27 - Juliana

Ju läuft unruhig in der Küche auf und ab.
Melli war aufgeregt, als sie zurück gekommen sind, aber sie ist dann schnell auf dem Sofa eingeschlafen. Wahrscheinlich hält sie das alles für ein großes Abenteuer.

Das würde morgen Erklärungsbedarf geben. Felix ist schon hier und schläft, Maja hatte ihn geholt und ins Bett geschickt, bevor sie bemerkt haben, dass Jules weg war. Sie hat die beiden im Rudelhaus schon erwartet, sitzt jetzt am Küchentisch und wippt unruhig mit dem Bein auf und ab.

Maike schenkt Ju ein Glas Wasser ein und reicht es ihr. Jules schaut sie dankbar an und geht dann weiter auf und ab.

„Stimmt es?"
„Was meinst du?"
„Das was dieser James gesagt hat?"
„Was meinst du?"
„Das mit der Seelenverwandschaft. Was ist eine Luna, warum hat er mich so genannt?"
„Ja, das stimmt." Maike seufzt. „Das sollte dir besser Marlon erklären."
Maja sieht die beiden besorgt an. Sie weiß nicht genau, was auf der Lichtung passiert ist, sie hat von Maike immer nur Fetzen mitbekommen, weil diese so angespannt war.

Ju wird wieder unruhig. Wenn sie an Marlon denkt wird sie ganz aufgeregt, nicht zu wissen, wie es ihm geht, macht sie wahnsinnig.
Einige Minuten herrscht bedrücktes Schweigen.

„Finn!" Jules sieht Maike mit großen Augen an.
„Ist Finn dein Seelenverwandter?"
„Ja, das ist er."
Maike lächelt Jules kurz an, dann wird ihr Gesichtsausdruck wieder besorgt.
Jules sieht Maja an.
„Und du und Ben?"
Maja lächelt schwach.
„Wir auch."
„Verrückt." murmelt Jules nur.

Sie schweigen sich wieder einen Moment an.
Maike schaut unsicher zu Ju, aber die ist zu beschäftigt mit sich selbst, um es zu bemerken. Sie und Maja tauschen einen besorgten Blick.

„Ich hab ihn gehört."
„Wen?"
„Marlon. In meinem Kopf. Er hat mir gesagt dass ich zu dir laufen soll. Ich hab ihn an seinen Augen erkannt."
„Achso das, wir nennen das Mindlink. Ist wie Gedankenübertragung."
„Kannst du das auch?"
„Ja."
„Also kannst du Marlon hören, oder Finn?"
„Gerade nicht. Sie haben mich ausgesperrt."
„Verdammt", flucht Ju.

Maike sieht sehr besorgt aus. Ihr Blick ist gequält und sie hält sich krampfhaft an der Küchentheke fest.
Ju bemerkt ihre Unruhe und geht zu ihr hin, um ihr die Hand auf die Schulter zu legen.
„Alles wird gut, Maike. Sie werden wieder zurückkommen."
Maike drückt Ju fest und schluchzt.

„James ist ein Trottel, aber mit einem hatte er Recht. Du bist die geborene Luna."
Ju runzelt verwirrt die Stirn.
„Wie meinst du das?"
„Du kümmerst dich um andere. Hast einen siebten Sinn und behältst die Ruhe, wenn es nötig ist."
Ju lacht bitter auf.

„Also die Ruhe bewahren nenne ich das hier gerade nicht. Aber danke."
Die beiden lächeln sich schwach an, da rennt Maike gefolgt von Maja plötzlich zur Tür. Sie reißt sie auf und Ju kommt gerade hinter ihr zum stehen, da steht Marlon in der Tür. Er trägt nur eine Shorts und ist am ganzen Körper verwundet und verkratzt.
Sein Blick ist nur auf Ju gerichtet.

