Kapitel 8
Kapitel 8
Aurelia ließ sich aus der Kutsche helfen, die sie zum Kolosseum gefahren hatte und folgte ihrem Vater einen speziellen Gang entlang, der gut bewacht war und zu ihrer privaten Loge führen würde.
Es fühlte sich an, als wäre sie nie fort gewesen und doch war es eine Ewigkeit her, in der sie, mit einem überschwänglichen Lachen und vom Wind zerzausten Haaren, diese Gänge entlang gelaufen war.
Nun jedoch stand sie hier als erwachsene Frau, die feuerroten Haare teils nach oben geflochten, teils offen in sanften Wellen über ihrem Rücken liegend. Der weiße Stoff ihres federleichten Kleides wehte leicht im Wind und die dezenten, goldenen Verzierungen betonten den tiefen Ausschnitt, für den sie sich entschieden hatte und ihre Taille. Sie liebte es, sich schön und elegant zu kleiden. Daher nutzte sie jede Gelegenheit dazu. Außerdem fühlte sie sich so auch sehr wohl.
Zusammen mit ihrem Vater betrat sie die Loge.
Man konnte bereits die Stimmen der Besucher hören, die aufgeregt tratschten. Am liebsten wäre sie noch weiter nach vorn gegangen, um mehr zu sehen, doch ihr Vater würde zuerst verkünden, dass sie heimgekehrt war. Denn bisher war das noch immer unbekannt.
Die Loge hatte sich nach all den Jahren ein wenig verändert, wie sie feststellen musste. Zum einen wirkte sie kleiner, was wohl daher rührte, dass sie gewachsen war. Und zum anderen wurde sie wohl aufgebessert mit neuen, edel bestückten Kissen und einem neuen Stein, für eine stabilere Reling.
Aufgeregt nahm sie an der vordersten Stelle, gleich neben dem großen Thron ihres Vaters, Platz. Sie versuchte so damenhaft wie möglich zu wirken und legte ihre Arme auf die breiten Steinlehnen. An ihrem rechten Arm befand sich ein goldenes Armband, welches sich, in Form einer Schlange, um ihren Arm räkelte.
Von hier aus konnte sie wunderbar sehen, würde aber selbst nicht sofort bemerkt werden. Nur die höheren Ränge der Adligen konnten sie sehen und diese wussten, dass sie zurück war.
Elegant überschlug sie die Beine und wartete darauf, dass ihr Vater vortreten und die Eröffnungsrede halten würde.
Diese veränderte sich jedes Mal und Aurelia musste schmunzeln, als er auch dieses Mal wie ein Vater zu seinem Volk sprach. Schließlich verkündete er ihre Rückkehr. Für Aurelia das Zeichen. Sie erhob sich und trat zu ihrem Vater, um ihren Blick über das Kolosseum schweifen zu lassen. Als man sie sah, gingen Jubelschreie durch das Kolosseum, die sogar die Gladiatoren erreichten, die noch immer in der Vorhalle warteten.
Aurelia präsentierte ihr strahlendes Lächeln, das jedoch noch immer ihren Stand klarmachte, dem sie sich sehr bewusst war.
Sie wusste, wie mächtig sie sein konnte und auch sein würde und es war wichtig, dass auch ihr Volk sich dessen sicher war, dass sie eines Tages eine gute Herrscherin sein würde.
Sie wurde bejubelt, willkommen geheißen und als sie sich wieder zurückzog, um ihrem Vater Platz zu machen, nahm der Jubel nur wenig ab.
Mehrere Floskeln ihres Vaters, die Aurelia jedoch schon alle kannte, folgten. Kaum war die Rede vorbei, jubelte das Volk erneut in lauten Schreien und ungehobelten Ausrufen. Einige Instrumente erklangen, als sich ihr Vater wieder zu ihr setzte und Aurelia die ihr bekannte Melodie vernahm, die das Zeichen war, dass die Tore geöffnet wurden und die Gladiatoren eintraten.
Aurelia wusste, dass der erste Gladiator der Favorit war und als dieser ins Kolosseum trat, schnappte diese nach Luft. Blonde Haare und eine Brust, deren Muskeln sie nur allzu gut kannte. Das konnte doch nicht wahr sein!
Ihre Finger verkrampften sich in den unflexiblen Stein unter ihrem Arm und ihre Haut begann angenehm zu kribbeln, als sie sich an die gestrige Nacht erinnerte. Dieser verdammte Körper! Das war kaum der richtige Zeitpunkt in Erinnerungen zu schwelgen, egal wie oft sie in den letzten Stunden, nachdem sie ihn gestern verlassen hatte, noch daran hatte denken müssen.
Er selbst schien sie zumindest noch nicht bemerkt zu haben, sondern hob aufspielend die Arme, um dem Publikum mehr Grund zu geben, ihm wild zuzujubeln.
Sie verstand, was Calpurnia gesagt hatte. Er veranstaltete eine Show. Darum war er so beliebt. Und er sah verdammt gut aus.
