Kapitel 5


Kapitel 5

Aurelia blinzelte und blickte, so gut es ihr möglich war, auf. Sie spürte die Muskeln, die sie hielten und schließlich wieder aufrecht hinstellten, doch sehen konnte sie niemanden. Erst, als der Mann sie mit einem Ruck umdrehte, um sie zu mustern, konnte Aurelia jemanden erkennen.

Der Schein der Flammen spielte mit seinem dunkelblonden, leicht gelockten Haar und die Schatten brachten seine Muskeln nur noch besser zur Geltung.

Die Rothaarige konnte gar nicht anders, als ein wenig rot anzulaufen. Diesem Mann sah man an, dass er ein Krieger war.

„Vielen Dank", brachte Aurelia leise hervor und wusste nicht so recht, was sie sagen oder tun sollte.

Der Mann lächelte schelmisch und schien Aurelia ausführlich von Kopf bis Fuß zu mustern.

„Bist du eine Reisende oder... bist du einfach neu im Zentrum?", fragte der Unbekannte und schien keinerlei Schamgefühl zu besitzen, als er ihr immer näher kam und sich ein wenig nach vorne beugte, um Aurelias Gesicht besser mustern zu können. Dieses war bei dem Ruck ein Stück weit hinter ihrem Schleier, welchen sie auf dem Kopf trug, hervorgerutscht.

Aurelia versuchte einen Schritt zurück zu machen, doch es war so eng, dass sie lediglich gegen die Tischkante stieß. Schnell hob sie ihre Hand, um ihr Tuch wieder zu richten, als sie leise antwortete: „Ich bin erst wieder hierhergekommen."

Lachend lehnte sich der Mann wieder zurück, doch er musterte sie dennoch immer weiter.

„Das glaube ich nicht, an so ein hübsches Mädchen wie dich hätte ich mich erinnert", beharrte er und schien so zu tun, als würde er nachdenken. „Aber da du dich hier anscheinend nicht auskennst, will ich dich ungern allein durch dieses Hyänenrudel laufen lassen", erklärte er und deutete ihr mit einem Nicken ihm zu folgen. Doch bevor Aurelia hätte ablehnen können, schob der Mann sie schon in die beabsichtigte Richtung.

Zumindest konnte Calpurnia nicht sagen, dass sie weggerannt war. Er war schuld! Auch wenn Aurelia ein leicht schlechtes Gewissen bekam. Sollte sie ihr nicht sagen, was sie vorhatte? War es gut, diesem Mann zu folgen?

Ein nervöses, aber gleichzeitig wunderbar aufgeregtes Kribbeln machte sich in ihrem Körper breit.

„Ich war fast zehn Jahre lang weg", erklärte sie leise und musterte den Mann nun ihrerseits. Er war wirklich das, was sie an Männern mochte. Dominant und scheinbar auch stark.

Als die Menge ein wenig lückenhafter wurde, nahmen auch die Lichter ab und wurden dezenter. Die Luft war noch immer warm, trotz der untergegangenen Sonne, doch Aurelia merkte dennoch, dass das Feuer nun so weit von ihr entfernt war, dass sie dessen Wärme nicht mehr spüren konnte. Als sie sich kurz umblickte, bemerkte sie schnell, dass sie nun am Rande des Platzes standen, wo die meisten Bänke leer waren und keiner sie wirklich beachtete.

Mit einem gespielt verärgerten Seufzen hielt der Mann inne und nahm an einem der leeren Tische Platz, indem er ein Bein über die Bank schwang und sich so seitlich hinsetzte.

„Verdammt, und ich bin erst vor ungefähr zehn Jahren hergekommen", beschwerte er sich und musterte sie, um ihr zu deuten, dass sie sich setzen durfte. „Da scheinen wir uns ja leider verpasst zu haben."

