Auge
Ein verrosteter Nachtisch, auf dem ein eingerahmtes Foto steht.
Ein eingerahmtes Foto, auf dem vier Personen zu sehen sind.
Vier Personen, die in die Kamera lachen.
Der Gedanke an die eigene Familie.
Flüssigkeit.
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Das Bild verändert sich.
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Eine weiße Wand, von der der Putz bröckelt.
Abgebröckelter Putz, der auf dem grauen Steinboden liegt.
Der trostlose Gedanke allein zu sein.
Flüssigkeit.
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Das Bild verändert sich.
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Eine Holzpritsche mit vielen Kerben.
Die Anzahl der Kerben gleichbedeutend mit den Tagen, die man hier zugebracht hat.
Der Gedanke versagt zu haben.
Flüssigkeit.
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Das Bild verändert sich.
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Eine Tür mit sichtbaren Kratzspuren.
Kratzspuren gleichbedeutend mit der Verzweiflung, die hier jeden einholt.
Der Gedanke für immer festzusitzen.
Flüssigkeit.
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Das Bild verändert sich.
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Verschwommene Umrisse.
Wände, die immer näher kommen.
Türen, die nur selten geöffnet werden.
Ängste, die sich durch die Schlüssellöcher zwängen.
Und alles wird schwarz.
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Das Bild verschwindet.
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Kein Ausweg.
Keine Hilfe.
Allein.
Gefangen im eigenen Kopf.
Trauer.
Reue.
Selbstmitleid.
Gefangen im Knast.
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Die Zeit vergeht, ohne dass man es merkt.
Man verpasst so viel, ohne dass man es will.
Doch das, was man gerne hätte, wird man nie bekommen.
Der Wunsch es wäre nie passiert.
Flüssigkeit.
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Tränen bahnen sich ihren Weg.
Tränen der Erkenntnis.
Tränen, die berechtigt sind.
Tränen beim Gedanken an Zuhause.
Tränen beim Gedanken an die vollbrachte Tat.
Die Tat, die alles verdorben hat.
Die Tat wegen der die Tränen fließen.
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Die Tat war ein Fehler.
Die Tat war ein Mord.
Und auf ewig gefangen am gleichen Ort.
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Die letzte Träne verlässt das leblose Auge.
Mit ihr ist das letzte bisschen Leben zerronnen.
Die Zelle des Mörders ist wieder leer.
Still.
Verlassen.
Bedrückend.
Und erneut hat er zugeschlagen.
Der Tod.
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