Kapitel 15 // Befreiung
Außer Atem kamen die beiden am Tempel an. Aber bei dieser Dunkelheit konnte Sherena kaum etwas erkennen. „Dafür, dass du eigentlich blind bist, weißt du aber ziemlich genau, wo es entlanggeht.", stellte die Prinzessin fest.
Moon kam auf Sherena zu, die gerade noch einige Schritte vor ihr gelaufen ist. „Ich bin auch blind. In der Nacht jedoch sehe ich klarer, als alle anderen." Mit diesen Worten ging sie wieder voraus. Doch auf einmal blieb die Meisterin der Nacht vor Schreck abrupt stehen. Sherena wollte gerade fragen, was denn los sei, als sie es selbst bemerkte. Auf der Lichtung, dort ungefähr, wo sie sich vorhin von Dìyù verabschiedet hatte, stand Star stocksteif da. Moon rannte auf ihre Tochter zu und umarmte sie ganz fest, doch Star zeigte keine Reaktion. „Was- Was ist mit ihr?" Hilfesuchend drehte sie sich zu Sherena um, die auch schon sofort herbeigeeilt war. Stars komplette Augen waren tiefschwarz.
„Was ist das?", wiederholte Moon ihre Frage.
„Schwarze Magie.", antwortet Sherena. Sie hatte sowas schon einige Male gesehen. Aber noch nicht so oft.
„Kannst du ihr helfen?", fragte Moon, noch immer tief verzweifelt.
Sherena nickte. Sie schloss kurz die Augen und atmete tief ein und wieder aus. Nun öffnete sie wieder ihre Augen und hob ganz langsam ihre Arme und ließ sie nach oben wandern. Auf einmal zuckten einige weiße Blitze auf und beleuchteten die Lichtung. Je höher sie die Arme nahm, desto mehr Blitze erschienen. Allmählich schlossen sich die Blitze zu einem Wirbel zusammen, der langsam zu Star wanderte und sie schließlich umschloss. Der Wirbel hob das Mädchen einige Zentimeter an. Sherena machte derweil mehrere Handbewegungen. Hoch, runter, zur Seite und wieder zurück, kreisförmig. Allmählich wurden ihre Bewegungen langsamer und der Wirbel lichtete sich etwas auf. Nun kam Star wieder auf den Boden und sank auf die Knie. Schnell kam ihre Mutter wieder angeeilt und umschloss sie mit einer Umarmung. Moon wechselte den Blick von Star zu Sherena.
„Geduld!", riet die Prinzessin.
Etwas zögerlich nickte Moon.
Plötzlich flatterten Stars Augenlieder. Mit einem Ruck schlug sie die Augen auf und schnappte nach Luft. Moon begrüßte ihre Tochter mit einem sachten Küsschen auf die Wange wieder in der Realität.
„Wer war das?", kam Sherena ziemlich schnell zum Thema.
Star rappelte sich auf und kam zu ihrer Prinzessin. „Na wer schon? Deine Schattenfreundin!"
„Míng?"
„Ja, genau die!" Star rümpfte die Nase.
„Aber Míng würde so etwas nie tun. Sie... sie ist doch meine Freundin."
„Sieh es endlich ein: Sie hat dich einfach nur ausgenutzt! Und weil ich es rausgefunden habe, wollte sie mich umbringen!"
Sherena schüttelte den Kopf. „Nein. Selbst wenn du mit den anderen Sachen Recht haben solltest, war es nicht ihre Absicht dich umzubringen. Und das hat sie auch nicht. Wie du siehst, bist du noch ziemlich lebendig!" Damit verschränkte sie die Arme.
„Ach ja? Und was sollte das dann?"
„Sie hat dich nur zum Schweigen gebracht."
„NUR?!", echote Star entsetzt. „Aber wie habt ihr mich eigentlich gefunden?"
„Eine Sternenschnuppe hat mich hierher geführt.", erklärte Sherena.
Star schaute zu Moon. „Mama? Hast du diese Sternenschnuppe geschickt?" Doch als Antwort bekam das Mädchen nur ein schweigsames Kopfschütteln. „Ich war es auch nicht. In meiner Starre konnte ich meine Magie überhaupt gar nicht freisetzen. Aber wie ging es dann? Nur Mama und ich haben diese Magie.", grübelte Star.
Nun meldete sich Moon zu Wort. „Ja, das richtig. Aber in einigen Ausnahmen, können die Sterne selber ihren Kurs ändern."
„Du meinst...-" Star brach ab. Moon nickte mit einem Lächeln auf den Lippen. Doch Sherena blickte da nicht mehr durch.
„Verzeihung, aber wovon reden wir gerade?"
„Jeder Stern, am Himmelszelt, steht für ein verstorbenes Wesen. Egal ob Mensch oder Tier. Ich denke, dass jemand, der Star ziemlich viel bedeutete, ihr geholfen hatte.", erklärte Moon. Sherena verstand. Dieser Augenblick brauchte keine weiteren Worte.
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