Kapitel 23 // Hinter der Kulisse
Die Minuten strichen dahin, bis auch die zehnte verging. Daraufhin stieß sich Alaska von der Mauer ab und wollte schon losgehen, als sie plötzlich ein Rascheln im Gebüsch aufhielt.
Die Hände erhöben, näherte sich Alaska dem unbekannten Rascheln, damit sie notfalls in Sekundenschnelle ihren Feind vereisen konnte.
Doch dazu kam es nicht.
Denn kurz, bevor sie zuschlagen konnte, kam der Fremde aus dem Gebüsch hervor.
Es blickten ihnen zwei tiefe, aquamarinblaue Augen an. Der junge Mann hatte braune Haare und trug dunkle, triste Kleidung.
„Calion!", unterbrach Sirena freulich die Stille. „Es ist schön, dass du dich dazu entschieden hast, mit uns zu kommen." Dabei setzte sie wieder einmal ihr berühmtes sanftes Lächeln, das wie eine sanfte Meeresbrise wirkte.
Dieser warf Alaska einen kalten Blick zu. „Naja, es war nicht so einfach, da raus zu kommen." Doch Alaska erwiderte seinen Blick nur unbeeindruckt und schlug ihn dabei um Längen.
Calion warf einen Blick in die Runde. „Sind das die anderen, die du erwähnt hast?", fragte er.
Sirena nickte.
Melody öffnete schon den Mund, um eine Frage an ihren neuen Gefährten zu stellen, da zog Calion sie, Sirena und Aurora schon an die Wand und befahl ihnen still zu sein.
Nach einigen Augenblicken löste er sich wieder von der Wand. „Gut, die Luft ist rein.", meinte er. „Aber vielleicht sollten wir uns irgendwo unterhalten, wo es weniger ... ich weiß auch nicht ... weniger besetzt von Schatten ist." Seine letzten Worte hatten eine gewisse Schärfe an sich. Doch sie erzielten die gewünschte Wirkung. So schlich die Gruppe schließlich unbemerkt zum Ausgang Vasratas. Obwohl Aurora hätte schwören können, dass sie zweimal erwischt worden wären. Aber die Schattenkrieger hatten sie wohl nicht gesehen.
Auch, als sie schon aus Vasranta raus waren, liefen sie eine Weile stillschweigend her. Nur zur Sicherheit. Dabei fiel Melody auf, dass Calion des Öfteren nach hinten sah. Er wollte sich wohl extra sicher sein, dass ihnen niemand folgte.
„Hast du eigentlich ... irgendwelche besonderen Fähigkeiten?", platzte es nun schließlich aus ihr heraus.
Calion, Ophir und Kenneth sahen sie alle gleichzeitig an.
Keiner sagte etwas.
Bis schließlich Kenneth platzte.
„Ja okay, ich habe keine, okay? Ist das jetzt so schlimm? Nur weil du etwas so besonderes bist, heißt das nicht gleich, dass du uns so überlegen bist! Ich bin ein Looser! Sag es doch! Na? Traust dich nicht? Tze, so eine große Sängerin, der größte Star. Kannst ja gleich bei deinem nächsten Mega-Konzert allen erzählen, dass der gute Kenneth KEINE Kräfte hat. Keine besonderen Fähigkeiten. Dass er ein Verlierer ist. Dass er nutzlos ist!" Damit beschleunigte er seine Schritte und stolzierte wütend voraus.
Alle anderen starrten ihn hinterher.
„Was ist hier gerade passiert?", fragte Aurora.
Ophir stieß ein tiefes seufzen aus.
„Er ... hat eine komplizierte Beziehung zu diesem Thema.", erklärte er. „Seine Eltern haben ihn eine ruhige Kindheit leben lassen. Zumindest bis zu dem Alter, an dem Kinder normalerweise ihre Kräfte entfalten. Sowohl seine Mutter, als auch sein Vater hatten eine besondere Fähigkeit. Deshalb hatten die beiden auch nie bedenken, was mit Kenneth sein würde. Aber die Jahre verstrichen und es gab kein Anzeichen darauf, dass er irgendwelche Kräfte entfaltete. Daraufhin waren Leonita und Yon ziemlich enttäuscht und ließen dies unter anderem auch an Kenneth raus. Deshalb haben sie kein so guten Verhältnis zueinander. Kenneth ist gleich an seinem achtzehnten Geburtstag ausgezogen. Ich entschied mich dazu, dass wir zusammen wohnen würden, damit Kenneth nicht total aufgeschmissen sein würde. Da ich damals schon neunzehn war, hatte ich mir schon ein kleines Häuschen zusammengespart. Aber damals wohnte ich noch bei meiner Familie." Er machte eine kurze Pause, bevor er weitersprach. „Ihr müsst wissen, dass Kennth ein cooler Typ ist und man mit ihm viel lachen kann. Aber in Wahrheit versteckt er sich unter einer Maske aus Witzen und Späße, um den zerbrechlichen Jungen dahinter zu verbergen."
Tatsächlich glaubte Aurora, den jungen Mann nun ein bisschen besser verstehen zu können.
„Was ist mit dir?", fragte sie an Ophir gewandt. „Hast du irgendwelche Kräfte?"
Dieser wurde leicht rot, als er den Kopf schüttelte.
Als dieselbe Frage auch an Melodie gestellt wurde, spielte sie etwas unbehaglich an einem ihrer Zöpfchen herum. „Nun ja... da alle jetzt gerade ehrlich sind, möchte ich es auch tun." Sie atmete zweimal tief ein und wieder aus, bevor sie schließlich fortfuhr: „Ja, ich habe Kräfte. Aber davon wissen nur sehr wenige... Naja, eigentlich fast niemand." Es erfolgte eine weitere kurze Pause. „Und zwar ist meine Magie meine Stimme, mein Gesang. Es kommt immer darauf an, welches Lied ich singe und was ich mir dabei vorstelle. Dann erschein es. Jedoch nur, solange ich singe. Höre ich auf, so erlischt meine Vorstellung wieder.", erklärte sie.
„Und ist diese Vorstellung real oder nur eine Illusion?", wollte Calion wissen.
„Nein, sie ist echt", bestätigte sie. „Aber hast du eigentlich irgendeine besondere Fähigkeit? Ich meinte nämlich eigentlich dich vorhin." Sie lächelte ihm zwinkernd zu. „Glaub ja nicht, dass du dich daraus entziehen könntest."
Calion wurde leicht rot. Er zögerte kurz, bis er schließlich antwortete: „Nein. Nein, ich habe keine."
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