ᴡᴏɴᴅᴇʀ

Taehyung Pov.

Verloren starrte ich vor mir her. Ich saß im Apartment auf unserer Couch und sah nach draußen auf die Straßen.
Jungkook könnte jetzt jederzeit sterben und ich war nicht bei ihm...
Es machte mich so kaputt zu sehen, wie er langsam vor sich her starb.
Immer hatte ich ihm versprochen, dass alles gut werden würde, doch wie so oft, konnte ich meine Versprechen nicht halten.
Die Wahrscheinlichkeit, dass Kooks jetzt noch in den nächsten drei Tagen ein Herz bekommen würde, ging gegen Null. Wir warteten schon ewig auf ein Herz, warum sollte es also ausgerechnet in seinen letzten Tagen zu ihm kommen?

Ich richtete meinen Blick auf den ausgeschalteten Fernseher und konnte schwach mein Spiegelbild wiedererkennen. Vielleicht war es jetzt einfach Zeit aufzugeben...
Ich war ein furchtbarer Feigling, das wusste ich.
Doch ich konnte es einfach nicht mehr. Ich hatte kein bisschen Kraft mehr, um in irgendeiner Form weiter zu kämpfen. Ich hatte nicht mal mehr Lust zu atmen. In meiner Brust herrschte ein unbeschreiblicher Druck und ich hatte das Gefühl, diesen nur loswerden zu können, indem ich mir ein Messer ins Herz rammte.

Hundertmal hatte ich versucht zu weinen, doch meine Augen blieben trocken. Verbittert lachte ich auf, ich war zu traurig und emotionslos, um zu heulen...
Meine kalten und nassgeschwitzten Hände schob ich über meine Oberschenkel. Der Stoff meines schwarzen Anzuges, nahm dies allerdings weniger gut auf.

Ja, ich saß hier im Apartment auf der Couch und trug einen Anzug.
Der Anlass? Mein Tod.
Ich wollte nicht mal mehr mein Herz schlagen hören, wenn ich so an Jungkook dachte.
Ich empfand es als so unfair ihm gegenüber, dass ich leben konnte und er nicht. Damit kam ich nicht klar.

Auf dem Couchtisch vor mir lag ein Brief, den ich geschrieben hatte, daneben mein Handy.
Jede Minute rechnete ich mit einem Anruf aus dem Krankenhaus, indem sie mir berichten würden, dass Jungkook gestorben sei.
Ich fürchtete mich so sehr vor diesem Moment.

Des Weiteren befanden sich auf dem Tisch ein paar kräftige Schlaftabletten und ein großes Glas Rotwein. Mithilfe der starken Schlaftabletten, wollte ich sichergehen, dass ich wirklich nie wieder aufwachen würde.

Einzeln legte ich die Tabletten in meine Hand und nahm das Weinglas dann in die andere. Ich wollte es jetzt einfach durchziehen. Nie mehr aufwachen, und Jungkook denn später im Himmel empfangen.

Mit einem Mal beförderte ich alle Tabletten in meinen Mund, doch als plötzlich mein Handy anfing zu klingen, hielt ich inne. Es war nicht das Krankenhaus, welches mich anrief und es war auch nicht Jungkooks Vater, welcher sich schon ziemlich lange aus dem Leben seines Sohnes verpisst hatte, es war einfach Jungkooks Name, der dort auf meinem Display leuchtete.

Wie konnte Jungkook mich anrufen? Er war schon ewig nicht mehr dazu fähig gewesen sein Handy allein zu bedienen!
Doch ich zögerte nicht weiter, sondern spuckte die Tabletten in das Weinglas und nahm mein Handy zur Hand. Mit einem einfachen Streichen nahm ich den Anruf an.

"Jungkook?"

"Tae, mach nichts dummes..", keuchte er ganz leise. Er war nur kaum verständlich.
Sofort standen mir die Tränen in den Augen.

