Unterdessen stürmte Sherena in den großen Schlafsaal, den sie sich mit ihrer Schwester teilte.

„Los, mach dich schnell Bettfertig!", erinnerte Kassandra sie. Dabei sah sie ihre kleine Schwester noch nicht einmal an, sondern hatte ihre Aufmerksamkeit auf ihr Büchlein gerichtet.

Als Sherena aus dem Bad raus war, erzählte sie ihrer Schwester von ihrem Tag und ihrer neuen Freundin.

„Sie ist echt cool! Du musst sie unbedingt mal kennenlernen!", beendete sie ihre Erzählung. Doch Kassandra zeigte nicht die Begeisterung, die Sherena erhofft hatte. „Was ist los?", fragte sie nach.

„Nun, du sagtest so einige merkwürdige Dinge über sie. Ich möchte dir nun nicht gleich die Freundschaft verderben, oder so... Aber du solltest vorsichtig sein!", warnte sie ihre Schwester. Kassandra hatte bei dieser ganzen Sache ein ungutes Bauchgefühl. Sie wollte unbedingt ihre Schwester beschützen, damit diese nicht schon wieder in irgendwelche Sachen hineingerät. Sherena nickte.

„Okay, ich werde etwas vorsichtiger sein.", gab sie nach. Sie wusste, dass ihre Schwester es nur gut mit ihr meinte.

In den nächsten Tagen trafen sich Dìyù und Sherena wieder. Dìyù versuchte immer wieder Geheimnisse der Königsfamilie herauszubekommen, was ihr auch meistens gelang. An diesem Tag hatte Sherena für ihre neue Freundin etwas ganz Besonderes vorbereitet. Die beiden Mädchen trafen sich, wie immer, an Heiwas Tempel. Doch diesmal hatte Sherena noch jemanden dabei. Dìyù sah Sherena irritiert an. Diesen Blick nahm das Mädchen auf und stellte die beiden einander vor.

„Also Ming, das ist meine Schwester Kassandra. Kassandra, das ist Ming." Dìyù lächelte die zukünftige Königin breit an. Niemand durfte Verdacht schöpfen, dass sie jemand anderes war. Doch Kassandra sah sie nur scharf an. Ihre rotbraunen Haare wurden hinten mit einer edlen Haarklammer zusammengehalten. Auch diese bestand wieder einmal aus Kristallen. Aber dieser schimmerte in allen erdenklichen Farben, die es gab. Aber auch bei Kassandra, die sie so scharf ansah, als wenn ihr Blick alles durchschneiden könnte und somit ihr Geheimnis auffliegen ließe, spürte Dìyù doch wieder so eine Verbindung mit ihr, so eine wie sie bei Sherena neulich schon einmal gespürt hatte. War das so ein komischer Zauber aus Kristalica, so wie es Yami früher schon oft Dìyù erzählt hatte? Sie wusste nicht recht, wie sie reagieren sollte, deshalb starrte sie einfach zurück. Doch Sherena war das nun zu viel. Sie legte ihre Arme über die beiden Mädchen.

„Also... Was wollen wir nun tun?" Dìyù zuckte mit den Achseln. Doch Kassandra hatte eine Idee.

„Lass uns doch zu Unmei gehen."

„Unmei?", fragte Dìyù nach. Die beiden Geschwister nickten. Sherena lächelte ihre Schwester und anschließend ihre Freundin an.

„Gute Idee, Kassi! Ming, lass dich einfach überraschen!" Damit gingen die drei zu Unmei, dem Wahrsager in Kristallica. Kassandra hatte ihre Wahl bedacht getroffen. Sie wollte mehr über das fremde Mädchen erfahren. Sie wollte ihre kleine Schwester unbedingt beschützen. Und sie glaubte nicht wirklich, dass Dìyù, getarnt als Ming, wie jemand aus dem Schattenland aussieht, aber angeblich aus Kristallica kommt, nur gute Absichten hatte.