Kapitel 6 // Heiwas Tempel

„Komm, wir gehen an einen Ort, an dem wir unsere Ruhe haben!" Sherena nahm Dìyù am Arm und zog sie mit. Sie kamen zu einem verlassenen Tempel. Es führten zwei kurze Treppen hinauf. Zwischen ihnen verlief ein kleiner Wasserfall. In der Mitte des Tempels stand eine riesige Statue. Sie hatte die Form einer Frau mit Flügeln, die grüßend ihre Arme ausgestreckt hatte. Am Rand des Tempels ragten noch einige Säulen in die Höhe. Dìyù bestaunte dieses wundersame Bauwerk und vergaß für einen Augenblick, wo sie herkam und was ihre Aufgabe war. Für diesen kurzen Augenblick färbten sich ihre Augen blau und ein herzliches Lächeln erschien auf ihrem Gesicht. Doch dann erinnerte sie sich wieder an alles und schüttelte diesen seltsamen Moment ab. Ihr Lächeln verschwand und wurde zu einem hinterhältigen Grinsen, das das kleine, dumme Mädchen natürlich nicht sah, und ihre Augen färbten sich wieder violett. Sie fragte sich innerlich, was das gewesen sei. Doch sie beschloss, sich nicht weiter ablenken zu lassen.

„Das ist eines der ältesten Bauwerke Kristallicas. Doch mit der Zeit vergaßen die Menschen den Tempel, was man auch sehen kann. Die Frau in der Mitte, soll die Friedensgöttin Heiwa darstellen. Sie war nicht wirklich eine Göttin... Heiwa war die Tochter von König Guāng. Sie war unglaublich! Also selbst habe ich es zwar nicht erlebt, aber es gibt viele Bücher über sie. Frag mal meine Schwester. Sie kennt alle Bücher über sie.", erzählte Sherena. Dìyù verdrehte die Augen. Aber so, dass es Sherena nicht mitbekam. Mit einem falschen Lächeln sah sie Sherena an.

„Es hört sich so an, als wenn dir deine Schwester sehr am Herzen liegen würde." Das Mädchen nickte.

„Ja, sie ist zwei Jahre älter als ich und... Sie ist einfach wie für den Thron gemacht! Kassandra wird die perfekte Königin sein!" Dìyù schaute sie verdutzt an. Als sie sich wieder gefasst hatte, grinste sie hinterhältig in sich hinein, was Sherena schon wieder nicht mitbekam. Dìyù fragte sich langsam, wie dumm und naiv dieses kleine Mädchen überhaupt war. Das Schicksal hatte ihr die Prinzessin wie auf dem silbernem Tablet serviert. Und dieses naive, kleine, dumme Mädchen vertraute ihr jetzt schon so ziemlich. Es würde nicht allzu schwer sein, die Geheimnisse der Königsfamilie aus ihr herauszukriegen.

„Du bist also die Prinzessin...", fing Dìyù an. Sherena nickte etwas unbehaglich. Ihr Blick schweifte auf die Statue, wo etwas die Sonne drüber schien.

„Oh nein, ich komme zu spät! Sehen wir uns morgen wieder hier?", fragte sie ihre neue Freundin. Dìyù nickte nur. Damit flitzte Sherena los. Kaum war sie weg, fing Dìyù teuflisch an zu lachen. Das hatte sie von ihrer Mutter gelernt. Sie ging aus Kristallica, zu dem Versteck, wo die Kutsche stand und holte etwas Papier aus der Tasche und schrieb einen Brief. Yami hatte ihr es aufgetragen. So wusste sie, dass auch alles nach Plan lief.

Hallo Mutter, hier in Kristallica würde man sagen: Das Schicksal ist für mich! Ich bin vorhin mit einem Mädchen zusammengestoßen. Nun ja, eigentlich hat sie mich umgerannt, aber das ist nun auch egal. Ich habe sie erfolgreich getäuscht und konnte sie dazu bringen, mir zu vertrauen. Gerade eben habe ich erfahren, dass dieses naive, kleine, dumme Mädchen doch tatsächlich die Prinzessin ist: Prinzessin Sherena! Sie frisst mir aus der Hand. Hier in Kristallica ist es übrigens sehr hell. Du hast wirklich nicht übertrieben! Und es gibt hier auch komische Menschen. Aber darüber weiß ich noch zu wenig. Weitere Berichte werden folgen. Ich wünsche dir schreckliches. Dìyù

Diesen Brief rollte die dunkle Prinzessin nun zusammen, band ein schwarzes Band darum, damit es hielt und gab es dem schwarzen Raben, der neben ihr wartete.

„Los, bring diese Botschaft zu Yami!", befahl sie dem Vogel. Dieser schnappte sich den Brief, breitete seine Flügel aus und schwang sich in die Lüfte. Derweil machte es sich Dìyù auf der Kutschenbank gemütlich und schlief letztendlich ein, da die Sonne am Horizont schon unterging.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top