"Nein, mach ich nicht."
Schluchzte ich vor Freude. Ich freute mich so unendlich doll, dass Jungkook aufgewacht war.

"Ich hab ein Herz, Tae. Sie oper..."
Er stoppte um nach Luft zu schnappen.

"...operieren mich gleich. Komm her."

Sofort sprang ich auf und lief in mein Zimmer, um nur noch schnell meine Jacke zu holen.
Adrenalin schoss durch meine Adern, ich konnte gar nicht realisieren, was soeben passiert war.

"Halt durch Kooks, ich komme." Damit legte ich auf und verschwand auch schon im Hausflur.

Nach einer viel zu langen Autofahrt, kam ich endlich in der Klinik an. Sofort lief ich auf die Intensivstation, doch Jungkook war bereits weg. Mein nächster Weg führte mich also zu den Op-Sälen.
Ich hatte Glück. Jungkook wurde bereits operiert und das in einem Raum, der durch eine große Glasscheibe einsehbar war, das hieß, dass ich mich dort auf einen der Stühle setzen und dabei zusehen konnte, wie sie Jungkook ein gesundes Herz einsetzten.

Es war ein erschauderndes Gefühl als ich sah, wie sie Jungkook sein jetziges Herz entfernten und er für einen kurzen Moment kein Herz hatte. Doch schnell setzten sie das Spenderherz ein und von da an, fiel der Druck in meiner Brust erheblich.
Ich atmete einmal tief ein und aus, so, wie ich es schon lang nicht mehr tun konnte.
Könnte jetzt etwa doch alles gut werden?

Nach drei Stunden, kam plötzlich eine ältere Ärztin zu mir und setzte sich neben mich.
"Es ist so spannend sowas mit anzusehen, nicht wahr?" Begann sie ein Gespräch.

Ich nickte nur, auf die Spannung hätte ich eigentlich verzichten können.

"Wissen Sie etwa über diesen Patienten?" Fragte ich sie. Vielleicht könnte sie mir ja erklären, wie Jungkook plötzlich aufwachen konnte.
Diesmal war es die Ärztin, die nickte.

"Er ist doch dein Freund, oder nicht?"

"Ja, aber er lag im Koma auf der Intensivstation. Doch er rief mich vor der Op an. Wie kann das sein?"

"Die Schwestern, hatten eine ziemliche schwankende Körpertemperatur bei ihm festgestellt, woraufhin sie mich zu Rate gezogen haben. Als ich ihn mir ansehen wollte, stieg seine Temperatur noch mehr an und sein Herzschlag wurde aktiver.
Ich kann mir immer noch nicht erklären, wie das passieren konnte, obwohl ich schon über 40 Jahre in diesem Beruf tätig bin, aber das sah auch ich zum ersten Mal.

Das sich der Lebenswille so auf die Werte auswirken kann, hätte ich niemals gedacht. Schließlich schaffte er es tatsächlich aufzuwachen. Mit krächzender Stimme forderte er sein Handy und rief dich dann an.

Aber sag es mir bitte ehrlich, du trägst keinen so feinen Anzug, weil du bei der Op zuschauen wolltest, oder?"

Ich schüttelte lachend den Kopf. Bisher hatte ich nie an so etwas Übernatürliches geglaubt, doch anders konnte ich es mir nicht erklären.

"Ehrlich gesagt, wollte ich nicht mehr Leben. Ich hatte sogar schon die Tabletten in meinem Mund, als plötzlich mein Handy vibrierte."

"Vielleicht hat er es tief in seinem Inneren gespürt, dass irgendetwas mit dir nicht stimmt...", spricht sie meine Gedanken aus.

"Ich mein es kann ja alles sein. Bis heute wissen wir noch so wenig über den Geist des Menschen und wer weiß, was er dort noch alles zu entdecken gibt. Es grenzt aufjedenfall an ein Wunder, dass dein Freund es geschafft hat so schnell aus dem Koma, in diesem miserablen Zustand, aufzuwachen."








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