Kapitel 25

Kapitel 25

Gelangweilt zupfte Aurelia an dem Saum ihres Kleides und konnte nicht aufhören an Remus zu denken. Es war nun zwei Tage her, seit sie ihm ihre Gefühle gestanden hatte. Und obwohl sie noch immer in einer sehr angespannten Lage waren, so fühlte es sich doch gut an, es ausgesprochen zu haben.

Allerdings wäre sie gerade auch lieber bei dem blonden jungen Mann, als neben ihrem Vater in dessen Büro zu sitzen und sich Lehrstunden über die richtige Verwaltung geben zu lassen. Das wusste sie doch alles schon!

Immerhin hatte sie zehn Jahre ihres Lebens damit verbracht.

Aurelia seufzte. „Vater, entschuldige, dass ich dich unterbreche", begann sie und ihr Vater blickte verwundert auf. Sie hingegen spielte weiter mit den Saum. „Ich möchte noch einmal mit dir über die Kämpfe reden", begann sie zögerlich und erhielt keinen sonderlich erfreuten Blick ihrs Vaters. Bevor dieser jedoch etwas sagen konnte, teilte sie ihm ihre Entscheidung mit: „Ich habe mich dazu entschieden den nächsten Anwärter ohne Kampf anzunehmen."

Skeptisch runzelte ihr Vater die Stirn und versuchte aus Aurelias Mimik zu lesen. Diese wirkte jedoch nur verletzt und flehend.

Es war ihr egal, was Remus gesagt hatte, er würde sie nicht so einfach gehen lassen, doch wenigstens würde er leben und sie würden sich nicht weiter unnötig quälen.

„Wie kommst du zu diesem Entschluss?"

„Der Kampf sollte die abschrecken, die nicht stark genug sind und das hat er getan. Es gab schon lange keine Anfragen von Weicheiern mehr", begann sie und versuchte so selbstsicher zu klingen wie früher, doch das gelang ihr nicht. „Und damit habe ich mein Ziel erreicht." Hier holte sie Luft. „Außerdem war ich schon von Anfang an nicht damit einverstanden, dass es Tode geben könnte. Ich möchte nicht, dass der Favorit sein Leben verliert, weil ich ihn in einen unfairen Kampf geschmissen habe. Dafür haben mir seine Kämpfe zu viel Spaß gemacht und es wäre für mich nicht schön ihn auf diese Weise sterben zu sehen", erklärte sie und wurde jetzt sogar schon ein wenig wütend. „Vor allem, seitdem ich weiß, dass es einige Adlige gab, die versucht haben zu betrügen."

Ihr Vater seufzte und drehte sich auf dem Stuhl in die Richtung seiner Tochter, um sie besser ansehen zu können.

„Das klingt nicht nach meiner Tochter", stellte er nachdenklich fest. Doch er schien auch keine Widerworte zu geben.

Aurelia senkte den Blick und versuchte ich nicht anzusehen. „Ich habe meine Gründe", murmelte sie. Wenn Remus seine Belohnung erhielt und sie den Wünschen ihres Vaters entsprach, dann würde sie vielleicht die Möglichkeit haben Remus als ihren Liebsten zu nehmen. Immerhin durfte sie das. Auch wenn sie nicht wusste, ob Remus damit einverstanden wäre. Doch es war die einzige Möglichkeit diese Beziehung zu legalisieren.

Ihr Vater hielt kurz inne, ehe er Luft holte, um etwas zu sagen. Doch bevor ein Wort seine Lippen verlassen konnte, erklang ein Klopfen an der Tür. Der König blickte auf und rief, nach einem kurzen besorgtem Blick zu der Rothaarigen: „Herein". Die Tür öffnete sich und Bassus, welcher Aurelia direkt erkannte, trat ein, bevor er die Tür wieder hinter sich schloss.

Aurelia ahnte nichts Gutes, denn Bassus schenkte ihr ein Lächeln und sie musste sich zwingen es zu erwidern. Ihr Vater würde bemerken, dass dieses Lächeln nicht echt war, doch Bassus nicht. Dazu kannte er sie überhaupt nicht gut.

Bassus atmete tief durch und ging dann auf ein Knie, wie es bei dieser Art der Anfrage Brauch war. Aurelia musste die Worte nicht hören und wusste bereits, um was es ging.

„Mein Herrscher, erlaubt mir, um die Hand eurer Tochter anzuhalten."

Aurelia holte tief Luft und wandte den Blick ab, um die Szenerie nicht ansehen zu müssen. Sie hatte es irgendwo kommen sehen... natürlich. Sie hatte ihn nicht mehr gesehen, seit ihrer gemeinsamen Nacht und sie schätzte Bassus leider genauso durchschaubar ein, wie er war.

Doch die jetzige Regel, die sie soeben mit ihrem Vater besprochen hatte, machte es keines falls einfacher. Stattdessen begann sie jetzt schon Remus fruchtbar zu vermissen.

Am liebsten wäre sie in Tränen ausgebrochen und hätte geschrien, doch das würde niemanden helfen, am wenigsten ihr. Es wäre für alle beteiligten am besten, wenn sie sich einfach ihrem Schicksal ergab.

„Ich werde alle Herausforderungen annehmen, die ihr mir stellt und mich beweisen", sprach Bassus weiter und Aurelia seufzte ganz leise.

