Kapitel 23

„Was zum-"
„Klappe halten.", unterbricht sie Edmon.
„Habt ihr wirklich geglaubt, es wird so einfach?"
Haileys Lachen ist widerwärtig und schadenfroh.
„Was ist los mit dir?", fragt Farian geschockt.
Mays Mund steht weit offen, Edmons Augen sind aufgerissen, und der Rest hat einen vollkommen verwirrten Gesichtsausdruck.
War Hailey wirklich die ganze Zeit über die Verräterin?
Nie im Leben hätte ich sie in Verdacht gehabt.
„Wir sind viel mehr als du. Lass Lia los.", droht Felis.
Ich keuche, weil mir immer noch die Luft abgeschnitten wird.
„Mein Tod ist unwichtig. Ein paar Sekunden länger, und alle sind umsonst gestorben. Lustig, oder?"
„Was willst du? Oder sollte ich eher fragen, was die Maske will?", spottet Felis.
Für einen kurzen Moment lockert sich Haileys Griff ungewollt, und ich kann nach Luft schnappen.
„Ich mach das nicht mehr länger mit.", meint Edmon und hebt seine Arme.
„Lass es.", schaltet Etalon sich mit ruhiger Stimme ein.
„Sie kann nichts dafür."
Alle Blicke ruhen auf ihm.
„Die Dorne, an welcher sie sich vorhin gestochen hat, muss irgendein Gift enthalten haben, welches die Kontrolle über sie hat.
Es sorgt vermutlich dafür, dass man sich gegen seine eigenen Leute stellt."
Hailey schweigt.
„Und jetzt?", fragt Felis.
Mir wird kurz schwarz vor Augen.
Ich brauche dringend Luft.
„Lass Lia los! Du willst das doch gar nicht!", ruft Edmon nervös.
Sein besorgter Blick huscht immer wieder zu mir.
Farian seufzt und kommt auf uns zu.
„Hailey.", fängt er an.
Ihr Griff lockert sich.
Irgendetwas blitzt auf.
Ich schaue nach unten und sehe, dass Farian ein Messer in der rechten Hand hält.
Ich versuche ihm mit panischen Blicken klar zu machen, dass er sie nicht umbringen soll.
Das würde er doch nicht tun, oder?
Ganz langsam hebt er seine linke Hand und streicht Hailey damit über die Wange.
Diese scheint wie hypnotisiert zu sein, und legt ihre Finger auf seine.
In dem Moment schnellt seine rechte Hand hoch und zieht das Messer durch ihre Handfläche.
Sie schreit auf und lässt mich los.
Das Blut, das aus der Wunde tropft, ist giftgrün.
Hailey starrt wie gebannt auf den Boden, wo sich eine winzige Pfütze bildet.
Nach und nach wird das Blut immer röter, und als es sich schließlich nicht mehr verändert und einen normalen Ton angenommen hat, presst Etalon ihr ein paar Blätter auf die Wunde.
Hailey schüttelt ihren Kopf und als sie ihre Augen aufschlägt, ist ihr Blick verwirrt.
„Was ist passiert?", fragt sie ahnungslos.
Farian erzählt es ihr.
Sie entschuldigt sich die ganze Zeit, doch wir versichern ihr, dass alles in Ordnung ist.
Meandra muss das alles mit Absicht so organisiert haben.
Vermutlich hat sie gehofft, dass sich Eindringlinge dann gegenseitig umbringen.
Ich bekomme wirklich ein immer schöneres Bild von ihr.
Wir laufen genau eine Viertelstunde, dann bleibt Megan stehen.
„Hört ihr das auch?", fragt sie.
Ich horche.
Tatsächlich, irgendein Donnern ist zu hören.
Es wird immer lauter.
„Was ist das?", fragt May.
Panische Blicke werden getauscht.
„Soldaten.", antwortet Megan.
Ich fange an zu zittern.
Wird das die ganze Zeit so sein?
Eine Gefahr nach der nächsten?
„Eine Gruppe mit Lia geht vor. Eine andere wehrt in der Zeit ab.", entscheidet Maddison.
Schnell wird ausgemacht, wer in welche Gruppe eingeteilt wird, und schon laufe ich mit Farian, Felis, May und Tyler voraus.
Wir beeilen uns, und bald schon wird der Wald dichter.
Ich kann schon von hier aus sehen, wie der Aufbau sich entwickelt.
Am Anfang sind die Blätter recht dunkel, und es ist noch ein wenig Grün da.
Ab einer gewissen Linie wird alles trocken und verkohlt,
weil die Bäume statt Blättern Feuerbälle tragen.
Ab und zu fallen brennende Äste runter.
Wie sollen wir da lebend durchkommen?
Wir warten auf die anderen, und mit jeder Minute werde ich unruhiger.
Geht es allen gut?
Ich hasse es, einfach hier rumzustehen, und nicht zu wissen, ob einer meiner Freunde gerade im Sterben liegt.
Ich habe mich von niemandem verabschiedet.
Gerade als ich mich dazu entschlossen habe, nachzusehen, taucht Megan auf.
Hinter ihr alle anderen, rennend.
„Die Armee ist viel zu groß!", schnauft Hailey.
Ich kann schon wieder die Pferde hören.
„Weg hier.", stimmt Etalon zu.
Und dann rennen wir los.
Ab und zu streift mich ein Feuerfunke, doch meiner und Edmons Haut kann dieser Wald sowieso nichts anhaben.
Von den anderen kommen aber immer wieder Schreie, die mir trotz der wahnsinnigen Hitze eine Gänsehaut verpassen.
Ich habe keine Ahnung, wer alles noch da ist.
Wurde jemand von einem brennenden Ast getroffen?
Ist jemand gestolpert?
Ich renne weiter.
Der Schweiß läuft mir in Bächen die Stirn runter.
Ich kann Schreie hören, doch ich renne trotzdem weiter.
Ich kann an gar nichts mehr denken.
Irgendwann verstummen die fremden Stimmen der Ritter, was mich einerseits beruhigt, aber auch noch nervöser macht.
Vermutlich sind sie tot, durch Feuer oder einen von uns, aber wenn es so schnell ging, wie viele bleiben dann von unserer Gruppe übrig?
Meine Beine spüre ich schon nicht mehr, die Funken, die meine Haut berühren, wische ich einfach weg.
Wenn sich mir ein Ast in den Weg schmeißt, springe ich, ohne darauf zu achten, ob der Sprung hoch genug ist.
Ich schaue nicht auf den Boden, um den brennenden Blättern auszuweichen.
Ohne Edmon zu sehen, weiß ich, dass er es genauso macht.
Aber ich weiß auch, dass alle anderen gerade um ihr Leben kämpfen.
Und genau das ist der Grund, weshalb ich so unfassbar erleichtert bin, als der Wald zu Ende ist.
Tatsächlich ist kein Ritter mehr am Leben.
Ich lasse meinen Blick umher schweifen.
Manchmal gibt es Momente, die man nicht realisieren will.
Ich muss an einen Tag vor sieben Jahren denken.

