19 - Juliana
Jus Gefühle fahren Achterbahn. Und die Schmetterlinge in ihrem Bauch gleich mit.
Sie sitzt hier auf Marlons Schoß, als ob sie nie wo anders hingehört hätte.
Der Spaziergang mit ihm hat ihr gut getan, sie weiß schon länger, dass er wirklich ein guter Freund ist und sie sich auf ihn verlassen kann.
Sie kann sich immer noch nicht erklären, warum er sich im Urlaub so seltsam benommen hat, und kurz darauf wie ausgewechselt war. Als sie ihm einmal darauf ansprach meinte er nur, im Urlaub hätte ihm etwas so dermaßen belastet, dass er nicht er selbst war, kurz darauf hat sich diese Situation aber aufgeklärt.
Das ist eine sehr vage Aussage, aber sie nimmt sie so hin.
Auch, dass er seit Wochen immer wieder mit ihr flirtet, verwirrt sie, sie dachte es wäre einfach Spaß, dass er eben gern flirtet und ihr selbst tut es ja auch gut, diese Art von Aufmerksamkeit zu bekommen.
Aber dieser Kuss erschüttert sie nun irgendwie. Das war kein Spaß. Das war kein „Ich hab Lust wen zu küssen und du bist halt grade da - Kuss".
Da war mehr. Zumindest für Ju. Ihre körperliche Reaktion auf diesen Mann hat sie so in Trance versetzt, dass sie keinen klaren Gedanken fassen konnte.
Erst jetzt sickert langsam zu ihr durch, was passiert ist und in welcher Situation sie sich befindet.
Sie löst sich von ihm, drückt sich mit einer Hand sachte von seiner Brust weg. Er schaut auf sie herab und lächelt sie seelig an. Sie lächelt etwas zerknirscht zurück und möchte aufstehen. Aber er hält sie an der Hüfte fest.
„Bitte gib mir noch 5 Minuten, zumindest bis die anderen kommen, dann können wir gern den nötigen Anstandsabstand wieder halten", er grinst spitzbübisch und sie kann nicht anders als ihn auch anzugrinsen.
„Du bist echt unverbesserlich, Marlon." Sie schüttelt schmunzelnd den Kopf.
„Versteh mich nicht falsch, ich hab das sehr genossen gerade. Ich genieße dich, deine Anwesenheit, unsere Unterhaltungen, die ernsten und die flapsigen. Aber ich glaube nicht, dass ich die bin, die dir geben kann was du willst. Ich.. Weißt du, wenn.. ahrg!" Sie rauft sich die Haare und Marlon sieht sie verständnislos an.
„Wie meinst du, du bist nicht die, die mir geben kann was ich will?", geduldig sieht er ihr dabei zu, wie sie um die Worte ringt. Ju meint, etwas Belustigung in seinen Augen sehen zu können.
Na toll, jetzt macht sie sich erst recht zum Affen. Sie muss Abstand gewinnen, wenn sie so nah bei ihm ist, hier auf seinem Schoß, da kann sie doch keinen klaren Gedanken fassen!
Sie rückt bestimmt ein Stück von ihm ab und atmet tief durch, um sich zu sammeln. Sie blickt ihm in die Augen. Ernst erwidert er ihren Blick.
„Schau mal, ich bin Mutter"
„Von zwei wundervollen Kinder die ich sehr gerne mag und die mich auch mögen", wirft er ein und lächelt sie gewinnend an.
„Ja, das stimmt", seufzt sie.
„Hör zu, worauf ich hinaus will, ich hab Verantwortung und ich hab gerade erst eine Ehe hinter mir, die ein, für mich sehr überraschendes, Ende genommen hat. Ich bin nicht bereit mich auf etwas einzulassen, was nur Zeitvertreib ist oder eine lockere Sache nebenher. Ich bin aber auch.."
Marlon unterbricht sie: „Wie kommst du darauf dass ich mit dir nur etwas Lockeres möchte? Ich weiß nicht welche Gefühle der Kuss in dir ausgelöst hat, aber ich hab ein verdammt ernstes Interesse an dir."
