Kapitel 31
Kapitel 31
Aurelias Schritte waren fest und schnell, denn sie wusste genau, wo sie hin wollte.
Ihr kam niemand mehr entgegen, da wahrscheinlich das komplette Schloss bereits evakuiert war. Das kam ihr nur gelegen. Es machte die Dinge einfacher.
Die Rothaarige atmete tief durch und lief die Treppe zu den Kerkern nach unten. Wie sie erhofft hatte, war nur eine einzige Wache zurückgeblieben.
„Prinzessin", sagte diese sichtlich verwirrt und trat auf Aurelia zu. „Ihr dürft nicht hier sein, Befehl Eures Vaters", erklärte der Mann und Aurelia verengte die Augen. Dann holte sie mit dem Speer aus und schlug ihn der Wache zuerst zwischen die Beine und dann mit volle Wucht gegen den Hals. Das Holz des Speeres, der nicht dazu gebaut war, um als Knüppel her zu halten, zersplitterte. Die Wache, die diesen Angriff nicht erwartet hatte, wehrte sich nicht und bekam den Angriff direkt ab. Ihr wurde schwarz vor Augen und der Mann kippte zu Boden, wo er mit dem Kopf aufschlug und liegen blieb.
Aurelia atmete einmal tief durch und beugte sich dann mit einem: „Tut mir leid, aber ihr lasst mir keine andere Wahl", hinab, um nach den Zellenschlüsseln zu greifen.
Suchend lief sie die langen, hallenden Gänge entlang und suchte hektisch mit ihrem goldenen Blick die Zellen ab.
„Aurelia?", erklang eine heißere Stimme hinter ihr, welche sie überall wiedererkennen würde.
Erschrocken sog die Prinzessin die Luft ein und wirbelte herum.
Sie erkannte Remus, welcher bedeckt mit dem restlichen, getrockneten Blut auf seinem Oberleib war. Was wohl darauf schließen ließ, dass er sich nicht hatte waschen dürfen, seit des Kampes mit Bassus. Er wirkte schwach, geradezu träge, was eindeutig nichts Gutes heißen konnte.
Aurelia rannte auf die Zelle zu und suchte nach dem richtigen Schlüssel, ehe sie die Tür öffnete und Remus um den Hals fiel, ehe sie ich zu ihm kniete und ihn fest hielt. Tränen traten in ihre Augen und sie zog einen Geruch ein. „Oh Gott", hauchte sie leise und traute sich gar nicht ihn anzusehen. Er wirkte so schwach, dass sie Angst hatte, dass sie die Flucht womöglich nicht schafften.
„Tut mir leid", murmelte Remus leise und schloss kurz die Augen, um sich dem Moment hinzugeben. Natürlich wunderte er sich, was sie hier tat und was das sollte. Doch in diesem Augenblick wollte er einfach genießen. Aurelia im Arm halten und für einige Sekunden entspannen. Sie um Verzeihung bitten, dass er den Plan nicht hatte einhalten können.
Aurelia löste sich ganz leicht von ihm und kramte dann in ihrem Bündel. Sie hatten noch einen Moment. So schnell würde sie niemand bemerken. Nicht bei der Unruhe die draußen vor sich ging.
„Hier, iss etwas", sagte sie und reichte Remus ein kleines Brot. Sie hatte einige Dinge mitgenommen, die sich lange hielten. Nur für den Fall der Fälle.
Auch, wenn es ihr Plan gewesen war, nicht an diesem Tage abzureisen. Eine bessere Gelegenheit würde sich ihr nicht bieten.
„Was tust du hier?", fragte Remus, welcher das Brot zwar entgegen nahm, doch es weder aß noch den Blick von ihr abwandte.
Aurelia kramte nach einem Trinkschlauch und reichte ihm auch diesen. „Iss jetzt und trink was, sonst versaust du uns noch die Gelegenheit", murmelte sie. „Ich weiß nicht warum, aber irgendwer greift das Dorf an. Ich dachte mir eine bessere Gelegenheit gibt es nicht. Also werden wir jetzt von hier verschwinden", erklärte sie und hatte Angst Remus anzusehen. Wenn er sich jetzt weigerte und sie zusehen musste, wie er starb, es würde ihr das Herz noch mehr brechen.
Remus hielt ungläubig inne und biss zögerlich in das Brot.
„Du denkst, dass könnte funktionieren? Hast du überhaupt einen Plan?", fragte Remus unschlüssig, doch er schien dennoch angetan von der Idee zu sein, als er sich ein Stück weit zu ihr lehnte, soweit es seine Narbe an seinem Oberarm zuließ, welche Bassus ihm zugefügt hatte. Ihr war anzusehen, dass sie nicht verarztet wurde, doch dafür hatte sie gerade keinen Zeit. Sie musste so schnell wie möglich hier weg. Sobald sie auf dem Schiff waren, hatten sie alle Zeit der Welt.
Aurelia nickte. „Ja, ich habe Freunde", erklärte sie. „Auf uns wartet am Hafen ein Schiff. Dort bekommst du auch einen Heiler. Es gibt Tunnel, die uns bis runter zum Hafen führen werden", erklärte sie, musterte Remus aber nun doch. Ob er in seinem Zustand überhaupt in der Lage sein würde die Katakomben zu benutzen?
„Das Untergrundsystem?", fragte Remus und nahm einen tiefen Schluck aus dem Strickbeutel, bis dieser beinahe leer war.
