Bezahlte Testleser/Betaleser?
Ich weiß noch gar nicht, wie ich das alles gerade in Worte fassen kann oder soll.
Am 24.08.2021 habe ich über eine Facebook Gruppe einen Aufruf von einer Leserin gesehen, die ihre Dienste als Testleserin anbot. Ich fand den Beitrag interessant und schrieb sie darauf hin an.
Sie meldete sich per PN bei mir.
Ein Auszug aus der Nachricht von ihr:
Bis jetzt habe ich recht detaillierte Feedbacks gegeben, manchmal inklusive Kommentare zu Wortwahl bzw. wie manche Dialoge wirken etc.
Ich möchte gerne zur Zeit auf Spendebasis arbeiten und später, wenn ich sicher weiß, was tatsächlich gebraucht wird und wie ich es anbieten kann, werde ich das Angebot entsprechend anpassen😊
Als Spende verstehe ich tatsächlich eine Spende, da ich meine Zeit und mein erarbeitetes Wissen in diesem Bereich zukünftig nicht mehr umsonst anbieten möchte. Es können zb 10€ sein. Das, was du eben spenden möchtest und für angemessen hältst für die Zeit und Arbeit, die ich in dein Werk investiere und was es dir bringt.
Ganz ehrlich: Ich bin erschrocken. Ich bin echt verwirrt.
Noch nie habe ich gelesen/gehört, dass ein Leser Geld fürs Testlesen haben möchte. Und auch noch nie von einem Blogger, dass er Geld für das Rezensieren von Rezensionsexemplaren verlangt. Denn das würde dem irgendwie ja gleich kommen.
Ein Testleser meldet sich in der Regel freiwillig bei dem Autor, um ihn zu unterstützen. Er bekommt (zumindest ist das bei mir so der Fall), einen Blick hinter die Kulissen. Er begleitet mich bei der Entstehung des Buchs. Steht mir bei Problemen zur Seite. Liest Textauschnitte. Sagt dazu seine Meinung.
Ein Testleser, der bei mir ist, bekommt in meiner privaten Facebook Gruppe all das mit, was ich als Autorin nicht öffentlich an meine Leser Preis geben möchte. Er erlebt Höhnen und Tiefen mit.
Ein Testleser hat bei mir die Chance die komplette Rohfassung eines Romans zum Lesen zu bekommen. Etwas, das Leser nicht haben. Oder eben nur in Teilen zu lesen bekommen, wenn ich Leseproben poste.
Ein Testleser hat bei mir die Möglichkeit einen direkten Vergleich zwischen der Rohfassung und der anschließenden professionellen lektorierten Fassung, zu ziehen. Das ist auch etwas, das ein Leser so niemals zu Gesicht bekommt.
Ein Testleser hat bei mir die Möglichkeit vorab meine Gedanken, Ideen und auch Sorgen/Ängste zu erfahren. Er kann mit mir direkt darüber diskutieren und sich austauschen.
Natürlich kann man jetzt sagen: Hey, du hättest es doch einfach mal ausprobieren können. Klingt doch super mit dem detaillierten Feedback. Ja, hätte ich machen können. Meine Gedanken, warum ich es nicht getan habe, waren/sind: Was mache ich, wenn sie bereits für das 1. Kapitel Geld von mir gewollt hätte? Obwohl ich die Zusammenarbeit danach abgelehnt hätte.
Ein Lektor nimmt in der Regel für ein Probelektorat kein Geld vom Autor in Anspruch. Einfach, weil beide Seiten schauen wollen, ob sie so zusammenarbeiten können. Das ist wie mit einem Probetag bei einem potenziellen Arbeitgeber. Der wird in der Regel auch nicht vergütet.
Testleser ersetzen nicht die professionelle Arbeit eines Lektors! Das musste ich nach der Veröffentlichung des 1. Soulmates Bands im September/Oktober 2017 auch bitter feststellen. Einer der Gründe, warum ich mich im Juni 2020 dazu entschieden habe noch mit einer professionellen Lektorin zusammenzuarbeiten im Self Publishing! Natürlich arbeite ich auch weiterhin mit meinen lieben Testleserinnen zusammen.
Was erhalten meine Testleserinnen von mir für ihre Arbeit, die sie alle freiwillig und in ihrer Freizeit machen?
Meine Testleserinnen erhalten Zugang zu Informationen, die ich so an meine Leser nicht preis gebe.
Sie bekommen die Rohfassung zum Lesen (in Abschnitten).
Sie dürfen mit mir über alles reden, was meine Romane angehen.