Er schaut ihr offen ins Gesicht und in seinem Blick kann sie nichts, als Aufrichtigkeit erkennen.
„Ich.. also ja.. so hat es sich ja auch nicht angefühlt. Ich will nicht sagen dass du mir das vermittelt hättest, ich denke nur ein Mann wie du.."
„Spielt nicht mal annähernd in der gleichen Liga wie du, ich weiß, du könntest jeden haben, warum solltest du mich wollen?" Er grinst sie schief an und schaut ihr herausfordernd entgegen.
„Ach hör auf."
Ju lacht.
„Es ist, zum einen, eher andersrum, und zum anderen bin ich ein gebranntes Kind. Ich fühl mich wohl bei dir und du machst etwas mit mir, was ich mir echt nicht erklären kann."
Sie schaut ihn etwas verzweifelt an und fährt fort: „Aber ob ich überhaupt bereit bin, mich auf irgendeine Art auf dich einzulassen. Dir das Vertrauen entgegen bringen kann, das nötig wäre um diese Gefühle zuzulassen, das weiß ich nicht." Unsicher sieht sie zu ihm auf und sucht in seinem Gesicht eine Regung. Aber sie sieht nichts als Verständnis in seinem Blick. Das war doch zum Haare raufen, hat dieser Mann denn echt keine Macken? Wie sollte sie denn da glauben, dass das echt ist, wenn er sich so verdammt perfekt benimmt.
„Ich hab einfach Angst. Es macht mir eine Scheiß Angst, was du in mir auslöst. Ich.. Ich will das gar nicht verstehst du? Ich will mich jetzt nicht verwundbar machen, ich will für meine Kinder da sein, ich will ihnen durch diesen Scheiß, den Sven uns eingebrockt hat, durchhelfen und nicht das Risiko eingehen, dass sie und auch mich wieder jemand hängen lässt, auf den wir uns verlassen. Als Freund bist du uns schon wichtig genug. Wenn sie dich als Teil der Familie sehen und dir dann auch eine über den Weg läuft, die besser ist als ich, dann stehen wir nicht nur erneut vor einem Scherbenhaufen. Dann ist es ganz vorbei, wie soll ich ihnen dann erklären dass Liebe etwas Schönes sein kann. Woran soll mein Sohn dann lernen wie ein Mann sich verhält und meine Tochter wie man sich von einem Mann behandeln lassen soll."
Sie hat sich direkt in Rage geredet und ist aufgestanden, während Marlon ruhig zu ihr aufblickt.
„Ich kann dich verstehen. Auf welcher Basis solltest du jetzt auch Vertrauen haben. Ich will dir nicht weh tun und ich kann schon lange keine Frau mehr ansehen, außer dich. Ich will dich für mich gewinnen, wie lang es auch dauern mag, bis du mir vertraust, bis dahin bestimmst du allein das Tempo."
„Oh Gott, verdammt, hör auf so perfekt zu sein." Ju ist beinahe sauer, so verwirrt ist sie von allem was sie fühlt und denkt und fühlen will und denken will. Alles in ihr ist in Unordnung und Marlon, Marlon lacht.
„Ich bin doch nicht perfekt. Gib mir die Chance zu zeigen wie perfekt unperfekt ich bin. Ich hab gesagt du bestimmst das Tempo. Das heißt nicht, dass ich mich nicht immer und immer wieder anzunähern versuche. Ich werde dich nerven, glaub mir. Nach dem Kuss kann ich gar nicht anders als dir viel zu sehr auf die Pelle zu rücken."
Ju muss lachen. Selbst wenn er versucht, sich selbst hopps zu nehmen, ist er einfach unwiderstehlich charmant.
„Ich will dir nichts versprechen, was ich nicht halten kann. Ich schätze, dass es dir schnell zu blöd wird mit mir, Marlon", davon ist sie überzeugt. Er würde ziemlich schnell merken, wie sehr sie die ganze Sache verkorkst hat. Und dann ist er schneller weg, als sie schauen kann.