Aurelia hob eine Augenbraue über diese Geste und nahm schließlich Platz. Durch ihre Lehre war sie diese ungezwungene Art gar nicht mehr gewohnt und kurz hatte sie sich sogar dabei erwischt, wie sie sich über seine schlechten Manieren beschweren wollte. Doch sie schwieg.

„Ja, wahrscheinlich", murmelte sie und wusste nicht so recht, was sie sagen sollte. Sie hatte nicht viel Umgang mit Männern in ihrem Alter gehabt. Sie war sich nicht einmal sicher, ob dieser Mann überhaupt in ihrem Alter war. „Ihr müsst sehr jung gewesen sein, als Ihr hierhergekommen seid", stellte sie fest und blickte ihn neugierig an. Sie interessierte sich wirklich dafür, wie jemand wie er hier gelandet war.

Der Mann lachte ein wenig irritiert und blickte sie an, als würde er rätseln, ob die Frage ernst gemeint war. „Ja, ich war noch recht jung. Ebenso wie du, als du wohl gegangen bist", warf er zurück und griff nach einer Flasche Wein, die neben dem Tisch stand, um daraus zu trinken. „Und wie kommt es, dass jemand zuerst geht und dann doch wieder zurückkommt?", versuchte er nun die Rolle des Fragenden zu übernehmen.

„Ah, so spielen wir also", sagte Aurelia wissend, ließ sich aber darauf ein. „Ich wurde in die Lehre geschickt", erklärte sie und zuckte die Schultern, als würde das überhaupt nichts heißen. Dabei war es eine lange und vor allem langweilige Zeit.

Der Mann nickte interessiert, als würde er durch diese kleine und belanglose Information ihren ganzen Lebenslauf in sich aufnehmen. Nachdenklich stellte er die dunkelgrüne Flasche auf dem Tisch ab und schob sie Aurelia entgegen.

„Eine Gelehrte also... Anthropologin?", fragte er, als würde er abschätzen, welchen Beruf Aurelia wohl ausübte, dass sie eine zehnjährige Lehre hinter sich hatte.

„Das war dabei, ja", sagte sie und musste dann schmunzeln. „Aber nur zu kleinen Teilen. Obwohl es eines der interessanteren Themen war", erklärte sie nachdenklich und musterte dabei die Flasche, ehe sie diese nahm und ebenfalls einen Schluck trank. Der Wein war herber als der, den sie vom Palast gewohnt war und sagte ihr nicht richtig zu. Aber er wärmte sie ein wenig, was gut war, denn die Nachtluft wurde immer kühler.

Das Gesicht des Mannes wurde nachdenklicher. „Leider ist es das einzige Wissensgebiet, von dem ich gehört habe", gestand er und musterte interessiert, wie Aurelia die Flasche erneut ansetzte und daraus trank. „Aber du bist keine Adlige", stellte er fest und hob dabei die Augenbrauen, während er Aurelia musterte, wie sie so aus der Flasche trank.

Aurelia lachte leise. „Das klang wie eine Feststellung", sagte sie und schmunzelte. „Wie kommst du auf diese?", wollte sie wissen und legte ein wenig fragend den Kopf schief.

Der Blonde hatte mittlerweile seinen Ellenbogen auf dem Tisch neben ihm abgestützt, an dessen Faust seine Wange lag. „Ich habe schon viele Adlige gesehen und getroffen, die rümpfen immer die Nase, wenn sie auch nur sehen, wie zwei Menschen aus einer Flasche trinken... jedenfalls in der Öffentlichkeit", erklärte er und deutete dabei auf die Flasche in Aurelias Händen.

Aurelia musterte diese und zuckte die Schultern. „Als wäre das etwas anderes, als würden sich zwei Menschen küssen. Obwohl. Auch da rümpfen die lieben Adligen die Nase und hinter verschlossenen Türen sind sie kranker, als man sich vorstellen kann", murmelte sie und nahm noch einen Schluck, ehe sie die Flasche abstellte. „Aber vielleicht versuche ich auch nur nachzuholen, was mir die letzten zehn Jahre verwehrt blieb und ein wenig die Welt zu entdecken."