Meine Testleserinnen erleben Höhen und Tiefen mit. Ich lasse sie an meinen Ängsten, Sorgen und Freuden von mir teilhaben. Ich kommuniziere in meiner privaten Testlesergruppe mit ihnen in den Kommentaren zu einem Beitrag, den ich dort immer dann erstelle, wenn es etwas neues bei mir gibt. Ich freue mich, wenn ich mit ihnen reden darf. Wenn ich ihre Meinung lesen kann und sehe, wie liebevoll sie mich unterstützen. Meine Testlesergruppe gibt es seit dem 26.03.2016. Und in der Zeit ist so unglaublich viel passiert. Testleserinnen kamen und gingen. Mit den einen verstehe ich mich super. Mit den anderen eher weniger gut. Von manch einer musste ich mich auch trennen, weil die Zusammenarbeit nicht klappte. Andere sind aus zeitlichen Gründen von sich aus ausgestiegen - was ich vollkommen verstehen kann und niemandem böse bin.
Wäre ich Testleserin von einer Autorin - egal von welcher jetzt - ich würde mich geehrt fühlen bei dem Entstehungsprozess ihres Buchs so hautnahe dabei sein zu dürfen.
Ich würde niemals Geld für meine freiwillige Arbeit von der Autorin verlangen. Wozu auch? Es ist einfach eine Ehre als Testleserin so hautnahe dabei sein zu dürfen.
Als Anna (isolatet) für mich Betaleserin für den 1. Soulmates Band 2016 war, hat sie das alles freiwillig gemacht. Sie hat ihre freie Zeit neben der Schule und Arbeiten in mich und mein Buchbaby investiert. Ohne Geld dafür zu verlangen. Sie hat es aus Liebe und Dankbarkeit getan. Weil sie mir helfen wollte. Weil sie einfach eine gute Seele ist und gerne ihre Hilfe anbietet. In der Zeit ist dank Wattpad eine Art Freundschaft zwischen mir und Anna entstanden. Wir kennen uns nicht persönlich. Aber irgendwie verbindet uns das Schreiben sehr. Und das Lesen. Anna hat selbst ein Buch Wie die Sterne im Universum im Self Publishing veröffentlicht und ich unterstütze sie als Autorin. Ich habe Werbung für sie und ihr Buch auf Social Media (Facebook, Instagram) gemacht. Ich werde sie durch eine Rezension, die ich nach dem Lesen ihres Buch schreiben und veröffentlichen werde, auch noch weiter unterstützen. Was Anna von mir bald erhalten wird? Eine Überraschung, von der sie nichts weiß. Und ich hoffe sehr, dass es ihr gefallen wird. Auch, wenn es noch etwas dauern wird, bis sie es in den Händen halten wird können.
Sind jetzt geschenkte eBooks, Taschenbücher und Goodies genauso schlecht, wie als wenn ich dem Testleser/Betaleser Geld für seine freiwillige Arbeit geben?
Nein. Für mich ist da ein enormer Unterschied.
Denn mit einem signierten Taschenbuch, Goodie kann der Testleser/Betaleser sehr viel mehr anfangen. Weiß ich, was der Testleser mit meinem Geld anschließend macht? Nein. Klar, kann man das Geld gut gebrauchen, wenn man knapp bei Kasse ist. Doch so einfach, wie man sich das vorstellt, ist das nicht. Denn der Testleser müsste für die Leistung eine Rechnung ausstellen. Und das dann auch, wenn man das beruflich wirklich machen will, von den Steuern absetzen. Sprich: Er muss ein Gewerbe anmelden. Wenn er im Monat über 450,00 Euro hinauskommt.
Auf Spendenbasis Testlesen klingt ja im ersten Moment ganz gut.
Aber aus 10,00€ werden dann ganz schnell mal 50,00€ oder 100,00€. Und ohne Vertrag würde ich das sowieso nie machen. Denn was, wenn der Testleser mitten im Buch merkt, er hat keine Lust mehr oder keine Zeit? Dann hat der Autor vorweg Geld bezahlt und bekommt das nicht wieder. Oder der Testleser hat plötzlich keine Zeit mehr und hat aber vorher Geld bekommen. Oder noch anders: Der Testleser hat Geld bekommen und meldet sich danach nie wieder beim Autor.
Und am Ende sitzt der Autor da mit - richtig - nichts. Kein Gewinn gemacht. Aber Geld weg. Und Testleser ebenfalls weg.
Zusammengefasst muss ich sagen, dass ich in Zukunft auch weiterhin die Finger von Testlesern/Betalesern lasse, die Geld für ihre freiwillige Arbeit verlangen.
Ich bin sehr gerne bereit mich anders erkenntlich für die Liebe, Mühe und Arbeit des Lesers zu zeigen. Aber niemals für bares Geld!
Das wäre nämlich genauso, als wenn ich Bloggern plötzlich Geld dafür zahlen müsste, damit sie mein Buch lesen und rezensieren. Die bekommen nämlich von Self Publishing Autoren (zumindest ist das bei mir so) immer noch kostenlose Rezensionsexemplare. Dafür bekomme ich dann eine ehrliche Rezension des Bloggers für mein Buch. Es ist also auch hier ein Geben und nehmen - ohne das Geld von beiden Seiten aus fließt.
Wie steht ihr zu dem Thema?
Habt ihr so etwas schon einmal miterlebt?
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