lily vermutete, es handelte sich um verspätete Fans oder vielleicht auch einfach nur Zuschauer, die sich umgezogen hatte, doch sie wusste sofort, dass es anders war, als die ersten Zauber flogen.
Neben ihnen explodierte etwas und James und Lily fielen durch die Druckwelle zu Boden. Wie aus dem Reflex zogen beide ihren Zauberstäbe, doch da erschien bereits ein neues, dunkles und ebenso dunkelgrün leuchtendes Symbol, wie das Maskottchen der Harpien, am Himmel. Es war ein Totenschädel, dem eine Schlange aus dem Mund kroch. Sein Zeichen.
Voldemort war hier.
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