Prolog

Schwer atmend kommt er am Waldrand zum Stehen. Wieder einmal hat er den Weg auf sich genommen, um auch nur einen kurzen Blick auf sie zu erhaschen.

Vielleicht noch ihren Duft zu erahnen, auch wenn der sich schon langsam verflüchtigt.
Fliederduft und Sommerregen.

Oft hat er versucht diesen Duft auch Zuhause wahrzunehmen, aber kein noch so alter, reifer Fliederbusch im Sommer, bei Regen könnte dem nahe kommen, was sie in ihm auslöst.

Er hört ihre Stimme, sanft und warm, so beruhigend spricht sie auf sie ein, wünscht eine gute Nacht und erholsamen Schlaf. Er kann hören, wie sie lächelt, während sie auf sie einspricht, bis das Fenster plötzlich geschlossen wird.

Frustriert ändert er seine Position, darauf bedacht, kein Geräusch von sich zu geben, oder im einfallenden Mondlicht zu stehen. Es ist wieder Vollmond, wie hätte er da auch fort bleiben können.

Sie zieht ihn an, wie das Licht die Motten, jeden Tag denkt er daran, wo sie ist, was sie macht, wie es ihr geht. Ob sie ihn lieben würde. Ob alles anders sein könnte.

Nun kann er sie sehen, wie sie aus dem Fenster sieht, in den Wald schaut und sich gedankenverloren durch ihre wunderschönen Haare fährt. Sie hat sie wieder kürzer geschnitten.

Er hat es doch tatsächlich geschafft, wieder einige Wochen nicht herzukommen.

Sie sieht aus, wie eine wahre Königin, eine Luna.
Die braunen welligen Haare, wie sie ihr nun nur noch auf die Schultern fallen.
Ihre großen braunen Augen, die so eine Ruhe ausstrahlen, dass sie selbst ihn, auf diese Entfernung, beruhigen können.
Dieses sanfte Lächeln, das Kriege beenden könnte. Wenn es doch nur ein einziges Mal ihm gelten würde.

Aber das wird es nicht, das wird es nie und so muss er weiterhin damit leben, dass sie hier ist und er dort. Ein letztes Mal schaut er ihr direkt in die Augen und obwohl es unmöglich ist, dass sie ihn auf diese Entfernung sieht, scheint es ihm, als ob sie genau in seine Augen zurückblickt. Er spürt die Verbindung, von der sie nie wissen wird, kehrt um und läuft nach Hause.

Es geht ihr gut, sie lächelt, sie liebt, sie lebt unbeschwert. Das ist alles, was er sich für sie wünscht.

Alles, was er sich für sie wünschen darf.

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