Der Mann musste bei ihrer Bemerkung grinsen und konnte es nicht vermeiden, bei der Vorstellung, die Aurelia ihm geschildert hatte, aufzulachen. „Also bist du eine Adlige? Oder wieso kennst du dich so gut mit diesen aus?", fragte er nun neugierig und rutschte ein Stück auf der Bank zu Aurelia, um ihr die Flasche wieder abzunehmen.

Die Rothaarige machte eine wegwerfende Handbewegung. „Nun, mein Vater hoffte scheinbar, dass die zehn Jahre in der Lehre mich zu einer machen würden", erklärte sie zweideutig und fand diesen kleinen Tanz wirklich sehr angenehm. Sie liebte diese Art von Unterhaltung. Nur führte sie diese nicht gern mit Gelehrten, denn diese waren so steif und langweilig.

Der Mann verengte die Augen und setzte die Flasche an die Lippen, um daraus zu trinken, dabei behielt er Aurelia dennoch weiterhin im Blick. Eine Weile schien er noch zu überlegen und nahm zwei weitere Schlücke, im Unklaren darüber, was er diesem Satz entnehmen sollte.

„Hübsches Mädchen, das zu einer Adligen werden soll...", murmelte er nachdenklich und musterte noch einmal Aurelias Körper, aber diesmal um einiges genauer. „Verlobung mit der Aussicht auf Vermögen?", riet er und tippte nachdenklich mit einem Finger gegen das Glas der Flasche.

Sie lachte erneut. „Verlobung spielt auch eine Rolle, aber Vermögen besitze ich bereits", erklärte sie gut gelaunt. Es war schon interessant, in welche Richtung seine Gedanken gingen. Aber zumindest wusste sie bisher, dass er kein Adliger war. Sein Verhalten sprach Bände.

„Jetzt darf ich aber", sagte sie und wartete nicht auf ein Nicken oder ähnliches. „Du sagtest, du wärst vor etwa zehn Jahren hierhergekommen. Als kleiner Junge, denke ich. Du bist nicht adlig, das sieht man dir an. Zumindest nicht ursprünglich. Aber du bist muskulös, daher schließe ich, dass du viel trainierst. Aufgrund deines gepflegten Erscheinungsbildes würde ich fast wetten, dass du dich vielleicht bei der Wache nach oben gekämpft hast", meinte sie und beobachtete ihn aus ihren katzenhaften, goldenen Augen neugierig. Sie war gespannt, wie überfahren er sich jetzt wohl fühlte.

Sein Kiefer schien ein wenig unruhig zu zucken, doch ein Schmunzeln auf seinen Lippen ließ seine verengten Augen nicht allzu bedrohlich wirken.

„Ich habe so das Gefühl, du spielst nicht mit fairen Karten", stellte er langsam fest und musterte ihre funkelnden Augen. Das hier schien ihr wirklich Spaß zu machen, vor allem da sie scheinbar mehr wusste als er.

Aurelia lachte. „Nein, ich spiele fair. Ich habe nur eine sehr gute Menschenkenntnis und kenne diese Stadt besser, als vielen vielleicht klar ist", erklärte sie belustigt.

Gedankenverloren hob sie die Hand und zog eine ihrer roten Strähnen aus dem Kopftuch hervor, um damit zu spielen. Sie waren weit genug von anderen entfernt, da würde das schon keinem auffallen und rote Haare waren auch nicht so ungewöhnlich, wenn auch eher selten.

Der Mann schien der Bewegung zu folgen und musterte nun ihre zierlichen Finger, wie sie die einzelne rote Strähne umspielten.

„Ist das so", lächelte er misstrauisch und nahm einen weiteren Schluck, als er Aurelia die Flasche erneut reichte. „Möglich, dass deine Version stimmt. Adlige lieben Soldaten, ist das bei dir auch so?", fragte er, wobei sich seine Augenlider ein wenig senkten.

