ᴛᴀʟᴋ ᴡɪᴛʜ ᴍᴇ
Taehyung Pov.
Skizze um Skizze fertigte ich an. Es wollte mir dennoch nicht gelingen. Weder die Szene mit der Straßenlaterne, noch die mit der Brücke konnte ich zeichnen. Was war nur los? Stattdessen erwischte ich mich immer wieder dabei, wie ich Jungkook und mich zeichnete, da auf dem Fußboden im Restaurant. Nachdem wir hier angekommen waren, hatte ich mich gleich in meinem Zimmer versteckt. Ich wollte unbedingt kein Detail vergessen oder auslassen. Aber es war alles für die Katz.
Ich konnte mich kaum konzentrieren und fragte mich, was Jungkook jetzt wohl gerade machte? Lag er auf dem Sofa und schlief, oder schaute er vielleicht irgendeine Serie? Es könnte auch sein, dass er in seinem Zimmer war, aber eigentlich glaubte ich das eher weniger.
Als es unerwartet an der Tür klopfte, zuckte ich zusammen. Er stand wohl direkt vor meiner Tür.
"Ja?" Krächzte ich, mit einer Mischung aus Unsicherheit und Freude in meiner Stimme. Vorsichtig öffnete er die Tür und betrat den Raum. Dabei ging er so behutsam vor, als würde irgendein verschrecktes Tier hier im Zimmer leben und nicht ich. So, als hätte er die Befürchtung, dass ich beim nächsten lautem Geräusch aufspringe und weglaufe. Aber ich war körperlich viel zu erschöpft, als das ich weglaufen könnte.
"Hey, ich hab mich gefragt, wie's dir geht?" Erklärte er sein Kommen. Ich rutschte auf meinem Bett etwas zur Seite, um ihm zu verdeutlichen, dass er sich setzen konnte. Dies tat er auch gleich.
"Eigentlich geht es mir gut", antwortete ich mit einem leichten Lächeln. Das stimmte sogar. Im Moment ging es mir wirklich gut. Es war eine dieser seltenen 'Hochphasen' die ich gerade hatte.
"Nein Taehyung, ich meine so auf 'Immer' bezogen. Ich weiß nicht, ob du unbedingt mit mir darüber reden möchtest, aber versteh bitte auch meine Seite, dass ich einfach wissen möchte, was in dir vorgeht." Er machte eine kurze Pause und griff nach meiner Hand.
Für einen kurzen Augenblick wollte ich sie wegziehen, doch ich ließ es. Warum - konnte ich mir jedoch nicht erklären.
"Hör zu. Ich möchte wissen, wie ich dir helfen kann. Ich will nicht wie eine Axt im Walde auf dich wirken, sondern wissen, was ich lassen und tun kann. Ich möchte dir wirklich meine Hilfe und Unterstützung anbieten. Als ich dich vorhin umarmt habe, ist mir ein Gänseschauer über den Rücken gelaufen, weil ich jede einzelne Rippe fühlen konnte. Das ist nicht gesund, Taehyung." Flüsterte er den letzten Satz.
Und somit war meine so seltene gute Laune dahin.
"Jungkook, ich finde mich einfach nicht schön genug. Wenn ich mich im Spiegel ansehe, könnte ich schreien. Zuerst war es eine Magersucht, aber jetzt, wo ich dem Hunger manchmal nicht mehr standhalten kann, esse ich und augenblicklich, wird mir schlecht. Es ist einfach so. Ich glaube allerdings kaum, dass mir irgendjemand helfen kann. Trotzdem danke für deine Mühe."
Ich setzte ein schwaches Lächeln auf und sah wieder auf den vor mir liegenden Skizzenblock. Auf dem Papier waren einzelnen schwache Umrisse zu erkennen, sonst nichts.
"Taehyung, ich möchte aber nicht dabei zusehen, wie du dich zu Tode hungerst. Deswegen habe ich mich mal informiert." Mit diesen Worten zückte er sein Handy und hielt mir das leuchtenden Display unter die Nase.
"Schau mal. Hier gibt es viele Psychologen und Ärzte, die sich auf Essstörungen spezialisiert haben. Meinst du nicht, dass wir es wenigstens versuchen könnten? Abbrechen, kann man immer noch. Und vielleicht können sie uns ja wirklich helfen. Du bist nicht der erste Mensch, der diese Krankheit hat und anderen konnte auch geholfen werden."
Das 'wir' und das 'uns' hörte ich in seinen Worten besonders heraus. Wollte er wirklich mit mir ZUSAMMEN diesen ganzen Mist durchstehen? Wollte er mich nicht herausschmeißen? War ich endlich nicht mehr allein?
Ich nickte schwach zustimmend und ohne darauf Einfluss haben zu können, suchte sich eine kleine Träne einen Weg über meine Wange. Für mich war es nahezu unbegreiflich. Jungkook fand mich nicht abstoßend, er wollte mir helfen.
Ich drückte meine Handballen in meine Augen, und sofort wurde ich von zwei Armen umschlossen. Beruhigend strich er mit seiner Hand über meinen Rücken. Meine Hände fanden an seinem Shirt halt. Und während ich da saß und schluchzte, zog ich bei jedem Atemzug seinen Geruch in mich hinein. Ab jetzt würde ich wohl diesen, immer mit Trost und Sicherheit in Verbindung bringen.
Jungkook hatte nach der Umarmung den Raum verlassen und mir gesagt, dass er auf der Couch sitzen und Netflix gucken würde. Er hatte es zwar nie ausgesprochen, jedoch verstand ich seine indirekte Einladung, mich zu ihm zu gesellen.
Das tat ich dann auch, nachdem ich mich erneut an meiner hoffnungslosen Skizze versucht hatte. Er hatte sich eine Chipstüte auf den Schoß gelegt und sorgte damit, während wir schauten, für ein paar Nebengeräusche. Ab und zu sah ich am Fehrnseher vorbei - aus diesen riesen großen Fensterscheiben - auf das Nachtleben Seouls. Wie viele Menschen waren wohl mit dem selben Problem, wie ich da draußen?
Als ich eine geraume Zeit später rüber zu dem Braunhaarigen sah, hing sein Kopf schlafend herunter. Da ich auch schon sehr müde war, schaltete ich die Flimmerkiste aus und nahm die Chipstüte von seinem Schoß. Dann weckte ich ihn sanft, sodass er mehr oder weniger nur noch im Halbschlaf war und führte ihn in sein Zimmer. Dort ließ er sich in sein Bett fallen. Nachdem ich ihn zugedeckt hatte, schloss ich leise seine Tür und begab mich selbst in mein eigenes Zimmer.
Dort zog ich mein Hemd von heute aus und ließ meinen Blick wie jeden Abend prüfend über meine Haut fliegen. Letztendlich starrte ich meine Unterarme an, welche mit Narben übersäht waren. Ob ich diese jemals bereuen würde?
Meine Rippen stachen sehr heraus, auch meine Beckenknochen waren schon deutlich zu erkennen. Trotzdem fühlte ich mich dick. Ich seufzte müde und aus irgendeinem Grund hatte ich Angst davor, Jungkook diese Narben zu zeigen. Er kümmerte sich so sehr um mich. Wenn er diese sehen würde, wäre er sicherlich sehr enttäuscht von mir. Das wollte ich nicht.
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