7. Kapitel
Ich wachte auf, weil mein Wecker klingelte. Ich schaltete ihn aus, quälte mich aus meinem Bett und begann mit meiner Morgenroutine. Heute war mein erster Schultag und ich war unglaublich nervös. "Ava Schatz beeil dich! Du musst noch frühstücken und du willst doch nicht zu spät kommen!", rief meine Mutter von unten. Schnell schnappte ich mir meine Tasche und lief in die Küche, denn zu spät kommen war das letzte was ich wollte. "Morgen Mum.", begrüßte ich sie. In den letzten Wochen hatte sich viel geändert. Seit Mums Geständnis konnte ich wieder ohne zu stottern mit ihr reden und auch kurze Berührungen waren ok. Die Umarmung war eine Ausnahme gewesen und ich weiß bis heute nicht, warum ich so lange Körperkontakt aushalten konnte, denn als Mum mich ein paar Tage später nochmal umarmen wollte, wäre ich fast wieder umgekippt vor lauter Angst. Aber auch so freute sie sich riesig über diesen Fortschritt. Auch mein Verhältnis zu Fynn und Adam wird immer besser. Mit Fynn konnte ich die meiste Zeit über normal reden, nur Berührungen ließ mein Körper noch nicht zu. Bei Adam war das ganze etwas schwieriger. Es wurde zwar immer besser, aber schon allein mit ihm zu sein, machte mir noch immer Angst. Ich machte mir mein Müsli und setzte mich zu meiner Mutter an den Tisch. "Und freust du dich schon auf die Schule?" "Irgendwie schon, aber ich bin auch unglaublich nervös." "Mach dir keine Sorgen, du schaffst das schon. Außerdem ist Fynn ja auch noch da. Die Lehrer wissen bescheid, deshalb musst du dich nicht vor der Klasse vorstellen und du darfst neben Fynn sitzen, der dich sicher nicht alleine lassen wird. Außerdem ist es der erste Schultag nach den Sommerferien, weshalb ihr nur vier Stunden habt und wenn ihr dann heimkommt essen wir selbstgemachte Lasange, die magst du doch so gern, oder?" Während sie redete drückte sie sanft meine Hand und lies sie rechtzeitig wieder los. Mum hatte es tatsächlich geschafft mich zu beruhigen und mir etwas von meiner Nervosität zu nehmen. "Danke Mum. Und ja ich liebe Lasagne.", erwiderte ich lächelnd. Ich hatte die letzten zehn Jahre nicht mehr richtig gelacht, aber seit ich hier war, musste ich immer wieder ehrlich lächeln. Gerade als ich meine Schüssel in den Geschirrspüler tat, kam Fynn die Treppe runter. "Morgen", nuschelte er noch ganz verschlafen. "Bist du soweit Ava, dann können wir nämlich gleich losfahren." Ich nickte, verabschiedete mich noch von meiner Mutter und fuhr dann mit Fynn in seinem Auto zur Schule.
Während der Fahrt stieg meine Nervosität wieder und ich begann mit meinen Fingern zu spielen. Was, wenn mich irgendjemand anfassen würde? Was, wenn jemand eine meiner Panikattacken mitbekommt? Was, wenn sie mich nicht leiden können und anfangen mich zu hänseln? "Hey Ava." Ich sah zu Fynn rüber. "Du musst echt nicht nervös sein. Ich werde die ganze Zeit über bei dir sein." Dankend lächelte ich ihn an. Als er das sah, musste auch er grinsen. "Hey du lächelst ja." Verlegen senkte ich meinen nun bestimmt rot angelaufenen Kopf. "Das muss dir nicht peinlich sein Ava. Lächeln steht dir." Er zwinkerte mir nochmal zu, bevor er sich aufs einparken konzentrierte. Warte mal. Einparken? Waren wir etwa schon da? Tatsächlich sah ich rechts von mir die Schule. Ein großes, weißes Gebäude mit einem Pausenhof, der sogar noch zehn Minuten vor Schulbeginn recht überfüllt war. "Komm, wir müssen noch ins Sekretariat.", meinte Fynn und stieg aus. Ich folgte ihm und so liefen wir dann gemeinsam über den Hof. Viele starrten uns an oder begannen zu tuscheln, als wir an ihnen vorbeiliefen. Die ganzen teilweise auch hasserfüllten Blicke liesen mich wieder ziemlich unsicher werden. "Ignorier sie einfach. Die wundern sich nur, weil ich noch nie mit einem Mädchen in die Schule gekommen bin. Und außerdem bist du die Neue, da ist das ganz normal.", flüsterte Fynn mir zu und versuchte mich so zu beruhigen. Es gelang ihm nicht ganz, aber da wir gerade das wesentlich leerere Schulhaus betraten, war das nicht so schlimm. Fynn begleitete mich zum Sekretariat, wo ich meinen Stundenplan, den Spindschlüssel und meine Bücher bekam, und zeigte mir dann noch wo mein Spind stand, in den ich gleich alle Bücher, die ich nicht benötigte reinlegte. Der Rest landete zusammen mit dem Stundenplan in meiner Schultasche. Anschließend machten wir uns auf den Weg zum Klassenzimmer, da es jeden Moment klingeln würde.