„Starke Männer, die wissen was sie wollen, wirken nun einmal anziehend", erklärte sie und musterte mit ihren Augen seine Muskeln, nahm die Flasche aber nicht wieder entgegen. Ihr war der misstrauische Ton aufgefallen, daher wollte sie ihn nicht mehr ganz so ärgern. Es war ein interessanter Zeitvertreib und sie hatte Spaß, auch wenn sie noch nicht wusste, wohin das hier führte.

Aber ihr war die letzten Jahre so viel verboten gewesen, dass sie durchaus diese eine verbotene Frucht probieren wollte, die man ihr verwehrt hatte. Es war immerhin keine Pflicht, dass sie Jungfrau war, wenn sie heiratete. Und dafür war sie wirklich dankbar.

Das Lächeln des Mannes wurde breiter, als er die Hand mit der Flasche wieder senkte und sie neben sich unberührt auf dem Holztisch abstellte.

„Du findest starke Männer anziehend?", fragte er fast schon in einer aufziehenden Art und Weise, als er die Brauen hob und ein selbstgefälliges Grinsen aufsetzte.

„Wäre ich sonst hier?", fragte sie und lehnte sich ein wenig zu ihm rüber. Sie hoffte, dass es aufreizend wirken würde, doch sie war sich nicht sicher. Sie hatte darin keinerlei Übung.

Einen Moment lang hatte sie schon befürchtet, sie würde vollkommen lächerlich wirken, als er nicht reagierte. Womöglich hatte sie seine Signale auch falsch gedeutet und er hatte ihr gar keine Andeutungen geschickt.

Doch plötzlich senkte sich sein dunkelbrauner Blick ein Stück weit auf ihre Lippen, wo er innehielt und mit seinen Händen vorsichtig ihre Oberschenkel umfasste und sie plötzlich mit einem Ruck dichter vor sich zog.

„Ich weiß nicht?", erwiderte er leise, was schon einem Hauchen gleichkam.

Aurelias Körper begann vor Aufregung zu kribbeln. Diese Mischung aus Verbotenem, Unbekanntem und vielleicht auch Gefährlichem sorgte dafür, dass sie sich richtig gut fühlte. Ihr gefiel das. Sie wollte sich darauf einlassen.

Statt auf eine Antwort von Aurelia zu warten, kam er ihrem Gesicht immer näher, bis seine Lippen ihre Wange streiften. Aurelia erschauderte bei diesem Gefühl, trotz der Hitze, die in ihr aufstieg. Sie neigte fast instinktiv ein wenig den Kopf, als seine Lippen auf ihre trafen und diese liebkosten.

Es war ein so unglaubliches Gefühl, das sie gar nicht anders konnte, als es zu genießen. Kein Wunder, dass die Gelehrten ihr diese Sache verboten hatten. Sie war in ihren Augen wahrscheinlich viel zu ablenkend.

Neugierig nahm Aurelia die neuen Gefühle in sich auf und ahmte leicht die Bewegungen nach, welche der blonde Mann mit seinen Lippen machte. Dass sie nicht einmal seinen Namen kannte, war ihr im Moment reichlich egal. Wer brauchte auch schon Namen? Sie würde ihn wahrscheinlich sowieso nicht mehr wiedersehen. Sie wollte sich selbst auskundschaften und all die Sachen probieren, die man ihr verwehrt hatte.

Flüchtig spürte sie, wie er seinen Mund öffnete und mit seiner Zunge über ihre Lippen strich, während gleichzeitig seine Hände ihr rechtes Bein über die Bank schoben, damit sie ihm geradewegs gegenübersaß. Erneut überwandte er den letzten Abstand zwischen ihnen und schob seine Zunge zwischen ihre Lippen. Im selben Moment schob er auch seine Arme unter ihre Oberschenkel und zog ihre Beine auf seine und drückte ihren Hintern zu sich auf den Schoss.

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Wenn euch das Kapitel gefallen hat würden wir uns sehr über votes und Kommentare freuen.

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