Kapitel 3.1 // Nachtschwarze Abendlilie
Star:
Star war die meiste Zeit ihrer Kindheit allein. Jedoch fühlte sie sich nie einsam. Sie wohnte zusammen mit ihrer Mutter und ihrer Tante in einer etwas ruhigeren Gegend der Hauptstadt. Dort war nie wirklich viel los. Außerdem war Star so gut wie das einzige Kind in dieser Gegend.
Halt! Aber ja, genau! Du hast vollkommen recht! Ich habe bei den anderen Geschichten auch mit der Geburt angefangen. Wieso also hier nicht auch? Tja, das kann ich dir gerne sagen, mein lieber Freund. Stars Kindheit war friedlich und unbeschwert. Und somit für dich langweilig. Aber eine kleine, gut gemeinte Geste hatte eine riesige Kettenreaktion ausgelöst, woraufhin sich Stars Leben und ihre Sichtweise schlagartig verändert hatten. Aber ich möchte nicht zu viel verraten. Ihr werdet schon erfahren, was passiert ist.
Das alles ist noch gar nicht so lange her. Es war Spätsommer in Kristallica und ein Tag vor dem Geburtstag von Lirim, Stars Vater. Dieses Jahr wollte sie für ihn etwas ganz besonderes vorbereiten. Deshalb hatte sie sich vorhin noch den alten Picknickkorb geschnappt und ist zur Blumenwiese losgegangen. Star wollte zu einer ganz speziellen Blumenwiese. Diese lag außerhalb Kristallica. Star lebte mit ihrer Familie relativ nah an der Grenze Kristallicas, weshalb das kein großer Weg war. Hier draußen war alles kahl und abgestorben. Star lief bei diesem Anblick jedes Mal ein Schauder über den Rücken. Wie konnte man nur sowas anrichten? Das war Yamis Werk und ihr erobertes Land. Sie hatte nun schon fast die Hälfte ganz Kristallicas erobert und eingenommen. Die Menschen in den Städten konnten sich entweder freiwillig anschließen oder sie wurden dazu gezwungen. Viele Menschen versuchen bei den Eroberungen immer zu flüchten, was jedoch nur etwa die Hälfte von ihnen nur schafften. Darunter gehörte auch Stars Familie. Kurz nach Stars Geburt wurde ihr Dorf von Yami erobert und sie waren gezwungen Uldane zu verlassen und zu Stars Tante, Sunny, hier nach Kristallica zu ziehen.
Sie ging einige unauffällige Abzweigungen entlang und kam schließlich an ihrem Ziel an: Die Sommernachtswiese. Sofort blühten alte Erinnerungen in Star auf. Erinnerungen an ihren Vater. Sie sah seine gelb leuchtenden Augen vor ihrem inneren Auge, wie er dort friedlich mit seiner kleinen Tochter in der wundervoll erblühenden Blumenwiese herumtobten und er ihr spannende Geschichten erzählte. Aber diese Zeiten waren vorbei. Star fasste sich an ihren Stern, den sie an ihrer Stirn als Muttermal hatte. Irgendwann würde sie ihren Vater wiedersehen! Wenn sie alt genug war und sich ihre Kräfte vollständig entfaltet hatten, könnte sie zu ihm reisen! Auf diesen Tag fieberte sie schon seit Jahren, seit dem Tag, als er fortgegangen war.
Nun setzte sich Star wieder in Bewegung. Sie nahm ihren Korb und füllte ihn mit den schönsten Blumen. Behutsam legte sie sie in den Korb. Mit der Zeit begann es im Stillen zu dämmern und langsam brach die Nacht heran. Das war der beste Zeitpunkt, um die Nachtschwarze Abendlilie zu finden. Denn diese war nicht nur äußerst schwierig am Tag zu finden, sie war blühte auch nur von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang. Darüber hinaus war diese spezielle Pflanze auch die Lieblingsblume von Stars Mutter Moon und von Lirim.
Star betrachtete die Blüte in ihrer Hand ausgiebigste. Die dunklen Blütenblätter, wo sich helle Pünktchen tentakelartig darüber erhoben, die das Dunkel der Nacht etwas erhellten. Sie sahen wirklich aus, wie das Himmelszelt. Star konnte absolut die Vorliebe ihrer Eltern, für diese Blume nachvollziehen.
Schnell pflückte sie noch einige dieser Blumen ab. Der Vorteil bei den Nachtschwarzen Abendlilien war, dass dessen Licher nicht viel Licht brachten, aber durch ihr Signal in der Nacht leicht gefunden werden kann. Mit den letzten Blumen in ihrem Korb, war dieser nun auch voll und sie machte sich auf den Heimweg.
Es war dunkel. Man konnte kaum seine Hand vor Augen sehen. Selbst der Mond war nur eine Sichel. Ein schmaler Schlitz. Einzig und Allein die Sterne waren so treu, wie eh und je und gaben ihr Licht an die Erde ab. Trotzdem war es dunkel. Aber das machte Star nichts aus. Das hatte ihr noch nie etwas ausgemacht. Denn immer, wenn es zu dunkel war, um etwas erkennen zu können, ging in Star automatisch ein Nachtmodus an, in dem sie in der Dunkelheit gut und klar sehen konnte. Das gehörte zu den Gaben der Nachtfamilie.
Das Mädchen ging ihren Weg normal zurück, genauso, wie sie ihn vor einigen Stunden auch gekommen war. Sie war kurz vor Kristallica, als ihr etwas auffiel. Diese eine Sache ist ihr auch schon vorhin, aus dem Augenwinkel nicht entgangen.
Schnell wandte sie sich um. Doch dort war er nicht! Der Schatten versteckte sich in der Dunkelheit. Er versteckte sich gut, denn Star konnte ihn nirgends erblicken. Auch nicht mit ihrem Nachtmodus. Der Schatten befand sich im perfekten Einklang mit der Nacht und verschmolz regelrecht mit ihr. Da wurde Star klar, dass sie sich ja immer noch auf feindlichem Territorium befand! Konnte sie der Gefahr noch entwischen, bevor sie sie verschlang? Schnell rannte sie los, in Richtung Heimat, ihren Korb fest im Griff. Die Angst und Panik rauschten durch ihr Blut und gaben ihr antrieb. Doch kurz vor ihrem Ziel blieb sie plötzlich abrupt stehen. Denn dort stand er und sah sie mit stechendem Blick an.
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