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2 Stunden später sitze ich am Spielfeldrand und schaue den Jungs beim Training zu. Lukasz tat wirklich so, als ob heute Nacht nichts gewesen wäre und ich bin ihm dankbar dafür. Denn egal wie schön das war, ich brauche ihn als Freund. Natürlich haben die ganzen anderen Jungs mich zu Beginn umarmt und ihr Mitgefühlt ausgesprochen. Ich war ihnen ja dankbar, aber danach hab ich auch klar gestellt, dass sie mir am meisten helfen, wenn sie so tun als ob nichts passiert wäre.
Während ich am also so da sitze, die Sonne genieße und den Jungs beim Training beobachte kommt Jürgen auf einmal zu mir und setzt sich neben mich. „Na Lily, alles gut bei dir?" fragt er. Ich nehme die Sonnenbrille ab und schaue ihn an. Väterlich blickt er mich an, und ich kann verstehen warum im Team so eine Harmonie herrscht. Bei so einem Papa-Trainer. „Klar. Aber solltest du nicht eigentlich ein Training führen?" frage ich zurück. „Ach, die kommen auch ein paar Minuten ohne mich aus." Winkt er ab. Gespannt schaue ich ihn an. „Die Jungs haben erzählt, dass du wahrscheinlich bald wieder zurück fliegen wirst." Sagt er dann. „Ja." Antworte ich etwas traurig. „Es ist echt toll hier, aber ich kann ja nicht ewig Urlaub machen und von meinem Gesparten und Mitch Geld leben. Außerdem habe ich in Australien ja auch noch meine Freunde und Familie die mich gerne wieder haben wollen." Erkläre ich, auch wenn ich mittlerweile selbst davon nicht mehr so überzeugt bin. „Hm, verstehe." Sagt Jürgen nachdenklich. „Die Jungs haben mir auch erzählt, dass du gerade deinen Abschluss als Ergotherapeutin gemacht hast." Fährt er vor. „Jaaa... wieso?" frage ich verwirrt. Worauf will er hinaus? „Wir suchen noch einen Ergotherapeutin für die Mannschaft, und da dachte ich bzw. wir alle, ob du das nicht vielleicht machen willst." Sagte Jürgen dann gerade heraus. „Machst du mir gerade ein Jobangebot?!" frage ich erstaunt nach. „Überlege es dir in Ruhe." Antwortet Jürgen nur, klopft mir auf die Schultern und geht wieder zu den Jungs, während ich völlig überrascht da sitze. Das war gerade wirklich ein Jobangebot. Jürgen hat mir gerade ein Stück Zukunft und Selbstständigkeit in Deutschland geboten. Ich bin so perplex, dass ich nicht mal weiß, was ich denken soll. Ich könnte wirklich hier bleiben... aber will ich das auch? Kann ich so einfach meine Eltern und Freunde verlassen. Auch wenn in der letzten Zeit in Australien nicht viel Schönes passiert ist, es ist meine Heimat und mit unendlich vielen positiven Erinnerungen verbunden. Und was ist mit Dortmund? Hier habe ich meinen Bruder und die Chance auf ein Neuanfang. Und es ist nicht so, dass ich hier keine Freunde hätte. Mit Marcel und Marco habe ich zwei Freunde, die jederzeit mit mir ne Bank ausrauben würden. Und Lukasz... ja was ist mit Lukasz? Er ist mein bester Freund, das steht außer Frage. Aber ist da mehr? Was war das heute Nacht? „Achtung Ball!" reißt mich Kevins Stimme aus meinen Gedanken. Ich heb meinen Blick und sehe wie der Ball auf mich zu geflogen kommt. Im letzten Moment kann ich meine Hände hochreißen und den Ball abprallen lassen. Ganz die Torwart-Schwester halt. „Alter Kevin, hör auf meine Schwester umbringen zu wollen." Ruft Mitch und läuft auf mich zu. „Ist alles in Ordnung?" fragt er mich als er bei mir angekommen ist. „Klar alles gut." Winke ich ab und zeige den hoch gestreckten Daumen in Kevins Richtung um ihm zu signalisieren, dass alles gut ist.