Er sieht sie unsicher an. Fast verzweifelt. In seinen Augen spiegeln sich Angst, Erleichterung und Liebe. Fast schon bittend hebt er einen Arm leicht in ihre Richtung. Das lässt Ju aus ihrer Starre erwachen und sie rennt in seine Arme.

Sie halten sich fest und Ju sucht mit ihren Händen seinen Körper nach schweren Verletzungen ab.
Marlon lacht leise und raunt: „Nicht jetzt, Baby. Dafür fehlt mir gerade noch die Kraft."
Ju lacht und schnieft gleichzeitig. Sie umfasst sein Gesicht und schaut in seine wunderschönen Augen.
„Es geht dir gut." sagt sie nur.

„Ja, was hast du denn erwartet? War ich etwa nicht eindrucksvoll? Dass du überhaupt gezweifelt hast."
Sie drückt ihn wieder an sich und saugt seinen einmaligen Geruch auf. Kaffee und Wald. Er streicht ihr über den Rücken und drückt sie sachte Richtung Küche.

Sie geht zur Spüle und schenkt ihm gleich ein Glas Wasser ein, welches er in einem Zug leer trinkt.
Auch Finn kommt mit Maike im Arm in die Küche und sie sieht unglaublich erleichtert aus.
Mark, Luis, Marius, Ben und Maja kommen auch in die Küche. Die Männer tragen alle nur eine Shorts und sehen mitgenommen aus, aber keiner von ihnen ist schwer verletzt.

„Braucht ihr etwas? Trinken, oder was zu essen? Schnaps vielleicht?"
Ju sieht sie alle an. Jeder von ihnen war wegen ihr und wegen Melli dort. Das wird ihr gerade bewusst. Sie fühlt sich schuldig.

Tränen steigen ihr in die Augen und Ben kommt auf sie zu, und legt ihr die Hand auf den Oberarm.
„Hey, ist schon klar, dass Marlon für dich der Schönste ist, aber so Scheiße sehen wir nicht aus, dass du gleich weinen musst." er grinst sie schelmisch an.
Ju lacht kurz, schaut ihm dann aber in die Augen.

„Danke", flüstert sie. Sie wissen was sie meint.

„Für dich tun wir alles, Luna."
Dabei senkt er den Kopf leicht und schaut sie dann von unten herauf an.
Er zwinkert leicht und klopft Marlon dann auf die Schulter.

„Maja und ich gehen. Sie findet ich sollte duschen." Er grinst spitzbübisch.
„Ich denke, ihr habt hier eh genug zu besprechen."
Damit wendet er sich mit Maja im Arm ab und sie gehen aus der Küche. Auch die anderen beugen noch ihren Kopf vor Ju, was sie verlegen werden lässt und gehen dann.

Zuletzt verschwinden Maike und Finn in ihren Bereich und lassen Marlon und Ju allein.
„Willst du auch erstmal duschen?" fragt sie ihn.
Marlon sieht sie an.
„Ehrlich gesagt möchte ich keine Sekunde von dir getrennt sein, gerade. Aber es wäre wohl besser so. Gib mir 5 Minuten."
Ju nickt und setzt sich dann an den Tisch um auf Marlon zu warten. Es dauert wirklich nicht lange, bis er zurück ist und sich ihr gegenüber setzt.

„Es tut mir so leid, mein Engel."
Ju schluckt. Sie sieht ihn unentwegt an.
„Ich hatte solche Angst." gibt er zu.
„Nicht nur als du verschwunden warst, da am Meisten. Aber vorher schon. Ich hatte Angst, dass du mich verlässt. Für verrückt erklärst, vielleicht. Aber dass du es so erfährst, wollte ich wirklich nicht. Ich hatte geplant, es dir dieses Wochenende zu erzählen."
Ju nickt.
„Erklär es mir, bitte. Was ist eine Luna? Was ist Seelenverwandtschaft? Was genau bist du?"

Und Marlon erklärt ihr alles. Er erklärt ihr, was Werwölfe sind, er erzählt ihr von der Mondgöttin und von den Mates. Was es bedeutet eine Luna zu sein, und dass er der Alpha ist.