Unruhig schluckte Aurelia und wackelte unbedacht mit den Beinen. Wieso machte sie sich überhaupt solche Sorgen? Sie würde wohl sowieso nicht auf ihn treffen... zumindest nicht hier im Kolosseum und auch ihrem Vater würde er bestimmt nichts erzählen. Immerhin hatte sie ihm erzählt, dass er wohl alles andere als begeistert sein würde, sie in den Armen eines Gladiators zu sehen.
Trotz dieser beruhigenden Gedanken, die sie versuchte sich zu machen, breitete sich ein nervöser Knoten in ihrer Brust aus.
Wieso konnte er nicht einfach ein reisender Landstreicher sein, den sie nie wieder hätte sehen müssen?
Aber nein. Er war der Favorit und wahrscheinlich auch noch derjenige, gegen den ihre Verehrer antreten mussten.
„Bist du aufgeregt?", wollte ihr Vater wissen. Aurelia zuckte und blickte ihn entschuldigend an. So etwas gehörte sich nicht, ermahnte sie sich.
„Ich habe schon lange keinen Kampf mehr gesehen", erklärte sie leise.
Sie wollte lieber gar nicht daran denken, wie ironisch es doch war, dass der Mann, der ihre Unschuld genommen hatte, nun der Endgegner zu ihrer Ehelichung sein würde.
Die Rothaarige schluckte angestrengt und ermahnte sich in Gedanken abermals, nicht mehr an die letzte Nacht zu denken, welche ihre Wangen zum Glühen brachte.
„Früher hast du diese Kämpfe geliebt", erinnerte sich ihr Vater mit einem Lächeln zurück und erhob sich mit erhobenen Händen, um den Kampf gleich beginnen zu lassen. Dabei drehte er sich kurz zu Aurelia um, die unruhig die Hände in ihrem Schoß gefaltet hatte. „Möchtest du den Kampf eröffnen?", fragte er mit einem solch stolzen Ausdruck im Gesicht, dass Aurelia kaum wusste, wie sie ihm diesen Wunsch abschlagen konnte.
Innerlich fluchend schenkte sie ihm ein Lächeln und war dankbar um die Lektionen, die sie gelehrt hatten, selbst in solchen Momenten selbstsicher und erhaben zu bleiben.
Sie erhob sich und trat an die Seite ihres Vaters. Sie würde diesen Kampf eröffnen und dann würde sie ihn genießen!
Aurelia holte tief Luft und ermahnte sich nicht an den Mann zu denken, der sie nun sicher bemerkt hatte.
Mit äußerlicher Selbstsicherheit hob sie ihre Arme und versuchte nicht zu dem Mann in der Arena zu blicken. Das war jedoch schwerer als gedacht, denn ihre Gedanken kreisten nur um ihn.
Es war der Augenblick, in dem die Gladiatoren sich bereits in Kampfstellung brachten und nur darauf warteten, bis das Startsignal fiel.
Als hätte sie den Augenblick gespürt, huschte ihr goldener Blick, ohne dass sie etwas dagegen hätte tun können, zu dem dunkelblonden Mann, welcher mit leichter, ungeschützter Kleidung, wie alle Gladiatoren, dort unten stand. Er starrte sie geradewegs an und selbst aus dieser reichlichen Entfernung, konnte sie sehen, wie er ungläubig die Augen aufriss, ohne daran zu denken sich, wie sein Gegenüber, für den bevorstehenden Kampf zu wappnen.
Das war auch der Grund, warum Aurelia für einen Moment zögerte. So überrascht war er eine leichte Beute, dass wollte sie nicht. Sie blickte ihn geradewegs an und hoffte, dass er nicht sofort abgestochen werden würde. Dann hob sie den Blick wieder über das Volk und nutzte die rituellen Worte, um den Kampf zu eröffnen.
Erst dann zog sie sich ein Stück zurück, doch ihr Blick ging sofort auf den blonden Mann.
Der Kampf nahm schnell Fahrt auf und nachdem der Blonde reichlich Hiebe und Schrammen eingefangen hatte, schien er endlich die Führung im Kampf zu übernehmen. Mit jedem Schnitt, den sich der Blonde zuzog, biss sich die Rothaarige auf die Unterlippe und verstand nicht, wie sie so blind hatte sein können. Sie war mit ihrer Vermutung zwar nah dran gewesen, aber die Zeichen, hätten ihr klar sein müssen.
Ein letzter fester Schlag mit dem Schwertgriff des Blonden reichte aus, um seinen Gegner zusammenbrechen zu lassen.
Er rührte sich nicht, doch er schien noch zu leben.
Mit einem triumphierenden Lachen wirbelte der Blonde das Schwert einige Male hin und her und nahm anerkennend das Geschrei des Volkes entgegen.
Letztlich blickte er hoch zur Loge von Aurelia und ihrem Vater. Der Gnadenstoß. Er wartete darauf, dass der König ihm zu verstehen gab, ob der Gegner sterben sollte oder ob er leben durfte, wo er direkt eine medizinische Versorgung erhalten würde.
Jedoch schien der Blonde eher Aurelia anzublicken, als ihren Vater. Sein Blick war mehr neckisch als wütend. Als würde er sie damit aufziehen wollen, dass sie ihn hier so antraf.
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