VI

Als ich wieder zu mir kam, stach mir grelles Licht in die Augen. Ich lag auf einer ungemütlichen Pritsche und die Erde unter mir bewegte sich. Die Geräusche klangen gedämpft, doch ich nahm die Stimmen zweier Menschen wahr, wie sie sich eindringlich unterhielten.

„Puls hoch, Blutdruck normal", hörte ich jemanden sagen.

Irritiert öffnete ich die Augen. Ich erblickte über mir das rundliche Gesicht meiner Angebeteten und musste sofort lächeln.

„Er ist wach, er ist wach", rief sie aufgeregt.

Ein weiteres, mir unbekanntes Gesicht schob sich in mein Blickfeld. Dunkler Bart, dicke Wangen, braune Haare, rote Berufskleidung - ein Sanitäter kombinierte ich.

„Willkommen zurück. Wissen Sie, wie sie heißen?", fragte mich der bärtige Sanitäter mit rauer Stimme.

„Loam, Loam Ryder", quetschte ich aus meiner Lunge hervor.

Ich rang nach Atem. Meine Brust drückte sich zusammen und ich bekam Panik. Was war mit mir los? Jemand presste mir eine Maske auf das Gesicht und kühle Luft strömte in meinen Mund. Wie ein Fisch an Land schnappte ich nach dem köstlichen Sauerstoff. Ich atmete! Wie war das möglich?

„Sauerstoff auf zwei Liter." Wieder diese fremde Stimme. Ob das der bärtige Sanitäter war?

„Wird er wieder gesund?", hörte ich eine weinerliche Stimme.

„Davon gehen wir aus. Ich messe noch kurz die Temperatur. Achtung am Ohr", kaum hatte der Sanitäter es ausgesprochen, da schob sich schon etwas festes in meinen Gehörgang. Ich kniff die Augen zusammen und drehte meinen Kopf leicht weg. Das Gerät gab ein Piepen von sich und es verschwand augenblicklich.

„Vierunddreißig Komma fünf", sagte der Sanitäter mit verwunderten Unterton.

„Ist das schlimm?", wieder diese melodische Stimme der Brünetten.

„Nein, nein. Nur ungewöhnlich. Jetzt brauche ich noch Ihren Namen. Sind Sie seine Freundin?"

Bei diesen Worten drehte ich mich zu ihr um. War sie meine Freundin? Unsere Blicke trafen sich. Ich sah sie nervös schlucken. Dann drehte sie sich zu dem Bärtigen um.

„Ja, ich bin seine Freundin."

Mein Herz machte einen Satz und stach mir erneut in der Brust. Ein ungewöhnliches Gefühl, doch ich versuchte mir nichts anmerken zu lassen und die Namenlose sprach unbeirrt weiter. „Mein Name ist Sophia Miller."

Ihr Name klang wie Musik in meinen Ohren, wie ein Sommernachtsgedicht. Sie betonte das ‚o' so wunderschön. Meine Hand suchte ihre und sie ergriff sie sofort. Ich lächelte sie an und sie erwiderte es. In meinem Körper strömte so viel Wärme. Das hatte ich seit Jahren, Jahrzehnten, nein Jahrhunderten nicht mehr verspürt.

„Ich liebe dich", bevor ich es dachte, hatte ich es schon ausgesprochen.

Es war so albern von mir, es zu sagen. Wir kannten uns doch gerade mal ein paar Stunden. Doch ich wusste es in der ersten Sekunde, als ich sie gesehen hatte. Doch erst jetzt, als mir die Worte so natürlich über die Lippen geflossen sind, wusste ich die Wahrheit.

Tränen sammelten sich in ihren Augen. Ich hoffte es waren Tränen der Freude. Ich drückte ihre Hand und wollte sie aufmuntern. Sie hob meine an und presste ihr Lippen auf meine Knochen. Ihr weicher Mund fühlte sich angenehm auf meiner warmen Haut an.

Erst jetzt bemerkte ich, dass mein Herz wieder schlug. Ich konnte es in meiner Brust schlagen hören. Mein Puls rauschte mir in den Ohren und floss durch alle Gefäße. Meine Fingerspitzen kribbelten. Ich lebte!

„Ich liebe dich auch", flüsterte sie mir unter Tränen zu.

Das war wahrlich der schönste Tag in meinem Leben. Sie hatte mir es wiedergegeben. Eine zweite Chance ermöglicht. Ich stand für ewig in ihrer Schuld, ohne dass sie es wusste. Mein Leben hatte wieder einen Sinn: sie glücklich zu machen. Und was soll ich sagen? Ich liebte es.

Wörter: 596

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