„Ich bin also die andere Hälfte deiner Seele?"
„Ja, nur zusammen sind wir komplett. Stirbst du, sterbe ich, oder verliere den Verstand. Naja zumindest wenn wir das Bündnis vollendet haben." er schaut sie unsicher an.
„Welches Bündnis?"
„Ein Biss, mein Schatz. Ich beiße dir mit meinen Wolfszähnen in den Nacken. Dann riechst du nach mir und jeder Wolf sieht, dass du Mein bist." Etwas Sehnsucht steckt in seiner Stimme.

„Ein Biss?" fragt Ju verwundert. „Das tut doch weh, oder?"
„Kurz ja. Danach wird sich einiges verändern. Deine Sinne schärfen sich, du wirst fitter, weniger krank, und.." er stockt.

„Und was? Werde ich dann auch ein Wolf?"
Marlon lacht leise.
„Nein, das nicht. Deine Gefühle zu mir werden sich verstärken. Was du jetzt spürst, die Anziehung. Das ist ein schwaches Abbild von dem was ich für dich fühle."
„Es wird noch mehr?"
Marlon lächelt sie an.
„Ja, noch mehr."
„Seit wann weißt du es, dass ich es bin? Wusstest du es im Urlaub schon?"

Marlon schluckt.
„Ja, ich wusste es schon. Ich weiß es seit etwa 2 Jahren jetzt."
„Seit 2 Jahren?!" Ju muss sich daran erinnern, ihre Stimme zu senken.
„Aber wir kennen uns doch erst seit ein paar Monaten."
„Du kennst mich seit ein paar Monaten. Ich kannte dich davor schon. Aber du warst verheiratet. Und du hast glücklich ausgesehen. Ich habe dich das erste Mal gesehen, als du im Wald unterwegs warst. Mit deiner Familie. Zuerst habe ich nur dich gesehen. Ich wusste es sofort. Ich wollte zu dir, mit dir sprechen. Ich habe mich so nach deiner Nähe gesehnt, ab dem Moment, als ich dich gesehen hab. Aber gerade als ich mich auf den Weg zu dir gemacht habe, bist du zu Sven gegangen. Du hast ihn geküsst. Und da wusste ich, dass ich dich nicht haben kann. Naja zumindest dachte ich das." er lächelt sie leicht an und Ju erwidert es.

„Und dann?"
„Ich war oft bei dir. Zuhause. Ich habe dich beobachtet, wollte sichergehen dass es dir gut geht und du in Sicherheit bist. Ich hab das Mateband unterdrückt. Das war nicht leicht. Ben kam dann auf die Idee, mich im Urlaub ins Haus neben dich zu stecken. Es war eine Qual. Ich musste dich ignorieren. Hättest du mir nur einmal in die Augen gesehen, hätte das Band auch auf dich eine Wirkung gehabt. Aber ich wollte dir nicht dein Leben nehmen. Also hab ich mich fern gehalten. Bis herauskam, dass Sven dich betrügt. Ehrlich gesagt hat es Ben herausgefunden. Und Maike darauf angesetzt, Anja in dein Haus zu locken. Den Rest der Geschichte kennst du."
Ju schluckt. Das war viel zu verarbeiten.

„Ich denke wir sollten ins Bett gehen." meint sie.
Marlon sieht sie nachdenklich an.
„Bleibst du bei mir, bitte?"
„Natürlich. Morgen musst du mir erzählen was mit James passiert ist. Aber heute bin ich müde."
Marlon steht auf und reicht ihr die Hand.
„Das mache ich, mein Engel." er küsst sie auf die Stirn.
„Geh du vor, ich trage noch Melli hoch."

Als Marlon ins Bett kommt, schläft Ju schon fast. Sie spürt nur noch wie sie an einen warmen Körper gezogen wird. Marlon gibt ihr einen Kuss auf den Kopf und murmelt: „Meine Luna."

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