2. Kapitel
Am nächsten Tag wachte ich erst um zehn Uhr auf. Zum Glück hatte ich Ferien, Sommerferien um genau zu sein. Vor einer Woche hatte ich die 10. Klasse beendet. Ich erledigte meine Morgenroutine und begab mich dann in die Küche, wo ich mir etwas zu essen machte. Die Verletzungen spürte ich kaum, da ich schon oft schlimmeres erlebt hatte und jetzt sozusagen etwas abgehärtet war. Ich setzte mich an unseren Küchentisch und begann zu essen. Vater war gerade arbeiten und sollte erst heute Abend wiederkommen, jedoch hörte ich auf einmal die Haustür aufgehen. Laut krachend fiel sie wieder ins Schloss, während ich wie erstarrt zur Küchentür schaute. Er konnte noch nicht da sein. Er durfte noch nicht da sein. Aus Angst fing ich an zu zittern, als auch schon seine wütende Stimme ertönte. "Ava! Wo bist du du kleine Schlampe!" "Ich bin in der Küche.", antwortete ich ihm leise und versuchte dabei nicht zu stottern, da er dies hasste, genauso wie wenn ich ihm keine Antwort gab. Kurz darauf erschien er im Türrahmen und funkelte mich erbost an. Seine Pupillen waren so stark geweitet, dass man denken könnte er hätte keine Iris und seine Augäpfel waren stark gerötet. Er hatte mal wieder zu Drogen gegriffen, zu starken Drogen. "Du bist schuld, dass ich meinen Job verloren hab, du ganz allein! Du hast mein komplettes Leben zerstört! Und es wird Zeit, dass du endlich mal deine verdiente Strafe bekommst." Dann fielen seine Augen auf die Müslischüssel. Scheiße! Ohne seine Erlaubnis durfte ich eigentlich nichts essen. Doch zu meiner Verwunderung sagte er nichts dazu sondern begann nur dreckig zu grinsen.
Dann ging alles ganz schnell. Er zog mich vom Stuhl, warf mich auf den Boden und begann auf mich einzutreten. Ich rollte mich zu einer Kugel zusammen und versuchte mich so zu schützen, trotzdem landete er einige schmerzhafte Treffer an Oberkörper und Kopf. Ich spürte wie Blut meine Schläfe entlanglief und konnte ein schmerzhaftes Stöhnen nicht unterdrücken. Ich hoffte er hätte es nicht gehört, doch mein Schicksal hasste mich. "Wie oft hab ich dir schon gesagt, dass du die Klappe halten sollst, wenn ich dich bestrafe!", brüllte er mich an. Dann stand er auf und zog seinen Gürtel hervor. Mit einem Tritt beförderte er mich auf den Bauch und schlug auf meinen Rücken ein. Ich biss so fest auf meine Lippe, dass sie schon blutete, aber ich musste meine Schmerzensschreie unterdrücken, die alles nur schlimmer machen würden. Blut lief meinen Rücken entlang und mein Shirt hing nur noch in Fetzen an mir herab, als er endlich von mir ablies. Ich dachte nun wäre es vorbei und er hätte genung, doch er packte meinen Hals und drückte mich mit diesem gegen die Wand. Ich schrie laut auf, weil er meinen wunden Rücken gegen die Wand drückte und sofort schloss sich seine Hand fester um meinen Hals. Ich geriet in Panik, da ich keine Luft mehr bekam. Ich begann an seiner Hand zu kratzen, trat um mich versuchte irgendwie seinen Griff zu lockern, doch mein Vater lachte nur und drückte noch fester zu. Langsam tauchten schwarze Punkte vor meinen Augen auf, die immer größer wurden. Würde er es jetzt zu Ende bringen. Würde er mich jetzt umbringen. Ich hatte schon oft überlegt es selbst zu tun, schließlich lebte ich in meiner persönlichen Hölle und hatte keine Freunde, denn in der Schule machten alle einen großen Bogen um das komische Mädchen, das nie redet, doch irgendetwas hatte mich immer davon abgehalten. Kurz bevor ich ohnmächtig wurde lies er mich los. Ich rutschte an der Wand nach unten und blieb auf dem Boden liegen. Ich war zu schwach um wieder von alleine aufzustehen. Mein Vater bedachte mich nochmal mit einem verächtlichen Blick, bevor er verschwand und die Haustür laut hinter sich zuknallte. Danach bekam ich nichts mehr mit, denn ich versank in tiefer, stiller Schwärze.
Ich kam wieder zu mir und stand wimmernd vor Schmerz auf. Mein Rücken brannte wie verrückt und bei jeder noch so kleinen Berührung hatte ich das Gefühl als würden die Wunden immer weiter aufgerissen. Mein Kopf brummte und pochte, während mein restlicher Körper einfach nur weh tat. Beim schlucken keuchte ich erschrocken auf und zuckte zusammen, als ich an meinen Hals fasste, welcher ebenfalls höllisch wehtat. An der Stelle wo ich lag hatte sich eine Blutlache gebildet, die ich unbedingt noch wegwischen musste, bevor Vater heimkam. Plötzlich klingelte es an der Tür. Erschrocken zuckte ich zusammen. Er konnte es noch nicht sein. Aber wer sollte es sonst sein. Meinen Zustand vergessend öffnete ich unsere Haustür, erkannte aber meinen Fehler sofort, als ich die zwei schockierten Gesichter der Polizisten sah, die vor unserer Tür standen.
Wie erstarrt stand ich da und brachte keinen Ton raus. Auch der Mann und die Frau in Uniform starrten mich erstmal wortlos an. "K-können wir v-vielleicht reinkommen?" Ich überlegte kurz. Vater würde mich umbringen, wenn er erfuhr, dass die Polizei hier war. Wenn ich sie aber wegschicken würde, würden sie ihn sicher anrufen und fragen warum ich so zugerichtet war. Ich ließ sie also rein, in der Hoffnung, dass er nichts davon mitbekommen würde. Wir gingen ins Wohnzimmer, ich humpelte eher, und setzten uns dort gegenüber, sie auf das Sofa, ich auf einen Sessel. "Also bevor wir darüber reden, was mit dir passiert ist, müssen wir dir etwas sagen." Die Frau sah mich bei diesen Worten bemitleidend an. "Dein Vater wurde heute tot aufgefunden. Wahrscheinlich ist er an einer Überdosis gestorben." Ich konnte nicht glauben was ich gerade gehört hatte. "E-er ist t-tot?", fragte ich sicherheitshalber nochmal nach. Meine Stimme zitterte aus Angst etwas falsches zu sagen. Wer weiß ob sie nicht genauso wie mein Vater waren. Die beiden nickten nur. Er war weg. Er würde mir nie wieder etwas antun. Ich konnte es gar nicht glauben. Doch dann tauchte eine Frage in meinem Kopf auf. "W-wo soll i-ich denn je-etzt wo-wohnen?" Immerhin war ich erst sechzehn. Die beiden tauschten einen kurzen Blick aus ehe die Frau sich wieder an mich wandte. "Naja um das zu entscheiden müssen wir erst wissen wer dir das alles hier angetan hat." Ich fing an zu zittern als ich daran zurückdachte. Er würde mich umbringen, wenn er erfuhr, dass ich geredet hatte. Doch dann fiel mir wieder ein, dass er ja tot war. Aber konnte ich den beiden vertrauen?
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