IV
„Sie da! Ja! Können wir sie kurz was fragen?" Auri und Amalagh liefen gemeinsam durch die Straßen von Auris Heimatstadt und suchten nach Gläubigen die ihnen bei ihrem Aufstand gegen die Sekten behilflich sein könnten. Gerade hatten sie eine kleine Gruppe von drei Dridern gefragt. Diese sahen die beiden Drow verwirrt an. „Ja, warum?", wollte eine der drei wissen. „Wir planen eine Erhebung gegen die Sekten gegen Lolth. Wir waren dort. Es ist schrecklich. Bitte helft uns sie zu vernichten!", erklärte Auri. Die Drider sahen sie mit zusammengekniffenen Augen an. „Wie sollen wir sicher gehen, dass ihr nicht doch Spione für sie seid?", knurrte eine von ihnen misstrauisch. „Wir-", Amalagh stocke. „Wir können euch nur unser Ehrenwort geben. Oder-" Amalagh schob seinen Ärmel hoch und entblößte so seine zahlreichen Narben. „Sie wollten uns brutal zwingen unseren Glauben aufzugeben!" „Und das sollen wir euch glauben? Eure Ammenmärchen erzählt jemand anderem!" Die Drider wechselten einen kurzen Blick, dann schnappten sie sich die beiden Drow und liefen auf ihren langen Spinnenbeinen in einer beachtlichen Geschwindigkeit durch die Stadt. Immer schneller bewegten sie sich fort. Auri wurde langsam schlecht in dem festen Griff der Drider. Nach einer gefühlten Ewigkeit waren sie endlich angekommen. Mit großen Augen sahen Amalagh und Auri sich um. „Die Abgründe der Dämonennetze", hauchte er. Die Drider hatten sie auf direktem Wege zu Lolths Sitz gebracht!
Die beiden Drow wurden zunächst von einer der Drider festgehalten. Die anderen beiden berichteten der Göttin darüber, dass Amalagh und Auri Spione für gegnerische Sekten wären. Es dauerte nicht lang bis Lolth es beschlossen hatte. Die beiden anderen kamen zu den verängstigten Drow zurück. Die Drider grinsten sie gehässig an. „Lolth hat ihr Urteil gefällt. Dieser da", sie zeigte auf Amalagh. „Der mit den Narben soll getötet werden. Die andere wird für immer aus dem Reich verbannt." Sie lachten herablassend. Wegen diesen verdammt misstrauischen Drider sollte Amalagh sterben? Er sollte Sterben? Warum nur? Warum er?, Auri fühlte sich verraten und verletzt, fast so wie als ihre Mutter vor über 30 Jahren verstorben war. „Du schaffst das, ja? Auch ohne mich. Ich pass immer auf dich auf, wo immer ich jetzt auch hinkomme", flüsterte Amalagh ihr ins Ohr. Eine letzte Umarmung, einige Tränen und verletzte Worte, dann wurde sie getrennt. Eine der Drider nahm Auri wieder hoch und brachte sie aus den Abgründen hinaus.
Die Drider lief schnell auf ihren langen Beinen über das glatte Pflaster der Straßen und machte nur wenige Pausen. Sie schlief fast nicht und einige Tage später waren sie dann schließlich da. „Denk gar nicht daran jemals wieder zu kommen", warnte die Drider. Amalagh ist jetzt sicher schon tot, dachte sie schmerzerfüllt.
Es war Nacht geworden. Auri sah zum ersten Mal in ihrem Leben eine Nacht die nicht von irgendwem gesteuert wurde. Sie war eine ganze Weile über schmale, dreckige Pfade gelaufen und nun hatte sie eine Höhle erreicht. Sie ging hinein. Glücklich darüber eine Drow zu sein und Dunkelsicht zu haben sah sie sich um. An der Decke der Höhle hingen unzählige Fledermäuse. Ganz plötzlich stürzte eine von ihnen auf sie hinab. Auri war so überrascht, dass sie sich keinen Schritt bewegen konnte. Die Fledermaus verpasste ihr einen schnellen Biss in die Schulter, dann flog sie zurück zu ihren Artgenossen. Auri war verwirrt und müde, deswegen dachte sie sich nichts dabei. Es schmerzte ein wenig, doch der Schmerz war ihr egal. Amalagh musste sicher viel größere Schmerzen ertragen. Sie ging in eine Ecke der Höhle, nahm Maus vorsichtig aus dem Beutel und setzte sich dann. „Was soll ich denn jetzt nur machen, hm? Amalagh ist jetzt wahrscheinlich schon tot, Lolth glaubt ich wäre eine Spionin und ich kann nie mehr ins Unterreich zurück. Mutter wäre enttäuscht von mir. Ich bin ein nichts." Sie seufzte, strich Maus sanft über den Kopf und ließ sich dann zur Seite fallen. Der Stein war hart an ihrer Schulter und die Schmerzen wurden von dem Fledermausbiss noch verstärkt. „Am liebsten würde ich jetzt einschlafen und nie mehr aufwachen", erzählte sie Maus. „Das lässt sich einrichten", ertönte plötzlich eine tiefe, grauenvolle Stimme vom anderen Ende der Höhle. Auri war sofort wieder hellwach. Sie sprang auf, steckte Maus so schnell es ging in den Beutel und sah sich flüchtig um. Ein riesiges Ding trat aus den Schatten. Ein Oger! In großen Schritten kam das riesige Monster auf sie zu. Ihre letzten verbliebenen Überlebensinstinkte reagierten blitzschnell. Sie rannte so schnell sie konnte in Richtung des Höhlenausgangs davon. Sie stolperte über einen kleinen Stein, stolperte, stand wieder auf, rannte weiter. Hinter sich hörte sie den Oger trampeln. Glücklicherweise schaffte sie es rechtzeitig sich hinter einige Felsen vor dem Höhleneingang zu stürzen. Da Oger nicht besonders gut riechen konnten war sie fürs erste sicher. Zitternd versuchte sie sich zu beruhigen. Immer wieder atmete sie tief durch bis ihren Herzschlag sich wieder einigermaßen ging. Sie hörte wie der Oger grummelnd in seine Höhle zurückging. Sie seufzte erleichtert. Bald war sie in ihre gewohnte Trance gefallen.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top