Kapitel 3.2 // Lirim

Star:

    Star gefror das Blut in ihren Adern. Was sollte sie tun? Sie wollte wegrennen, flüchten. Aber ihr Körper bewegte sich keinen Millimeter. Sie befand sich in einer Schockstarre. Sie sah lediglich die zwei violett funkelnden Augen in der Finsternis. Der Körper des Schattens war vollständig mit der Nacht verschmolzen. Nur das Augenpaar leuchtete daraus heraus.

So standen die beiden einige Momente lang bewegungslos da. Jedoch vermochte Star, je länger sie die die Augen des Schattens vor ihr anstarrte, Klarheit darin zu erkennen. Aber diesen Gedanken wischte gleich wieder weg, sobald er aufgetaucht war. Sowas war unmöglich! Es war völlig absurd!

Plötzlich bewegte sich der Schatten. Jedoch nicht auf sie zu, so wie Star dachte, sondern er verschwand. Er flüchtete. Aber das war ihr gerade recht. Schnell ging sie noch das letzte Stückchen nach Hause.

Zuhause angekommen, stellte Star mit einem „rums" den befüllten Korb auf den Küchentisch. An diesem Tisch saß bereits Sunny und sah sie mahnend an.

„Ein bisschen spät, findest du nicht?", meinte sie mit hochgezogener Augenbraue.

Star atmete geräuschvoll aus. „Tut mir leid, Tantchen. Ich habe nur ein paar Blumen gesammelt." Als Beweis holte sie eine aus dem Korb. „Morgen ist doch..."

Sunny seufzte. „Ich weiß, Star, ich weiß... Trotzdem solltest du jetzt ganz schnell ins Bett gehen! Morgen willst du ja schließlich gut ausgeschlafen sein."

Star nickte und tat, was man ihr gesagt hatte. Von dem Vorfall gerade eben wollte sie am liebsten nichts erzählen. Sunny würde sich nur unnötig große Sorgen machen und sie dann bewachen oder so. Aber Star schätzte und liebte ihre Freiheit mehr, als alles andere! Zudem ist ja noch alles gut verlaufen. Aber eine Sache machte ihr doch zu schaffen. Egal wie sehr sie sich auch anstrengte, sie schaffte es nicht, die Augen aus ihrem Kopf zu verbannen. Diese stechenden, violetten Augen. Und warum ist er einfach so verschwunden? Er hätte sie bestimmt locker besiegt und wer weiß was mit ihr anstellen können. Vielleicht als Geiselnahme? Mit diesen Gedanken verbrachte sie noch eine Ewigkeit in ihrem Bett. Aber schließlich schlief sie nun doch ein.










Am nächsten Morgen wurde sie von feinen Sonnenstrahlen geweckt, die durch ihr sternförmiges Fenster schienen.

„Guten Morgen, Papa", flüsterte Star in den wolkenlosen, blauen Himmel.

Nun schlug sie ihre Bettdecke zur Seite und stand auf. Sie machte sich fertig und ging dann ins Wohnzimmer, wo ihre Mutter und ihre Tante schon auf sie warteten. „Guten Morgen Mama, guten Morgen Tante Sunny.", begrüßte sie die beiden. Vor ihnen, auf dem Tisch lagen bereits die Blumen. Sunny hatte sie wieder einmal hübsch angeordnet. Sie waren wie in einem Puzzle oder Mosaik zu einem Kreis zusammengelegt, wo die Abendlilien den äußerten Ring darstellten. Je weiter es nach innen ging, desto kleiner wurden auch die Blumen. Selbst die Farben waren dabei prima abgestimmt. Star fragte sich jedes Mal, wie Sunny das immer so wunderbar hinbekam. Sie selbst hatte für sowas überhaupt kein Feingefühl. Die Blumen zu sammeln war kein Problem. Aber das Anordnen war immer wieder eine Herausforderung. Da war sie mächtig froh, dass sie eine Tante hatte, die sich um solche Sachen kümmerte.

Star setzte sich gegenüber ihrer Familie hin. So saßen sie stillschweigend einige Minuten da. Das taten sie jedes Jahr, an diesem Tag. Damit beteten sie zu Lirim und gaben ihm den nötigen Respekt. Danach unterhielten sich die drei und erinnerten sich an die schönen Momente mit ihm.

Aber dieser Augenblick verging viel zu schnell, wie Star fand. Denn Moon musste nun wieder gehen. Sie war die ganze Nacht über wach gewesen und brauchte nun ihren Schlaf. Moon war nämlich die Wächterin der Nacht und kontrollierte und bewachte sie. Deshalb musste sie sich danach, am Tag ausruhen. Doch für ihren verstorbenen Mann war sie heute etwas länger wach geblieben, um die jährliche Zeremonie, Routine, Tradition beizubehalten. Aber nicht nur Moon war eine Wächterin. Auch ihre Schwester Sunny war es. Wo Moon jedoch über die Nacht wachte, so wachte Sunny über den Tag. Sie passte auf, dass die Sonne ordentlich ihren Lauf nahm und nicht zu viel oder zu wenig Kraft hatte. Das waren jedenfalls nur einige der Aufgaben der beiden, nicht alle. Aber da Moon den Tag meistens verschlief, kümmerte sich Sunny dann immer um Star, was eine große Hilfe für sie war.

Da Moon nun wieder im Bett verschwunden war, entschieden Star und Sunny sich, einen kleinen Ausflug, nach dem Frühstück zu unternehmen. Sunny machte ihrer Nichte leckere Pancakes, die sie zusammen genüsslich sich schmecken ließen. Danach wusch Sunny noch ab und sie machten sich gemeinsam auf den Weg. 

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