„Das wird nicht nötig sein. Erhebe dich", erklang die Stimme des Herrschers und Bassus wirkte verwundert, erhob sich aber.

Lächelnd hielt er Aurelia seine Hand entgegen und wartete darauf bis Aurelia ohne den Blick zu heben ihre Hand in die ihren Vater legte.

Fast schon mechanisch erhob sie sich mit gesenktem Blick auf ihre Füße und wartete, bis ihr Vater ihre Hand in die von Bassus legte.

„Es wäre mir eine Ehre, wenn du Aurelia zu deiner Frau machen würdest. Es wird keine Prüfung nötig sein."

Bassus wirkte verwirrt und es war nicht die Art von Selbstzufriedenheit zu sehen, die Aurelia erwartet hatte. Vielleicht lag das aber auch daran, dass sie nur ganz leicht von ihren Füßen zu ihm auf lugte. Sie wusste, dass sie kein halbwegs glaubhaftes Lächeln zustande bringen würde, also ließ sie es.

Stattdessen versuchte sie sich zu wappnen, als ihr Vater ihre Hand in Bassus Richtung schob. Sie wollte ihn nicht berühren, doch es würde nötig sein.

Warum schon jetzt? Hätte Bassus nicht noch warten können? Vielleicht ein Jahr? Oder ein Jahrhundert?

Eine plötzliche Panik überkam Aurelia, bei dem Gedanken sich womöglich nicht einmal von Remus verabschieden zu können. Was er wohl sagen würde? Was würde er denken? Wieso musste es ausgerechnet Bassus sein? Würde er wütend sein? Sie hassen? Oder würde er sie einfach vergessen?

Alle diese Möglichkeiten waren grausam und sorgte dafür, dass sich Aurelias Herz zu einem festen Knoten zusammenzuziehen begann. Wenn er sie vergessen würde...

Aurelia biss sich fest auf die Lippen und hatte so große Mühe die Tränen zurück zu halten, dass sie sich nicht einmal traute zu atmen.

Nicht einmal, als ihr Vater ihre Hand in Bassus legte und somit die Verlobung besiegelte.

Aurelia wollte schreien, doch sie schwieg.

Es war ein ähnlich grässliches Gefühl, das sie überkam, wie damals, als ihre Mutter verschied. Es drohte sie zu zerschmettern und in mehrere Einzelteile zu zerlegen und im Augenblick waren Remus Arme alles wonach sie sich sehnte.

„Die Lady erweist mir die höchste Ehre", erklärte sie, doch Aurelia schwieg. Für sie würde dieser Mann eine Qual werden. Sie wollte schon jetzt nicht in seiner Nähe sein.

Ihr Herz schlug schwer in ihrer Brust und der aufkommende Schmerz wollte einfach kein Ende finden. Die Sekunden schienen sich bis ins Unendliche zu ziehen und alles andere wurde zur Randerscheinung. Sie nahm einzelne Glückwünsche wahr und den stolzen, wenn auch besorgten Blick ihres Vaters.

Doch alles, was sie im Endeffekt wahrnahm, war ihr Bett in dem sie endlich lag, weg von all diesen Menschen, die sie im Moment nicht sehen wollte.

Als sie ihren Kopf in ihr Kissen vergrub, begann sie jämmerlich zu weinen und zu zittern. Sie wusste, dass es ihr nichts brachte, hier ungesehen vor sich hin zu weinen, doch es half ihr dabei, ein wenig mit der Situation klar zu kommen.

Ein Klopfen an der Tür ertönte, doch sie reagierte nicht darauf. Dennoch öffnete sich diese und Calpurnia trat ein: „Ich habe gehört, dass Ihr...", setzte sie fast schon euphorisch an, als sie Aurelia bemerkte und verstummte.

Erschrocken schloss die junge Frau die Tür hinter sich und wusste nicht so recht, ob sie eintreten sollte. Dennoch tat sie es und setzte sich vorsichtig neben Aurelia auf ihr großes Bett.

„Was ist passiert?", fragte Calpurnia kleinlaut und musterte die zusammengerollte Erscheinung ihrer Herrin.

„Ich will ihn nicht in meiner Nähe haben", schniefte Aurelia leise. „Er soll verschwinden und mich in Ruhe lassen", jammerte sie weiter und ließ ihrer Wut auf Bassus freien Lauf. Auch wenn er nichts dafür konnte, so war er doch das Ziel ihrer Wut und ihres Ärgers. Immerhin war er derjenige, der die Frechheit besaß ihren Vater zu fragen, statt sie! Aurelia hasste diese Regel. Sie wollte selbst entscheiden, wen sie heiraten wollte und wen nicht. Warum konnte Remus nicht hier sein?

Erneut packte sie eine Welle der Trauer und sie vermisste ihn mit jedem Atemzug mehr.

„Aber... ich dachte du wolltest ihn heiraten?", fragte Calpurnia vorsichtig und versuchte ihre Freundin zu verstehen. Doch wie konnte sie auch? Immerhin wusste sie weder etwas von ihrer Liebe zu Remus, noch von ihrem Hass auf Bassus.

„Das einzige was ich will, ist das Remus aus dieser Miesere lebend wieder raus kommt", schniefte sie und drückte ihren Kopf gegen das Kissen. „Ich will nicht, dass er meinetwegen weiter verletzt wird."

Calpurnia runzelte überrasch die Stirn.

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