Er hatte hier unten nicht gerade die beste Versorgung erhalten. Ganz im Gegensatz zum Gladiatorendasein, wo er regelrecht gemästet wurde.
Aurelia nickte und versuchte gleichzeitig darauf zu lauschen, ob die Wache wieder aufstand. „Kannst du laufen?", fragte sie vorsichtig, da sie lieber so schnell wie möglich los wollte. Sie konnte immerhin nicht sagen, wann Calpurnia den Brief abgab und ob ihr Vater sie suchen würde. „Wir sollten uns ein wenig beeilen, ich weiß nicht, ob die Wache wieder aufsteht", murmelte sie und wurde ein wenig nervös. Sie hatte Remus wieder und jetzt furchtbare Angst, dass man ihr diesen wieder nahm. Dennoch nahm sie sich die Zeit, legte ihre Stirn an seine und ließ ihm gar nicht die Zeit auf ihre Fragen zu antworten, als sie schon wieder die Stimme erhob: „Ich danke dir, dass du dein Versprechen gehalten und nicht in der Arena gestorben bist", flüsterte sie und atmete seinen Duft ein. „Hätte Bassus dich dort unten getötet, hätte ich mich von der Brüstung gestürzt", erklärte sie flüsternd und genoss den Moment.
Vorsichtig hob Remus ein wenig den Kopf und hauchte einen Kuss auf Aurelias Mundwinkel.
„Sag sowas nicht", hauchte er leise, wenn auch schwach. „Wir sollte jetzt verschwinden, bevor du gesehen wirst", erklärte er nun in normaler Lautstärke und erhob sich, um ihr zu signalisieren, dass er laufen konnte. Wenn auch auf wackeligen Beinen.
Aurelia packte schnell den Trinkschlauch und das Essen wieder ein, ehe sie Remus einen der Mäntel reichte, die sie ebenfalls eingesteckt hatte. „Zieh den besser an", murmelte sie und warf sich ihren eigenen über. So würden sie vielleicht nicht zu sehr auffallen. Das Problem war, dass sich der Eingang zu den Katakomben in einem Teil des Schlosses befand, der nicht ganz so leicht zu erreichen sein würde.
Remus nahm diesen entgegen und tat wie ihm geheißen. Aurelia schien einen Plan zu haben. Das war gut. Immerhin würde er kaum dazu in der Lage sein sie zu verteidigen.
„Ich bin mir nicht ganz sicher, was draußen abgeht, daher müssen wir vorsichtig ein", erklärte die Rothaarige und lief mit Remus den Weg zurück, den sie gekommen war.
Dabei bemerkte der Blonde den Wachmann, der am Boden lag und den abgebrochenen Speer.
Remus hob nur vielsagend eine Augenbraue und blickte kurz zu Aurelia. Jedoch fragte er nicht nach. Dafür war keine Zeit. Der Palast war überraschend leer und allein diese Tatsache konnte nichts Gutes verheißen.
„Hier entlang", flüsterte sie und führte Remus einen Gang entlang, der sie zu einer Treppe führte. „Einer der Eingänge befindet sich in der Küche hinter dem Kamin", flüsterte sie leise und hoffte, dass dort nicht mehr viel los war.
Es war beinahe schon unheimlich, das Schloss so leer zu sehen. Auch, wenn sie sich erinnerte, dass es schon häufiger solche Überfälle, in ihrer Kindheit, auf die Stadt gegeben hatte.
„Wo ist dein Vater?", fragte Remus leise, als sie beide die Tür zur erreichten Küche hinter sich schlossen. Er macht sich zugegeben Sorgen um Aurelia. Immerhin schien sie ihrem Vater immer recht nahe gestanden zu haben. Und nun wollte sie diesen verlassen? Für Remus?
Aurelia ballte die Hände zu Fäusten. „Wahrscheinlich mitten im Kampf, oder bereits in den sicheren Regionen der Stadt. Ich weiß es nicht. Meine Kammerzofe war diejenige, die mich gewarnt und gebeten hat zu fliehen", erklärte die Rothaarige und versuchte die Enttäuschung und die Wut zu unterdrücken, während sie Remus zu dem Kamin führte. „Irgendwo hier muss der Eingang zu den Tunneln sein", murmelte sie und suchte nach den losen Steinen, die sie als Kind entdeckt hatte. Sie hoffte wirklich, dass beide hindurch passen würden.
Es gab einige lose Steine, welche jedoch keine Wirkung zeigten. Sie war sich sicher, dass es hier einen Mechanismus gab! Und es sah auch nicht wirklich danach aus, als wäre etwas umgebaut worden.
Frustriert schlug sie gegen einen der Ziegel, was natürlich wenig Wirkung zeigte.
„Brauchst du Hilfe?", fragte Remus und drehte sich immer wieder zur verschlossenen Tür um, als würde er befürchten das jemand rein kommen könnte.
„Nein", murmelte Aurelia nachdenklich und begutachtete die Wand von weitem. Plötzlich schien sich in ihren Gedanken ein Produkt zu bilden und als sie in die Knie ging und einen fast dreieckigen Stein drückte der ihr doch sehr verdächtig vorkam, setzte sich der Kamin in Bewegung. Natürlich war sie damals kleiner gewesen und hatte daher auf andere Steine gedrückt, doch ihre Nervosität und die Sehnsucht nach Freiheit vernebelten ihren Verstand.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top