Als Jürgen die nächste Trinkpause gibt, gehe ich zu den Jungs aufs Spielfeld und stelle mich neben Marcel. „Na strengt ihr euch auch schön an?" frage ich in die Runde und gucke in die verschwitzen Gesichter meiner Jungs. „Willst du wissen wie sehr?" fragt Marco zurück und kommt auf mich zu. „Nein! Nicht wieder umarmen!" protestiere ich und gehe einen Schritt nach hinten. Aber natürlich kommt Marco trotzdem zu mir und umarmt mich. „Bah Marco..." sage ich nur und die anderen fangen an zu lachen. Nachdem Marco mich endlich los gelassen hat, wende ich mich an Marcel. „Hast du nachher Abend Zeit?" Er nickt. „Bier?" fragt er nur und ich nicke. „Bier." Sage ich zur Bestätigung. „Aber du kommst heute Abend nach Hause?" will Mitch wissen. „Wenn du versprichst leise zu sein, dann ja." Antworte ich und Mitch wird rot. „Ach Lily, dein Bruder ist auch nur ein Mann." Meint Nuri und grinst mich an. „Jaa, aber er kann ja wohl trotzdem leise sein." Erwidere ich. Bevor noch jemand was sagen kann ruft Kloppo wieder zum Training.
Den Rest des Trainings verbringe ich auf der Bank und schreibe mit Lena. Die ersten Jungs kommen aus der Kabine und Manni und Roman kommen zu mir. „Na du Vogel." Begrüßen sie mich und ich verdrehe die Augen. „Wie genau seid ihr auf den Spitznamen nochmal gekommen?" frage ich und die beiden fangen an zu lachen. „Na weil Kevin der Fisch ist. Und Vögel fressen Fische. Und du schaffst es Kevins dumme Sprüche noch zu toppen." Erklärt Manni mir. „Ah ja... diese Logik ist natürlich unschlagbar." Sage ich lachend. „Tja." Meint Roman grinsend und die beiden verabschieden sich da Marcel gerade raus kommt. „Die anderen brauchen noch ein bisschen." Sagt Marcel. „Welch ein Wunder." Unterbreche ich ihn lachend. Auch Marcel muss grinsen. „Wollen wir einfach schon los?" fragt er dann. Ich nicke. „Klar." Wir gehen zu Marcels Auto und fahren zu ihm. Da Jenny noch in L.A. ist, hat er sturmfrei und wir können in Ruhe ein Bierchen trinken und reden. „Was haben du und Lukasz gestern Nacht eigentlich gemacht?" fragt Marcel mich als wir in seinem Wohnzimmer sitzen. „Wieso?" frage ich ertappt. „Der hat heute die ganze Zeit gegähnt." Erklärt Marcel während er aus der Küche das Bier holt. Ich atme erleichtert auf. „Achso, ja wir haben noch viel geredet. Und außerdem hat er ja auch einiges gestern Abend getrunken." Antworte ich. „Oh ja, das habe ich auch." Seufzt Marcel und lässt sich neben mir aufs Sofa fallen. Er reicht mir ein Bier und wir stoßen an. „Ich glaube wir haben gestern alle ein bisschen zu viel getrunken." Sage ich nachdem ich ein Schluck getrunken habe. Marcel fängt an zu grinsen. „Alles deine Schuld. Immerhin wolltest du das Trinkspiel spielen." „Ohne ist ja auch langweilig." Verteidige ich mich und wir fangen an zu lachen. Marcel macht den Fernseher an und wir gucken irgendwelchen Quatsch während wir über alles Mögliche reden. „Und was ist mit Australien?" fragt Marcel irgendwann. „Ich weiß nicht." Sage ich ehrlich. Marcel sieht mich traurig an und ich wusste, dass auch ihn der Gedanke traurig machte, dass ich bald gehen könnte. „Ich sag jetzt das, was wir alle denken, aber niemand sagen will: Bleib hier Lily." Nachdenklich blicke ich auf meine Handy. Schmelle stupst mir gegen die Schulter. „Was spricht dagegen?" will er wissen. Gute Frage. „Es wäre ein so großer Schritt. Und meine Familie ist doch auch noch da." Antworte ich. „Aber Mitch wohnt hier. Und du bist doch inzwischen auch Teil unserer Familie." Erwidert Marcel. Ich muss lächeln. „Ich kann so was nicht über Nacht entscheiden." Sage ich dann und Marcel scheint sich damit zufrieden zu geben. „Übrigens nette Idee von euch, dass Kloppo mir das Jobangebot machen sollte." Füge ich hinzu. Er grinst mich an. „Finden wir auch." Meint er und prostet mir zu.
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