Fynn erzählte mir auf dem Weg, das es hier so war, dass eine Klasse jedes Jahr denselben Raum und somit auch die selbe Sitzordnung hatte. "Aber werden die anderen dann keine Fragen stellen, wenn sich jemand wegen mir umsetzen muss?" "Nein, denn zu deinem Glück ist neben mir noch ein Platz frei." Nachdem er das gesagt hatte, betrat er den schon recht vollen Raum und ging, mit mir hinter sich, zum Lehrer, der schon am Pult stand. Dieser sah von seinen Unterlagen auf, nachdem wir vor seinem Tisch stehen geblieben waren. "Mr. Anderson, schön sie wieder zu sehen.", begrüßte er Fynn, ehe er sich mir zuwandte. "Und sie müssen dann Ms. Bennett sein, richtig?" Schüchtern nickte ich und blickte unsicher und leicht ängstlich zu Boden. "Ich bin Mr. Smith, ihr neuer Klassenlehrer. Ich werde sie in Mathe und Physik unterrichten..." Er wollte noch etwas sagen, doch da klingelte es auch schon zum Unterrichtsbeginn. Es wurde ruhig im Raum, alle setzten sich auf ihre Plätze, auch Fynn lies mich allein hier vorne. "Herzlich willkommen zurück. Wie sie alle sicherlich schon bemerkt haben, haben sie ab heute eine neue Schülerin in der Klasse. Das ist Ava Bennett und ich hoffe doch, dass ihr sie freundlich hier willkommen heißen werdet. Setzen sie sich doch zu Fynn.", wandte sich Mr. Smith nach dem Klingeln erst an die Klasse und mit seinem lezten Satz dann an mich. Ich ging zu Fynn, der allein in der letzte Reihe auf der linken Seite saß. Der Lehrer fing an vorne über Stochastik oder so zu reden, während ich mich in der Klasse umsah. Die meisten sahen ganz normal aus. In der ersten Reihe saßen ein paar Streber und in den letzten beiden Reihen der rechten Seite, also praktisch neben uns, war eine kleine Gruppe von knapp bekleideten Mädchen und Jungs, die die Aufmerksamkeit der freizügigen Mädchen sehr zu genießen schienen. Zusammengefasst bestand diese Gruppe aus Badboys und Schlampen. "Das dort drüben sind die "Beliebten". Die Mädchen sind alle Cheerleader und die Jungs im Football Team. Kyle und ich haben auch mal dazugehört, dann sind wir ausgestiegen, weil sie langsam zu dem geworden sind, was sie jetzt sind, wir das aber nicht wollten. Kyle ist aber immer noch mit den meisten von ihnen befreundet." Er wirkte traurig als er dies sagte, aber ich traute mich nicht nachzufragen. "Wo ist eigentlich Kyle? Du meintest doch er geht mit dir in eine Klasse. Und warum sitzt du ganz alleine hier hinten?" "Kyle sitzt normalerweise neben mir, aber so wie ich ihn kenne hat er verschlafen und kommt erst in zehn Minuten." Ich versuchte mich auf den Unterricht zu konzentrieren, doch Mathe war noch nie mein Lieblingsfach und so zogen sich die Minuten in die Länge und die Zeit schien nicht vergehen zu wollen. Nach fünfzehn Minuten wurde ich dann durch ein Klopfen an der Tür aus meiner Trance gerissen. Ein Junge in Fynns Alter trat ein. Er hatte hellbraune Haare, war recht muskulös und durch sein weißes T-Shirt konnte man ein Tattoo auf seinem Bauch erahnen. "Tut mir Leid das ich zu spät bin Mr. Smith, aber ich hab verschlafen.", erklärte er dem Lehrer sein zu spät kommen. "Schon gut Mr. Adams, setzten sie sich einfach." Der Angesprochene drehte sich um und sah mir direkt in die Augen. Seine waren von einem dunklen Grün mit einem leichten Braunstich und ich versank sofort in ihnen. Ich konnte nichts anderes tun, als in seine wunderschönen Augen zu sehen und mich zu fragen, wer dieser Junge ist, der mir allein schon mit einem Blick meinen Atem raubte.
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