Sie muss nur bis dahin gut auf ihr Herz aufpassen.
Die beiden schenken sich ein Blickduell, bis sie aus ihrer Trance gerissen werden.
„Hier knistert es ja gewaltig!", Ben kommt aus dem Haus, mit seiner Freundin Maja an der Hand. Diese läuft schnurstracks auf Ju zu und fällt ihr um den Hals.
„Jules, ich hatte gehofft, dass du heute hier bist!" Ju drückt sie und schaut sie freundlich an, als sie sich lösen.
„Schön dich zu sehen, Maja."
Ben drückt Ju fest und legt dann seinen Arm um Maja.
„Jules, es ist mir eine Ehre! Du bleibst doch noch mit am Feuer sitzen oder? Wir trinken Bier, erzählen uns Gruselgeschichten und beobachten Marlon dabei, wie er sich vor Angst in die Hosen macht."
Er grinst seinen Freund frech an, und Marlon verdreht nur die Augen und zwinkert ihr dann zu.
„Jules beschützt mich dann schon."
„Ja am besten übernachtet sie bei dir und verjagt die Monster unter deinem Bett."
Ju verkneift es sich zu Marlon zu sehen, obwohl sie seinen brennenden Blick spürt.
„Da hätte ich nichts dagegen", sagt er nur und geht dann Richtung Bar. Diese nimmt Ju erst jetzt richtig wahr. Es stehen allerlei alkoholische und alkoholfreie Getränke dort.
„Wer soll das denn alles trinken?" fragt sie an Maja und Ben gerichtet.
Diese grinsen sie nur an. „Wir sind hier ziemlich trinkfest."
In diesem Moment stoßen Mark, Luis und Marius dazu.
„Juuuules, du bist auch hier! Wie geht's dir, wo sind die Zwerge?", Luis drückt sie kurz und auch die anderen beiden nehmen sie in den Arm.
„Hey Jungs, ja Marlon hat mich hier her entführt. Die Kinder haben ein Papa Wochenende."
„Schade, Felix hätte bestimmt ein paar gute Gruselgeschichten für uns."
Maike, die gerade mit Finn an der Hand zu der kleinen Gruppe gestoßen ist, sieht Ju bedauernd an.
Ju lächelt tapfer zurück.
Sie bemerkt einen Arm der sich sacht um ihre Taille legt und bekommt ein kühles Glas in die Hand gedrückt. Marlon prostet ihr zu und begrüßt dann die Neuankömmlinge.
„Setzen wir uns, bevor wir keinen Platz mehr bekommen." Ju schaut sich um und wundert sich woher die vielen Leute plötzlich kommen. Fast alle Plätze ums Lagerfeuer sind belegt, es wird sich angeregt unterhalten. Die kleine Gruppe löst sich auf und macht sich auf die Suche nach Sitzplätzen, Marlon zieht Ju an der Hand hinter sich her und geht zielsicher auf einen freien Platz zu.
Er lässt sich auf dem Gartenstuhl nieder und zieht sie bestimmt auf seinen Schoß. Ju erschaudert durch den plötzlichen Körperkontakt und eine Gänsehaut breitet sich auf ihren Armen aus. Marlon streicht mit seinen Fingerspitzen darüber. Sein Mund kommt ihrem Ohr ganz nah und er raunt: „Ist dir etwa kalt?", der Schalk in seiner Stimme lässt sie leise auflachen.
„Nein, ich hab eine Sitzheizung, aber danke."
„Dann kommt sie Gänsehaut wohl von etwas anderem. Angst wegen den Gruselgeschichten?"
„Ja total, ich werde dir wohl heute Nacht keine Stütze sein können."
„Kein Problem, du kannst trotzdem bei mir schlafen, ich hab in Wirklichkeit gar keine Angst und kann dich beschützen."
„Du lässt es dir wirklich nicht nehmen, huh?"
„Ich hab dir gesagt dass ich mich nicht fernhalten werde."
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