dritter Teil

Ich zog mir meine altmodische Jeansjacke über, die sich beim Betrachten meines Spiegelbilds sehr gut mit meiner Haarfarbe abstimmte. Kaum verließ ich das Erdgeschoss, das ich schon seit zwei Tagen mein neues Zuhause nennen musste, stieg mir ein Duft süßer, saftiger Brownies in die Nase, deren grashaltigen Inhalt nahezu meine Jugendzeit symbolisierten. Es war mir beinahe so, als würde ich sie schmecken, mein Unterbewusstsein konnte eben kaum das Treffen mit Enrico abwarten. Es stellte sich als eine perfekte Gelegenheit heraus, um einen kurzen Spaziergang durch die mir noch unbekannte Gegend zu wagen. Diesmal versuchte ich bewusst auf mein Umfeld zu achten, auf die Menschen und die Natur, die mich umgab, ich war schließlich in einer neuen Stadt mit neuen Möglichkeiten. Ich verlies das Gebäude und somit den Südteil und überquerte ein kurzes Stück Park. Es war angenehm, Geräusche einer noch unberührten Natur zu hören. Das Vogelgezwitscher und Rauschen der Bäume, erwies sich als so einiges erfreulicher, wie so viele Stimmen, die ich bereits in meinem Leben ertragen musste und sich in meinen Kopf immer wieder wiederholten. Als ich kurze Zeit darauf einen Einkaufscenter von der Ferne zwischen ein paar Bäumen erblickte, war ich wohlwissend, unseren Treffpunkt fast erreicht zu haben. Also folgte ich dem Einkaufscenter, bis ich bei der nächsten Kreuzung abbiegen musste.

"Und da bin ich", begrüßte ich Enrico von hinten, der dementsprechend erschrak und reflexartig eine Hand auf die Brust schlug.
"Hey, Aurel.", er zog mich mit einem breiten Grinsen in eine Umarmung und schlug mir kräftig auf den Rücken.
"Sieht sehr schön aus hier, nicht so monoton wie ich es eigentlich erwartet hatte.", stellte ich überzeugt fest. Das Bistro war größer als man es von draußen erwartet hätte. Der gesamte Eingang war mit einer großen Fensterfront ausgestattet. An der Fensterfront befanden sich sofaähnliche Sitzgelegenheiten, die der Reihe nach abwechselnd grün und braun waren. Auf einer dieser nahmen wir Platz. Gegenüber befand sich das Buffet mit der Kasse, dahinter wahrscheinlich die Küche.
"Ich erwarte heute noch einen wichtigen Anruf, muss also etwas früher los.", berichtete Enrico.
"Klar, kein Problem.", lächelte ich etwas versteift.
Wenn wir eine weitere Gemeinsamkeit, außer Loyalität und Ehrlichkeit, besaßen, dann waren es unsere welligen Haare. Wie bei mir wiesen sie bei Enrico eine feste und dauerhaft splissfreie Struktur auf. Das einzig feste in meinem Leben. Zwischen unseren letztem Treffen lagen zwar erst ein zwei Wochen und trotzdem schien es mir, abgesehen weniger Stressfalten auf seiner Stirn, als würde er jedes Mal jünger und ich älter werden. Was eventuell auch an seinem Faible für Sport liegen kann und meinem für Stress, Sorgen und Leid.
Wir holten uns etwas zu Essen und nahmen Platz.
"Wie geht es dir nach allem?", nahm er das Gespräch wieder auf.
"Soweit lässt sich alles gut genug verkraften", antwortete ich nicht allzu überzeugend, was er hoffentlich nicht bemerkte.
"Ach ja, schön zu hören."
"Ich genieße die Natur, sofern ich es mal nach draußen schaffe", lächelte ich verlegen.
"Das wirst du jetzt auf jeden Fall öfter können.", zwinkerte er.
"Ja, da hast du recht.", entgegnete ich ihm.
Ich blieb noch einen weiteren Augenblick auf der Couch sitzen, nachdem Enrico sich verabschieden musste. Und erst dann, als ich mir die Karte nochmals zur Hand nahm, um einen kurzen, letzten Blick darauf zu werfen, entdeckte ich im Augenwinkel das Handy. Enrico hatte es vor lauter Stress liegen gelassen. Na super, auch das noch, sein Anruf. Ich war nicht einmal in der Lage es zu ihm zu bringen, er musste es abholen. Um keinen weiteren Gedanken daran zu verschwenden, packte ich es ein und lief den gleichen Weg zurück.

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