Ich saß in einer Ecke und starrte an die Wand, mein Kopf gefüllt mit Bildern von meinem Hund Tommy.
Hazel setzte sich zu mir.
„Was ist los?", fragte sie zaghaft und legte einen Arm um mich.
„Mum meint, Tommy ist tot.", antwortete ich emotionslos.
Ich wollte es nicht einsehen.
Hazel sagte nichts, sondern umarmte mich.
„Wenn du willst, können wir ihn zusammen beerdigen.", schlug sie vor.
Ich schüttelte den Kopf.
„Ich glaube, sie lügt. Tommy kann gar nicht sterben."

Meine Gedanken waren die naiven einer neunjährigen, die nicht einsehen will, dass manchmal auch Dinge passieren, die keine positive Wirkung auf uns haben.
Als meine Mutter damals nach Hause kam und versucht hat mir klarzumachen, dass Tommy heute nicht von seinem täglichen Spaziergang in der Nachbarschaft zurückkommen würde, weil er angefahren wurde, hatte ich dasselbe Gefühl wie jetzt auch.
Nur weiß ich jetzt, dass Tyler und Felis nicht wiederkommen werden.

Sooo Kapitel 23 :)
Welcher Tod war für euch am schlimmsten?
Wen wollt ihr unbedingt weiterhin dabei haben?
Wie wird Meandra wohl reagieren, wenn sie Lia sieht?
Wenn Hailey nicht der Verräter ist, wer ist es dann?
Rückmeldung und Votes bitte nicht vergessen!
Ich wünsche euch noch einen schönen Abend :)

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